Gerechtigkeit für Polizeiopfer Jean Charles

PigBrother.info 05.02.2006 14:57 Themen: Antirassismus Repression Weltweit
Am 22.7.05, einen Tag nach der gescheiterten 2. Attentats-Serie auf Londoner U-Bahnen und Busse, wurde der unschuldige, 27-jährige brasilianische Elektriker JEAN CHARLES DE MENEZES auf dem Weg zur Arbeit in einem U-Bahnwagen in der Station Stockwell von Zivilbeamten mit 7 Kopfschüssen liquidiert. Die Polizei war schnell mit den üblichen Communiques und die Medien mit entsprechenden Berichten zur Hand: Der Erschossene sei ein Terrorist gewesen, gerade im Begriff, eine Bombe zu zünden, habe auf Anruf nicht reagiert sondern die Flucht ergriffen, usw. Die Polizei hielt diese Falschmeldungen grösstenteils aufrecht, bis sie durch Indiskretionen allesamt öffentlich widerlegt wurden, und stellte sie auch nachher nie öffentlich richtig.

Verhaftet wurden in der Folge jedoch nicht die pfuschenden und Einsatzprotokolle fälschenden Beamten oder gar ihre Vorgesetzten, die trotz unklarer Lage den Exekutionsbefehl gaben und anschliessend die Öffentlichkeit belogen sowie die Untersuchung der Vorfälle aktiv behinderten, sondern der Journalist, der Ihre Lügen widerlegte, und die vermutlichen Quellen.
Die Erschiessung de Menezes' wie auch die erste Widerlegung der Polizeiversion am 16.8.05 stiessen noch auf internationales (Medien-)Interesse. Der erst im November bekanntgewordene Fakt, dass Jean Charles mit im Kriegsfall geächteter Dum-Dum-Munition liquidiert wurde, schaffte es dagegen lediglich noch in die englische Lokal-Presse. Die Gedenkfeier ein halbes Jahr nach seinem Tod am 22.1.06 nicht einmal das -- trotz zahlreich anwesenden JournalistInnen.

Die Angehörigen wurden von den Behörden zunächst mit Geld zum Schweigen zu überreden versucht. Als dies nichts fruchtete, und sie im Gegenteil eine Kampagne lostraten, wurden sie fortan bis auf den heutigen Tag vertröstet und hingehalten.

Es ist sehr unwahrscheinlich, dass sich die fehlbaren Beamten je vor Gericht werden verantworten müssen. Wie der Anwalt der Hinterbliebenen an einer Gedenkveranstaltung so schön sagte: Wäre de Menezes ein reicher britischer Weisser gewesen, hätten die Behörden wohl anders reagiert.



INHALTSVERZEICHNIS

1) Verhängnisvolle Pinkelpause
2) Der Todesschuss-Befehl
3) Exekution mit 7 Kopfschüssen -- und Dum-Dum-Munition
4) Die üblichen Polizei-Lügen ...
5) ... gefolgt von den üblichen Ausreden
6) Polizeiminister behindert Untersuchung
7) Durchgesickerte Berichte strafen Polizei Lügen
8) Beamte fälschten Einsatzprotokoll
9) Überbringer der schlechten Nachricht verhaftet
10) Verfahren gegen die Polizei schleppen sich dahin
11) Die Jean Charles de Menezes Family Campaign (a.k.a. Justice4Jean)
12) Fotoquellen / Linksammlung



1) Verhängnisvolle Pinkelpause

Wie erst später durchsickerte, wurde Jean Charles Opfer einer Verwechslung, als Armee und Polizei in einer gemeinsamen Operation eine mutmasslichen Terroristen-Wohnung observierten, in der die Polizei Urheber der am Vortag vereitelten 2. Attentatsserie auf öffentliche Transportmittel in London vermutete. Jean Charles hatte schlicht das Pech, im selben Haus zu wohnen, südländischen Aussehens zu sein und an unfähige Beamte zu geraten.

Als Jean Charles das Haus durch den Haupteingang verliess, war der observierende Soldat gerade dabei, sich (bzw. seine Blase) "zu erleichtern". Deshalb hatte er keine Hand frei, um seine Videokamera einzuschalten und Bilder von Jean Charles an die taktische Einsatzzentrale zu übermitteln. Nach einem nachträglichen Vergleich von de Menezes mit Überwachungsbildern der mutmasslichen Bombenleger teilte er jedoch der Zentrale mit, er habe das Gefühl, möglicherweise handle es sich um den Hauptverdächtigen Hussein Osman oder einen anderen Verdächtigen, und es sei "wert, ihn durch andere überprüfen zu lassen".

Obwohl somit von Anfang an nicht bestätigt war, dass es sich bei Jean Charles um den gesuchten Terrorverdächtigen handelte, ging die Polizei in der Folge genau davon aus. Die Einsatzzentrale befahl, ihn weiter zu observieren. Mehrere Zivilbeamte folgten ihm, als er einen Bus bestieg und zur 3.3 km entfernten U-Bahnstation Stockwell fuhr. Diese Beamten gaben später zu Protokoll, ihrer Meinung nach habe es sich um den gesuchten Mann gehandelt, "da er Schlitzaugen hatte". Die Einsatzentrale befahl darauf, ihn "um jeden Preis am Betreten der U-Bahn zu hindern", und übergab die Einsatzleitung vor Ort an eine in Bereitschaft stehende, ebenfalls zivile Einheit des bewaffneten Sonderkommandos SO19.

 http://en.wikipedia.org/wiki/Jean_Charles_de_Menezes
 http://www.itv.com/news/index_1677571.html
 http://www.guardian.co.uk/menezes/story/0,,1691555,00.html
 http://www.guardian.co.uk/menezes/story/0,,1691554,00.html
 http://www.guardian.co.uk/menezes/story/0,,1691552,00.html


2) Der Todesschuss-Befehl

Jean Charles, bekleidet mit einem T-Shirt und einer Jeansjacke, der weder Rucksack noch Tasche auf sich trug, ahnte nichts von all dem, betrat gemächlich die U-Bahnstation. Wie Mitschnitte der Überwachungskameras bestätigten, blieb er kurz stehen um eine Gratis-Zeitung mitzunehmen, bezahlte an der Kontrollschranke mit seinem elektronischen Mehrfahrten-Ticket und ging langsam die Rolltreppe zu den Zügen hinunter. Als er sich dem Bahnsteig näherte, fuhr gerade ein Zug ein, worauf er seine Schritte beschleunigte, einen Wagen betrat und sich auf einen nahegelegenen Sitzplatz niederliess. Kurz nach ihm betraten die Observierungsbeamten den Wagen und setzten sich ebenfalls, gefolgt von den Angehörigen des Sonderkommandos.

Zwar waren die observierenden Beamten vor Ort sich unterdessen ihrer Sache nicht mehr sicher waren bzw. schlossen aus, dass Jean Charles eine konkrete Bedrohung sei. Trotzdem kam von der taktischen Einsatzzentrale an das Sonderkommando die "positive Identifikation", es handle sich bei Jean Charles um den Gesuchten Hussein Osman, und der Befehl zur Umsetzung der sogenannten Todesschuss-Praxis ("Shoot To Kill Policy").

Diese war als Reaktion auf 9/11 ohne Wissen der Öffentlichkeit Anfang 2002 klammheimlich eingeführt worden. Polizeiintern bekannt unter dem Decknamen "Operation Kratos", sieht sie vor, Selbstmordattentäter, die eine "direkte und unmittelbare Bedrohung darstellen", durch 5 Kopfschüsse hinzurichten, wobei der 1. Schuss durch den Mund die Rückenmarksnerven durchtrennen soll, wonach aus Sicherheitsgründen 4 weitere Schüsse abgegeben werden. Entworfen nach Angaben der Polizei aufgrund von Erkenntnissen und nach dem Vorbild von Ländern mit Erfahrungen mit Selbstmordsattentätern, u.a. Israel, wo englische Spezialeinheiten auch trainiert wurden. Israelische Offiziere distanzierten sich in der englischen Presse allerdings deutlich vom Operationsablauf in Stockwell und bemängelten insbesondere, dass de Menezes nicht angesprochen worden war, lange bevor er die U-Bahnstation betrat.

Bezeichnenderweise will nachträglich niemand mehr für den Exkekutionsbefehl verantwortlich sein. Lange Zeit weigerte sich die Polizei, nur schon bekannt zu geben, wer die taktische Einsatzleitung im "Gold Command" innehatte. Trotzdem sickerte in den Medien schon früh durch, es handle sich um Commander Cressida Dick. Laut verschiedenen Indiskretionen über die "geheimen" IPCC-Untersuchungsergebnisse habe Dick, die am Vortag lediglich von 1 bis 3 Uhr früh geschlafen habe, allerdings kategorisch bestritten, das aus 7 Buchstaben bestehende "Kratos"-Codewort zur Exekution durchgegegeben zu haben, sondern lediglich befohlen, de Menezes sei "um jeden Preis am Betreten der U-Bahn zu hindern".

 http://news.bbc.co.uk/1/shared/spl/hi/uk/05/london_blasts/tube_shooting/html/station.stm
 http://observer.guardian.co.uk/uk_news/story/0,6903,1553440,00.html
 http://en.wikipedia.org/wiki/Jean_Charles_de_Menezes
 http://observer.guardian.co.uk/uk_news/story/0,6903,1686927,00.html
 http://news.bbc.co.uk/1/shared/spl/hi/uk/05/london_blasts/tube_shooting/html/pursuit.stm
 http://www.timesonline.co.uk/article/0,,22989-1861022,00.html
 http://www.telegraph.co.uk/news/main.jhtml?xml=/news/2006/01/30/nmenez130.xml


3) Exekution mit 7 Kopfschüssen -- und Dum-Dum-Munition

Auch betreffend den folgenden genauen Tathergang widersprechen sich wenig überraschend sowohl die verschiedenen Polizeieinheiten wie weitere Zeugen. Übereinstimmung besteht darin, dass sich einer oder mehrere Beamte auf de Menezes stürzten und ihn festhielten, worauf 2 Beamte im Abständen von jeweils ca. 3 Sekunden eine Vielzahl von Schüssen auf den Fixierten abgaben -- ohne dass er zuvor eine Gelegenheit bekommen hätte, sich zu ergeben.

Die Spurensicherung ergab, dass insgesamt 11 Schüsse abgefeuert wurden. Davon trafen 7 Jean Charles in den Kopf, 1 in die Schulter, und 3 gingen ins Leere. Laut einem Neffen von Jean Charles, der sich den Weg ins Leichenschauhaus erzwang ("Sie wollten mich nicht hineinlassen"), trafen ihn die Schüsse von hinten.

Erst Mitte November 2005 wurde bekannt, dass Jean Charles mit im Kriegsfall geächteter Dum-Dum-Munition exekutiert worden war. Solche wurde auch in Deutschland unlängst in allen Bundesländern für sämtliche Beamten eingeführt und soll aktuell auch in der Schweiz nach erfolglosen Versuchen in den Jahren 2001 und 2003 einmal mehr für alle Beamten eingeführt werden -- Spezialkommandos sind auch in der Schweiz heute schon damit ausgerüstet.

Anmerkung: Aufgrund der politischen Implikationen und des negativ belasteten Namens streitet die Polizei -- gerne auch in "freundlichen" Kommentaren auf indy -- in der Regel rundheraus ab, dass es sich bei den von ihr verwendeten Munitionstypen um Dum-Dum-Geschosse handelt, und verwendet stattdessen (immer noch für sich selbst sprechende) Bezeichnungen wie Mannstopp-, Expansiv-, Hohlspitz- oder Deformations-Munition. Allen Wortspielereien zum Trotz handelt es sich vom Wirkungsprinzip her allerdings eben genau um Dum-Dum-Geschosse, wie diese schon in der Haager Konvention von 1899 definiert und verboten wurden. Ebenfalls klar geächtet wurde der Gebrauch solcher Geschosse in der Petersburger Erklärung von 1868, in der Haager Landkriegsordnung von 1907, in Zusatzprotokollen zu den Genfer Konventionen sowie in Uno-Übereinkommen. Mehr zu diesem Thema sowie zu Geschichte & Definition von Dum-Dum-Geschossen siehe in den Ergänzungen unter
 http://de.indymedia.org/2005/12/135421.shtml
 http://ch.indymedia.org/de/2005/12/37067.shtml

Auch im Fall von Jean Charles wurde der betreffende Munitionstyp laut Polizei eingesetzt, weil die Projektile eher im Körper des getroffenen stecken blieben und so die Verletzungsgefahr für Drittpersonen minimiere. Immerhin wurde offenbar auch zugegeben, dass sie im Gegenzug bei Getroffenen drastischere Wunden verursacht. Wie ein leitender Beamter gegenüber dem "Guardian" ausführte, sei Jean Charles' Gesicht "nicht mehr identifizierbar" gewesen aufgrund der Schwere der durch die verwendete "Hohlspitzmunition" zugefügten Verletzungen. Auch der Neffe Jean Charles', der sich gegen den Willen der Behörden den Weg ins Leichenschauhaus erzwang, konstatierte grosse Auschusswunden.

Soweit bisher bekannt, war Jean Charles das erste Opfer, das von der englischen Polizei mittels Dum-Dum-Geschossen getötet wurde, ebenso das erste Opfer der "Shoot To Kill Policy". Anfangs Dezember 05 gab erstmals ein ranghoher Polizeibeamter öffentlich zu, es sei "wahrscheinlich", dass die Todesschuss-Praxis "weitere unschuldige Opfer" fordern werde.

Trotz ihres sauberen Images vom "unbewaffneten, friedlichen Bobby" wurden in den letzten Jahren von der britischen Polizei auch ohne "ShootTo Kill Policy" über 30 Menschen erschossen. Weit häufiger werden ihre Opfer allerdings brutal zu Tode geknüppelt, erstickt, usw. Im Durchschnitt stirbt in Grossbritannien jede Woche jemand im Polizeigewahrsam oder bei einer Verhaftung. Praktisch ausschliesslich handelt es sich dabei um Farbige sowie vereinzelt um Weisse aus der Unterschicht, die in verarmten Gegenden wohnten.

Seit Beginn der 70er Jahre wurden weit über 1000 Personen von der Polizei getötet. Obwohl in vielen Fällen sogar die polizeiinternen Untersuchungen zum Schluss kamen, es handle sich um "ungesetzliche Tötungen", wurde bisher kein einziger Beamter verurteilt.

 http://en.wikipedia.org/wiki/Jean_Charles_de_Menezes
 http://news.bbc.co.uk/1/shared/spl/hi/uk/05/london_blasts/tube_shooting/html/shooting.stm
 http://www.nzherald.co.nz/section/story.cfm?c_id=2&objectid=10337489
 http://www.telegraph.co.uk/news/main.jhtml?xml=/news/2005/11/16/nmenez16.xml
 http://www.guardian.co.uk/menezes/story/0,,1691528,00.html
 http://observer.guardian.co.uk/uk_news/story/0,6903,1664650,00.html
 http://de.indymedia.org/2005/12/135421.shtml
 http://www.injusticefilm.co.uk


4) Die üblichen Polizei-Lügen ...

Unmittelbar nach der Hinrichtung gab die Polizei bekannt, der zu diesem Zeitpunkt noch unidentifizierte Erschossene sei beim Verlassen der mutmasslichen Terroristen-Wohnung beobachtet worden und habe trotz des warmen Sommerwetters einen dicken Mantel getragen, unter dem er eine Bombe versteckt habe. Als er von verfolgenden Beamten angerufen worden sei, habe der "Asiate" die Flucht ergriffen, sei in die U-Bahnstation Stockwell gerannt, über eine Zahlschranke geflankt, in einen Zug gesprintet und habe dort die Bombe zünden wollen; um dies zu verhindern, hätten ihn die Beamten mit 5 Schüssen getötet. Wie üblich beteten sämtliche Medien diese angeblich durch mehrere Zeugen untermauerte Polizeiversion unhinterfragt nach, angereichert durch "Zeugenberichte" u.a. von einem Bombengürtel mit herausragenden Drähten.

Weiter behauptete die Polizei, die in England ziemlich lückenlose Video-Überwachung, die ev. Näheres zum Tathergang hätte aufzeigen können, sei an diesem Tag leider ausser Betrieb gewesen. (Auch dies von Fall zu Fall eine beliebte Ausrede der britischen Polizei, die u.a. auch zum Zug kam, als im nahegelegenen, mehrheitlich von Schwarzen bewohnten Stadtteil Brixton hintereinander mehrere Brandanschläge verübt wurden. Demonstrieren jedoch z.B. Angehörige von Polizeiopfern am selben Ort, kann davon ausgegangen werden, dass sämtliche Kameras in Betrieb sind und aufzeichnen.)

Erst am folgenden Tag, dem 23.7.05 gab die Polizei die Identität des Erschossenen bekannt, sowie dass es sich eindeutig nicht um den vermeintlichen Terrorverdächtigen handle, wofür sie sich entschuldige. Sämtliche übrigen Behauptungen (verdächtige Kleidung und Verhalten, Flucht nach Anrufen, Möglichkeit sich zu ergeben, usw.) wurden jedoch nicht zurückgenommen.

Auch lange nach Jean Charles' Tod sickern regelmässig behördliche Interna an die Medien durch, vermengt mit Spekulationen; dies alles mit der Absicht, ihn in ein schlechtes Licht zu rücken und zum potenziell gefährlichen Kriminellen zu stempeln (ebenfalls eine "bewährte Polizei-Taktik"). So etwa, sein Studentenvisum sei vor 2 Jahren abgelaufen und er halte sich seither illegal in Grossbritannien auf, was auch der Grund gewesen sei, weshalb er nervös reagiert und vor der Polizei die Flucht ergriffen habe.

 http://news.bbc.co.uk/1/hi/uk/4158832.stm
 http://news.bbc.co.uk/1/shared/spl/hi/uk/05/london_blasts/tube_shooting/html/default.stm
 http://observer.guardian.co.uk/focus/story/0,6903,1548808,00.html
 http://en.wikipedia.org/wiki/Jean_Charles_de_Menezes


5) ... gefolgt von den üblichen Ausreden

Zwar wurde diese (auch in anderen Fällen und nicht nur in England) immer wieder zu konstatierende "bewährte Polizei-Taktik" am 20.8.05 von Mitgliedern der MPA (Metropolitan Police Authority, die parlamentarische Aufsicht über die Polizei) öffentlich kritisiert:

"Sie hätten das klarstellen sollen. Es hätte eine unmittelbare Priorität sein sollen, ein Eingeständnis zu veröffentlichen, dass es sich dabei um falsche und bösartige Gerüchte handelte. Sie haben dies nicht getan, und das sollten sie überprüfen."

Die Reaktion des Polizeiministers Sir Ian Blair darauf laut BBC -- ganz nach dem Motto "Wenn Terroristen Unschuldige töten, darf die Polizei auch ein bisschen" (was sie sowieso laufend tut, siehe oben):

Man müsse de Menezes' Tod "im Zusammenhang sehen. So tragisch der Tod von Mr. Menezes auch ist, und wir haben uns dafür entschuldigt und die Verantwortung dafür übernommen, es ist ein Tod von 57 [d.h. die 52 Todesopfer der Anschläger vom 7.7.05 sowie die 4 dabei ebenfalls getöteten Selbstmordattentäter plus de Menezes, obwohl sein Tod mit den Anschlägen vom 7.7. in absolut keinem Zusammenhang steht]. (...) wir können nicht einem tragischen Todesfall mehr Gewicht geben als allen anderen."

Lediglich in einem im November geführten Interview, als auf Grund einer am 12.10.05 eingereichten Strafanzeige der Hinterbliebenen eine weitere IPCC-Untersuchung betreffend der Polizei-Lügen absehbar wurde, von der auch der Polizeimisister auf Grund seiner Aussagen in den Medien nach der Erschiessung de Menezes betroffen ist, räumte Ian Blair zwischendurch einmal kurz ein, die Polizei hätte die Falschmeldungen korrigieren können, dies jedoch aufgrund der "Fixierung" auf die immer noch laufenden "Jagd" auf die flüchtigen Terrorverdächtigen "nicht als notwendig erachtet" (und bezeichnenderweise -- wie auch in zahllosen anderen Fällen -- auch nachträglich nicht, nachdem die Verdächtigen längst dingfest gemacht waren). Dies sei ein "schwerwiegender Fehler" gewesen.

Nach diesem einmaligen Eingeständnis beschränkte sich Ian Blair, in der Folge wieder darauf, die Schwere der Bedrohung durch die 4 flüchtigen Verdächtigen hervorzuheben und den damit verbundenen Druck auf die Londoner Polizei: "(...) eine vollkommen einmalige Situation in der gesamten westlichen Welt. Dies ist keine Entschuldigung. Es ist lediglich bloss ein Teil des Kontexts." [Pleonasmus im Originalzitat: "It is merely just part of the context."]

 http://news.bbc.co.uk/1/hi/uk/4168192.stm
 http://news.bbc.co.uk/1/hi/uk/4334836.stm
 http://www.guardian.co.uk/menezes/story/0,,1697975,00.html
 http://www.timesonline.co.uk/article/0,,22989-1957573,00.html


6) Polizeiminister behindert Untersuchung

Die (nur dem Namen nach) "Unabhängige" Polizei Beschwerde Kommission IPCC, welche in Grossbritannien für Untersuchungen gegen die Polizei zuständig ist (und berüchtigt für ihre "unparteiischen" Untersuchungsresultate, die sie in der Regel zwar der Polizei, jedoch nicht den Angehörigen und der Öffentlichkeit zukommen lässt), wurde auf Betreiben des Polizeiministers Sir Ian Blair sogleich nach dem Vorfall für mehrere Tage lang erfolgreich gehindert, eine solche nur schon aufzunehmen.

Die IPCC selbst sprach in einer Pressemitteilung vom 25.7.05 davon, sie habe die Untersuchung nunmehr -- also nach 3 Tagen -- aufgenommen. Laut BBC und "Times" wurde die Untersuchung jedoch erst am 27.7.05 offiziell an die IPCC übergeben -- also nach 5 Tagen, obwohl die IPCC eigentlich jeden Fall von Tötung durch die Polizei sofort untersuchen und innert Stunden am Tatort sein sollte.

 http://www.ipcc.gov.uk/pr250705_stockwell.htm
 http://news.bbc.co.uk/1/shared/spl/hi/uk/05/london_blasts/tube_shooting/html/shooting.stm
 http://www.timesonline.co.uk/article/0,,2-1999733,00.html


7) Durchgesickerte Berichte strafen Polizei Lügen

Diese Behinderung der "Unabhängigen" Kommission war in diesem Fall möglicherweise der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte: Am 16.8.05 veröffentlichte der Sender ITV in einem Aufsehen erregenden Scoop durchgesickerte Bilder und Dokumente aus der laufenden Untersuchung der IPCC, welche sämtliche Lügen von Polizei und Behörden in sich zusammenstürzen liessen.

Darunter Berichte über die Aufnahmen der angeblich ausgeschalteten Videoüberwachung in der U-Bahnstation, ein Foto, dass den toten Jean Charles mit einer leichten Jeansjacke bekleidet zeigt (wobei das Bild in allen Veröffentlichungen sorgfältig beschnitten wurde, so dass sein verstümmelter Kopf nicht zu sehen ist), und Berichte der observierenden Beamten. Damit wurden nicht zuletzt auch frühere Statements von Angehörigen, wonach Jean Charles weder auffällig gekleidet war noch sich verdächtig verhielt oder ohne Ticket in die Station eindrang, eindeutig untermauert. Ebenso, dass er exekutiert wurde, ohne von der Polizei angesprochen worden zu sein.

Durch weitere Meldungen in verschiedenen Medien kam langsam das eingangs geschilderte, umfassende Versagen sämtlicher beteiligter Einheiten ans Licht.

 http://www.itv.com/news/index_1677571.html
 http://news.bbc.co.uk/1/hi/uk/4158832.stm
 http://www.guardian.co.uk/menezes/story/0,,1691554,00.html
 http://www.guardian.co.uk/menezes/story/0,,1691552,00.html
 http://observer.guardian.co.uk/uk_news/story/0,6903,1553440,00.html


8) Beamte fälschten Einsatzprotokoll

Am 29.1.06 sickerten weitere pikante Ergebnisse des inzwischen abgeschlossenen IPCC-Reports an die Öffentlichkeit. Demnach war sich die Polizei nicht zu schade, das Protokoll der Funksprüche vom 22.7.05 nachträglich zu fälschen, um die Verantwortlichen für den Tod von Jean Charles zu schützen.

Offenbar hatte ein Beamter per Funk gemeldet, Jean Charles sei positiv identifiziert worden als Hussein Osman, der Hauptverdächtige der gescheiterten 2. Anschlagsserie vom 21.7.05. Nachträglich wurden aber die Worte UND sowie NICHT im Protokoll ergänzt, so dass es nun hiess "UND es handelt sich NICHT um Osman", statt wie ursprünglich "es handelt sich um Osman". Vorgenommen wurde dieser "plumpe" Vertuschungsversuch offenbar während des Defbriefings 10 Stunden nach der Erschiessung Jean Charles', also etwa um 6 Uhr abends.

(Laut Scotland Yard erhielt die Polizei allerdings erst "im Laufe der folgenden Nacht" Kenntnis davon, dass es sich bei de Menezes um einen Unschuldigen handelte. Die Beamten des Sonderkommandos, die de Menezes erschossen, wollten noch am nächsten Morgen ihren Dienst wieder angetreten haben in der Überzeugung, den Hauptverdächtigen Hussein Osman erschossen zu haben. Ebenso Polizeimisister Sir Ian Blair, der sogar erst "Mitte des folgenden Vormittags" davon erfahren haben will.)

Zwar waren die Beamten während des Debriefings prinzipiell befugt, "Korrekturen und Verbesserungen" der Protokolle vorzunehmen, jedoch wurde diese "plumpe Fälschung" weder begründet noch visiert, wie es ordnungsgemäss hätte der Fall sein müssen. "Bei dieser Fälschung ging es darum, die Kollegen (...) vor Strafverfolgung wegen des Mordes zu schützen", so die Quelle dieser erneuten Indiskretion.

 http://news.yahoo.com/s/afp/20060129/ts_afp/britainattacksbrazilpolice_060129054709
ODER:  http://www.indymedia.org.uk/en/2006/01/332548.html
 http://www.timesonline.co.uk/article/0,,22989-2016188,00.html
 http://www.telegraph.co.uk/news/main.jhtml?xml=/news/2006/01/30/nmenez130.xml


9) Überbringer der schlechten Nachricht verhaftet

Die behördliche Reaktion auf die unliebsamen Enthüllungen liess nicht allzulange auf sich warten. Zunächst kursierten Gerüchte, die Dokumente seien ev. gefälscht, und die Informante(n) hätten lediglich aus Geldgier gehandelt. Ersteres erwies sich jedoch schnell als gegenstandslos bzw. die Dokumente als authentisch. Auch die Diffamierung der Whistleblowers entbehrte jeder Grundlage. Der kleine Sender ITV wäre finanziell gar nicht in der Lage gewesen, grössere Summen zu bezahlen. Wäre es den Informanten ums Geld gegangen, hätten sie sich folglich an die zahlungskräftigere Regenbogenpresse gewandt.

Schon 3 Tage nach der TV-Premiere der Dokumente am 16.8.05 wurde am 19.8.05 bekannt, eine Sekretärin der IPCC sei im Zusammenhang mit der Indiskretion suspendiert worden. Gleich 2 Kommissionen wurden mit der umfassenden Untersuchung des Lecks beauftragt, eine innerhalb der IPCC, sowie eine Polizeieinheit aus Leicestershire ausserhalb von London. Letztere führte am 21.9.05 mehrere Hausdurchsuchungen durch und verhaftete eine Frau, zu der die Behörden zunächst jede weitere Angabe verweigerten. Erst 2006 wurde bekannt, dass es sich offenbar um die schon zuvor suspendierte Sekretärin handelte, und dass zugleich eine weitere Frau verhaftet wurde unter Verdacht auf "Verschwörung zu Diebstahl". Ebenfalls erst am 25.1.06 wurde bekannt, dass auch der ITV-Journalist, der am 16.8.05 den Aufsehen erregenden Scoop gelandet hatte, inzwischen ebenfalls verhaftet wurde.

Wie Shami Chakrabati, Direktor der Bürgerrechtsbewegung Liberty, so schön sagte: "Wir können nur hoffen, dass die Untersuchung der Todesschüsse mit ebensolchen Eifer geführt wird wie diese Ermittlungen betreffend der IPCC-Lecks."

 http://www.metro.co.uk/metro/standard/article.html?in_article_id=29034&in_page_id=1
 http://observer.guardian.co.uk/uk_news/story/0,6903,1577923,00.html
 http://www.guardian.co.uk/menezes/story/0,,1694220,00.html


10) Verfahren gegen die Polizei schleppen sich dahin

Zwar hatte die IPCC die Untersuchung über den Tod von Jean Charles, nachdem sie sie mit etwas Verspätung überhaupt hatte aufnehmen können bzw. dürfen, pünktlich vor dem 6-Monate-Jubiläum abgeschlossen und am 19.1.06 u.a. der Anklagebehörde Crown Prosecution Service CPS weitergegeben. Für Untersuchungen der IPCC stellt dies klar eine Rekordzeit dar, die ledigleich mit dem erhöhten öffentlichen Druck zu erklären ist.

Als Vergleich kann z.B. der Fall des Schwarzen Azelle Rodney hingezogen werden. Dieser wurde am 30. April ebenfalls ohne Warnung und im Rahmen einer polizeilichen Observierungs-Verhaftungsaktion mit 7 Schüssen exekutiert, als die Polizei auf ein Auto zugriff. Dabei feuerte ein Angehöriger der Sondereinheit aus einer vollautomatischen Heckler & Koch G36C eine Salve auf Azelle ab, der sich im Rücksitz des gestoppten Autos befand. 5 Schüsse trafen ihn in den Kopf, 1 in die Schulter und 1 in den Rücken. Auch hier setzte die Polizei -- Überrsachung! -- zunächst einmal die Lüge in Umlauf, Azelle sei bewaffnet gewesen und habe eine Pistole gezogen. Prompt wurde diese Lüge damals schon unhinterfragt von den Medien übernommen und anschliessend -- Überraschung No. 2 -- wohlweislich weder von der Polizei noch von der IPCC je öffentlich richtiggestellt.

Obwohl im Fall von Azelle Rodney die IPCC ihre Untersuchung ohne Verzögerungen aufnehmen werden konnte und sie weniger komplex war, wurde das Resultat erst am 23.12.05 von der IPCC an die CPS übergeben, also nach knapp 8 Monaten. Die logische Eklärung für die längere Untersuchungszeit: Im Gegensatz zum (anfänglich internationalen) Medieninteresse im Fall von Jean Charles war bei Azelle Rodney das öffentliche Interesse, abgesehen von einigen Kurzmeldungen in der Lokalpresse, wie bei den meisten Fällen von Tod in Polizeigewahrsam von Anfang an praktisch Null.

Noch ein Vergleich: Nach der Tötung von Azelle Rodney wurde gegen die beiden überlebenden Personen vorn im Auto ebenfallss ein Strafverfahren eingeleitet. In diesem Fall wurde -- Überrschung No. 3 -- innert gut einem Monat Anklage erhoben (und nicht erst eine Voruntersuchung abgeschlossen, ob überhaupt allenfalls Anklage erhoben werden soll, wie im Fall eines ICPP-Berichts). Die beiden wurden -- ebenfalls wenig überraschend -- bereits am 25. Januar zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt, während im Fall des Beamten, der Azelle erschoss, die CPS sich weiterhin Zeit lässt, ob sie überhaupt Anklage erheben will.

(Auch gegen den Journalisten, der bei Jean Charles die für die Polizei höchst peinlichen durchgesickerten IPCC-Untersuchungsergebnisse veröffentlicht hatte, sowie gegen die als Informanten verdächtigten IPCC-Angestellten wurde bekanntlich einiges zügiger ermittelt.)

Weitere Parallelen zwischen Azelle und Jean Charles: In beiden Fällen führte die "unabhängige" IPCC nicht mit allen involvierten Polizeibeamten eigenständige Einvernahmen durch, sondern liess diese durch die Polizei durchführen und nahm sie dann lediglich zu den Akten -- im Fall von Azelle besonders fragwürdig, dass es sich dabei um den Todesschützen handelt, der (wie ebenfalls üblich) auch nicht suspendiert wurde.

Von den Hinterbliebenen wird zudem jedesmal als besonders empörend empfunden, dass die IPCC zwar ihre Untersuchungsergebnisse jedesmal grosszügig der Polizei mitteilt (und im Fall von Jean Charles u.a. zusätzlich auch an Scotland Yard und ans Innenministerium weiterreichte), die Hinterbliebenen jedoch vollständig im Dunkeln tappen lässt, sobald erstere sich öffentlich kritisch äussern. Dies, obwohl es erkärtermassen die Aufgabe der IPCC wäre, als Verbindungsglied zu den Hinterbliebenen zu dienen und diese zumindest in groben Zügen über die laufenden Untersuchungen und deren Ergebnisse zu unterrichten. (Auch Medien und Öffentlichkeit werden, abgesehen von den "üblichen Indiskretionen", betreffend der "geheimen" Untersuchungen jeweils aussen vor gelassen.)

Lange nicht zuständig fühlte sich die IPCC betreffend der "bewährten" Polizeitaktik, Todesopfer öffentlich mittels Lügen und Falschmeldungen zu diffamieren, um dadurch die eigenen Fehler zu vertuschen. Erst nachdem am 12.10.05 die Verwandten von Jean Charles diesbezüglichStrafanzeige u.a. gegen den Polizeiminister Sir Ian Blair einreichten und dadurch der Druck in den Medien weiter anstieg, tat sich in dieser Sache etwas -- wohl erstmalig in der Geschichte der IPCC inkl. ihrer (auch dem Namen nach noch nicht "unabhängigen") Vorläuferorganisationen. Mehr als 4 Monate nach den wenig rühmlichen Lügen der oberen Chargen über den wehrlosen toten Jean Charles wurde am 28.11.05 ein zweites Verfahren im Zusammenhang mit den Ereignissen von Stockwell eröffnet. Sogleich von der IPCC selbst öffentlich als Schauplatz 2. Grades deklassiert, ist ein Ergebnis dieser 2. Untersuchung wenig überraschend noch nicht in Sicht.

Bei Verfahren gegen Polizeibeamte nimmts übrigens auch die CPS mit der Anklageerhebung ein Vielfaches gelassener als in anderen Fällen üblich. Meist verstreichen einige Jahre, bis entsprechende Untersuchungen abgeschlossen sind, die wenig überraschend praktisch ausnahmslos mit Einstellungsverfügungen enden.

Wie bekanntlich auch in all den weit über 1000 Fällen von Tod im Polizeigewahrsam kein einziger Polizist verurteilt wurde.

 http://news.bbc.co.uk/1/hi/uk/4513482.stm
 http://www.timesonline.co.uk/article/0,,2-1918789,00.html
 http://news.bbc.co.uk/1/hi/uk/4624794.stm
 http://www.azellerodney.co.uk/index.htm
 http://www.azellerodney.co.uk/ipcc_investigation_conclusion_13%20press%20release.htm
 http://news.bbc.co.uk/1/hi/england/london/4504827.stm
 http://www.blink.org.uk/pdescription.asp?key=9103&grp=55&cat=163
 http://news.bbc.co.uk/1/hi/england/london/4505417.stm
 http://news.bbc.co.uk/1/hi/uk/4526694.stm
 http://www.blink.org.uk/pdescription.asp?grp=2&cat=386&key=9139
 http://news.bbc.co.uk/1/hi/england/london/4555154.stm
 http://news.bbc.co.uk/1/hi/england/london/4647830.stm
 http://www.guardian.co.uk/menezes/story/0,,1691525,00.html
 http://www.timesonline.co.uk/article/0,,22989-1895393,00.html
 http://www.injusticefilm.co.uk


11) Die Jean Charles de Menezes Family Campaign (a.k.a. Justice4Jean)

Möglicherweise hatte die Polizei gehofft, dank ihrer Falschmeldungen würde die Ermordung Jean Charles' im Nachhall der Bombenattenate bald einmal in Vergesseheit geraten. Womit sie jedoch offensichtlich nicht gerechnet hatte, war die Hartnäckigkeit von ebenfalls in London lebenden Neffen und Nichten von Jean Charles.

Schon 2 Tage nach dem Vorfall organisierten diese eine erste Gedenkfeier am Ort des Geschenens und forderten schon wenige Tage später die britische Regierung auf, die umstrittenen "Shoot To Kill Policy" unverzüglich abzuschaffen.

Weitere, zunächst wöchentliche Gedenkfeiern folgten. Die bisher Letzte am So 22.1.06, genau ein halbes Jahr nach Jean Charles' Tod, zu der immerhin noch 2-300 Personen kamen. (Obwohl zu diesem Anlass zum ersten Mal seit langer Zeit wieder zahlreiche JounalistInnen nach Stockwell pilgerten -- Sonntags ist newstechnisch in der Regel nicht viel los --, stand am nächsten Tag in keiner Zeitung etwas ...)

Am 10.10.05, als auch Jean Charles' Eltern und sein Bruder aus Brasilien angereist waren, gründeten sie eine eigene Familien-Kampagne mit einer Website, nach dem Vorbild und in Zusammenarbeit mit der UFFC, der United Families & Friends Campaign, eine Dachorganisation von Kampagnen im Zusammenhang mit Fällen von Tod im Polizeigewahrsam, entstanden während der Dreharbeiten zum Dokumentarfilm "Injustice" zum selben Thema.

Am 29.10.05 nahmen sie Teil am jährlichen Trauermarsch der UFFC zum Regierungssitz Downing Street No. 10. Bis heute äussern sie sich pointiert in den Medien und sind Teil der aktuell in Grossbritannien laufenden Kampagne "NO SHOOT TO KILL!".
--> UNTERSCHREIBT DIE ONLINE-PETITION:
 http://www.gopetition.co.uk/sign.php?currentregion=222&petid=7646

Auch in der Quartierbevölkerung und in der kommunalen Presse kann die Kampagne auf Rückhalt zählen. Vor der U-Bahn Stockwell existiert seit dem 22. Juli eine Gedenkwand mit einer Vielzahl von Texten, Bildern usw., immer noch werden auch Blumen niedergelegt. In einer von einer lokalen Bürgerinitiative angeregten benachbarten Gedenkstätte u.a. mit Wandmalereien von Kriegsopfern und Prominenten, die in Stockwell gelebt hatten, entstand ein Portrait von Jean Charles vor einer brasilianischen Flagge, gemalt vom selben Künstler, der auch die übrigen Bilder anfertigte. Als Jean Charles' Portrait nach einer Nacht-und-Nebel-Aktion mit darüber gegossener Farbe verunstaltet wurde, restaurierte er es liebevoll. Was die Distriktverwaltung jedoch nicht daran hinderte, es schliesslich im November 05 von der Anti-Graffitti-Brigade als "Schmiererei" übermalen zu lassen -- trotz anhaltenden Protesten der Quartierbevölkerung und in lokalen Medien.

Fazit und Ausblick: Gerechtigkeit für Jean Charles liegt nach wie vor in weiter Ferne. Wie bei praktisch allen ähnlich gelagerten Fällen (nicht nur in England) wird es kaum je so weit kommen ohne beharrlichen und massiven Druck in den Medien, in den Parlamenten -- und nicht zuletzt auch auf der Strasse.

 http://www.justice4jean.com
 http://www.uffc.org (Die Seite benötigt den neuesten Flashplayer und dauert je nach Internetverbindung ev. etwas zum laden, ist jedoch beides wert!)
 http://uffc-annex.moonfruit.com/jeandemenezes
 http://news.bbc.co.uk/2/hi/uk_news/4722861.stm
 http://www.indymedia.org.uk/en/2005/07/319459.html
 http://www.indymedia.org.uk/en/2005/07/319572.html
 http://www.indymedia.org.uk/en/2005/07/319591.html
 http://www.indymedia.org.uk/en/2005/10/326759.html
 http://indymedia.org.uk/en/2006/01/332100.html?c=on
 http://www.mondaysmusings.blogspot.com/pictemps/sw8war.html
 http://www.mondaysmusings.blogspot.com/pictemps/shrine.html
 http://www.mondaysmusings.blogspot.com/pics/230106/vigil.html
 http://www.mondaysmusings.blogspot.com/pictemps/stockmem.html
 http://web.ukonline.co.uk/localonline/d/0129jcdm.htm
 http://web.ukonline.co.uk/localonline/d/0127jcdm.htm
Links zu 2 Artikeln und einem Leserbrief in der "South London Press" sind abrufbar unter  http://www.ssi-media.com/pigbrother/uk/MenezesLinks.htm#SouthLondonPress (Da die Links sehr lange sind, würde das indy-layout stark leiden bzw. diese Seite wäre kaum mehr lesbar)
 http://www.injusticefilm.co.uk


12) Fotoquellen / Linksammlung

Fotoquellen:

Guido Fotoreports auf uk.indy:
Pics and report of todays vigil at Stockwell tube. 24.07.2005:
 http://www.indymedia.org.uk/en/2005/07/319459.html
Monday Stockwell station vigil. Pictures and report. 26.07.2005:
 http://www.indymedia.org.uk/en/2005/07/319572.html
Angry march to remember man murdered by cops on Friday. 26.07.2005:
 http://www.indymedia.org.uk/en/2005/07/319591.html
Familys of Police victims march in London. 29.10.2005:
 http://www.indymedia.org.uk/en/2005/10/326759.html
Jean Charles remembered by hundreds at Stockwell vigil. 23.01.2006:
 http://indymedia.org.uk/en/2006/01/332100.html?c=on

BBC:
 http://news.bbc.co.uk/1/hi/uk/4168192.stm
 http://news.bbc.co.uk/1/shared/spl/hi/uk/05/london_blasts/tube_shooting/html/stakeout.stm

Wiki:
 http://en.wikipedia.org/wiki/Jean_Charles_de_Menezes

Onionbagblog:
 http://www.mondaysmusings.blogspot.com/pictemps/sw8war.html

Local Online Project:
 http://web.ukonline.co.uk/localonline/d/0129jcdm.htm


Linksammlung:

Eine Liste mit allen verwendeten Quellen (und einigen mehr) zum Fall Jean Charles de Menezes inkl. Titelüberschriften und Publikationsdatum ist abrufbar unter:

 http://www.ssi-media.com/pigbrother/uk/MenezesLinks.htm



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Ergänzungen

itv

tagmata 04.02.2006 - 05:29
der itv-report scheint online zu sein unter ed2k://|file|ITV.report.-.Jean.Charles.de.Menezes.London.2005.Police-State.Shoot-to-kill-Orders.wmv|21865237|420749BEBAF931AA1969D905DB65979C|/