Genua-Prozesse: zum Ueberfall auf die Diaz-Schule

indy global 25.1.06 (übers. leila) u. meine Wenigk. 02.02.2006 21:34 Themen: G8 Globalisierung
Während der Proteste gegen den G8-Gipfel im italienischen Genua 2001 kam es zu brutalen Übergriffen durch die Polizei. Während der Demonstration am 20.7. wurde Carlo Giuliani getötet. In der Nacht zum 22.7. stürmte die Polizei die Diaz-Schule, Übernachtungsort von zahlreichen AktivistInnen. Die AktivistInnen wurden im Schlaf überfallen und brutal zusammengeschlagen. Nun stehen in Genua erneut 28 PolizistInnen vor Gericht und ZeugInnen aus Deutschland und anderswo berichten über den blutigen Überfall. Mehr als 60 AktivistInnen mussten z.T. schwer verletzt ins Krankenhaus.

Supporto Legale | Berichte zu Genua 2001 | Gipfelsoli
Genua-Prozesse: ZeugInnen fordern die Wahrheit in Genua

Am 11. Januar 2006 wurden vom Gericht die Anhörungen der Zeugen im Prozess gegen die Polizisten, die am Ende der G8-Proteste in Genua an der Räumung der Diaz Schule am 21. Juli 2001 beteiligt waren, wieder aufgenommen. In der 19. und 20. Anhörung, die am 11. und am 19. Januar statt fanden, riefen sich einige britische ZeugInnen die Geschehnisse in der Diaz Schule und im gegenüberliegenden Medienzentrum ins Gedächtnis.

Die erste Aussage tätigte der BBC Reporter Bill Hayton, der während der Razzia anwesend war und sich anhand seiner Handyrechnung an die Nacht erinnern konnte. Die Zeitpunkte seiner Anrufe bei BBC zeigen die Sequenz der Ereignisse: als die Razzia begann und er alles vom Hauptquartier Indymedias beobachten konnte, als die Polizei ihn 40 Minuten Lang als "Geisel" nahm und als er freigelassen wurde und gehen konnte und die Verwüstung sehen konnte, den die Polizei in der Schule angerichtet hatten.

Nach ihm hörte das Gericht Hamish Campbell an, einem Videofilmer, der sich im Medienzentrum aufhielt, als die Razzia begann und vom Dach des gegenüberliegenden Gebäudes der Diaz Schule alles filmte. Sein Video ist ein Meilenstein der Anklage, denn es beweist, dass sich niemand gegen die Polizei auflehnte, als die Beamten den behelfsmäßigen Schlafsaal angriffen. Die These der Verteidigung ist stattdessen, dass Polizisten von Menschen angegriffen wurden, die sie mit Dingen bewarfen. Von seinem Versteck auf dem Dacha aus, sah Hamish Campbell auch, wie ein Polizist auf der Straße Mark Covell schlug. Der Journalist Mark Covell, der durch diesen Übergriff schwer verletzt wurde, sagte während der 21. Anhörung des Prozesses aus, die am 25. Januar gemeinsam mit zwei deutschen Zeugen stattfand. Das Video wurde zuvor dem Gericht gezeigt, dann berichtete Mark Covell wie die Polizisten ihm einen dichtem Schlagstockprügelhagel versetzten. Er schwebte danach im Koma zwischen Leben und Tod, beinahe hätten sie ihn umgebracht.

weitere Infos:
Kurzinfo: Genua: Diaz-Prozeß geht weiter
Gipfelsoli- Rundbrief 25.1.06

Filmbeiträge unabhängiger JournalistInnen:
mms://video.channel4.com/news/2006/01/12_genoa.wmv

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Ergänzungen

Gibt es eine Liste der Polizisten?

? 02.02.2006 - 21:57
Ich dachte, daß die Carabinieris eine paramilitärische Truppe aus Wehrpflichtigen wäre. Mich wundert, daß im Artikel jetzt indirekt die Rede von Frauen ist ("28 PolizistInnen vor Gericht").

Genua im Fernsehen

TV-Guckerin 03.02.2006 - 00:02

(muss ausgefüllt werden)

polylux 03.02.2006 - 12:14
hier ist noch nen artikel:

 http://de.indymedia.org/2006/02/137894.shtml

Die Sache mit dem angeblichen Widerstand

abc 03.02.2006 - 12:34
Als erstes, vielen Dank, es gibt wenige, die sich kümmern, wo das doch sooo wichtig wäre.

Die Sache mit der Situation zum Zeitpunkt des Angriffs ist etwas komplizierter als hier dargestellt. Es geht hier nicht um eine simple These der Verteidigung. Der Text vermittelt den Eindruck, dass diese womöglich mit der Behauptung so genannten "Widerstands" versucht, die Gewalt zu rechtfertigen. Das tut sie auch, es geht dabei aber um viel mehr. Die Operation wurde offiziell als "Durchsuchung" nach §41 T.u.l.p.s. (ne Art italienisches ASOG, Marke "Periodo fascista", Jahrgang 1931) durchgeführt, die durch einen angeblichen "Verdacht" auf Anwesenheit von so genannten Angehörigen des berühmt-berüchtigten Black bloc begründet worden war und aufgrund des T.u.l.p.s. Paragraphen keiner richterlichen Anordnung bedurfte. Diesen "Verdacht" begründeten die Zuständigen mit einem angeblichen Übergriff auf eine so genannte "Pattuglia mista". Danach sollten vor der Schule vorbei fahrende Polizeiautos zur Zielscheibe einer aufgebrachten Meute gewesen sein, die mit Flaschen, Steinen und Fußtritten auf den Späherkonvoi los gegangen sein soll.

Dieser Vorfall (die Vortäuschung des Übergriffs, nicht die angebliche Attacke auf die Autos) ist ein Knackpunkt, der nicht unerwähnt bleiben sollte. Die Staatsanwaltschaft hält den Umstand für erwiesen, dass die "Durchsuchung" durch einen erfundenen Vorfall (Steine- und Flaschenhagel) begründet wurde. Der Verteidigung der heute angeklagten Herren geht es daher nicht nur darum, die Gewalt zu rechtfertigen, sondern auch und vielmehr darum, auf diese Weise doch noch Argumente für eine wenigstens "indirekte" Rechtfertigung der Entscheidung, die Operation aufzubringen. Das wurde in früheren Verhandlungen, die noch im alten Jahr stattgefunden haben, recht deutlich.

Hoffentlich werden mit der Zeit die Zusammenhänge jenseits der blanken Gewalt noch klarer vermittelt. Der Überfall ist nicht eine Laune gewesen und schon gar nicht ein Zufall. Dahinter steckt eine ganz bestimmte "Sicherheitspolitik" und auch manche ausländische Beteiligung. Die Diaz-Schule ist nicht nur ein Horror an sich, sondern auch ein Spiegel dessen, was in Genua insgesamt abgegangen ist und Genua ist ein Spiegel dessen, was die neuen Law-and-oder Systeme mittlerweile seit Jahren ziemlich unwidersprochen zusammenbasteln.

Zur Vergenderung des Worts "Polizisten", das in diesem Fall jenseits allen Zweifeln auf 29 Männer bezogen ist: Mag sein, dass auch Frauen sowas können (ein Ansatz) oder dass Mensch denkt, ich demontiere die innere Selbstwahrnehmung dieser Visagen und weise auf den unterdrückten Teil ihrer Identität hin (noch ein Ansatz). Darüber, ob das korrekt ist, denen diese leider wirklich zwanghafte Vergenderung unbedingt anzudrehen lässt sich aber trefflich streiten. Es sind ausschließlich MÄNNER und auch noch Exemplare, die in schönster PATRIARCHALER Tradition stehen...

Ach ja: Dass die Opfer die Wahrheit fordern, ist natürlich sehr zu begrüßen (es ist nämlich gar nicht so selbstverständlich, wie Mensch meinen könnte). Die "Wahrheit" wird das Verfahren aber leider nur in Teilen zu Tage fördern, das steht jetzt schon richtig fest. Es ist den Opfern hoch anzurechnen, dass sie in Genua aussagen und so dazu beitragen, dass wenigstens die offenkundigsten Tatsachen klar und deutlich fest gestellt werden. Manche Wahrheit wird sich aber in den Verhandlungen keineswegs mehr aufdecken lassen. Die Justiz ist die Wege gegangen, die sie für vertrebar und durchsetzbar hielt und sie hatte es auf keinen Fall leicht. Politik und Behörden haben ihres Zeichens natürlich vertuscht, was das Zeug hält.

Die Linke, die Bewegungen und die progressiven Kräfte der Gesellschaft waren und sind in der Auseinandersetzung um Genua leider praktisch abwesend. Die Justiz konnte da erst recht nicht anders, die Politik wiederum hat so alles in allem sehr leichtes Spiel gehabt und gute Aussichten, sich der eigentlich dramatischsten Wahrheit nie stellen zu müssen. Ein kleiner Anfang, um daran doch noch wenigsten etwas zu ändern wäre eine schärfere Auseinandersetzung, damit der gesellschaftliche Druck endlich wieder wächst (das könnte helfen, die Linksliberalen zu zwingen, es mit einer versprochenen Untersuchungskommission nicht auf die Leichte Schulter zu nehmen) und natürlich die konkrete und zuverlässige Unterstützung der Rechtshilfe in Genua, die maßgeblich den Prozess der Wahrheitsfindung unterstützt.

Noch was (@ ?)

abc 03.02.2006 - 12:50
Im Diaz Verfahren sind gar keine Carabinieri dran. Alles Polizia di Stato. Lediglich im Bolzaneto-Verfahren (warum sprechen eigentlich alle nur von Diaz?) sind zwei Carabinieri mit von der Angeklagten-Partie. Die Carabinieri sind übrigensw nicht Paramilitärs sondern richztige Militärs. Sie gehören der Armee an, genau so wie Luftwaffe, Marine und Bodentruppen. Deswegen hängen die auch in Irak, Afghanistan und Afrika rum.

Channel4 Beitrag

Genova 03.02.2006 - 13:38
Hier der channel4 Beitrag zum download
Größe 15mb

support supporto!

dani 03.02.2006 - 16:02
Supportolegale hat wieder fast kein geld

Spenden waeren sehr schoen

Vielen dank

Die Adresse ist:

SupportoLegale Genova

Don Antonio Balletto
swift code CRGEITGG040
iban IT45 H061 7501 4000 0000 6135 980
Zahlungszweck: supporto legale


Hörspiel Genua01

Genova 03.02.2006 - 16:43
Genua 01
Genua im Sommer 2001: Die italienische Küstenstadt befindet sich im
Kriegszustand. Während des G8-Gipfels kommt es zu den bisher blutigsten
Zusammenstößen von Globalisierungsgegnern und Staatsgewalt.

G8-Treffen in Genua im Jahr 2001: Eskalierende Gewalt auf den Straßen der
norditalienischen Hafenstadt. 300.000 Menschen kamen nach Genua, um
friedlich für eine gerechtere Weltpolitik zu demonstrieren.
Globalisierungsgegner gegen Staatsmacht. Doch nach diesem Wochenende steht
Genua für die blutigste Bilanz einer No-Global-Demonstration: Der junge
Italiener Carlo Giuliani wird von einem Carabinieri erschossen, Tausende
werden verletzt. Am Ende steht eine einzige Frage: Warum?

"Genua 01" ist eine aufschreckende und bittere Bestandsaufnahme der
Ereignisse des G8-Gipfels im Sommer 2001. Fausto Paravidino klagt mit
bedingungsloser Härte an. Er klärt auf und lässt keinen Zweifel daran, wer
die Verantwortung für diese dramatische Gewalt zu tragen hat.

Der Autor

Fausto Paravidino wurde 1976 in Genua geboren und gilt als das "Wunderkind" der italienischen Dramatik. Schon in seinem Stück "Peanuts" thematisierte Paravidino den G8-Gipfel in Genua. "Genua 01" schrieb Paravidino im Auftrag des Londoner Royal Court Theater. Das Stück wurde in der Berliner Schaubühne erstmals in Deutschland aufgeführt. Paravidino lebt in Rom. Genua ist 2004 Kulturhauptstadt Europas.

Die Produktion

Übersetzung aus dem Italienischen von Georg Holzer
Regie und Bearbeitung: Martin Zykla
Musik: Haarmann
Montage: Elke Tratnik
Ton: Markus Haßler

Mitwirkende: Florian Lukas, Sandra Borgmann, Götz Schulte, Sascha Icks,
Jochen Langner, Cathleen Gawlich, Ill-Young Kim, Thomas Birnstiel

Redaktion: Angela de Ciriaco-Sussdorff

Länge: 44'47

download 27mb
 http://www.gipfelsoli.org/Video+Audio/Genua01.mp3

Supporto Legale Berlin + Italien

(muss ausgefüllt werden) 04.02.2006 - 11:21
Ciao!!! Dies ist die Webseite des SupportoLegale Berlin.

SupportoLegale ist eine Gruppe aus Italien, die die Prozesse in Genua wegen des G8 2001 begleitet und sowohl die AnwältInnen als auch die von Verfahren betroffenen DemonstrantInnen unterstützt: Entweder als Angeklagte oder als ZeugInnen gegen die Polizeikräfte.
In Genua finden bzw. fanden derzeit verschiedene Gerichtsverfahren statt. Es gibt sowohl Verfahren gegen DemonstrantInnen (im Moment 25, womöglich aber noch Dutzende, eventuell sogar 200 weitere), als auch gegen Polizeikräfte.

Supportolegale macht Öffentlichkeitsarbeit und versucht, Spenden zu sammeln. Bisher haben diese Spenden die Arbeit des 'secretaria legale' in Genua ermöglicht. Jetzt wird beabsichtigt, auch andere politische Prozesse in italien zu verfolgen. (In Italien existierte bisher keine Struktur, die mit der Roten Hilfe oder den EAs hierzulande vergeichbar ist.)

Wir haben uns als Berliner Gruppe organisiert um die GenossInnen in Italien zu unterstützen. Dazu haben wir eine Broschüre zu den Prozessen wegen des G8 2001 in Genua erstellt. Die Broschüre ist kostenlos, hat 16 Seiten A5 und ist vierfarbig gedruckt.

Ihr könnt sie euch hier als pdf-Datei bzw. html herunterladen.
Wenn ihr welche davon bestellen wollt, um sie z.B. bei euch zu verteilen, meldet euch doch bei uns. Zudem gibt es eine Anzeige, die in diversen Publikationen veröffentlicht werden soll.
Diese findet ihr ebenso auf dieser Seite.

Ansonsten wäre es schick wenn ihr in euren Publikationen über die Prozesse oder die Arbeit des SupportoLegale berichtet.
Dabei unterstützen wir euch unbedingt und sehr gern!!
Ihr könnt uns dafür erreichen unter  info@supportolegale.de.

 http://www.supportolegale.de/

ITALIEN
 https://supportolegale.org/

videoclips zu den G8-Prozessen:

freundeskreis v i d e o c l i p s 05.02.2006 - 19:56
online bei  http://de.indymedia.org in 14 Teilen)
Teil 1:  http://de.indymedia.org/2005/11/132996.shtml

und als DVD gegen Spende bei uns erhaeltlich: www.freundeskreis-videoclips.de

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Von Genua nach Heiligendamm
Stand der Verfahren zum G8 in Genua 2001
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Eine Veranstaltung des Arbeitskreis kritischer Juristinnen und Juristen (AKJ) an der Humboldt-Universität (HU) zu Berlin.
Berlin-Mitte, Hauptgebaeude der HU-Berlin, 3. Juni 2005

Update

Supporteria cognitaria 05.02.2006 - 20:19
Bereitschaftspolizei in Erklärungsnot

 http://de.indymedia.org/2006/02/138044.shtml

The video in the courtroom

Gerson 06.02.2006 - 09:53
Auf supportolegale gibts auch was Deutsch was. Noch ausführlicher sogar als im verlinkten Text auf Englisch.

 https://www.supportolegale.org/?q=node/609

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