Freiburg: VoKü für einen neuen Wagenplatz

Ohne Mampf kein Kampf 19.01.2006 13:36 Themen: Freiräume
In Freiburg fand gestern (Mittwoch 18.1.) wie jeden Mittwoch eine VoKü für die Schattenparker statt. In einer sehr schönen Aktion wurden Essen, Bänke, Teller, etc. in wenigen Minuten direkt vor der Mensa aufgebaut. Nachdem zwei Team Greenler 5 Minuten lang verzweifelt einen Verantwortlichen suchten und nicht fanden, konnte die Party beginnen.
50 Leute, gutes Essen, gute Stimmung, 2 Pünsche?(alkfrei und alkeholisch), alles in allem ein voller Erfolg. Bis nächste Woche hoffentlich auf dem neuen Wagenpltz!!! P.S: Samstag 14.oo Rathaus Demo für einen neuen Wagenplatz



weiter Infos zu den Schattenparkern: www.schattenparker.net
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Ergänzungen

Frankfurter Rundschau vom 19.1.

Don't hate the media - become the media 19.01.2006 - 18:31
"Schattenparker" stehen im Regen

In Freiburg löst die Polizei ein Bauwagendorf auf und nimmt jungen Leuten die Bleibe weg / Demo am Samstag

Die "Schattenparker" aus Freiburg sind obdachlos. Das Bauwagendorf musste seinen Standplatz räumen und sucht seitdem ein neues Domizil. Die Kritik an Stadtverwaltung und -regierung wächst.

Frankfurt a. M. Bambule in Hamburg: geräumt 2002; Bauwagendorf Frankfurt-Rödelheim: geräumt 2003; Kasseler "Rollheimer" und Wagenplatz "Gnadenacker" in der Nähe der Münchner Bundesgartenschau: beide geräumt 2005. Die Liste offenbar unerwünschter Bauwagendörfer setzt nun ausgerechnet das als liberale geltende, von Studenten geprägte und von einem Grünen-Oberbürgermeister regierte Freiburg fort.

Rund 30 junge Menschen stehen seit Ende vergangenen Jahres buchstäblich auf der Straße - zunächst allerdings noch mit Obdach im Bauwagen. Ende November hatten sie freiwillig ihren bisherigen Standplatz am Campus St. Georgen verlassen, um einer drohenden Räumung zuvorzukommen. Anfang Dezember versammelten sich die Schattenparker inklusive ihrer Einraumwohnungen auf Rädern auf dem ungenutzten Fahnenmastplatz - Raum für alternative Wohnprojekte gebe es genug, lautete die Botschaft der Aktion. Die Polizei schritt ein, beschlagnahmte 24 Bauwagen und nahm mehrere Personen fest. Ohne ihre Bauwagen sind die Schattenparker nun tatsächlich obdachlos. Dem Polizei-Einsatz folgten Protestaktionen und Demonstrationen. Auch am kommenden Samstag wollen die jungen Leute für eine Bleibe auf die Straße gehen.

Im Oberbürgermeisterwahlkampf 2002 hatte der Grünen-Politiker Dieter Salomon der Straßenzeitung Freiebürger noch versichert: Niemand stelle "die Wagenburgen mehr grundsätzlich in Frage. Und das ist gut so!" Doch jetzt steht auch der grüne Oberbürgermeister in der Kritik. "Populistische Politik" und eine "neoliberale Welle" wirft ihm Günter Rausch vor, Professor für Gemeinwesenarbeit an der Evangelischen Fachhochschule. Rausch hat für die Schattenparker eine Unterstützergruppe aus Hochschullehrern, Gewerkschaftern, dem evangelischen Stadtdekan und anderen Bürgern organisiert.

Druck machen auch die Grünen, die im Gemeinderat die größte Fraktion stellen: Sie kritisieren die Polizei für ihre "harte Linie". Gleichzeitig versuchen sie ihren OB aus der Schusslinie zu nehmen. Bislang seien die Schattenparker kein politisches Thema gewesen, Verantwortung trage die Verwaltung, sagt Coinneach McCabe, der für die Grünen im Freiburger Gemeinderat sitzt.

"Die Stadt kann keine Fläche herbeizaubern", sagt Bernd Nußbaumer, Leiter der Stabsstelle des OB: Es gelte ein älterer Beschluss des Gemeinderates, wonach auf städtischem Grund keine Wagendörfer mehr eingerichtet werden sollen. Salomons Referentin und mehrere Ämter suchten nun nach Ausweichquartieren auf privatem Grund. Generelle Vorbehalte gegen die Lebensform der Schattenparker verneint Nußbaumer aber: "Es gibt noch Optionen. Die andere Seite muss aber flexibel sein."

Peter Steinke

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JUSTIZ

T-Shirts und Buttons können Antifaschisten gefährlich werden
Urteile gegen Anti-Nazi-Abzeichen empören antifaschistische Initiativen. Aus der Bundestags-SPD kommt der Vorschlag, das Strafrecht nachzubessern.

VON VOLKER SCHMIDT

bild: Jochen Eckel / ddp

Eigentlich ein eindeutiges Symbol: Ein Strichmännchen wirft ein Hakenkreuz in den Müll. Auch ein durchgestrichenes Hakenkreuz wendet sich klar gegen Faschismus. Beide Symbole waren aber Anlass für Gerichtsurteile wegen des Zeigens von Symbolen verbotener Organisationen.

Bei einem Stuttgarter Versandhändler, der die Symbole im Internet als Aufnäher und T-Shirt-Motiv verkaufte, konfiszierte die Polizei Waren im Wert von 10 000 Euro. Auch Kataloge und Bestellerdaten nahm sie mit, offenbar zwecks Strafverfolgung der Kunden. Im Durchsuchungsbefehl heißt es zwar, die Symbole würden "nicht im Sinne nationalsozialistischen Gedankenguts" verwendet. Es sei aber Absicht des Gesetzgebers, dass "Kennzeichen ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen aus dem Bild des politischen Lebens (...) grundsätzlich verbannt werden". So sah es auch das Stuttgarter Landgericht.

Einen Strafbefehl über 200 Euro erhielt ein Tübinger Student, der das Hakenkreuz-Verbotsschild als Button trug. Auf das Argument, in Deutschland verstehe jeder, dass das Zeichen antifaschistisch gemeint sei, erwiderte Oberstaatsanwalt Michael Pfohl: "Es geht nicht um Otto Normalverbraucher, sondern um den japanischen Touristen" in Tübingen. Das Schwäbische Tageblatt verzeichnet Heiterkeit im Gerichtssaal. Doch die Strafe blieb: 50 Euro muss der erklärte Antifaschist an den Förderverein Buchenwald überweisen, 150 Euro bleiben "unter Vorbehalt". In einem ähnlichen Fall urteilte das selbe Gericht, das Symbol sei legal.

Antifaschistische Initiativen werfen den Behörden nun mindestens Paragrafenreiterei vor - oder die absichtliche Kriminalisierung des Widerstands gegen Neonazis. Auf eine Kleine Anfrage der Grünen im Bundestag konnte die Bundesregierung keine Auskunft zur Zahl solcher Urteile geben.

Dafür, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy der FR, müsste man sich alle Entscheidungen nach Paragraf 86a des Strafgesetzbuches anschauen, der verfassungsfeindliche Symbole verbietet. Die bekannt gewordenen Urteile jedenfalls hält Edathy für "nicht nachvollziehbar, paradox". Er bittet alle, die wegen gegen Nazis gerichteter Symbole bestraft werden, sich an den Innenausschuss des Bundestages zu wenden. Sollte sich zeigen, dass es keine Einzelfälle sind, kündigen er und sein Fraktionskollege Niels Annen eine Gesetzesinitiative an.

Paragraf 86a sei zwar "hinreichend eindeutig", sagte Edathy der FR. Danach ist das Zeigen der Symbole nicht strafbar, wenn es "der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen" dient. Der Bundesgerichtshof hat mehrfach festgestellt, dass straflos bleibt, wer keine Identifikation mit Zielen verbotener Organisation ausdrückt. Sollte sich die Rechtspraxis ändern, müsse der Gesetzgeber "präzisieren", so Edathy. Vorerst haben Antifaschisten einen Ausweg: ein Verbotsschild, in dem das Wort "Hakenkreuz" durchgestrichen ist.

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Rechte Burschen plagen die SPD
Nachdem die Partei klare Distanzierung zu radikalen Studentenverbindungen vermieden hat, sind die Jusos vergrätzt
Dürfen Burschenschafter in der SPD sein? Nein, sagen die Jusos. Kommt drauf an, sagt die Parteispitze. Jetzt ist der Streit eskaliert.

Berlin · Am Tag danach schlugen die Jusos Alarm. Einen Skandal witterte die Hochschulgruppe der Jungsozialisten. Es sei "fatal", assistierte Juso-Bundeschef Björn Böhning, dass eine demokratische Partei sich nicht klar von Antisemitismus und Rechtsextremismus distanziere. Vermutlich, wetterte Böhning im Gespräch mit der FR, "will man den Deckel auf einem Topf mit brauner Suppe halten". Das Pikante an der Zornrede: Sie galt der eigenen Partei.

Der SPD-Vorstand hatte sich zu Wochenbeginn mit 18 zu 14 Stimmen geweigert, die Mitgliedschaft in der Partei für unvereinbar zu erklären mit der Zugehörigkeit zur "Deutschen Burschenschaft", dem größten Dachverband deutscher Studentenverbindungen. Damit wischte die SPD-Spitze ein Votum des jüngsten Parteitages vom Tisch. Sie setzt sich zudem, so Böhning, dem Verdacht aus, es mit dem Kampf gegen Rechtsextremismus nicht allzu genau zu nehmen.

Für die Jusos besteht kein Zweifel, dass die "Deutsche Burschenschaft" (DB) mit ihren rund 130 Mitgliedsverbänden "rechtsextrem, antisemitisch und revanchistisch" ist. Beim Verfassungsschutz will man das so umfassend zwar nicht bestätigen. Aber auch dem Amt ist nicht entgangen, dass der Dachverband immer weiter nach rechts außen gerückt ist. 1996 wurde es dem vergleichsweise liberalen Flügel zu braun: Er gründete mit der "Neuen Deutschen Burschenschaft" einen eigenen Dachverband. Seither hat in der DB vor allem die "Burschenschaftliche Gemeinschaft" das Sagen, die aus ihrem völkischen Weltbild kein Hehl macht und offen die Abtretung der ehemaligen deutschen "Ostgebiete" bestreitet. Erneut ins Zwielicht geriet die DB, als sich herausstellte, dass der NPD-Fraktion im sächsischen Landtag gleich drei "Alte Herren" der Gießener Burschenschaft Dresdensia-Rugia angehören.

Besonders unangenehm für die SPD: der Fall Sascha Jung. Der trat als Sprecher der Münchner Burschenschaft Danubia in Erscheinung, die mehrfach im Visier des Verfassungsschutzes war. Zudem ist er SPD-Mitglied. "Damit wirbt er sogar", sagt Juso-Chef Böhning. Die Jusos versuchten daher schon häufiger, einen Unvereinbarkeitsbeschluss zu erwirken - im November schien es, als hätten sie endlich Erfolg. Da nämlich nickte der Parteitag mit großer Mehrheit einen Antrag des SPD-Unterbezirks Göttingen ab, wonach nicht SPD-Mitglied sein kann, wer einer rechtsradikalen Burschenschaft angehört. Kurt Beck, Leiter der Antragskommission, empfahl seinerzeit die Annahme.

"Ein merkwürdiges Bündnis"

Zwei Monate später hat Beck seine Meinung offenbar geändert. Am Montag im Parteivorstand habe der Parteivize mit einem "merkwürdigen Bündnis aus Alt-68ern und Parteirechten", so Böhning, den Antrag abgebügelt. Statt dessen soll nun im Einzelfall geprüft werden, ob ein Burschenschafter SPD-Mitglied bleiben darf. Alles andere sei "zu pauschal", hieß es am Mittwoch in der Partei. Den Sinneswandel erklärt sich der Juso-Chef damit, dass nach dem Parteitag eine Brief-Protestwelle auf die SPD zugerollt sei. "Da haben sich einige wohl gewundert, wie viele Mitglieder in Burschenschaften sind."

Ohnehin teilt nicht jeder in der Partei die Sorgen der Jusos. So referierte etwa Egon Bahr im Herbst vor der Berliner Burschenschaft Gothia über "Europa und die Türkei". Dass die Gothia zur ultrarechten Burschenschaftlichen Gemeinschaft gehört, hielt Bahr wohl für lässlich. Auf einen Protestbrief der Jusos antwortete er erst gar nicht.

Deren Chef ist inzwischen einigermaßen ratlos. Offenbar, vermutet er, hätten "etliche ältere Sozialdemokraten" nicht mitbekommen, wohin sich die "Deutsche Burschenschaft" entwickelt habe. Böhning setzt nun auf Aufklärung und hofft, doch noch einen Unvereinbarkeitsbeschluss zu erreichen. Die Chancen sind seit dieser Woche nicht eben gestiegen.

Jörg Schindler

Don't hate the media - become the media

Ups, vergessen... 20.01.2006 - 03:46
Noch ein Wagenplätzchen

Die Freiburger »Schattenparker« suchen eine neue Bleibe. Über ihre Strategien und Wagenburgmentalitäten berichtet winfried rust

Für Oskar und Paul* ist es auch ein Rätsel, warum immer »zu viele Hunde« auf Wagenplätzen Wache halten, die sogar Menschen abzuschrecken vermögen, die den WagenbewohnerInnen wohl gesonnen sind. »Die linken Chaosdeppen und die linken Spießer ergänzen sich manchmal recht unglücklich«, kommentiert Oskar augenzwinkernd.

Die beiden gehören zu den »Schattenparkern«, die sich in der Weihnachtszeit, entgegen jeglicher Wagen­burgmentalität, verstärkt um Öffentlichkeit bemühten. Der Appell an die katholischen Grundwerte »Weih­nachten ohne Wagenplätzchen!?« nützte jedoch nicht viel. Ebenso erfolglos blieben ein Informationsstand auf dem Weihnachtsmarkt und der Gang zum Münstergottesdienst am 24. Dezember. Hatten nicht die vagabundierenden Maria und Joseph zu ihrer Zeit eine Bleibe gefunden? Der Freiburger Wagenburg »Schattenparker« blieb sie verwehrt.

Der Stadt ist die historische und aktuelle Wagenburgmentalität nicht fremd: Mit einem zehn Jahre alten Beschluss des Gemeinderates schottet sich Freiburg gegen die Ansiedlung neuer Wagenburgen ab. Etwa ebenso lange werden die Schattenparker bereits polizeilich von Ort zu Ort komplimentiert. Zuletzt wurden sie Ende November aus dem Stadtteil St. Geor­gen vertrieben. Dort hatten sich in zwei Jah­ren 40 Menschen mit ihren Wagen ver­sam­melt, die zunächst informell geduldet waren, dann den Ablauf der Klagefrist abwarteten.

Seitdem sind sie »in Bewegung«. Eine Kundgebung im Industriegebiet Nord, welche die Polizei an eine Platzbesetzung gemahnte, endete mit temporären Festnahmen und der Beschlagnahme einiger Wagen. Anlässlich einer ähnlichen Aktion auf einem leeren Platz im Stadtteil Vauban im Dezember beschlagnahmte die Polizei bis auf weiteres 30 Wagen.

In ihrer kritischen Lage – manche sind ob­dachlos – gingen die Schattenparker in die Offensive. Ihr Vorgehen lässt sich einerseits als pragmatisch, andererseits als aktionistisch beschreiben. Zum einen werden Verhandlungen mit der Stadt über die Zwischennutzung von Grund­stü­cken und langfristige Platzangebote angestrebt. Der leere Platz im Stadtteil Vauban hat noch keinen Investor, und der Stadtteilverein unterstützt das An­liegen der Schattenparker.

Zum anderen veranstalteten sie zwei größere Demonstrationen, Straßentheater, ein Solidaritätskonzert in der Innenstadt und mehr. Auf der De­mons­tra­tion am 2. Dezember kam es zu Flaschenwürfen Einzelner auf PassantInnen und einer Schlä­gerei unter den Augen hunderter Polizisten. Die nahmen in einer brachialen Aktion 120 Menschen fest. Weiterhin fanden zwei unterstützende Hausbesetzungen mit Partys statt, zuletzt an Silvester. Der jüngste Text der Schattenparker wirbt nun für einen »selbst verwalteten alternativen halböffent­lichen Wagenplatz«, also für Selbstbestimmung und ein bisschen Wagenburgmentalität wie auch für eine Öffnung zur linken Szene.

Also keine Abschottung mehr in eigenen Milieus und Identitäten? Oskar und Paul bestätigen eine »offene Linie«. Die zahle sich aus. So komme zur Zusammenarbeit mit dem autonomen Spektrum ein Bündnis mit dem Freiburger Friedensforum für die nächste Demonstration am 21. Januar. »Die Resonanz auf dem Weihnachtsmarkt war ziemlich positiv und hat über 3 000 Unterstützungsunterschriften eingebracht und auch gute Gespräche«, erzählt Paul.

Viele ältere Linke sagen über die Aktionen der Schattenparker, das sei alles schon da gewesen, nur besser, und bleiben fort. Paul hält dem ent­gegen, dass Besetzungen und Wagenburgen we­nigstens »interessant« seien und nicht »abgeschmackte Konservenkultur zum unerschwing­lichen Preis«. Oskar ergänzt: »Wir versuchen immer noch, etwas zu bewegen und kein Rädchen im Getriebe zu sein.«


*Namen von der Redaktion geändert. Mehr Informationen unter  http://www.schattenparker.net/

Quelle: Jungle World Nummer 2 vom 11. Januar 2006
 http://www.jungle-world.com/seiten/2006/02/6960.php

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Wurde die Privatsphäre der Wagenburgler verletzt?

“Schattenparker-Urteil” basiert auf Fakten, die die Wagenburgler widerlegen können / Notquartier im “Susi” -Keller

Von unserer Mitarbeiterin Beate Beule

Dass die Stadtverwaltung seit einigen Wochen die Fahrzeuge der Wagenburgler beschlagnahmt hat, stellt keinen Eingriff in Artikel 13 des Grundgesetzes dar, das den Wohnraum des Menschen schützt. Mit dieser Aussage stützte das Verwaltungsgericht am Montag die Position der Stadtverwaltung. Schließlich sei niemand in die Wohnungen und damit in die Privatsphäre der Wägler eingedrungen, argumentierten die Richter. Die “Schattenparker” aber berichten, dass häufig Polizisten in ihren Fahrzeugen waren. Und sie können dies mit einem Videofilm dokumentieren.

Der Film ist auch im Internet zu sehen (www.cinerebelde.org, Videoclip: Eins, zwei, drei - gebt die Wägen frei). Eindeutig ist zu erkennen, dass mehrere Polizisten bei der Beschlagnahmung der Wagen im Stadtteil Vauban auch die Innenräume der Fahrzeuge betreten haben. Eine Tatsache, die dem Verwaltungsgericht absolut neu ist: “Davon haben wir nichts gewusst”, sagt Richter Jochen Haller, Sprecher des Verwaltungsgerichts. Zwar habe eine “Schattenparkerin” angedeutet, dass es Schwierigkeiten mit Polizisten gebe, die die Wägler zu ihren Fahrzeugen begleiten, wenn diese ihre privaten Sachen aus den Wagen holen. Von der Situation bei der Beschlagnahmung sei aber nie die Rede gewesen, sagt Haller. Und selbst wenn: “Es ist nicht klar, ob dies etwas an der Entscheidung des Gerichts geändert hätte.” Er verweist auf die nächste Instanz. Die “Schattenparker” haben angekündigt, dass sie gegen die Entscheidung des Gerichts Beschwerde einlegen wollen. Dieses hatte Anfang der Woche die Beschlagnahmung der Fahrzeuge für rechtens erklärt. Sie sei das einzige Mittel für die Stadtverwaltung, weitere Platzbesetzungen der Wagenburgler zu verhindern, wie sie in den vergangenen Wochen mehrfach vorkamen.

Für ihn sei klar gewesen, dass die Polizisten bei der Beschlagnahmung in den Wohnbereich der Wägler eingedrungen seien, sagt Schattenparker-Anwalt Heiko Melcher: “Sie haben ja schließlich die Fahrzeuge von dem Gelände herunter gefahren.” Deshalb habe er dies vor dem Gericht nicht in den Vordergrund gestellt. Dass die Wägler von den Polizisten auch dabei gefilmt werden, wie sie ihre privaten Sachen aus den Fahrzeugen holen, habe er erst jetzt erfahren.

Die Polizei bestätigt, dass sie die Wagen bei der Beschlagnahmung betreten hat. “In manchen Fahrzeugen brannte noch Feuer, das mussten wir ausmachen”, sagt Polizeisprecher Karl-Heinz Schmid. Zudem habe die Polizei sichergehen müssen, dass sich niemand mehr in den Wagen aufhält. “Das ganze diente der Sicherheit und war sicherlich auch im Sinne der Schattenparker”, meint Schmid. Tatsächlich dokumentiere die Polizei auch ganz genau, welche Dinge die Wägler aus den beschlagnahmten Fahrzeugen mitnehmen. “Schließlich soll hinterher niemand sagen können, dass wir etwas weggenommen oder beschädigt haben.” Viel können die Wägler sowieso nicht aus ihren Fahrzeugen herausholen. Denn sie haben keinen Platz, dieses unterzustellen. Die meisten von ihnen haben auf dem Gelände der “selbstständigen unabhängigen Siedlungsinitiative” (Susi) im Stadtteil Vauban Unterschlupf gefunden. Zum Teil leben sie dort zu sechst in einem 16-Quadratmeter großen Zimmer. Andere schlafen im Keller. Einige Matratzen liegen dort dicht an dicht. “Die ganze Situation schränkt uns natürlich total ein”, erzählt ein Wagenburgler. Studieren oder arbeiten: Ohne Zuhause sei das kaum möglich. Und auch aus ihrem Notquartier müssen die Wägler wohl bald raus: Die Susi-Bewohner benötigen den Raum.

Bildunterschrift: Ausschnitt eines Videofilms, den die “Schattenparker” bei der Beschlagnahmung ihrer Fahrzeuge gedreht haben. Er beweist, was das Verwaltungsgericht nicht wusste: Polizisten haben das Innere der Wagen betreten. (FOTO: PRIVAT)

Quelle: Badische Zeitung vom Freitag, 13. Januar 2006
 http://www.badische-zeitung.de/lokales/lokalausgaben/freiburg/44,51-7193853.html

Es geht immer weiter...

Autonom@ntifA 23.01.2006 - 10:07

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