Europaweiter HafenarbeiterInnenstreik setzt sich fort

anarcho 16.01.2006 19:56 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe
Nachdem der erste Richtlinienentwurf (»Port Package 1«) 2003 am Widerstand der HafenarbeiterInnen scheiterte, setzten heute die HafenarbeiterInnen ihren europaweiten Arbeitskampf gegen das "PortPackage" fort.
Diese geplante EU-Richtlinie soll die Hafendienstleistungen weiter liberalisieren und eine Selbstabfertigung der Schiffe erlauben. Damit könnten beispielsweise die Schiffsbesatzungen das Löschen und Laden der Schiffe in Eigenregie übernehmen.

In Belgien, Spanien und Frankreich haben mehrere tausend ArbeiterInnen ihre Arbeit für 48 Stunden niedergelegt, des weiteren gab es an mindestens zwei griechischen Häfen Blockadeaktionen und auch in Schweden, Dänemark und Portugal kam es zu kurzzeitigen Arbeitsniederlegungen.

In Straßburg fand eine Demonstration gegen das geplante "Port Package 2" mit ca 8000 DemonstrantInnen statt. Die Demonstration zog zum Europäischen Parlament wo heute die 3 tägige Plenarberatung über die EU- Richtlinie begann. Vor dem Europaparlament kam es dann zu Ausschreitungen, wobei die französische Polizei mit Wasserwerfern und Tränengas gegen die DemonstrantInnen vorging. Diese verschafften ihrer Wut freien Lauf und zerstörten rund 100 Quadratmeter der Fensterfront des Europaparlaments, auch in der Innenstadt kam es zu Ausschreitungen.
Auch morgen soll es in Straßburg wieder Demonstrationen geben.

"Proud to be a docker":
Die HafenarbeiterInnen in Deutschland und ihre Organisationen

* Es gibt in Deutschland zwar nur knapp 10000 Hafenarbeiter. Diese sind allerdings im Vergleich zu anderen Branchen gewerkschaftlich gut organisiert (Organisationsgrad 80 bis 90 Prozent).

* Die Männer und Frauen in den Häfen arbeiten an einer Stelle der internationalenTransportkette, die man als Flaschenhals bezeichnen kann. Dieser ist dementsprechend empfindlich, wenn man ihn verstopft. Als beispielsweise im Mai 2003 die Arbeit an der Westküste der USA arbeitskampfbedingt ruhte, bezifferte die Bush-Administration den ökonomischen Schaden auf etwa zwei Milliarden US-Dollar pro Tag.

* Bei der heute üblichen Just-in-Time-Produktion hat eine Unterbrechung der Transportkette sofort heftige Auswirkungen auf fast alle Teile der Ökonomie. Entsprechend wirksam sind koordinierte Arbeitskämpfe.

* In Deutschland sind die Hafenarbeiter in der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di organisiert. Sie sind verbunden mit der Europäischen Transportarbeiterföderation (ETF) als Teil der Internationalen Transportarbeiterföderation (ITF), der etwa fünf Millionen Beschäftigte weltweit vertritt. Ein weiterer weltweit agierender Gewerkschaftszusammenschluß ist der Internationale Hafenarbeiterrat (IDC) mit etwa 30000 Mitgliedern, der im Rahmen von »Port Package« mit der ITF zusammenarbeitet.

Weitere Infos:
 http://www.labournet.de/branchen/dienstleistung/tw/schiff/packages.html
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Ergänzungen

Video der Tagesschau

Harfenarbeiter 16.01.2006 - 22:05
Hier ein visueller Eindruck der Demo:
"Ausschreitungen bei Demonstrationen
Mehrere 1.000 Hafenarbeiter haben europaweit gegen die geplante Liberalisierung der Hafendienste protestiert. In Straßburg kam es dabei zu Ausschreitungen... "

 http://www.tagesschau.de/sendungen/0,1196,OID5146772_VID5146996_OIT5146804_RESreal256_PLYinternal_NAV,00.html

interessant ist...

kb 16.01.2006 - 23:28
...das in der bürgerlichen presse wie zB hamburger morgenpost nicht von krawallos oda so die rede ist, sondern nur von hafenarbeiten die mit steinen und flaschen warfen^^

proud to be a dockers daughter

bremerin 17.01.2006 - 00:38
als ich letztens in der zeitung las(!), am 11. waeren aktionen geplant, rief ich meinen vater an und sagte: was geht? soll ich bei dir auf der arbeit vorbeikommen, kann man einen aufruf bloggen oder was?
da sagt er (gewerkschaftsmitglied und moderater linker): "ich weiss von garnichts, wir haben doch friedenspflicht, ach ja, da soll was am 16. in strasbourg sein".
ver.di und ITF websites boten auch nicht mehr info.
am 11. waren dann 2 busse in bremerhaven, das wars. meine anfrage bei ver.di, warum denn nicht die sog. "neuen medien" genutzt wuerden (ich mein, sogar die gastwirte schaffen es, eine bundestag-online-petition zum thema verringerung der mwst einzurichten) bis heute keine antwort.
das die deutschen kollegen sich fuer die riots entschuldigten, tja, ich habe nicht viel mehr erwartet.

ein gutes weblog (leider ohne comments) ist  http://pp2stop.org, infos auch in anderen sprachen. lohnt sich, rein zu sehen.

zu den inhaltlichen nichtergaenzern:
warum sind da nur typen?
hallo, warst du schon mal in einem hafen? warst du schon mal in einem stahlwerk? untertage? da arbeiten keine frauen.
da wollen auch normalerweise keine frauen arbeiten.

in bremerhaven waren uebrigens frauen, die in der autoverschiffung arbeiten, dabei (am 11.1.).

deutsche Gewerkschaftsdistanz

Pondus 17.01.2006 - 13:52
Und die deutschen Gewerkschaften/er haben mal wieder nichts Besseres zutun als:
"Deutsche Gewerkschafter bedauerten die Ausschreitungen. "Das war nicht in unserem Sinne und wir haben uns nicht beteiligt. Wir haben uns bei Europaabgeordneten entschuldigt", sagte Manfred Rosenberg, Fachgruppenleiter Hafen der Gewerkschaft Ver.di. "Die Aktionen habe scharfe Kritik der Gewerkschaften ausgelöst", sagte der Betriebsratvorsitzende der Hamburger Gesamthafenarbeiter, Bernt Kamin-Seggewies, der mit 280 Teilnehmern aus Hamburg, Bremen und anderen deutschen Häfen nach Straßburg gereist war. Deutsche seien an den Ausschreitungen nicht beteiligt gewesen, so Kamin-Seggewies."
(aus: Hamburger Abendblatt vom 17.1.2006)
Anstatt einfach nur zu schweigen. Aber wen wunderts, wo es in nicht wenigen Betriebsbräten(in denen überwiegend ja Gewerkschafter sitzen) üblich ist, Maßnahmen des Kapitals gegen die KollegInnen wie z.B. Kündigungen sogar zuzustimmen!
Ist natürlich nicht überall so, aber ich habe es über Jahrzehnte hinweg in einem deutschen Großbetrieb so erlebt!

Gewerkschaften und Globalisierung

Blanziflor 17.01.2006 - 15:12
Das finde ich richtungsweisend: Das Herz der Gewerkschaften bei einer ständigen Globalisierung zu Lasten der ArbeitnehmerInnen können die Verkehrswege zwischen den globalisierenden Ländern / Unternehmen sein. Die Solidarität der Einzelgewerkschaften innnerhalb einzelner Länder sollte weiter gestärkt werden. Eine globalisierte Gewerkschaft könnte ihren Anfang bei den "Transportgewerkschaften" nehmen.

kein Sozialdemokrat

ver.dianischer BR 17.01.2006 - 18:04
Die Gewerkschaftsszene in Deutschland ist mitunter wahrlich nicht sonderlich radikal bei der Wahl der Mittel um etwas durchzusetzen, das hat aber nur bedingt mit der Sozialdemokratie zu tun. Ein Hauptgrund ist, dass sehr vielen Beschäftigten in Betrieben, unabhängig von einer Gewerkschaftsmitgliedschaft, das wenige was getan wird schon zuviel ist. Sich zu beteiligen an Protesten und Aktionen halten viele nicht für ihre eigene Aufgabe, sondern das sollen mal die anderen machen. Was will ich damit sagen, ganz einfach je peaciger der Arbeitnehmer, desto peaciger auch die Gewerkschaft! Die Zähne zeigt, wer das Maul aufmacht und wer schweigt, der vermittelt seine Zustimmung zum Geschehen!
Zum ver.di-Kollegen Bernt Kamin, der ist alles andere als ein Sozialdemokrat und gehört ganz sicher zu den Aktivposten unter den Gewerkschaftern!

link aus frankreich zum thema

der nestscheisser 17.01.2006 - 18:20
 http://www.lcr-rouge.org/breve_actu.php3?id_breve=519

ansonsten war hier im regionalfernsehen in england ein bericht, in welchem ein docker aus felixstowe/suffolk davon sprach, dass die bullen die demo angegriffen haetten

Artikel

Gewerkschafter 17.01.2006 - 23:04
Zum Thema auch ein Artikel von Bernt Kamin aus der Frankfurter Rundschau vom Dienstag, den 17.01.2006. Bernt Kamin ist Vorsitzender des Betriebsrates Gesamthafen Hamburg und hat den Artikel ursprünglich für die wsi-Mitteilungen 1/2006 geschrieben.

 http://www.fr-aktuell.de/ressorts/nachrichten_und_politik/dokumentation/?cnt=788363&

wer nicht kämpft, hat schon verloren

bremer knipp 18.01.2006 - 00:19
"Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren", an dem Denkmal für den Kampf der Belegschaft der AG Weser in den frühen 1980ern mit dieser Inschrift in Bremen-Gröpelingen gehe ich öfter mal vorbei.
Leider waren als die Werft geschlossen wurde, alle zu peacig, man hätte damals den Senat und die Bürgerschaft stürmen sollen, ja, auch die Bürgerkriegserklärung der SPD und ander Kapitalistenschweine annehmen sollen.
Denn, wie ein intelligenter Mensch auf der Belegschaftsversammlung sagte: "Die Arbeiterbewegung ist nie an ihren Forderungen gescheitert, gescheitert ist sie immer nur an ihren Kompromissen".


Für den sozialistischen Hansetaat der europäischen Hafenstädte, Für die internationale Solidarität!

Fotos und mehr

Icke 18.01.2006 - 07:31
Wer Fotos und mehr will:  http://www.indymedia.be/nl/node/1058
Dort sieht man auch die Polizeigewalt. Übrigens haben sich deutsche Hafenarbeiter fast gar nicht beteiligt, an deutschen Werften wurde normal weitergearbeitet. Man beschränkt sich hierzulande darauf, alle Jahre CDU oder SPD wählen zu dürfen.

Organisiert kämpfen - Zahlen

Leser 18.01.2006 - 23:55
"Es gibt z. B. in Deutschland weniger als 10 000 Hafenarbeiter. Die sind allerdings vergleichsweise gut organisiert (80-90 Prozent) und arbeiten an einer Stelle der Transportkette, die man als Flaschenhals bezeichnen kann und die dementsprechend empfindlich ist, wenn man den Hals zudreht" schreibt Berrnt Kamin in der FR.  http://www.fr-aktuell.de/ressorts/nachrichten_und_politik/dokumentation/?sid=086971f153389a08d9b72f6d22ac6f03&cnt=788363&cnt_page=2

Mt 80-90 % sind die organisierten ArbeiterInnen in verdi gemeint (übrigens ein unglaublich hoher Organisationsgrad, die Splittergruppe FAU bringt es etwa nur auf 0,0 %), die sich auch Deutschland für die Interessen ihrer KollegInnen einsetzen. Gerade das macht Gewerkschaften so stark und sie haben jetzt gewußt ihre Macht strategisch günstig einzusetzen.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 7 Kommentare

HafenarbeiterInnen?

... 16.01.2006 - 21:05
Auf den Fotos waren nur Typen.

@...

(muß ausgefüllt werden) 16.01.2006 - 21:32
Wie erkennst denn du, daß auf dem Foto nur Männer zu sehen sind?

Ganz einfach...

AS 16.01.2006 - 22:49
Frouwen würden sich ja nicht an so gewälttätigen Männlichkeitsritualen beteiligen...lol

"proud to be a docker"

egal 17.01.2006 - 00:09
und ansonsten kann ich nichts für meine schulbildung. passt auf, dass ihr eurer nazionalistisches gehabe nicht zu weit treibt. das hier in deutschland zu 90 prozent die dockarbeiter bei monopolisten unter vertrag stehen scheint ja niemanden zu stören, solange das geld scheinbar stimmt. aber wehe das ist in anderen bereichen so, dann sind es gelich böse kapitalisten ...

übertriebenes p.c.

ich 17.01.2006 - 07:07
"hallo, warst du schon mal in einem hafen? warst du schon mal in einem stahlwerk? untertage? da arbeiten keine frauen."

tja, genau deswegen finde ich es immer ein bischen nervig, wenn das p.c.-gehabe von einigen leuten übers ziel hinaus schiesst, und immer reflexartig das -Innen über all rangehängt wird. geht soweit, daß einige schon "menschInnen" schreiben. leute, denkt mal nach, wenn ihr auch ausserhalb euer miniwinzig-szene ernst genommen werden wollt.

am ende

bremerin 17.01.2006 - 09:06
geht es garnicht darum, wer wo seinen job verliert.
weil die kollegen bei opel und die kollegen bei aeg und die kollegen bei whatever ihre jobs verlieren. und keine sau interessiert das, weil gm und electrolux und was weiss ich die eu, alles scheine sind, und dann sind die jobs weg und dann ist alles drum rum weg und das ist ja ok, weil, das sind ja nur boese multis.
die die jobs nach asien schieben. wo die kollegen dann nich nur fuer 400eu auf dem unterbesetzten schiff, 16 stunden am tag, 6 monate, ohne pause, ohne einen wirklichen halt in einem hafen, weil das geld kostet (also auch kein arztbesuch, weshalb ein smut mit einer schweren sepsis starb, die an bord beahndelt wurde... in bremen nach 2 wochen im krankenhaus starb) und dann noch loeschen, irgendeine ladung, man weiss es nicht, man weiss auch nicht wo.
macht angst.
wie auch die kollegen, die gezwungen sind 20std auf dem bock zu haengen, weil pausen geld kosten.
billiger, billiger, wir schaufeln uns unser eigenes grab, wies bei der ITF mal so schoen hiess:
"if you fly ryan, you drink the blood of cabin workers"
einer banane geht das nicht anders, nur das die kein newsletter an den platz gebracht bekommt.

die teutschen Gewerkschaften....

waller friedhof 17.01.2006 - 14:46
Das Problem ist, dass die deutschen Gewerkschaften ausschließlich einer der krakenartigen Arme der Sozialdemokratie sind.
Wer wissen will, was Sozialdemokratie bedeutet, setze sich bitte mit dem Angriffskrieg gegen die Bremer Räterepublik auseinander.
Und gerade hier im Norden waren es immer Sozialdemokraten, z.B. der Bremer OB Hans Koschnik, die den MENSCHEN in den Rücken fielen, so war es die SPD, die nicht nur einen Angriffskrieg gegen die Bremer Räterepublik befahl, sondern die auch in späteren Jahren noch die Werft AG Weser befahl zu schließen und es war auch die SPD die befahl, 650 Mio Euro für den Space Park zuvergeuden.
Gerade die Hafenstädte hatten schon so viel unter dem sozialdemokratischen Terror zu leiden, dass ich nicht vertehen kann, weshalb Sozialdemokraten hier noch im Straßenbild geduldet werden.
Aber die der SPD zu bedingungslosem Gehorsam verpflichteten Gewerkschaften werden auch weiterhin alles tun, um die Menschen ans Kapital zu verraten...

Darum: Für eine sozialistische Hanserepublik der europäischen Hafenstädte!