Bolkestein - Demos: Leserbrief JW

Kai aus der kiste 11.01.2006 00:37 Themen: Soziale Kämpfe
Zur EU - Dienstleistungsrichtlinie finden leider drei verschiedene Demos statt: SA, 11.2. Straßburg, SA 11. 2. Berlin, DI 14. 2. Straßburg. Die Basis der sozialen Bewegungen fordert eine einheitliche, starke Aktion in Sreaßburg am Samstag. Leserbrief dazu zu einem Artikel in der "Jungen Welt"
Bolkestein – Proteste: Wohl kein technisches Problem !

Das Interview mit Stefan Lindner beschreibt ein Dilemma, das eindeutig politischer Natur ist: Die Situation, quasi drei Demos zu haben, wird die ganze Aktion schwächen, wenn nicht sogar in Ihrer Wirkung gegen Null bringen und wirkt schon jetzt demobilisierend. Die Ursache hierzu scheint seinem Ursprung im Taktieren von DGB – Kräften zu haben, die sich hinter der CGT mit ihrem Aufruf zum Dienstag verstecken. Erhellend zu dem Vorgang ist eine mail von Edgar Schu vom Vernetzungsbüro des Aktionsbündnisses der sozialen Bewegungen an Klaus Beck, Büro Sommer – DGB, in dem der Versuch gemacht wird, „noch einmal (..) über eine gemeinsame Mobilisierung“ zu reden. Aus diesem Text, nachzulesen unter www.die-soziale-bewegung.de/2006/bolkestein/email_an_klausbeck geht weiterhin hervor, daß zu den Mobilisierern für Samstag in Straßburg sehr wohl Basis und Mittelbau der CGT gehört, während „der Vorstand der CGT“ für Dienstag mobilisiert, „dessen politische Linie, dass er sich mit der EU – Dienstleistungsrichtlinie arrangieren möchte“ bekannt ist. Und derjenige, der weiß, welche wichtige Rolle die Medienberichterstattung für die politische Wirkung einer Aktion hat, wird überhaupt nicht verstehen können, wieso von Straßburg, dem Ort des Geschehens, weg nach Berlin orientiert wird. Das zögerliche Herangehen der Repräsentanten der „Sozialen Bewegungen“ an diesen Konflikt, eine breite und kämpferische, vor allem aber einheitliche Aktion in Straßburg zum Zeitpunkt der Beratung der Bolkestein-Richtlinie auf die Beine zu stellen, ist bedauerlich. Auch auf der Homepage von attac wird der Hintergrund verschleiert und als pragmatische Lösung verkauft und auch in dem JW Artikel wird der Konflikt leider nicht deutlich.

Auch hinsichtlich der „Großdemo 1. April“ drängt sich der Eindruck auf, dass viel zu zögerlich agiert wird. Am 16. Dezember sollte diese Aktion in Frankfurt konkret geplant werden. Ergebnisse dieses Treffen sind bisher nirgendwo kommuniziert. Hat es überhaupt stattgefunden? Offensichtlich ja, denn der Termin 1. April sickerte durch. Auch Stefan Lindner bleibt hier sehr vage!

Die an der Basis aktiven Gegner der Politik des Sozialkahlschlags haben sich seit den großen Demos von 2004 nicht klein kriegen lassen, es gibt nach wie vor vielfältige Aktivitäten in unterschiedlicher Trägerschaft einschließlich vieler Montagsdemos, diese haben ihren Charakter vielerorts immer mehr zu öffentlichen Tribunalen auf der Straße gemacht, die vor allem die lokalen Umsetzer des Sozialabbaus zunehmend nerven. Von dieser Basis aus, von denen viele bereits am 3. November 2005 in Berlin demonstriert haben, wird dringend eingefordert, endlich einheitliche und kämpferische Großaktionen durchzuführen. Das selbe gilt und galt für die Belegschaften verschiedener betriebe, die in Arbeitskämpfen stehen und standen – Infinion / München, AEG – Electrolux / Nürnberg, Samsung / Berlin, Alstom / Mannheim und nicht zuletzt Gate – Gourmet / Düsseldorf stehen dazu.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Dazu gabs schon mal ne Erklärung

Anm. 11.01.2006 - 02:01
Unter dem Artikel  http://de.indymedia.org/2006/01/136032.shtml gabs schon mal ne Erklärung dazu:

War ein bisschen anders als hier dargestellt
Gerold Schwarz 04.01.2006 14:30

Sämtliche europäischen Attacs sind nun wirklich nicht besonders glücklich mit dieser Entwicklung. Insbesondere bei attac D als auch bei attac F gibt es wirklich großen Frust darüber, und zwar auf allen Ebenen, dass wir nicht gemeinsam mit den großen europäischen Gewerkschaften am 11. Februar in Strasbourg auf die Straße gehen und der Bolkestein-Richtlinie nach dem 19. 3. 2005 in Brüssel zum zweiten Mal die rote Karte zeigen.

Wir haben, gemeinsam mit unseren französischen Freunden sowohl bei attac Frankreich als auch beim französischen Bolkestein-Bündnis als auch mit den dortigen alternativen Gewerkschaften (Solidaires und SUD) die großen französischen Gewerkschaften wirklich angefleht, gemeinsam nach Strasbourg zu mobilisieren. Doch einige Stunden nach der Abstimmung im Binnenmarkt-Ausschuss des Europäischen Parlaments zückte der Europäische Gewerkschaftsbund EGB eine Pressemitteilung, in welcher er für den 14. Februar mobilisert (Quelle:  http://www.etuc.org/a/1886 ).

Tatsächlich haben sich innerhalb des EGB sowohl DGB als auch verdi, IGM und IG BAU sogar vehement FÜR die gemeinsame Mobilisierung am 11. 2. ausgesprochen, und zwar genau mit dem Argument der schwachen Mobilisierung unter der Woche. Da aber für eine Mobilisierung zu einer Demo in Frankreich letzten Endes immer die frz. Partner ausschlaggebend sind, blieb auch den anderen europ. Gewerkschaften nichts anderes übrig, als diese Entscheidung der CGT zu akzeptieren. Da nun die europ. Gewerkschaften am 11. 2. eben NICHT gemeinsam nach Strasbourg mobilisieren, finde ich die Frage durchaus berechtigt "was nun?", denn schließlich kann attac (weder in F noch in D) nicht ein paar hundert Busse orgnaisieren, um mal schnell mit 50.000 Leuten nach Strasbourg zu marschieren. Da aber die deutschen Gewerkschaften trotz Gegenwind aus Paris und Brüssel dennoch irgendwie an ihrer Mobilisieurungsabsichten für den 11. 2. festhalten wollen, eine Mobilisierung nach Berlin bereits in Planung war und eine nach Strasbourg eben ausfallen musste, kam es eben tatsächlich zu zwei Aufrufen: einer für die Akteure im Süden nud Westen nach Strasbourg, und einer für die im Norden und Osten nach Berlin. Das ist das ganze Geheimnis: keine Verschwörung, keine gekauften attac-Spitzen, kein Masterplan zur Zerschlagung des europäischen Widerstands gegen Sozialkahlschlag (siehe hierzu auch  http://de.indymedia.org/2004/09/94596.shtml ,  http://de.linefeed.org/2004/11/97677.shtml ,  http://de.indymedia.org//2005/09/126721.shtml ).

Über die Gründe für diese Entscheidung der CGT kann nur spekuliert werden. Da gibt es einerseits eine Konkurrenz innerhalb der verschiedenen frz. Tendenz-Gewerkschaften um Mitglieder durch die Möglichkeit eines zusätzlichen bezahlten Urlaubstages zur Demo, andererseits vielleicht auch noch einen immer noch heftig gärenden Konflikt zwischen dem Chef der CGT und deren mittleren Führungsebene anlässlich der Verfassungs-Kampagne im Frühjahr. Möglich wäre auch, dass versucht werden soll, vielleicht durch direkte Ansprache der EU-Abgeordneten einen Wechsel zu erreichen, da die politische Kultur Frankreichs einfach anders ist als in Deutschland. Gerade im internationalen Umfeld ist es wirklich wichtig, Unterschiede in Gesprächs-, Streit- und politischer Kultur erstmal zur Kenntnis zu nehmen, bevor man verbal wild sich schlägt und allen erstmal "Verrat", "Ausverkauf der guten Sache", "abgehobene Eliten" oder sonstwas unterstellt.


Viele Grüße

Gerold Schwarz
attac-Kampagnenorganisation "Les faces du NON"