Bescherung mal anders: Attacke auf Justiz GI

AbwehrspielerIn der Ordnung 29.12.2005 14:22 Themen: Repression
„Bescherung mal anders“ – so stand es geschrieben auf der Wand eines der Gerichtsgebäude in Gießen. Und so gestaltete sich die Nacht vom 24. auf den 25.12. auch für einige Projektwerkstättler und einen Haufen von PolizeibeamtInnen aus Gießen. Grund: Unbekannte hatten die Gerichtsgebäude attackiert – bis heute scheint nicht richtig geklärt, was alles genau passiert ist. Die Polizei löste aber eine eindeutige Fahndung aus: Richtung Projektwerkstatt kontrollierte sie die Wege. Und fanden: Zwei Leute, unterwegs mit Fahrrädern und Anhänger, voll beladen mit Bananen, Äpfeln, Käse, Lauch und vielem mehr – offensichtlich auf der Rücktour vom „Containern“ ...
Um 9.00 Uhr am 25.12.05 war erst wieder Ruhe eingekehrt. Die im religiösen und Konsumrausch als Heiligabend vermarktete Nacht davor verlief abwechselungsreicher: Nach einer Containertour (Gemüse, Obst, Käse & Co. aus Supermarktcontainern holen) wurden zwei Projektwerkstättler gegen 1 Uhr nachts in Lindenstruth (2 km westlich von Saasen, aber 17 km östlich von Gießen) von einem Streifenwagen gestoppt. Es kam schnell noch ein weiterer und es wirkte so, als würden gezielt Fahrradverbindungen von Gießen nach Saasen überprüft. Recht schnell entstand zwischen einem Teil der Beamten und den Projektwerkstättlern ein ziemlich gutes Gesprächsklima. Hilfreich waren die großen Mengen an Lebensmitteln in Fahrradtaschen und auf dem Hänger, die einen Gesprächseinstieg über Utopien, gesellschaftliche Logiken, Lebensstile und - wie üblich - über Sinn und Unsinn von Polizei boten. Die Uniformikerten durchsuchten unter diesem ständigen Gesprächs“druck“ Personen und die Fahrräder. Sie fanden dabei eine gewöhnliche Sprühdose (... mensch kann ja nie wissen, ob nicht ein nettes Werbe- oder Wahlplakat im Weg steht ...) und Kleinkram, der fürs Containern halt üblich ist. Ansonsten Kiloweise Bananen, Äpfel, Porree ... Zu diesem Zeitpunkt wussten die Betroffenen noch nicht, was eigentlich passiert war. Nur die Reaktion auf die gefundene Sprühdose ließ vermuten, dass zu irgendwas Zusammenhang bestand.

Die Polizei ließ zwei Polizeiwannen holen – Projektwerkstättler und die Fahrräder sind dann nach Gießen in die Ferniestraße 8 gefahren und dort vernommen, untersucht usw. worden. Spezielle Staatsschützer und Kripo-Beamte wurden aus dem Weihnachtsfest zusammengetrommelt, um Vernehmungen zu machen. Der deutliche Eindruck war, dass die Abläufe nicht erst in diesem Moment festgelegt wurden, sondern die Gießener Polizei einen Plan in der Schublade hatte für den nächsten politischen Anschlag in der Stadt ... und offenbar gehörte zu diesem Plan, nicht nach TäterInnen zu suchen, sondern gleich die Projektwerkstatt aufs Korn zu nehmen.
Erst Stück für Stück bekamen die beiden Festgenommenen mit, dass die Justizgebäude in Gießen wohl wieder derbe erwischt worden sein müssen (zwei Uniformierte, die wohl vor Ort die Beweissicherung durchgeführt hatten, kamen irgendwann ins Zimmer und präsentierten den Staatsschützern ihre Fundstücke und Unterlagen: Farbproben und offenbar irgendein Schreiben zu der Attacke. Es folgten dann lauter einzelne Vorgänge und schließlich eine Einigung zwischen Polizei und Festgenommenen, dass alle von der Polizei mitgenommenen Sachen wieder rausgerückt werden und auch die Festgenommenen rauskönnen, wenn sie zustimmten, dass die Polizei die Projektwerkstatt einmal durchsucht nach irgendwas, was wie der Zettel aussieht, den sie wohl zu der Attacke gefunden hatten (eventuell war es ein Bekennischreiben, so jedenfalls äußerten sich die Polizisten). So geschah es dann auch - mit kleinen Abweichungen, dass die Polizei bei der Durchsuchung auch Briefe durchgelesen hat, die keinerlei Ähnlichkeit hatten mit dem Zettel fraglichen Zettel, den ein Festgenommener ja bei der Vernehmung sehen konnte. Gefunden haben sie ansonsten nix - jedenfalls nichts, was sie suchten. Aber sie haben alle Druckschablonen für T-Shirt-Angebote von  http://www.aktionsversand.de.vu mitgenommen - was ein bißchen frech ist, denn danach sollten sie nicht suchen. Meist war das Gespräch immer locker (einige Klopperbullen mit Pöbelsprüchen gab es auch), aber es gelang vor allem über das Thema „Containern“ immer wieder utopische Debatten über ein Leben jenseits des Polizeiberufs anzuzetteln. Die Projektwerkstättler kümmerten sich wenig um die verzweifelt in den riesigen Archiven, Bibliotheken und Werkstätten der Projektwerkstatt herumwerkelnden Grünjacken, sondern setzten sich in deren Nähe, um die containerten Lebensmittel auszuessen und die PolizistInnen immer wieder zum Mitessen einzuladen und dazu doch einfach ihren Job aufzugeben. Irgendwann fuhren sie dann wieder weg. Wegen der Schablonen wird eine Anfrage über die Rechtsgrundlage der Beschlagnahme/Sicherstellung folgen. Ansonsten gibt es noch viele Fragezeichen in dem Ganzen – bis dahin, was überhaupt genau in Gießen passiert ist. Zwar konnten tatsächlich vor Ort Farbverzierungen und Graffitis gesehen werden, über den Rest herrscht aber Unklarheit.


Die Quellen:

1. Die Polizeipresseinfo vom 27.12.2005

POL-GI: Justizgebäude beschmiert - Ermittlungen eingeleitet
27.12.2005 - 13:57 Uhr
Gießen (ots) - Justizgebäude beschmiert - Ermittlungen eingeleitet
Gießen: Unbekannte Täter beschmierten in der Nacht zum Sonntag, dem 25.12.05, an mehreren Stellen Justizgebäude mit schwarzer und blauer Farbe. Die Polizei nahm im Rahmen einer Fahndung zwei Männer im Alter von 41 und 24 Jahren vorübergehend fest und stellte Beweismaterial sicher. Gegen die Verdächtigen wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung eingeleitet. Der Sachschaden beträgt nach ersten Schätzungen ca. 2.000 Euro. Am Sonntag, dem 25.12.05, gegen 0.30 Uhr, stellte eine Streife der Polizeistation Gießen Nord im Rahmen einer Routinekontrolle umfangreiche Farbschmierereien an den Justizgebäuden in der Ostanlage, der Gutfleischstraße und der Marburger Straße fest. Da die Farbe noch frisch war, löste die Polizei eine Fahndung aus. Dabei hielt gegen 02.00 Uhr eine Streife in Lindenstruth zwei 41- und 24-jährige Männer aus Reiskirchen an, die mit Fahrrädern unterwegs waren. Es stellte sich heraus, dass sie u.a. eine Sturmhaube, eine Spraydose mit schwarzer Farbe und Einweghandschuhe bei sich hatten. Diese Sachen wurden sichergestellt. Der 41-Jährige streitet ab, mit den Farbschmierereien etwas zu tun zu haben. Der 24-Jährige macht keine Angaben zur Sache.
Werner Tuchbreiter
Quelle:  http://www.presseportal.de/polizeipresse/p_story.htx?nr=766897&firmaid=43559&keygroup=


Anmerkungen zu 1.
Die Polizeipresseinfo war eine Sondermeldung, stand also nicht im täglichen Überblick. Die Formulierung „löste die Polizei eine Fahndung aus“ weist auf einen Plan hin, der eben nur noch ausgelöst wurde.


2. Gießener Allgemeine am 28.12.2005
Justizgebäude von unbekannten Tätern besudelt
Sehr hoher Sachschaden - 41-jähriger Verdächtiger aus Saasen vorläufig festgenommen - Buttersäure im Gebäude verteilt

Gießen (ba). Bislang unbekannte Täter haben an den Weihnachtsfeiertagen erneut die Justizgebäude an der Ostanlage mit Farbe besudelt. Wie in der Vergangenheit schon mehrfach geschehen, hatten der oder die Spraver kaum verständliche Sätze und Zeichen auf den Mauern angebracht. Offenbar kamen auch Farbbeutel zum Einsatz. Ein Täter ist auch in das Gebäude des Amtsgerichts eingedrungen und hat dort eine Substanz, ähnlich übelriechend wie Buttersäure, verbreitet.
Kaum eine Stunde nach Entdeckung der Tat durch eine Polizeistreife wurden in Lindenstruth im Rahmen einer Routinekontrolle ein 41-jähriger Verdächtiger aus Saasen und ein 24-Jähriger vorläufig festgenommen. Sie trugen Sturmhaube, Farbe und Einweghandschuhe bei sich. Der Ältere bestritt eine Beteiligung an der Tat, bei der etliche tausend Euro Sachschaden entstand. Der Jüngere machte keine Angaben zur Sache, teilte die Polizei gestern mit.
Die Front des Landgerichts jedenfalls war mit blauer Farbe verdreckt. die bereits am ersten Weihnachtsfeiertag durch eine Fachfirma und einen Justizwachtmeister entfernt wurde. Letztgenannter entdeckte zudem die stinkende Substanz auch im Briefkasten der Behörde, in dem die Post, darunter wichtige Fristenangelegenheiten, komplett zerstört wurde.
Der Schaden am Amtsgericht ist wesentlich gravierender. Hier verwendeten die Täter eine kaum zu entfernende Farbe namens Teroson. Sie ist tief in den Sandstein eingedrungen. »Das waren keine Ersttäter«, meinte gestern ein Fachmann; „die wussten genau, was sie zu tun hatten.“ Wie der Täter ins Gebäude A des Amtsgerichts eingedrungen ist, wird noch ermittelt. Sämtliche Behördenleiter erstatteten Strafanzeige. Durch Hinweistafeln außerhalb des Gerichtskomplexes »Dieses Gebäude wird videoüberwacht« ließen sich die Täter nicht abschrecken. Erst Mitte Dezember waren die Überwachungskameras an anderer Stelle postiert worden. Noch immer fährt die Polizei im Justizbereich vermehrt Streife.

Anmerkungen zum Bericht in der Gießener Allgemeinen
Autor ist Bernd Altmeppen – in Gießen bekannt als Bullenfreund und extrem hohler Reporter. Der kapiert tatsächlich so gut wie nichts, was geschieht. Insofern ist sein Hinweis auf unverständliche Sprüche vor allem einer auf seinen Geisteszustand. Das Foto, dass von ihm aufgenommen wurde (!) und in der Zeitung erschien, zeigte einen Spruch „Im Dienst der Reich ...“ (Rest durch Arbeiter verdeckt). Leute, die vor Ort geguckt hatten, berichteten, dass unter der Überstreichung noch zu erkennen war, dass der Spruch „Im Dienst der Reichen: Richter und ...“ gestanden hatte. Auch andere Sprüche mit Justizkritik und der Spruch „Bescherung mal anders“ wirken nicht auffällig unverständlich ... alles noch zu erkennen vor allem auf dem Amtsgericht.


3. Weitere Pressetexte
In der MAZ wurde die Polizeipresseinfo, in der FR eine gekürzte Fassung der Polizeipresseinfo abgedruckt. Alle JournalistInnen beherzten den Grundsatz journalistischer Arbeit: „Jede Nachricht muss einmal gegengeprüft werden, es sei denn, sie kommt von den Bullen“ perfekt.


Infos und Hintergründe:
- Politische Prozesse in Gießen:  http://www.projektwerkstatt.de/prozess
- Polizei- und Justizskandale in Mittelhessen:  http://www.polizeidoku-giessen.de.vu
- Justizkritischer Seiten:  http://www.beschwerdezentrum.de. und  http://www.justiz-giessen.de.vu
- Kreative Antirepression:  http://www.projektwerkstatt.de/antirepression
- Projektwerkstatt Saasen:  http://www.projektwerkstatt.de/saasen
- Seminare und Vernetzungstreffen zu Direct-Action, Organisierung von unten usw. in den nächsten Monaten sowie Ideen horizontaler, d.h. hierarchiefreier politischer Arbeit:  http://www.apo-calypse.de.vu

Zu den Prozessen und der Projektwerkstatt ist im übrigen gerade in Film entstanden (bestellbar über  http://www.aktionsversand.de.vu).
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Ergänzungen

Was sagt die Wissenschaft über Graffiti?

Ulrich Brosa 07.01.2006 - 18:05
Alle mir bekannten Graffitiforscher lehnen die Entfernung
von Graffiti ab.


Z.B. Magister Thomas Northoff:

.........................................

sehr geehrter herr dr. brosa!
zuerst möchte ich ihnen als graffitiforscher meinen großen respekt
vor ihrer arbeit mit den inoffiziellen botschaften ausdrücken.
...
( Northoff lobt dann des Langen und Breiten meine Seite
 http://www.althand.de/juraklo.html )
....
wenn, wie ich glaube, graffiti ein spiegel des
gesellschaftlichen meinungsspektrums sind, zeigen auch diese graffiti
(vor allem in einem juridicum) einen teil der gesellschaftlichen
wahrheit. da graffiti durchaus kommunikation darstellen, wäre es m.e.
vernünftiger, die botschaften aufzugreifen und mit fantasie zu
beantworten. hierbei erweist sich humor als nutzvolles mittel.
...
( Northoff erklärt Beispiele aus Wien )
...
was ich mit diesen beispielen verdeutlichen will, ist die erfahrung,
dass nazis, rassisten und wie man dieses pack immer nennen will, einfach
keinen humor besitzen. sie wissen einfach keine antwort auf solche
graffiti-interventionen. die lacher aber, da die botschaften ja im
öffentlichen und halböffentlichen raum möglichst viele menschen
erreichen sollen, die lacher haben nun die nazi-gegner auf ihrer seite,
und lachen vermittelt auch meistens sympathie. die schande aber, das
einigende symbol, die einigende botschaft öffentlich ins lächerliche
gezogen zu sehen, haben nun die rechten zu tragen. ihnen bleibt
bestenfalls die löschung. und da zeigen sie dann ihr
demokratiefeindliches gesicht.
auch glaube ich, dass die forderung nach löschung seitens der
löschbeauftragten alle graffiti betreffen würde, was in der folge ein
wichtiges ausdrucksmittel eines teils der fortschrittlich denkenden
menschen genauso treffen würde.

erlauben sie mir, noch auf meine letzte veröffentlichung zu textgraffiti
hinzuweisen:
Northoff, Thomas: Graffiti. Die Sprache an den Wänden. Wien 2005.
(Löcker Verlag, 201 Seiten, 17 Euro) ISBN: 3-85409-417-5

ich habe vor die dissertation nachzuholen. falls ich dies tue, werde ich
sicher auch ihre wichtige seite heranziehen.

mit den besten wünschen für ihre arbeit und zum jahreswechsel
grüßt freundlich
thomas northoff

Mag. Thomas Northoff
(Österreichisches GraffitiArchiv für Literatur, Kunst und Forschung)
Fischerstiege 1-7/1/6
1010 Wien
Tel. 5321200
..................................................

Der ebenfalls hochberühmte Magister Norbert Siegl
 http://www.graffitieuropa.org/
vertritt ähnliche Ansichten.

Die PförtnerInnen in den Justizpalästen sollten also Sprühdosen
bereit halten und sie Kunstausübungswilligen auf Verlangen aushändigen.
Die PförtnerInnen sollten ferner kleine Merkblätter mitgeben,
auf denen steht,
dass der Verband der Justizgeschädigten für jedes besonders gelungene justizkritische Graffito ein Gebinde von 12 Öko-Bananen, hilfsweise
von 3 Container-Bananen spendiert,
während das Anbringen von Hakenkreuzen, SS-Runen, Wolfsangeln und dergleichen negative Folgen hat.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 9 Kommentare

fragen eines lesenden linken (radikalen)

bunte hilfe 30.12.2005 - 00:03
sacht mal hab ich das richtig verstanden: ihr habt freiwillig euren laden durchsuchen lassen ? ihr habt mit den bullen verhandelt und euch erpressen lassen ? meint ihr sie hätten euch sonst nicht mehr rausgelassen ? findet ihr dieses vorgehen politisch richtig, euch mit dem staat auf eine verhandlungsebene herabzulassen ? warum sollte die justiz mit euch verhandeln ? ist so ein verhalten ein vorbild für andere linke politische gruppen ? bei allem respekt für eure ideale: ich glaube ihr habt da einen kampf gegen windmühlen aufgenommen den ihr nur verlieren könnt.

Be careful!

Anti-Cop 30.12.2005 - 00:45
Also man kann Leuten, die solche Aktionen planen und machen nur raten sehr geplant vorzugehen und Beweisstücke sofort zu vernichten. Hier kann man ja sehen wie schnell sowas sonst (in diesem Fall für unbeteilgte...) nach hinten losgehen kann...

ob ihr wirklich richtig steht

seht ihr wenn das licht angeht 30.12.2005 - 12:27
unglaublich... diese bösen Bullen kontrolieren die ihnen offensichtlich ohnehin schon bekannten & zugeordneten Leute, wenn sie sie mitten in der Nacht auf dem Fahrrad treffen. Und dann wird mit ihnen über Utopie, das wahre Leben und Brotaufstriche diskutiert.
IMMER DIESE HAARSTRÄUBENDE, UNERWARTETE (und natürlich auch ungewollte) REPRESSION. Das ist doch lächerlich.
Mal ehrlich: wacht endlich auf. ihr seid so dermaßen in eurer eigenen idylle festgefahren; ihr habt offensichtlich keine politische analyse, die über: "die blöden herrschenden, der blöde konsum" hinausgeht. ihr scheint ja tatsächlich auf euer gemüse stolz zu sein. was wollt ihr denn? lange Haare, resteverwertung als lebensinhalt und bauwagenromanik für alle?

sorry, aber falls ihr je die parole "luxus für alle" mitgetragen habt: verstanden habt ihr sie nicht. wenn die antifa f zum opernball aufruft, was denkt ihr denn, um was es da geht? um wir-sind-die-guten, denn unsere klamotten sehen scheiße aus und unser abendessen hat immer die gleiche Farbe?
eben nicht. Luxusgüter und schlaraffenland für alle! Das ist die konsequenz, die für die radikale linke aus kapitalismus und dessen entwicklung zu ziehen ist.

Doch was diese projektwerkstadt vermitelt, ist nichts als das identitäre festhalten am wir-haben-es-aber-gerafft. im gegensatz zum rest.

Ihr solltet euch mal mit kritischer theorie befassen. keine sorge, warenfetisch kann auch auf einer anderen ebene behandelt werden.

in diesem sinne: für die revolution.

ach, und nochwas: ich fände es gleichmaßen bescheurert und bezeichnent, wenn dies hier als inhaltslose nicht-ergänzung weggestellt wird.

@die kommentare über mir

Schreiberling in der Prowe 30.12.2005 - 18:35
@bunte hilfe
ihr habt freiwillig euren laden durchsuchen lassen ?
Nein, ich habe zugestimmt. Der Kontext ist oben beschrieben worden.

ihr habt mit den bullen verhandelt und euch erpressen lassen ?
Verhandelt? Ja (steht doch oben, was fragst Du also?). Erpressen? Ansichtssache, meines Erachtens war die Situation erheblich komplexer.

meint ihr sie hätten euch sonst nicht mehr rausgelassen ?
Nein, das meine und meinte ich nicht (wie kommst Du darauf?)

findet ihr dieses vorgehen politisch richtig, euch mit dem staat auf eine verhandlungsebene herabzulassen ?
Nein. Es ist genauso falsch wie zu einer staatlichen Schule zu gehen, an einer staatlichen Uni zu studieren, zu einem staatlichen Arbeits- oder Sozialamt zu gehen oder sich an eine staatliche rote Ampel zu halten. Es ist Taktik. Allgemeingültige Anweisungen geben Kaderlinke wie manche Bunten und die Zentren der Roten Hilfe. Ich plädiere dafür, immer und in jeder Situation den Kopf zu benutzen und nicht nach Schema zu handeln. Auf die Gefahr hin, Fehler zu machen ...

warum sollte die justiz mit euch verhandeln ?
Das musst Du die selbst fragen. Auf jeden Fall verhandelt sie über uns - und zwar über lauter Fälle, die mit den Sachbeschädigungen und "Anschlägen" der letzten Jahre nichts zu tun haben. Die liegen alle in der Unaufgeklärt-Kiste der Bullen. Wenn die Justiz doch meint zu verhandeln, kann es nur einen Grund geben - der ist auf dem Foto oben zu sehen.

ist so ein verhalten ein vorbild für andere linke politische gruppen ?
In diesen Kategorien zu denken, überlasse ich den Eliten linker Bewegung mit ihren Anweisungen und Regeln für echtes Linkssein. Ich handele für mich und benutze in jeder Situation meinen Kopf neu.

bei allem respekt für eure ideale: ich glaube ihr habt da einen kampf gegen windmühlen aufgenommen den ihr nur verlieren könnt.
Das ist keine Frage, sondern eine Aussage, die vor allem zeigt, dass selbst Deine Fragen gar keine sind, sondern das Urteil schon vorher feststand. Da würde ich sogar sagen, dass einige Bullen fairer sind als die richtenden Linken. RichterInnen sind so ähnlich wie Du agierst.

Ansonsten zu anderen Bemerkungen hier: Ich hätte auf Indy auch nix anderes erwartet als die Mischung aus frustrierten Mittelhessen-Bullen, -Justizangestellten und den von diesen kaum zu unterscheidenden linken Möchte-Gern-Ermittlern. Respekt den Leuten, die Heiligabend was anderes machen als Weihnachtsbäume anzünden oder Parolen kloppen ... ich fand die Attacken cool und finde es ziemlich absurd, die wenigen Aktionen, die überhaupt noch so passieren in doitschen Landen als "Windmühlenkämpfe" u.ä. zu bezeichnen. Wenn sie das sind, dass auch und gerade wegen dem Zustand politischer Bewegung zwischen Labelkonkurrenz, Parteibildung und Rechtsstaatsfixierung.


@anti-cop
Solche Sätze sollen suggerieren, dass die Bullen die Richtigen geschnappt haben. Die Sorge ist nur der Deckmantel wilder Spekuliererei über TäterInnen. Welche Beweisstücke bitte? Einweghandschuhe beim Containern?


@seht ihr ...
Das Geschwätz von "Luxus für alle" hängt mir zum Halse heraus. Zum ersten ist es überhaupt keine politische Position, weil es über Qualitäten gar nichts aussagt. Es hört sich wie das imperialistische Geschnatter von sich als überlegene Rasse empfindenden Menschen an, die auch Sklavenarbeit oder was auch immer für richtig halten, wenn es nur ihrem Luxus dient. Dass das dann auch noch als "links" verkauft wird, modernisiert zwar die Sache, macht sie aber nicht besser. Zudem sagt die Parole nichts darüber aus, wie die Eigentumsverhältnisse sind: Hat jeder dann allen Luxus im Eigentumsbehälter Wohnung? Oder entsteht Reichtum darüber, dass alle auf den gesellschaftlichen Reichtum zugreifen können? Die Parole ist also, weil sie alle qualitativen Punkte offenläßt, einfach unpolitisch.
Zweitens ist sie aus emanzipatorischem Blick unbestimmt und damit auch gefährlich, weil sie eben bestimmte Qualitäten an emanzipatorische Politik nicht benennt. Darüber kann sie systemstabilisierend wirken - genauso wie Sprüche "Keine Nazis" oder "Nie wieder Auschwitz" dann, wenn keine emanzipatorischen Qualitäten an die Praxis solcher Positionen gebunden werden, zu allem möglichen verwendet werden können. Im Beispiel: Ersteres für mehr Polizei, Einschränkungen des Demorechts oder mehr Knäste (oft bejubelt von sog. "Linken"), zweiteres für Kriege (wie geschehen).
Soweit zur Qualität Deines Gepöbels. Zur Aussage als solches hätte ich dann auch noch was anzumerken: Ich lade Dich ein zu einem Kühlschrank-/Lebensmittellagervergleich. Ich glaube, die Essenslage der Projektwerkstatt muss keinerlei Vergleich scheuen mit der Lage derer, die täglich buckeln gehen oder Gelder von Mami/Papi ziehen, um sich ihren Kram zeitaufwendig einzukaufen. Das Gestammel vom Armutskult der Projektwerkstatt ist doppelt falsch: Dort herrscht keine Armut (sondern eher das Gegenteil) und es gibt auch keine Texte oder Aussage, die Verzicht irgendwie hochjubeln.
Das - und das meine letzte Kritik - hast Du Dir ausgedacht getreu einem typischen Dominanzmittel der RhetorikklopperInnen: Behaupte einfach irgendwas über Deinen Gegenüber, dass sich einfach niedermetzeln läßt, statt auf das einzugehen, was tatsächlich diskutiert wird.
Für Walnußkäse, Fruchtjoghurt, Sesambrötchen ... - aber ohne Erwerbsarbeit! Containern ist keine Utopie und kein Vorschlag für eine bessere Zeit, sondern ein Weg, Zeit und Energie zu sparen! Für die Revolution und eine Alltagsstrategie, die uns für mehr Zeit läßt als ab und an auf Indy zu nerven.

@ Schreiberling in der Prowe

ich 31.12.2005 - 10:09
>Es hört sich wie das imperialistische Geschnatter von sich als überlegene Rasse empfindenden Menschen an, die auch Sklavenarbeit oder was auch immer für richtig halten, wenn es nur ihrem Luxus dient.



ich glaube, du hast "luxus für alle" noch nicht kapiert. nur so kann ich mir den satz (geistiger dünnschiss) erklären.
im gegensatz zum früheren spruch "friede den hütten, krieg den palästen" finde ich den anderen wesentlich besser. ich habe schon die utopie, dass alle im luxus leben können sollen, als in "hütten" dahinzuvegetieren. und dass sklavenarbeit dem luxus für alle dienen soll, ist gegensächlich zu dem, was der satz aussagt. aloso denke bitte mal über deine geistigen ergüsse nach. (im übrigen kann ich mich daran erinnern, dass du bei einem gespräch mit mir, die parole als gut befunden hast.)

@ jene, die hier kommentare einordnen

betrachter 31.12.2005 - 14:38
es sieht doch sehr bezeichnent aus, wenn jede kritik an der projektwerkstatt und ihren protagonisten als keine inhaltliche ergänzung abgetan wird, während diese ungehindernt ihre kritiker mit "sich als überlegene Rasse empfindenden Menschen" vergleichen, ja gleichsetzten können.
Dies ist eine art der zensur, wie sie indymedia sicherlich nie befürworten würde - aber offensichtlich scheinen hier bewertungen zugrundeliegen, welche identitätskritische meinungen abstempeln. tja.

@ betrachter

Maxe 31.12.2005 - 14:58
Finde, du siehst die Sache falsch. Keiner der angeblichen "Kritiken" (die ich eher Anpisserei von Linken im Sektenkrieg bezeichnen würde) enthält inhaltliche Ergänzungen zum Artikel. Daher haben die Mods doch vollkommen richtig entschieden. Welchen Sinn sollte es machen, wenn auf einmal Anpissereien bevorzugt behandelt würden?

@betrachter

ich 31.12.2005 - 20:04
>es sieht doch sehr bezeichnent aus, wenn jede kritik an der projektwerkstatt und ihren protagonisten als keine inhaltliche ergänzung abgetan wird,


ich bin sehr häufig in der prowe und habe da sogar mal gewohnt. ich übe nicht kritik an der projektwerkstatt und ihren protagonisten (ich mag sie persönlich sogar), sondern an einem satz von einem schreiberling.
also sei du auch vorsichtiger mit deiner kritik

Als Gast der Projektwerkstatt

Peter Lustig 03.01.2006 - 21:12
muß ich wirklich sagen, daß dort wirklich kein Mangel vorherrscht. Es ist in meinem Fall sogar so, daß das Essen dort oft besser ist, als das in meinem Kühlschrank, welches ich als Alg2-Empfänger vom Staat zugebilligt bekomme.