WTO in Hongkong: 900 Gefangene

b 18.12.2005 12:03 Themen: Globalisierung Repression Weltweit
Am Ende der gestrigen Demo in Hongkong wurden 900 Menschen, v.a. koreanische BaeuerInnen und GewerkschafterInnen festgenommen. Etwa 200 weitere wurde die ganze Nacht eingekesselt und sassen heute morgen noch auf der Strasse von Polizisten umgeben. Sie mussten die Nacht auf der Strasse verbringen.

Bilder vom Beginn der Demo:  http://radiohongkong.de/clip.php?clipId=1263
Das Our World Is Not Sale Netzwerk bittet darum, möglichst viele Mails an Pascal Lamy bzw. den hiesigen Polizeichef zu schicken, mit der Bitte um sofortige Freilassung der rund 900 Gefangenen.

Die Emailadressen sind:  ceo@ceo.gov.hk; Mr Tsang
 enquiries@wto.org, Pascal Lamy, WTO Generaldirektor

Betreff: Release those fighting to save their livlihoods fom WTO
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Ergänzungen

frage

tagmata 18.12.2005 - 13:26
Hongkong ist de facto ne Diktatur mit einem bißchen pseudodemokratischen Lack drübergepinselt. Im Ernst, glaubt irgendwer - bzw gibt es Erfahrungen, die da Hoffnung machen -, daß eine Mailkampagne da etwas bringen würde, oder ist das bloß wieder so ein linkes Ritual? Auf Demos kann es ja durchaus funktionieren, einen Kessel so lange anzuzeken, bis die Copz einsehen daß es keinen Sinn hat, aber hier? Spamfilter an und Problem gelöst.

Aber ich weiß es ja nicht. Insofern als daß meine Bemerkung Kritik ist, ist sie eine solche am reflexhaften Automatismus (irgendetwas stinkt, die Linke demonstriert, ohne drüber nachzudenken, daß damit Gewissensberuhigung betrieben wird, "mensch hat etwas getan" und 80% gehen danach wieder pennen, und die Tatsache, daß Demos, egal ob virtuell oder real, von den Mächtigen mittlerweile so gut wie immer schlicht und ergreifend ausgesessen und ignoriert werden) und nicht an der Sache an sich. Was diese angeht, ist halt die Frage: hat irgendwer Erfahrungen, daß so eine Strategie etwas gebracht hat, zumal unter solchen autokratischen Verhältnissen?

Wer ansonsten total abdrehen würde, klar, schickt ne Mail und alles wird gut. Aber ich persönlich feixe mir lieber einen, daß die Reihe der dysfunktionalen WTO-Gipfel sich hiermit um einen verlängert, wie es aussieht (es wäre ja der erste seit 6 Jahren, bei dem etwas herumkäme; die WTO ist ihr eigener größter Feind...) und daß es keine Toten gab. Hätte ganz anders abgehen können; die chinesischen Copz sind nicht dafür bekannt, daß sie lange fackeln. Aber wahrscheinlich wollten sie keine schlechte Presse haben; wären es Bauern in Guangdong gewesen, hätten sie schon längst scharf geschossen.

(Mal abgesehen, daß es schon verwunderlich ist zu lesen, Leute müßten dringend raus aus dem Knast, weil sie sonst ihren Flug verpassen würden. Ich weiß nicht... ist es nicht scheißnaiv, bei so einem Anlaß nicht davon auszugehen, daß es eventuell auch mal ein paar Tage oder Wochen länger dauern könnte?)

Das soll keine fundamentale Kritik sein (das wäre eh scheiße so als Ferndiagnose), aber es fällt das eine oder andere Detail auf, das ein wenig stutzig macht. Naja; um nach Hiddensee zu kommen, brauch ich ja nicht zu fliegen; da schau ich mir den Spaß mal persönlich an.

Cops in Hongkong

Mein Name 18.12.2005 - 13:58
Bisher sind die Cops in Hongkong zwar heftig vorgegangen (Pfeffersprayschaum und Schlagstöcke hauptsächlich), aber eine Sitzblockade haben sie z.B. weggetragen. In sofern scheint die massive Medienpräsents tatsächlich einiges zu bewirken. Dazu trägt evtl. auch eine solche emailkampange bei. Als die erste Emailwelle gegen die Softwarepatente in der EU anlief haben die verschiedenen Abgeordneten z.T. 70.000 emails zu diesem Thema innerhalb der ersten Woche bekommen. Das macht schon Eindruck, selbst wenn nur die Zahl der gefilterten Mails ansteigt. Das ganze wird dann ja noch mal vom Sekretariat nachgefiltert, aber ich denke, dass zumindest die Info, dass Tausende protestieren durchkommen dürfte. Damit macht mensch den Verantwortlichen einmal mehr bewusst, was sonst in den Demonstrationen gerufen wird:
"The whole world is watching".
Ein Scheißgrund sich zusammenzureissen - an sich würde ich moralisches Verhalten aus ganz anderen Gründen einfordern, aber wenn's hilft, dass ein paar Leute früher rauskommen. Wenn nicht, dann erfüllt es hier die Funktion, dass sich mehr Leute mit der Situation dort auseinander setzen, weil sie von anderen dazu aufgefordert werden sich zu positionieren.

von wegen keine resultate

Achtung 18.12.2005 - 16:17
Hab gerade auf N-tv gehört das sie bis 2013 alle Zölle aufheben wollen.
Baumwollzölle aus den Usa schon bis 2006. Was ist mit den Industriezöllen?
Klingt mir ehr alles nach einer Finde weis jemand genaueres und was ist mit dem Gats-Abkommen...Wasser,Bildung usw verstehe nicht ganz ob es bedeutet das jetzt alles für den freien Markt zur verfügung steht oder??!

wenn GATS global wird

@Achtung 18.12.2005 - 19:18
Zu GATS findet sich ein Haufen an Infos im Netz. Kurz gesagt öffnet das General Agreement on Trade in Services (GATS) den weltweiten Markt für Dienstleistungen. So wie die WTO alle Barrieren für den Handel von Waren abbauen will, findet das mit GATS auch für immaterielle Angebote statt.
In Zukunft wird also z. B. auch die Volkshochschule in der Stadt sich weltweit der Konkurrenz stellen müssen und kann nur noch Kurse anbieten die sich "lohnen".
Durch GATS werden sich flächendeckende Dienstleistungen, wie wir sie jetzt noch kennen, sei es Transport, Bildung oder sonst was verschwinden und nur noch dort angeboten, wo genügend zahlungskräftige KundInnen sind.
Anfangs kommt die Privatisierung mit konkurrenzlos günstigen Preisen daher, aber wenn die Monopole erst mal da sind, dann wird an der Preisspirale gedreht.
Und wenn ich die jetzigen öffentlichen Medien hör über den WTO-Konferenz, dann kommt mir nur das Grausen - als wären wir alle wirklich blöd. In dem Fall brauchen wir tatsächlich keine Förderung für die Allgemeinheit mehr....

alle achtung

danke 18.12.2005 - 21:24
für die Infos! auf die Gefahr hin das ich mich völlig zum Obst aus Unwissenheit mache bedeutet diese Aufhebung der Zölle ohne Subventionen usw bis 2013 schon das was das Gats Abkommen will? oder ist das noch eine Vorstufe wieso demonstrieren die Bauern wenn sie doch sonst von importiertem subventionierten Reis überschwemmt werden ... das müsste doch gut für sie sein echt ich versteh das nicht!!

HK, WTO protests

no chr.! 18.12.2005 - 22:45
Hier
 http://blog.jinbo.net/CINA/?pid=396
gibt es mehrere Reportagen in englisch und koreanisch, nebst fuenf laengeren Dokumentationen vom gestrigen (12.17) Protest.

Antwort zum Thema Subventionen

mannheim-68erz 19.12.2005 - 07:53
Bei den Verhandlungen geht es darum, wer welche Schutzmaßnahmen (Subventionen, Zölle...) bis wann abbauen muß. Verschiedene Maßnahmen schaden/nützen immer verschiedenen Sektoren bzw. Gruppen.
Die Koreanischen Bauern z.B. sind gegen den Abbau von Schutzmaßnahmen für IHRE Produktion. Wenn in Europa Subventionen abgebaut werden, juckt sie das kein bißchen, sie provitieren sogar eher davon (verbesserte Absatzchancen). Aber dafür demonstrieren sie ja auch nicht. Die Landverteilung in Korea ist übrigens relativ audgeglichen, so dass relativ viele Leute durch Landwirtschaft versorgt werden, so läßt sich auch der radikale Protest erklären. Um die Sache etwas komplizierter zu machen: an den Schutzmaßnahmen hängen aber auch immer Kosten, z.B. könnten Konsumenten durch steigende Preise negativ betroffen sein oder die Staatsausgaben belastet werden (Subventionen), was wieder zu einem geringeren Spielraum für Sozialausgaben, Bildung, etc. führt. Und im Fall von Koreas Bauern sind eventuell andere arme Produzenten an Absatzmöglicheiten gehindert.

Im Prinzip ist ein Abbau von Zöllen und Subventionen sehr gut, gerade wenn die reichen Länder das machen würden, wäre der Gewinn für die armen Länder immens! Allerdings gibt es auch enorm viele Fälle, bei denen am Protektionismus eine Menge mehr hängt: Externalitäten, "infant industry protection", Verteilungsaspekte..... Und deshalb müssen gerade die sogenannten "least developed countries" (LDCs) die Möglichkeit haben, die Ärmsten der Armen zu schützen!
Das Modell WTO mit sämtlichen anderen Bretton-Woods-Organisationen ist für wirklich faire Verhandlungen aber alles andere als geeignet. Die globale Ungerechtigkeit ist von Anfang an in die Strukturen eingebaut, deshalb muss die Scheiße endlich abgeschafft werden und durch halbwegs ausgewogene Institutionen ersetzt werden!

By the way: Danke an Radio Honkong (Kanal B) für die tolle Hintergrundberichterstattung!

Antwort auf Konsumentenfrage

mannheim-68erz 19.12.2005 - 09:33
Tendentiell hilft man beim Kauf von Produkten aus sog. Drittweltländern schon den Produzenten. Die Frage ist
1. wie die aussehen (die Produzenten) und
2. wieviel vom Profit dort ankommt

zu 1.: hängt mal wieder sehr von der Agrarstruktur (z.B. Landverteilung) ab. Brasilianische Produkte werden wahrscheinlich nur den dortigen Großgrundbesitzern was bringen, denn hauptsächlich produzieren die für den Export. In Ländern mit vielen kleinen Farmen (tendentiell Indonesien, Korea...) sollten dagegen schon die ärmeren/kleineren Produzierenden profitieren

zu 2.: Oft läuft der Handel mit den Erzeugnissen aber über "marketing boards" oder andere Zwischenhänder ab und je nachdem wie stark deren Monopolstellung ist können die so einiges vom Gewinn abgreifen.

Naja, hilft jetzt vielleicht nicht viel, aber insgesamt richtest Du eher keinen Schaden an, wenn Du gezielt Produkte aus Entwicklungsländern kaufst. Die Agrarexporte sind für viele von ihnen nämlich die einzige Chance auf Exporteinnahmen und deshalb wichtig für Entwicklung. Es lohnt sich auf jeden Fall, auf Konsumenteninfos von NGOs etc. zu achten...

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Konsumentenfrage — anonym