Freiburg: Linke Aktionen und verpeilte Bullen

Indy Innenstadt 16.12.2005 06:31 Themen: Freiräume Repression

In Freiburg gab es Proteste gegen Studiengebühren und ein Radio Ballet für die Schattenparker. Das Rektorat wurde besetzt und Demonstrierende feierten in der nächtlichen Innenstadt.


Zusammenfassung der Ereignisse rund um die Schattenparker
Sonderseiten zu den Schattenparkern bei Cine Rebelde
Indyberichte und linke News bei der Antifa Freiburg

Protestierende Studis

Am 15. Dezember 2005 wurden in Baden-Württemberg allgemeine Studiengebühren beschlossen. Aus diesem Grund wurde das Freiburger Rektorat am 14. Dezember warnbesetzt. In Stuttgart demonstrierten dann am Tag X 2000 Studis gegen die unsoziale Bildungspolitik, während in Freiburg das Rektorat blockiert wurde. In beiden Städten versuchten die Bullen die Studis einzuschüchtern und zu kriminalisieren. In Stuttgart gab es 30 Verhaftungen, in Freiburg Anzeigen wegen Hausfriedensbruchs und Platzverweise gegen rund 50 Studis.

Würfelnde Bullen

Die Freiburger Studis solidarisierten sich mit den Schattenparker, die am 14. Dezember wieder einmal Bekanntschaft mit dem Polizeistaat machten: Ihre wenigen verbliebenen Wägen wurden auf dem Vauban-Gelände beschlagnahmt. Mit mehreren Einsatzhunderschaften wurden zehn SympathisantInnen in Schach gehalten. Doch bei den drei Demos mit 150 TeilnehmerInnen am Abend des 15. Dezember waren keine Bullen zu sehen - außer der Handvoll völlig überforderten Streifenbullen der "Mobilen Wache". Irgendwie drängt sich der Eindruck auf, dass die Bullen in Freiburg einen Würfel mit den Flächen "kesseln", "kiffen", "knüppeln", "ignorieren", "räumen" und "schlafen" haben, den sie von Zeit zu Zeit rollen lassen. Vielleicht haben sie ja wenigstens Glück in der Liebe.

Radio Pimperle

Auf Radio Dreyeckland lief am Abend ab halb sieben für eine Stunde das erste Freiburger Radio Ballet - die Geschichte eines Wäglers. Eingeleitet wurde die Sendung mit einem Feuerwerk über der Altstadt. Die Bullen nahmen die Personalien einer Person auf, die die Ordnungswidrigkeit des Abfeuerns von Feuerwerksraketen begangen haben soll. In der Sendung wurden Handlungen beschrieben, die SympathisantInnen der Wägler in der Innenstadt ausführten. So wurden PassantInnen verfolgt und ihnen "kaufen, kaufen, kaufen" ins Ohr geflüstert. Plötzlich banden sich dutzende Menschen zeitgleich die Schuhe zu oder reparierten ihre imaginären Wägen. Es wurde containert und gesungen, getanzt und geflucht, gelaufen und gelacht.

Irritierte PassantInnen

Dann tauchten als Sklaven verkleidete Studis mit Parolen gegen Studiengebühren auf, machten Feuerspiele und riefen Parolen. Sie wurden von einer weiteren Demo der Millionärskinder angepöbelt, die ihre Armut zum Kotzen fanden. Die PassantInnen wirkten sehr irritiert aber auch sehr gebannt von dem Spektakel. Die wenigen Streifenbullen konnten mit der Situation so gar nichts anfangen. So ging zum Beispiel ein Wägler auf zwei Polizisten zu und fragte sie nach ihren Ausweispapieren, wie es ihm der Knopf im Ohr befohlen hatte: "Allgemeine Fahrzeugkontrolle. Ihre Papiere bitte." Gleichzeitig schnauzte sie ein Millionärskind an, dass sie gefälligst mal arbeiten gehen sollten, schließlich würden sie durch seine Steuern bezahlt.

Die letzte Schlacht

Doch dann gerieten die beiden Gruppierungen zunehmend in Streit. Die Studis riefen "Nie, nie, nie wieder Wägler!" und "Gebt den Wäglern die Straße zurück, Stein für Stein!", worauf die WäglerInnen mit "Gegen die Hetze, gegen Gesetze, für mehr Bauwagenplätze!" antworteten und aggressiv "Haut ab, haut ab, haut ab!" skandierten. Nur ein Bächle trennte die beiden verfeindeten Gruppen und so geschah das Unvermeidliche: die WäglerInnen stürmten die Studidemo, befreiten die Sklaven und vertrieben die Schlipsis.

Bundesweite Wagen-Demo

Wir haben hier in Freiburg in den letzten Wochen den Boden für die bundesweite Wagen-Demo am Samstag bereitet. Noch letzte Woche hat die Presse gegen die Schattenparker gehetzt, doch seit Tagen werden versöhnliche Saiten angeschlagen. Der grüne Oberbürgermeister Salomon befindet sich in der Defensive, nachdem er von seiner eigenen Partei für seine Law and Order-Politik öffentlich kritisiert wurde. Die Bullen haben sich in letzter Zeit oft blamiert und mussten von bürgerlicher Seite Prügel für ihre desaströse Eskalationstaktik kassieren. Jetzt brauchen wir euch, um gemeinsam und zahlreich gegen die Repression zu demonstrieren. Kommt nach Freiburg und kämpft mit uns am 17. Dezember um 14 Uhr am Bertoldsbrunnen für einen neuen Wagenplatz!

Stay rude, stay rebel!
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Ergänzungen

Badische Zeitung 1/5

egal 16.12.2005 - 07:05
Badische Zeitung vom Freitag, 16. Dezember 2005

Grüne gehen auf Distanz zu OB und Polizei

Kritik an Wagenburg-Einsatz

Die Gemeinderatsfraktion Junges Freiburg/Die Grünen hat die harten Polizeieinsätze bei den Protesten der Wagenburgler kritisiert. Stadträtin Monika Stein fordert von OB Dieter Salomon, dass er das Gespräch mit den “Schattenparkern” wieder aufnimmt und dass die Stadtverwaltung die Suche der Wägler nach einer neuem Wagenplatz unterstützt.

“Die neue harte Linie der Polizei spitzt den Konflikt zu und lässt ihn eskalieren”, so Grünen-Stadtrat Coinneach McCabe. Dabei sei die Polizei in den vergangenen Jahren mit ihrer Deeskalationsstrategie immer gut gefahren. Die Grünen fordern die Verantwortlichen dazu auf, zu dieser Strategie wieder zurückzukehren. “110 Personen bei einer Demonstration festzunehmen und sie erkennungsdienstlich zu behandeln - so etwas hat es seit den Häuserkampfprotesten der 80er-Jahre in Freiburg nicht mehr gegeben”, sagt Fraktionsvize Gerhard Frey. Hier werde mit Kanonen auf Spatzen geschossen.

Die Grünen befürchten, dass weitere harte Polizeinsätze die Suche nach einer politischen Lösung erschweren. Bei der für Samstag geplanten Demonstration der Wagenburgler erwartet die Fraktion von der Polizei “deutlich mehr Fingerspitzengefühl und Toleranz”. Aber auch die Demonstranten werden aufgefordert, ihre Anliegen friedlich zu vertreten und die Polizei nicht zu provozieren. Grundlage dafür sei, dass sich Polizei und Demonstranten über den Ablauf der Protestveranstaltung verständigen.


Badische Zeitung 2/5

egal 16.12.2005 - 07:08
Badische Zeitung vom Freitag, 16. Dezember 2005

Leben in einer Burg mit Rädern

In der “Susi-Wagenburg” im Vauban blüht eine alternative Wohnkultur / 18 Wagenbewohner meistern ihren Alltag

Von unserem Mitarbeiter Björn Seeger

Sie haben es satt, als experimentelle Exoten bestaunt zu werden: “Eine stabile alternative Lebensform” nennen die 18 Wägler im Quartier Vauban das Wohnen auf Rädern - mit einem Lebensgefühl, das zwischen Pippi Langstrumpf und Biedermeier pendelt. Vor dem Hintergrund der kommunalpolitischen Diskussionen über die Freiburger “Schattenparker” erzählten die Vaubanler jetzt von ihren Alltag im Mikrokosmos Wagenburg - auch, um zu zeigen, “was entstehen kann, wenn man die Leute machen lässt”.

Vier Quadratmeter Rasen sind ihr Wohnzimmer. “Nur im Sommer, versteht sich“, sagt Renate Langenbacher, die seit August in einem der 17 bunten Zirkuswagen lebt, die auf dem Gelände der “Selbstorganisierten Unabhängigen Siedlungsinitiative” (Susi) eine Wagenburg bilden. Bewegen lässt sich ihr Zuhause nicht mehr - eine kleine hölzerne Terrasse wurde bereits von ihrer Vormieterin fest am Wagen montiert, im trockenen Stauraum unter dem Gefährt lagert Brennholz.

Der Alltag in der Wagenburg verlangt ihr eine routinierte Haushaltsplanung ab - beim morgendlichen Gang ins gemeinschaftlich genutzte Badehäuschen bemüht sich Renate Langenbacher, den Zehn-Liter-Wasser-Kanister nicht zu vergessen. Denn das bedauert sie spätestens, wenn sie wieder im warmen Wagen sitzt und sich aus drei verbliebenen Wassertropfen einen Kaffee kochen will, verrät die 38-Jährige.

Das kleine Badehaus dient ihr und den anderen “Sesshaften” als Treffpunkt - hier hängt das schwarze Brett, an dem Neuigkeiten und Meckereien bekannt gemacht und verbindliche Absprachen getroffen werden - insbesondere, wenn es um Holzlieferungen geht. 15 Minuten Holzhacken muss die 38-Jährige täglich einplanen, damit es in dem alten, 14 Quadratmeter großen Zirkuswagen, trotz Isolierung, nicht bitterkalt wird. Ihren Lebensunterhalt verdient die Keramikerin als Betreuerin einer Wohngruppe. Dass das Zusammenleben funktioniert, liegt nach Ansicht ihres Nachbarn Martin Pauls an der “gewachsenen Gemeinschaft von Individualisten“, in der jeder seinen Freiraum behalte. “Wir sind keine Busenfreunde, aber auch keine Zweckgemeinschaft“, erklärt Pauls, “und wir sind untereinander gnadenlos am Räubern.” Vieles dürfe hier geborgt werden - vom Zuckerpäckchen bis zum Akkuschrauber, sofern sich nichts an den Besitzverhältnissen ändere - eine Art Kommune wolle hier niemand aufmachen.

“Wir haben klare Grenzen und achten auf Privatsphäre“, bestätigt auch Armin Fahl, der seit elf Jahren unter den Wagenbewohnern ist. Auf das große touristische Interesse an der Burg würden die Wägler gerne verzichten - Martin Pauls kann von mancher überraschenden Begegnung auf dem Privatgelände berichten: “Ich bin einmal aufgewacht, weil eine Horde fotografierender Japaner unter meinem Fenster stand und lauthals diskutierte“, erinnert er sich schmunzelnd.

Bei anderer Gelegenheit sei er mit einer Gruppe interessierter “Schlipsis“, also Krawattenträger, nett ins Gespräch gekommen, die offenbar unbedingt die Zirkuswagen sehen wollten: “Ach übrigens, ich bin der Herr Schmelas ihr neuer Baubürgermeister“, habe sich einer der Besucher noch vorgestellt, bevor er wieder verschwand. “Was mich aber wirklich ärgert, sind Vorurteile - zum Beispiel, dass hier nur Schmuddelkinder leben sollen“, sagt Pauls. Es falle den Wagenburglern deshalb zuweilen schwer, Vertrauen zur übrigen Nachbarschaft im Stadtteil aufzubauen.

“Ich könnte nicht so leben wie die Schattenparker“, sagt Renate Langenbach, die ihr Leben im Zirkuswagen angesichts einer frei zugänglichen Waschküche und vertraglich geregelten Wasser-, Strom- und Mietkosten “recht bequem” findet. Das Leben auf Rädern hat für sie etwas Romantisches. “In einem Hasenstall würde ich nicht wohnen wollen“, erklärt sie und meint kleine Hochhauswohnungen. Das Leben auf Rädern hingegen habe für sie etwas Romantisches, sofern sie sich auf einige feste Strukturen verlasse könne: “Ein wirklich mobiler Alltag auf der Straße wäre mir zu anstrengend.” Neben dem obligatorischen Holzofen brummt eine DSL-Leitung für einen schnellen Internetzugang auf manchem Stellplatz, in den Häusern nebenan haben die Mieter eigene Briefkasten. Konflikte unter den derzeit 260 S.U.S.I.-Bewohnern oder mit der Nachbarschaft bleiben nicht aus - Reibereien gibt es reichlich aufgrund von streunenden Hunden, Lärm- oder Müllbeschwerden.

In Gästezirkuswagen und Wohnungen finden auch immer wieder Menschen Unterkunft, die “irgendwie durch das soziale Netz gefallen sind“, erklärt Helma Haselberger, die hier seit sieben Jahren in einer Wohngemeinschaft in einem der Häuser lebt. “Die Gemeinschaft kann ein Korrektiv sein, sofern man konfliktfähig ist“, meint die Architektin. “Hier leben zeitweilig Menschen, die bisher kein sozial geregeltes Zusammenleben hatten“, bestätigt auch Langenbacher, die in der Siedlungsgemeinschaft deshalb “ehrenamtliche Integrationsarbeit” sieht. “Ich wünsche mir manchmal einen städtischen Sozialarbeiter, der mal sieht, was wir hier leisten“, so die 38-Jährige.

Die Wagenburg im Quartier setzt sich zurzeit aus zwölf sesshaften und sechs mobilen Wagenbewohnern zusammen. Letztere haben ihren Stellplatz etwas abseits in der Nähe von Gemeinschaftswerkstatt und Küche bezogen, um durch ihr häufiges Wegfahren nicht zu stören. Mit in den Wägen wohnen bis zu acht Kinder, von denen einige nur für jeweils ein paar Tage zu Besuch bleiben. Käthe Leischke, eine der mobilen Burgler, wohnt mit ihrem kleinen Sohn zusammen. “Wenn er in die Schule kommt, braucht er wohl bald seinen eigenen Wagen“, erklärt sie. Auch einige der “Schattenparker” haben bei der Siedlungsinitiative Unterschlupf gefunden. Gemeinsam mit den Vaubanlern möchten sie für mehr Akzeptanz und alternative Lebensformen werben: “Ich bin Renate und kein Alien“, sagt Langenbacher.

Bildunterschrift: Käthe Leischke (links) und Armin Fahl mit seinem Sohn sind bei Renate Langenbacher zu Gast.

Badische Zeitung 3/5

egal 16.12.2005 - 07:09
Badische Zeitung vom Freitag, 16. Dezember 2005

Die Wagenburg der SUSI

Die Wagenburg existiert seit 1993 auf dem Gelände der ehemaligen französischen Kaserne im Stadtteil Vauban. Sie ist Teil der “Selbstorganisierten Unabhängigen Siedlungsinitiative” (Susi) und in ein Konzept für eine alternative Wohn- und Lebenskultur eingebunden mit dem Ziel, bedarfsgerechten Wohnraum für geringer Verdienende zu schaffen. Aus der zunächst studentischen Initiative ging ein gleichnamiger Verein hervor, der das Gelände 1995 gekauft hat (Erbbaurecht bis 2059). Auf 1800 Quadratmetern stehen derzeit 17 Wagen, die teilweise mit großen Holzterrassen ausgebaut wurden. Wasser beziehen die 18 Mieter, die dort zeitweilig mit ihren Kindern leben, aus einem Badehaus. Für einen Stellplatz zahlen sie eine Pauschale von 250 Euro. 260 Bewohner leben in der Siedlung insgesamt. Menschen in sozialen Notlagen werden bei der Wohnungs-/ Stellplatzvergabe berücksichtigt und können statt finanzieller Leistungen unentgeltliche Arbeitsstunden einbringen. Informationen unter:  http://www.susi-projekt.de/

see

Noch ein Foto

egal 16.12.2005 - 07:09
Bildunterschrift: Jeder Zentimeter wird ausgenützt: Käthe Leischkes Schlafkoje.

Badische Zeitung 4/5

egal 16.12.2005 - 07:10
Badische Zeitung vom Freitag, 16. Dezember 2005

Studenten unterstützen Wagenburg-Demo

Gestern Abend blockierten gleich zwei Demonstrationsgruppen den Bertoldsbrunnen: Die ehemaligen St. Georgener Wagenburggruppe “Schattenparker” und ihre Anhänger - und Studierende, die gegen Studiengebühren protestierten. Dabei unterstützten sich die Demostranten gegenseitig: Zeitweise stellten die Studierenden den Wagenburglern ihre Megaphone zur Verfügung. So konnten dann alle das hören, was sonst nur den Besitzern eines Radios möglich war: Ein Märchen über die Suche nach einem Wagenburgplatz, das ein Wägler über Radio Dreyeckland vorlas. Alle paar Minuten forderte der Sprecher die Teilnehmer auf, etwas zu tun: Auf Laternen zu klettern, zu flüchten oder lauthals für mehr Wagenplätze in der Stadt zu protestieren. Die Demonstration verlief nach Aussagen der Polizei ohne Zwischenfälle.

bbe

Badische Zeitung 5/5

egal 16.12.2005 - 07:17
Badische Zeitung vom Freitag, 16. Dezember 2005

Demonstranten scheitern mit Rektoratsbesetzung

Nur rund 120 Studierende folgen dem Protestaufruf des u-Asta gegen Studiengebühren / Rektor zeigt verhinderte Besetzer an

Von unserer Mitarbeiterin Silvia Faller

Rund 35 Studierende versuchten gestern, das Rektorat am Fahnenbergplatz zu besetzen. Anders als im Sommer scheiterten sie jedoch mit dem Versuch, Rektor Wolfgang Jäger hatte beizeiten die Polizei alarmiert. Von einigen Demonstranten wurden die Personalien festgehalten, es erging Anzeige wegen Hausfriedensbruchs.

Seinen Nachnamen wollte er nicht nennen. Dennoch war der Politikstudent Philipp am gestrigen frühen Nachmittag Manns genug vor dem Rektorat der Universität Freiburg am Fahnenbergplatz vor lediglich rund 120 Zuhörern eine Protestrede zu halten gegen die Einführung von Studiengebühren, die der baden-württembergische Landtag just zu diesem Zeitpunkt beschlossen hat.

Als Kundgebung - von u-Asta-Vorstandsmitglied Lukas Schäfer fristgerecht angemeldet - diente die Aktion aber auch dazu, um gegen den Universitätsrektor selbst und seine Vorgehensweise bei der versuchten Besetzung zu protestieren. Die verhinderten Besetzer waren zwischen den beiden gläsernen Eingangstüren “gefangen” - später wurden sie von der Polizei aus dem Gebäude gedrängt. Mitarbeiter, die nach 8 Uhr zur Arbeit kommen wollten, blieben außen vor. Nach Auskunft von Polizeisprecher Ulrich Brecht hat Wolfgang Jäger Anzeige wegen Hausfriedensbruch erstattet, woraufhin die Polizeibeamten die Personalien von 16 Frauen und Männern feststellten. Um viertel nach neun war der Eingang wieder passierbar. Gegen Studierende Anzeige zu erstatten, bezeichnete Lukas Schäfer im Rahmen der Kundgebung als “kompletten Schwachsinn”. Seiner Einschätzung nach war sie auch wegen “Nötigung” erfolgt.

Uni-Sprecher Rudolf Dreier begründet das Handeln Wolfgang Jägers mit den Worten: “Er wollte eine erneute Besetzung verhindern.” Im Sommer sei der Rektor einer solchen Aktion mit Verständnis begegnet. Letztlich aber hätten die Studierenden über zwei Wochen hinweg die Arbeitsabläufe im Rektorat erheblich gestört.

Die Organisatoren vom U-Asta waren sichtlich enttäuscht, dass so wenig Studierende zur nachmittäglichen Kundgebung gekommen waren, wollten sie doch, so Lukas Schäfer, “auf einen Wendepunkt in der Bildungspolitik” aufmerksam machen. Auch die Aktionen der PH-Studenten gestern Abend, von Ex-Asta-Mitglied Dennis Klein mit den Worten “Heute Abend wird es in der Stadt laut werden” angekündigt, fanden kein größeres Echo.

Bildunterschrift: Homer stieß mit seinem Demonstrationsaufruf gestern bei den Studierenden auf wenig Gegenliebe. (FOTO: INGO SCHNEIDER)

Badische Zeitung 1/3

egal 17.12.2005 - 02:15
Badische Zeitung vom Samstag, 17. Dezember 2005

Andere Zeiten, andere Ziele

Von Uwe Mauch

Die Pressemitteilung nach der Kundgebung bezieht klar Position: “Trotz ihres friedlichen Verlaufs schlug die Polizei schon auf dem Rathausplatz mit menschenverachtender Gewalt zu. Dieser Polizeieinsatz weckt den Eindruck, dass die Polizeiführung sehr bewusst ein gewalttätiges Klima schüren will. Es gehört offensichtlich zur neuen Politik der Stadt: ...Vertreibung der Wagenburg...” Was klingt wie eine aktuelle E-Mail der “Schattenparker”, die nach mehreren Räumungen einen Stellplatz für ihre Wagenburg fordern, ist jedoch eine “Presseinformation” der Grünen vom 19. Juni 1987 - unterschrieben unter anderen von einem gewissen Dieter Salomon, damals 26 Jahre alt und Kreisvorstand. Für die Wägler ist klar: Der heutige Oberbürgermeister ist ein Pharisäer.

In der Tat sind die Parallelen überraschend: Junge Menschen wollen anders wohnen, greifen dafür auf fremdes Eigentum zurück, werden von der Stadtverwaltung vertrieben - es kommt zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Damals nahm Dieter Salomon die Demonstranten in Schutz und gab der Polizei die Schuld - heute ist es umgekehrt. So sehr sich der Vorwurf aufdrängt, Salomon habe seine Glaubwürdigkeit verloren, er wäre falsch - weil er historische Zusammenhänge ignorierte. Die Zeiten sind andere, die Ziele der Akteure ebenfalls.

1987 wurden die letzten besetzten Häuser der Stadt geräumt. Salomon selbst war nie Hausbesetzer, anders als einige mittlerweile arrivierte Parteifreunde, aber er gehörte zu den Sympathisanten, und davon gab es viele bis hinein ins bürgerliche Lager. Ihnen ging es vorrangig um ein politisches Anliegen: der Kampf gegen Wohnraumvernichtung durch Spekulanten. In dieser Zeit hatten die Grünen ihr Verhältnis zur Gewalt noch nicht geklärt. Sachen zu beschädigen, galt bei nicht wenigen als akzeptables Mittel für den guten Zweck. Auch, um das “Schweinesystem” zu attackieren. An den Pfingsttagen 1987 gab es schwere Krawalle in der Innenstadt. Die Polizei sah eher nach Armee aus und war entsprechend robust. Deeskalation war auf beiden Seiten nicht vorgesehen.

Inzwischen ist es gesellschaftlicher Konsens, dass das Gewaltmonopol beim Staat liegt. Mehr noch: Die Regeln des Marktes werden weitgehend akzeptiert. Und die Grünen haben den gesellschaftlichen Wandel gemeinsam mit ihren Wählern nachvollzogen.

Gewandelt haben sich auch die Demonstranten. Die Wägler verfolgen kein gesellschaftspolitisches Ziel, sondern ihr eigenes. So gesehen sind auch sie Kinder ihrer Zeit, nämlich der Spaßgesellschaft. Eine geeignete Fläche zu fordern, um individuelle Wohnformen auszuprobieren, ist ihr gutes Recht. Eine Pflicht, die Selbstverwirklichungswünsche von Kleingruppen zu erfüllen, hat die Allgemeinheit aber nicht.

Dass sie im grünen Oberbürgermeister keinen Fürsprecher haben, erstaunt nicht nur die “Schattenparker” . Doch auch für Salomon gilt, dass das Sein das Bewusstsein bestimmt. Als Verwaltungschef hat er den Gemeinderatsbeschluss umzusetzen, der keine neue Wagenburg auf städtischem Gelände zulässt. Als Stadtoberhaupt hat er die Sicherheit der Bürger, zum Beispiel auf dem überlaufenen Weihnachtsmarkt, zu garantieren.

Nicht in jeder Phase des nun drei Wochen währenden Konflikts hat er Fingerspitzengefühl und politischen Instinkt bewiesen. Etwa indem er die Wagenburgler mit den betrunken randalierenden Punks in einen Topf geworfen hat. Wohl auch deshalb hat sich jetzt die grüne Gemeinderatsfraktion zu einer Position durchgerungen: Kritik an der Polizei und die Aufforderung an Parteifreund Salomon, den Dialog wieder aufzunehmen. Genau dazu hat der einstige Alternative keine Alternative. Der Oberbürgermeister weiß, dass auch das zu seiner Rolle gehört.

Badische Zeitung 2/3

egal 17.12.2005 - 02:16
Badische Zeitung vom Samstag, 17. Dezember 2005

Wagenburg: Unabhängige Frauen für Pachtverträge

“Mit großen Befürchtungen” sehen die Unabhängigen Frauen Freiburg (UFF) dem heutigen Samstag entgegen, “weil der Konflikt zwischen Stadt und Schattenparkern weiter zu eskalieren droht”. In einer Presseerklärung forderten die Unabhängigen Frauen, die mit Irene Vogel eine Stadträtin im Gemeinderat haben, am Freitagnachmittag OB Salomon auf, “auf dem Verhandlungswege eine Interimslösung für die Wintermonate zu finden”. Mit Hinweis auf Miet- und Pachtverträge für Wagenburgen in anderen Städten, meinen die UFF: “Mit gutem Willen müsste es möglich sein, damit den Schattenparkern eine Perspektive zu eröffnen, die es ihnen ermöglicht, ihre ,Wohngemeinschaft’ zu leben.”

Badische Zeitung 3/3

egal 17.12.2005 - 02:18
Badische Zeitung vom Samstag, 17. Dezember 2005

Auch ohne heißen Draht zum OB laufen Telefone heiß

Nach der Erklärung der Bürgergruppe zum Konflikt zwischen Stadtverwaltung und Wagenburglern: Gespräche auf allen Ebenen

Am Tag vor der für heute angekündigten Demonstration der Wagenburgler liefen etliche Telefone in der Stadt heiß. Wobei es der Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern, die im Konflikt zwischen Stadtverwaltung und “Schattenparkern” vermitteln wollen, zwar nicht gelang, einen heißen Draht zum Oberbürgermeister zu bekommen. Doch Traugott Schächtele konnte immerhin dem Leiter der städtischen Koordinations- und Regionalstelle Bernd Nußbaumer deutlich machen, was die Bürgergruppe jetzt für vordringlich hält: “ Es geht um eine Zwischenlösung, um Zeit zu gewinnen und zu deeskalieren.” Allerdings sieht der evangelische Dekan nach seinen Gesprächen noch nicht viel Spielraum für einen Kompromiss. “ Der ist nur möglich, wenn sich die Stadtverwaltung zuerst bewegt.”

Wie wichtig ein solcher Kompromiss immer mehr Menschen in der Stadt wird, zeigt sich auch daran, dass weitere sechzig Freiburgerinnen und Freiburger - darunter, wie zu hören ist, etliche aus dem gutsituierten Bürgertum - die Erklärung der Bürgerguppe (die BZ berichtete) unterzeichneten. Damit drücken sie aus: Die Stadtverwaltung soll ihren harten Konfliktkurs aufgeben und mit den “Schattenparkern” zusammen einen Ausweg aus der scheinbar aussichtslosen Situation suchen.

Ein solcher Weg ist für Werner Wagner, den Wagenburglern zu ermöglichen, auf verschiedenen Plätzen in der Stadt zu überwintern. So könnten beide Seiten ohne Gesichtsverlust eine Übergangslösung finden, um eine Eskalation der Gewalt zu vermeiden. Als Vorsitzender des Beirats für die Wagenburg im Eselwinkel bietet er deshalb an: “Wir sind bereit, über den Winter fünf bis sechs kleinere Wagen der Schattenparker aufzunehmen.” Über eine mögliche Nutzung anderer Plätze müsse allerdings die Stadtverwaltung verhandeln, heißt es - und das auch wollen.

Am Willen liege es nicht, sagt Bernd Nußbaumer. Die Verwaltung sei als “Ermöglichungsbehörde” durchaus bereit, über die Lockerung von Einschränkungen auf privaten Flächen zu reden. Im übrigen freut er sich über die von der Bürgergruppe angestoßenen Gespräche auf allen Ebenen: “Dass miteinander gesprochen wird, ist schon eine gute Botschaft.”

gmk

Es geht immer weiter...

Autonom@ntifA 18.12.2005 - 22:45

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 3 Kommentare

Danke

... 16.12.2005 - 06:48
Sorry für diese nichtinhaltliche Ergänzung (ab nach unten), aber ich wollte mich eigentlich nur mal bei den Leuten aus Freiburg bedanken, die hier immer die schönen Berichte schreiben. Macht einfach mehr Spaß zu lesen als die üblichen Parolenartikeln oder Nazibildergalerien und ist tausendmal informativer.
Macht bitte weiter so!

Aktionstage in Karlsruhe *EX-STEFFI BLEIBT!!*

rocker 16.12.2005 - 15:26
15 Jahre sind nicht genung. Keine Räumung der Schwarzwaldstr.79
Die Ex-steffi ist immernoch akut von der Räumung bedroht...kommt zu den Aktionstagen vom 8.2.-12.2.06
Feuer und Flamme für Karlsruhe
15 Jahre sind nicht genug
Keine Räumung niemals nicht

Aufruf zu den Aktionstagen im Feb.2006

Die Ex-Steffi in Karlsuhe ist immer noch extrem von der Räumung bedroht. Die Duldung, die besteht läuft am 31.Jan.2006 aus und es soll eine sofortige Räumung folgen. Die Hoffnung auf weitere Verhandlungen ist nicht sehr groß. Erst die Tage kam die Aussage des OB Fenrich, dass er sich auf keinen Fall auf weitere Vertäge einließe mit der Begründung froh zu sein uns mit dem Räumungstermin am 1.2. endlich loszuwerden und damit das Thema EX-STEFFI aus der Welt geschaffen sei.
Uns, die Bewohner und Nutzer dieses selbstverwalteten Wohn-und Kulturprojektes schockiert das sehr.
Wir rufen deshalb bundesweit zur Beteiligung an unseren Aktionstagen auf, die vom 8.Feb. -zum 12.Feb. stattfinden werden. so oder so.
Außerdem soll es am Räumungstermin(1.Feb.06) einen Tag der offenen Kulturoase geben, auch hier sind alle UnterstützerInnen herzlich eingeladen.
Mit uns gemeinsam für den Erhalt soziokultureller Lebensräume und gegen die Räumung der Schwarzwaldstr.79 den die EX-STEFFI MUSS BLEIBEN


weitere Infos zum Verlauf bald auf unserer Webside

www.exsteffi.de

he da!

bOb rOss 16.12.2005 - 19:43
ich bin wohl erst nach weihnachten in freiburg
und kann dadurch leider nich an der demo am 17.dez da sein...):
mal sehn, vielleicht geht ja nach weihnachten auch noch was??!!
fette soli aus hamburg an alle!