3. Prozesstag gegen Antifa Christian S.

Beobachterin 15.12.2005 20:02 Themen: Repression
Wie schon am vorhergegangenen Prozesstag vom 2.12. war es dem Gericht am 3. Prozesstag dem 13.12. nicht zu peinlich den Prozess wieder unter Hochsicherheitsvorkehrungen stattfinden zu lassen, auch wenn der Staatsanwalt diesmal mutig auf den Schutz einer Panzerglasscheibe verzichtete.
Die Büttel des Gerichts taten auch ihr Bestes, um die ProzessbesucherInnen zu schikanieren. Nicht nur, dass sie wie gewöhnlich unfreundlich und aggressiv zu den ProzessbesucherInnen waren, sondern sie verweigerten den BesucherInnen auch die Mitnahme von Papier und Stiften (natürlich war diese Praxis nicht zulässig, da ein Prozess ja bekanntlich dokumentiert werden darf). Die Richterin zeigte sich in diesem Punkt von ihrer gönnerhaften Seite und erlaubte schließlich das Einbringen von Schreibzeug. Wobei ihr augenscheinlich nicht klar war, dass sie einem demokratischen Grundrecht zur Durchsetzung verhalf, sondern sich besonders freundlich wähnte.

Gleich zu Beginn wurde dann von ihr der am 2.12. zurückgestellte Antrag der Verteidigung auf Vollständigkeit des Videomaterials abgelehnt. Hierauf lohnt es sich näher einzugehen. Konkret ging es um ein Video einer Bulleneinheit aus Mecklenburg-Vorpommern, auf welchem der ungefähre angebliche Tatzeitpunkt und Ort, sowie zeitweilig die Angeklagten zu sehen sind. Dieses Video endet um 15:58h. Der Tatzeitpunkt wird von den Bullen mit ca. 16h angegeben. In der Akte tauchen jedoch Photos, die aus dem Video erstellt wurden auf, die mit der Uhrzeit 16:04 versehen sind. Für jede ersichtlich fehlen also 6 Minuten. Auf grund des Antrags der Verteidigung vom 2.12. zog das Gericht Erkundigungen über den Verbleib der 6 Minuten Videomaterials, sowohl in Mecklenburg-Vorpommern, als auch in Dresden, ein. Mecklenburg-Vorpommern gab an, das gesamte Material an Dresden überstellt zu haben, ohne Kürzungen vorgenommen zu haben. Wegen der Nachfrage des Gerichts schickten sie nochmal das gesamte Material nach Dresden.

Der, die Ermittlungen in Dresden leitende, Oberbulle Hoffmann, gab an, dass er sich den Verbleib der 6 Minuten auch nicht erklären können, aber kein weiteres Material mehr vorhanden sei und darüber hinaus jedes weitere Material nach einer Frist von 3 Monaten gelöscht worden sei. Leider habe er auch das erneut geschickte Video aus Mecklenburg-Vorpommern nicht an das Gericht weiterleiten können, da es gegen einen Straftäter aus Hamburg Verwendung finden soll und dahin weitergeleitet worden ist. Im übrigen wäre aber kein neues Material auf dem Video zu sehen und es würde auch um 15:58 enden.
Nun muss man keine Anhängerin von Verschwörungstheorien zu sein, um dieses Verhalten der Bullerei merkwürdig zu finden. Auch ist es fraglich, dass die Anwälte der Angeklagten alle Möglichkeiten einer fairen Verteidigung eingeräumt werden, wenn ihnen nicht mal das gesamte Beweismaterial zur Verfügung gestellt wird, bzw. die Bullerei, ohne dass die Richterin sich darüber beschweren würde, höchst relevantes Material verschleppt.

Weiter ging es mit dem Auftritt des Zivibullen mit der Codiernummer 56766, in der gleichen Maske wie am 2.12. Diesmal musste er sich den Fragen der Verteidigung stellen, hatte es also nicht mehr so leicht wie am 2.12. wo er fast nur von dem wohlmeinenden Staatsanwalt befragt worden war. Die Verteidigung interessiert sich zu erst für seinen erstaunlichen Wunsch nach einer Codiernummer, da die Arbeit der Verteidigung durch so eine Nummer erblich eingeschränkt und erschwert wird. 56766 erstaunte alle im Gerichtssaal (sicher mit Ausnahme des Staatsanwaltes und der ihn begleitenden Gorillas), mit einem krassen Wandel im Vergleich zu seiner Aussage vom 2.12. Nun gab er an, sich sehr bedroht zu fühlen (am 2.12. hatte er das abgestritten) und zwar auf grund von angeblichen Fahndungsplakaten der radikalen Linken, die ca. 1/2 Jahr vor seinem Wunsch nach einer Codiernummer aufgetaucht seien. Peinlicherweise konnte 56766 trotz seiner offenbaren Schulung durch seine Vorgesetzten immer noch nicht in eigenen Worten begründen, warum er ausgerechnet am 13.2.2005 den dringenden Wunsch nach einer Codiernummer verspürte. Er versuchte sich auf den Inhalt einer Erklärung des LKA Berlin dazu zu berufen, blöderweise war die aber erst ein 1/2 Jahr nach dem 13.2. geschrieben worden. Da beschloss er dann lieber gar nichts mehr zu sagen, bzw. die Fragen der Verteidigung absichtlich misszuverstehen. Ungeklärt blieb auch, wieso er das Protokoll seiner Aussage am 13.2. noch mit seiner Unterschrift versehen hatte, wenn er doch angeblich schon zu diesem Zeitpunkt eine Codiernummer besaß.

Während der weiteren Befragung des Zeugen durch die Verteidigung, machte sich 56766 weiter durch selektiven Gedächtnisverlust unglaubwürdig. So konnte er sich nicht an seine Kleidung vom 13.2. erinnern, noch ob er einen Bart trug oder kurzes oder langes Haar. Dafür meinte er aber zu wissen (und aus 2 Meter Entfernung zu erkennen!), dass der Angeklagte eine Flasche mit Schraubverschluss in der Hosentasche hatte und, dass die Aufschrift auf seiner Hose verwaschen war. Zu bezweifeln ist allerdings, dass auch die Richterin diese offenbare Unglaubwürdigkeit des Zeugen berücksichtigen wird.

Weitere Widersprüche ergaben sich beim Ansehen der 3 Videoclips. Obwohl 56766 ausgesagt hatte, dass zum fraglichen Zeitpunkt keine Personen zwischen ihm und dem Angeklagten standen, waren in absoluter zeitlicher Nähe zur angeblichen Tatzeit auf den Videos zwar die Angeklagten zu sehen und zwar in einem Umkreis von ca. 5m, jedoch 56766 konnte sich nach eigener Aussage dort nicht wieder finden. Auch kann einem Staatsanwalt Fenner nur leid tun, da er gezwungen sein wird, die angeblich gewaltbereite Menge anhand von geworfenen rosa Papierfliegern und Sprüchen wie: "Wir wollen alle das selbe, Nazis in die Elbe!" herbei zu phantasieren.

Der nächste Prozesstag findet am 16.12. um 9.15h im Saal 101 statt. Freuen wir uns auf den sicher bühnenreifen Auftritt von Codiernummer 56765!

Prozessbericht vom 2. Dezember 2005:  http://de.indymedia.org/2005/12/134562.shtml
Prozessbericht vom 17. November 2005:  http://de.indymedia.org/2005/11/133056.shtml
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

für die zukunft:

x 15.12.2005 - 20:32
in den ersten satz oder so angeben WO sich irgendwas abgespielt hat

Dresden

Onkel 16.12.2005 - 15:09
das hat sich in Dresde/neustadt abgespielt wo aber die verhandlung is kann ich auch net sagen wäre sehr informativ das zu wissen
mag Onkel

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige den folgenden Kommentar an

wo? — antifa