Flugblattaktion vor Erfurter Stadtratssitzung

ichüberLEGnoch 08.12.2005 00:32 Themen: Freiräume Soziale Kämpfe
Am Nachmittag besuchten zwischen 10 und 15 BesetzerInnen und UnterstützerInnen des Besetzten Hauses die Stadtratssitzung im Erfurter Rathaus und verteilten Flugblätter auf denen sie forderten: „Her mit dem Geschichtsort Topf & Söhne! Besetztes Haus, Bauwagenplatz und „Exxit“ – Wir bleiben Alle!“.
Mehr Informationen zur aktuellen Situation:
 http://www.de.indymedia.org/2005/11/134047.shtml (Linkspartei auf Topf&Söhne-Gel.)
 http://www.de.indymedia.org/2005/11/133715.shtml (Aktion auf dem Weihnachtsmarkt)
 http://www.de.indymedia.org/2005/11/133423.shtml (Interview mit einem Besetzer)

In der Stadtratssitzung antwortete der Erfurter Oberbürgermeister Manfred Ruge auf eine aktuelle Anfrage der Linkspartei:

„Sehr geehrte Frau XX,
bereits seit Mitte der 90er Jahre wurde dem Wunsch der Jugendlichen nach einem selbstverwalteten Jugendtreff Ausdruck verliehen, so auch mit Hausbesetzungen. Vertreten wurden diese jungen Menschen durch den Korax e.V. und den Allerlei e.V.
1999 beauftragte der Jugendhilfeausschuss die Verwaltung, ein geeignetes Objekt zur Umsetzung einer damals vorliegenden Konzeption des Allerlei e.V. zu finden. In der Folge wurden mehrere städtische Objekt auf ihre Eignung geprüft mit dem Fazit, dass das Konzept des Trägers in seiner Gänze einschließlich der darin formulierten Finanzierungsvorstellungen mit dem Wunsch einer Innenstadtlage nicht den vorhandenen Möglichkeiten der Stadt entspricht. In einem Gespräch mit der Verwaltung im Februar 2001 lehnte der Verein alternative Raumangebote ab, da Abstriche an der Gesamtkonzeption nicht infrage kämen.
Am 12.04.2001 bekam das Jugendamt eine Einladung zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Freiräume erkämpfen?“ von den Besetzer(innen) der Topf und Söhne Industriebrache“. Dieser Einladung war u.a. zu entnehmen, dass die jungen Menschen sich nicht mehr durch den Allerlei e.V. vertreten fühlten.
Das Jugendamt suchte am 18.04.2001 die jungen Menschen auf dem Gelände auf, wies auf die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen hin und unterbreitete das Angebot bei Problemen oder Fragen zur Verfügung zu stehen. Die jungen Leute äußerten, dass sie mit dem Verwalter des Privatgeländes in Kontakt stehen und er keine Probleme mit ihrem Aufenthalt habe. Danach gab es keine Kontakte mehr. Insofern ist die Verwaltung auch nicht aussagefähig zum Projekt selbst sowie den perspektivischen Vorstellungen der jungen Menschen.
Das Gesprächsangebot des Jugendamtes besteht selbstverständlich immer noch.
Für das Gesamtgelände ist zurzeit immer noch der Insolvenzverwalter Herr Rechtsanwalt Dr. Dithmar zuständig.
Durch die LEG Thüringen ist eine Arbeitsgruppe gebildet worden, die mit der Prüfung des Erwerbs und einer Vermarktung des Grundstücks beauftragt worden ist. Diese Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Für das Gesamtareal Weimarische Straße ist durch das Stadtplanungsamt ein B-Plan erarbeitet worden.
Eine bauliche Neuordnung des Grundstückes der ehemaligen Firma Topf und Söhne wird sich überwiegend nur durch den Abbruch der Gebäudesubstanz und Neubau wirtschaftlich realisieren lassen. Zunächst ist lediglich der erhalt des ehemaligen Verwaltungsgebäudes geplant, in dem ein Erinnerungs-und Dokumentationsort im Zusammenhang mit der zurzeit im Stadtmuseum gezeigten Ausstellung eingerichtet werden soll.
Mit freundlichen Grüßen
M. Ruge“

-- Draussen, vor dem Rathaus wurden unterdessen in "weihnachtlicher" Stimmung Flugblätter an vorbeieilende Passanten und BesucherInnen des Rathauses verteilt.
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Ergänzungen

Flugblattext

??? 08.12.2005 - 00:56
4 Jahre und kein Grund zum Gehen!

Im April 2001 wurde auf dem ehemaligen Topf & Söhne – Gelände in der Rudolstädterstrasse ein leerstehendes Haus besetzt. Vorausgegangen war der Besetzung ein jahrelanger Kampf um ein selbstverwaltetes Zentrum. Nach der Schließung des „Korax“ wurden mehrere leerstehende Häuser besetzt und allesamt wieder von der Polizei geräumt. Einige Aktionen später kam dann auch dem Erfurter Stadtrat eine Zusicherung über die Lippen, sich um ein geeignetes Objekt zu kümmern. Hätten wir uns jedoch darauf verlassen, gäbe es bis heute kein Hausprojekt, in dem es Platz zum Wohnen und für Veranstaltungen, Konzerte und politische Treffen gibt.
Am Anfang stand das Bedürfnis nach einem selbstverwalteten Zentrum. Mit der Besetzung eines Hauses auf dem Topf & Söhne – Gelände wurde ein neuer Versuch für ein solches Projekt unternommen. Er dauert bis heute an. Menschen zogen in das Haus ein, Bauwägen rollten auf den Hof, ein erstes Selbstverständnis wurde diskutiert. In den 4 ½ Jahren ist viel passiert: Personenkreise haben gewechselt, ein Musikprojekt mit dem Namen „Exxit“ ist entstanden. Ausgehend von diesem Haus wird Kritik an gesellschaftlichen Zuständen wie Antisemitismus, Sexismus, Rassismus und Kapitalismus geübt.
Mit Beginn der Besetzung wurde klar, dass ein Projekt auf diesem Gelände eine Auseinandersetzung mit der Geschichte der Firma Topf & Söhne zwingend erforderlich machen würde. Die Erfurter Firma produzierte im Nationalsozialismus die Krematoriumsöfen und Belüftungsanlagen für zahlreiche Konzentrationslager, wie Auschwitz und Buchenwald. Damit trug die Firma ganz maßgeblich dazu bei, dass der industrielle Massenmord im Nationalsozialismus erst möglich wurde. Der Täterort Topf & Söhne war der Anlass für zahlreiche Veranstaltungen und Diskussionen über die Beteiligung ganz normaler Deutscher am antisemitischen Vernichtungswahn. Das Handeln der Täter und Mitwisser in der NS-Zeit wurde durchaus von Denkformen angetrieben, die auch in der heutigen Zeit noch weit verbreitet sind: Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus gehören keineswegs der
"dunklen Vergangenheit" an, ganz zu schweigen von der Bereitschaft eines Großteils der Bevölkerung sich autoritären Strukturen zu unterwerfen. Die einzig logische Konsequenz aus der Shoa wäre deshalb, diese Denkformen auch heutzutage radikal zu kritisieren und auf ihre Abschaffung zu drängen. Aktionen gegen Naziaufmärsche, Veranstaltungen über Antisemitimus, Rundgänge über das Topf & Söhne-Gelände – durch die Auseinandersetzung der BesetzerInnen und NutzerInnen mit der Geschichte der Industriebrache, bekamen besonders auch junge Leute aus der Umgebung ein Bewusstsein für die Problematik.
All das könnte jedoch schon bald zu Ende sein: Das Topf & Söhne – Gelände soll gegen Ende des Jahres an die Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen (LEG) verkauft werden. Noch befindet es sich in der Hand eines Notverwalters, der die Besetzung jahrelang geduldet hat. Die Pläne der LEG sehen vor, den Teil des Geländes, auf dem sich das ehemalige Verwaltungsgebäude der Firma Topf & Söhne befindet, der Stadt Erfurt weiter zu verkaufen, damit dort ein Geschichtsort eingerichtet werden kann. Die Umsetzung dieser Forderung des Förderkreises „Geschichtsort Topf & Söhne“ finden wir natürlich gut, da es doch ein Zeichen dafür ist, dass die Stadt Erfurt nach jahrelanger Ignoranz beginnt, sich mit der Geschichte des Täterortes auseinanderzusetzen. Andererseits beinhaltet der Plan auch die wirtschaftliche Verwertung des restlichen Geländes, was bedeutet: Abriss der noch stehenden Gebäude und Ansiedlung von einem Wohn- und Gewerbegebiet. Dieser geplante Abriss würde natürlich auch unser Projekt betreffen. Wir glauben jedoch, dass es auch andere Möglichkeiten gibt. Mit einer Parzellierung des Geländes wäre einerseits der Geschichtsort Topf & Söhne und andererseits auch der Erhalt des Besetzten Hauses, Bauwagenplatz und „Exxit“ möglich. An die Landesentwicklungsgesellschaft gerichtet sagen wir: LEG dich nicht mit uns an!

Her mit dem Geschichtsort Topf & Söhne!
Besetztes Haus, Bauwagenplatz und „Exxit“ – Wir bleiben Alle!

Mehr Infos unter: www.topf.squat.net

und im Süden...

b.setzer 08.12.2005 - 10:44
am 10.12. in Karlsruhe:

15:00 Uhr Stephansplatz, Demo für den Erhalt der Ex-Steffi auch nach dem 1.2.06

auch am 10.12. in Freiburg

12:00 Uhr Konzerthaus, Demo für die geräumten Schattenparker

TLZ - Artikel vom 8.12.

------- 08.12.2005 - 19:32
Thüringische Landeszeitung 08. Dezember 2005

Kauf durch LEG wird noch geprüft
Topf & Söhne: Besetzer – Zukunft unklar

Von Frank Karmeyer
Erfurt. (tlz) Die Zukunft der Hausbesetzer auf dem Topf & Söhne – Gelände in der Weimarischen Straße ist weiter ungewiss. Lediglich das Verwaltungsgebäude soll für einen Erinnerungs- und Dokumentationsort genutzt werden, teilte die Stadtverwaltung jetzt auf eine Anfrage der Linkspartei.PDS mit. Das Grundstück insgesamt ließe sich „überwiegend nur durch Abbruch der Gebäudesubstanz und Neubau wirtschaftlich realisieren“, heißt es darin.
Letztmals Kontakt habe das Jugendamt 2001 zu den Hausbesetzern gehabt und daher keine Kenntnis über deren Projekt und Vorstellungen. Zuständig für das Gelände sei noch immer der Insolvenzverwalter, so die Verwaltung. Dieser hatte in all den Jahren keine Ambitionen, die Hausbesetzer zu vertreiben. Dass dies die LEG vorhabe, sei zum jetzigen Vorhabensstand eine unberechtigte Behauptung, sagte LEG-Sprecher Holger Wiemers der TLZ. Die LEG prüfe derzeit, ob eine Übernahme des Geländes überhaupt in Frage komme und sieht sich daher zu unrecht gescholten. Man wisse um die Sensibilität, mit der das Thema behandelt werden müsse.

radiosendung über t&s

pressegruppe 09.12.2005 - 22:06
Am 25 Januar 2006 ist auf wdr5 zwischen 9 und 12 Uhr eine Sendung über Topf & Söhne/Besetztes Haus/Geschichtsprojekt ... zu hören.

übersicht über aktionen

-->?? 09.12.2005 - 22:35
da die texte über das besetzte Topf&Söhne - Gelände durch die vielen NAchrichten bei indy immer recht schnell runterrutschen - gibt es sie nochmal zum nachlesen, sammeln und nachmachen ;-) auf der homepage von indymedia erfurt!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Nazi auf dem rechten Foto: — Rainer Randale