StudentInnen in Bay erwachen langsam...

Köter 28.11.2005 19:18 Themen: Bildung
... aus ihrem Tiefschlaf!

In Nürnberg ab heute Streik an der GSO-FH!
Morgen in Augsburg Demo, übermorgen in Bamberg...

Was geht ab an der GSO-FH in Nürnberg?
Rektor bangt um seine Kunden, durch Streik die Vermietung der Seminarräume
gefährdet?
Droht Räumung durch Bullen?
Anscheinend bewegt sich doch etwas in dem konservativen Bayern,
anstatt dass alle Schäfchen weiterhin nix hören, sehen und sagen und
treu-dümmlich ihrem Schäfer
(männliche Form, da meist Männer in Führungspositionen, ist leider logisch, bei Patriarchat)
folgen hat vermutlich die Terminsetzung der ersten beiden Lesungen zum neuen Bayerischen Hochschulgesetz ein kurzes Schielen über den Tellerrand ermöglicht.

Heute um 08:00 Uhr begannen Studierende der GSO-FH-Nbg. zu streiken.
In ihrem Flyer-Aufruf stehen folgende Bewegungsgründe:
Sie sind gegen den Entwurf des Neuen Bayerischen Hochschulgesetzes
für mehr Demokratie und eine verfasste Studierendenschaften.
Sie sind gegen jede Form von Studiengebühren, also für freie Bildung.
Außedem sind sie gegen eine Klassengesellschaft und Sozialabbau -
für einen sozialen Staat und soziale Gerechtigkeit.

Die Studierenden an der FH wurden zum mitstreiken aufgefordert, viele sind spontan dazu bereit und bringen sich auch in die Orga des Streikes ein.
Letzte Woche wurden zumindest die Studierenden des Fachbereiches SoWe über das neue bayerische Hoschulgesetz und die neuesten Infos zur Einführung von Studiengebühren (SS 2005) kurz zu Beginn der Lehrveranstaltungen informiert.

Aufgrund der bekannterweisen konservativen Einstellung des Rektors der
GSO-FH, Eichele, erschien er heute zweimal in der streikenden Bahnhofsstraße. Die stattgefundenen Gespräche führen zu folgender Überlegung:

Recht auf Meinungsäußerung oder Privatisierung der Bildung?

Wie berichtet streiken seit 07.00h in der Bahnhofstrasse 87 ca. 500 der 1000 Studierenden des Fachbereichs Sozialwesen.
Die vorher nicht informierte Hochschulleitung erschien gegen 11.00h und forderte in Person von Rektor Eichele eine(n) Verantwortliche(n) für mögliche Sachbeschädigungen, sowie die Garantie eines störungsfreien Vorlesungsbetriebs. Aus strategischen Gründen erklärte sich eine Person verantwortlich für eventuell in der Hochschule entstehende Sachschäden; was die übrigen Punkte angeht klärten die Studierenden den Hochschulrektor über die basisdemokratische Vorgehensweise der Streikenden und deren Eigenverantwortung auf. Der Vorwurf der Sachbeschädigung ist völlig ungerechtfertigt, schließlich ist das malen mit Straßenkreide auf Steinfliesen keine Straftat nach StGB. (Also wenn ihr mal in Bayern seit, mal nix auf die Straße, ihr könntet angezeigt werden... ;-))

Gegen 13.50h erklärte Herr Eichele, Rektor der Hochschule, dann, dass die Streikenden bis Dienstag, 17.00h offiziell im Hochschulgebäude GEDULDET wären. Er forderte die verbindliche Zusage der Räumung zu diesem Zeitpunkt, durch einen Hauptverantwortlichen. Eine längere Duldung wäre aufgrund einer am Mittwoch stattfindenden externen Veranstaltung in der Hochschule nicht möglich.
Dadurch, dass 2003 die Hochschulen in ihrem Budget bis zu 15 % vom bayerischen Wissenschaftsministerium gekürzt wurden, müssen sie, um ihren Betrieb aufrecht zu erhalten, Drittmittel einnehmen. Diese Drittmittel werden u. a. durch die Vermietung der FH-Räume verdient. In einem Gebäude für die Öffentliche Bildung ist es nur logisch, dass die Studierenden ein Nutzungsrecht des Gebäudes haben. Jedoch kann dieses Recht anscheinend jederzeit beschnitten werden, wenn die ökonomischen Interessen des Betriebes angeblich gefährdet sind. Der Rektor, welcher das Hausrecht über die ihm anvertraute Hochschule hat, kann Personen von der Nutzung dieser Räume ausschließen. In dieser neoliberalen Zeit (und im Kapitalismus) ist es möglich, Personen ihrer Grundrechte zu berauben, wie etwa der freien Meinungsäußerung (Grundrecht), wenn die wirtschaftliche Privatisierung gefährdet wird. Anstatt das sich die Hochschule freut, das die öffentliche Bildung Menschen zu verantwortungsvollem handeln befähigt, welche für ihre Rechte eintreten können, beschneidet sie diese. Außerdem setzen sich die Studierenden mit ihrem Streik für eine Finanzierung der Bildung durch den Sozialstaat ein, welcher jedem Menschen ein Recht auf Bildung gewährt, ohne die bis heute stattfindende selektive Klassenauswahl, nach dem Geldbeutel der Eltern.
Die Handlungsweise der Hochschullleitung ist zu verurteilen, in der Druck aufgebaut wird, um einen Streik zu verhindern, anstatt sich über die Inhalte der Bewegung auseinanderzusetzen. Die Konsequenzen der Hochschulleitung wurden auch nach mehrmaliger Nachfrage von uns nicht genauer definiert. Eine Räumung durch die Polizei scheint nicht ausgeschlossen.
Ist es nun soweit, dass uns der Zugang zu unserer Hochschule verweigert wird, weil die Ökonomie nun eine tragende Rolle in der Finanzierung der Hochschule spielt? Ist das Erscheinungsbild der Hochschule für den Kunden, der Räume mietet, wichtiger als die inhaltliche Auseinandersetzung wie es mit der freien Bildung steht?
Desweiteren ist zu sagen, dass wir die Funktionsfähigkeit der vermieteten Räume keineswegs beeinträchtigen werden. Jeder Raum ist trotz des Streikes für alle Menschen zugänglich. Es besteht auch keine Gefahr, dass wir übergebührlichen Lärm machen, da anstelle der Lehrveranstaltungen unabhängig, von uns selbst organisierte Workshops stattfinden, in welchen wir uns mit Inhalten beschäftigen. Der Streik ist und bleibt friedlich!
(Beschluß des Plenums)

Die Studierenden informierten Rektor Eichele darüber, daß es keine(n) Alleinverantwortliche(n) gäbe und ihm der Beschluss der basisdemokratischen Entscheidung des Plenums über das weitere Vorgehen bekanntgegeben würde.

Dieses Plenum mit der Entscheidung über die weitere Vorgehensweise wird am Dienstag stattfinden.



Persönliche Anmnerkung:
In einem Bundesland in dem die Staatliche Repression sehr stark ausgeprägt ist, halte ich auch andere Mittel zur Verteidigung der eigenen Grundrechte und für eine Abschaffung des kapitalistischen Systems für notwendig, dies ist jedoch eine Einzelmeinung und im Plenum nicht mehrheitsfähig.
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Ergänzungen

Noch mehr Demokratie?

Democratix 28.11.2005 - 23:27
Hallo,

möchte auch noch meine Kommentare zu den "Forderungen" auf dem Flyer abgeben.

Warum sollte an (Basis-)Demokratie etwas tolles sein?

Was ist damit gewohnen, wenn der demos, oder auch die Klasse "Volk",
herrscht (-kratie, griechisch von kratein > herrschen)?
Und warum sollte das studentische "Volk", irgendwas gutes an einer Regierung namens AStA(Allgemeiner Studierendenausschuß), Stura(Studierendenrat), ... finden?

Es sagt doch nur aus das es erstmal eine Herrschaftsform gibt, was in der
heutigen Demokratie sowieso ins Absurde gezogen wird, hier wird sogar noch
verklärt, daß das konstruierte Zwangskollektiv "Volk" keineswegs
herrschend ist. Wodurch denn, etwa durch das Ritual Wahlen?

Vor diesem Hintergrund sind Forderung nach mehr Demokratie bis hin zur
Basisdemokratie auch ziemlich merkwürdig, dies bedeutet dann doch eher die
Kontrolle oder auch Herrschaft aller über alle. Wer diese Forderung
unterstützt braucht eigentlich nicht mehr viel fordern, denn dieses scheint ja schon fast erfüllt, man denke doch an die täglichen Kontrollen im Leben, von Ausweis über Bus/Bahn bis zum Parkspaziergang mit Kiezbulle oder den gläsernen KundInnen.
Wem dies dann noch nicht reicht, der setzt sich dann Abends auch noch
in,"sein" eigenes Plenum, um dann sauer zu sein das es Leute gibt die
eigenständige, unkontrollierte, ungeregelte Handlungen vollzogen haben und
dies vorher nicht abgesprochen haben. Das passt den meisten
BasisdemokratInnen dann doch nicht ganz, den unangemeldetes handeln würde
ja Kontrollverlust bedeuten.

Nur als Tipp an einige Basisdemokratievertretende, die "Drohung":
"dann mache ich nicht mehr mit", ist nur in der Logik der BasisdemokratInnen sinnvoll, jemand der eher gegen jede Form von Herrschaft ist, würde da wohl eher antworten:
"Ja mach doch."(oder auch "dann machs halt nicht, deine
Entscheidung"). Dies macht nur Sinn, und wäre logisch, wenn die/der
HerrschaftskritikerIn auch nicht versucht andere zu beherrschen, und
jegliche Herrschaftsausübung, auch die eigene, reflektiert,hinterfragt und
möglichst unterläßt.

--

Was ist mit Leuten die jede Form von Herrschaft ablehnen und hinterfragen
möchten(es ist einigen durchaus bewußt das es nicht nur formale Herrschaft
gibt)?

--

Das Beispiel: Vollversammlung

Sollte ich in einer Vollversammlung sitzen um mitzubestimmen (was ich vermutlich nicht tue, nicht meine Spielwiese), werde ich vermutlich einem Ritual beiwohnen, das einer Abstimmung gleichkommt, dort würden mich wahrscheinlich die Leute auf dem Podium vor die Wahl stellen (die VV ist halt eine sehr demokratische,herrschaftliche Form der Organisierung).
In dieser Wahl heißt es für mich entweder JA, NEIN oder ENTHALTUNG, wer
aufmerksam ist dem wird auffallen das eines nicht möglich ist, es ist das
NEIN zu Wahlritual und Herrschaft, sowie der Dialog über die Art der
gemeinsamen und individuellen Organisierung, diese ist vorbbestimmt und
das ganz demokratisch.
Sollte dies aber in Frage gestellt werden, durch undemokratisch
Verhaltensregeln, kommt es zu demokratischen Maßregelungen (von Redeliste
bis zu Intervention durch ModeratorInnen), und damit jeder mal so was
sagen kann gibts Redezeitbegrenzungen, es soll ja jeder mitbestimmen
können.

Was wäre nun >eine< alternative?

Naja, vorerst wahrscheinlich nur Raum zu erschaffen und ermöglichen der
andere, selbstbestimmte Organisationsformen zuläßt.

Hier möchte ich auf eigene Erfahrungen zurückgreifen, die "meines" Streiks
im Wintersemester 2003/2004 an der TU Berlin, und warum dieser aus meiner Sicht Anfangs doch bewegt war.

Der Entscheidende Punkt war die Schaffung und Nutzung von (vorhandenen)
Räumen. Es wurde ein Infopunkt eingerichtet an dem nur transparent gemacht
wurde wo welche Diskussionen & Aktionen stattfinden(ohne Wertung), sowie
welche Möglichkeiten der Teilnahme bekannt sind, wobei auch jedeR selbst
Sachen anbieten konnte.
Die Räume der Fachschaften und Initiativen wurden genutzt, wie mensch sich
darin organisiert hat, wurde auch erst dort besprochen.

Rückblickend würde ich sagen das es doch irgenwie ein riesiges Open Space
war.

Mehr zu Open Space z.B. hier:
 http://www.projektwerkstatt.de/hoppetosse/hierarchNIE/openspace.html

Was sorgte dann für weniger Bewegung?

Aus meiner Sicht, wurde ein Entscheidender Punkt vergessen, es gibt noch
sowas wie einen Alltag, hier wurde nicht an Methoden gearbeitet diesen
besser zu organisieren, es Stand ein Thema im Mittelpunkt die
Studiengebühren, dies ist aber kein Thema für 2 Monate und längst nicht alles.
Da auch Raum zum möglichen Protest gegen Gebühren da sein musste, denn
ein Protest ist zusätzliche Belastung, dieser Raum aber nicht vorhanden war, "rauchten" die Protestierenden sich selbst auf, der Protest mußte zuende gehen, er war an die Grenzen der Studierenden gestoßen, welche nun mit zahlreichen Repressionen rechnen mußten, diese reichten von
strafrechtlichen Konsequenzen, über nachweisbarer Nichanwesenheit(Anwesenheitslisten) und die entsprechenden Folgen, bis hin
zum Prüfungsdruck(auch wenn dieser zum gewissen Teil selbstgewählt ist).
Im Hinterkopf steckt dann doch das kleine Teufelchen das dir sagt das du
ein Problem mit dem Bafög bekommst, wenn du nicht deine Prüfungen ablegst.


Also Zusammenfassend meine entscheidende Konsequenz aus oben beschriebenen, und als Tipp für (hoffentlich) schöneres protestieren:

* Räume eröffnen für eine andere (unkontrollierte) Organisierung im
(studentische) Alltag

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Streikblog — Stefan

Weiter so — Ich

Hompage Regensburg — schon gut

Demokratie böse — böser Linker