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Thesen zu Anarchie und Basisdemokratie

Robin Wut 26.11.2005 21:13
BasisdemokratInnen und AnarchistInnen, jedenfalls in der selbsternannten, d.h. gefühlten Form, sind häufig zusammen anzutreffen - und fühlen sich oft als dasselbe, d.h. beidem anhängend. So sind Entscheidungsmethoden der Basisdemokratie in anarchischen Zusammenhängen weit verbreitet. Möglichst lange Plena, endlose Debatten und formsteif ausgeführte Konsensabstimmungen gelten geradezu als Markenzeichen einer gelebten Anarchie. Die Lustkurve geht zwar nach unten, aber offenbar muss mensch irgendwie leiden für das Gute. Eine kritische Reflexion aber fehlt fast immer.
Da es für Anarchie keine alleingültige Definition geben kann (da Anarchie die Abwesenheit von Objektivität ist), ist es auch nicht möglich, eine endgültige Position zum Verhältnis von Anarchie und Basisdemokratie zu verfassen. Daher kann das Folgende nichs anderes sein als ein Beitrag zur Debatte - subjektiv, thesenhaft, unvollständig.
These 1: Anarchie und Basisdemokratie passen nicht zueinander
Entgegengesetzt der meist formulierten Positionen und der gelebten Praxis halte ich Basisdemokratie für ein Herrschaftssystem, was Anarchie nicht sein will. Folglich kein Basisdemokratie nicht Teil der Anarchie sein. Das bedarf natürlich einer Begründung.

These 2: Anarchie ist die Abwesenheit kollektiver Entscheidungsfindung
Kollektive Entscheidungsfindung bedeutet, dass innerhalb einer nicht für einen konkreten Zweck entstandenden Runde von Menschen Entscheidungen getroffen werden, die für alle gelten - auch für die, die sie nicht gut finden, die sich an der Entscheidung nicht beteiligt haben, noch nicht da waren (später gekommen, geboren ...). Kollektive Entscheidungsfindung ist ein Weg zur Konstruktion eines „Wir“ und einer genormten Verhaltensweise.
Anarchie verträgt sich mit der Konstruktion eines „Wir“ nicht, weil dieses niemals die Vielfalt selbstbestimmter Menschen und ihrer Kooperationen, Gruppen usw. wiederspiegeln kann. Daher kann Anarchie nur dort existieren, wo auf die Konstruktion des Kollektivs als Einheit und die dort hin führende kollektive Entscheidungsfindung verzichtet ist. Alles, was ist, ist die Entscheidung der Menschen und die Kooperation zwischen ihnen ohne Anspruch auf Vertretung anderer oder Schaffung eines überindividuellen „Ichs“ als Kollektivsubjekt.

These 3: Basisdemokratie ist kollektive Entscheidungsfindung
Demokratie ist ein System des Treffens von Entscheidungen. Dabei wird zwischen verschiedenen Formen der Demokratie entschieden, die sich hinsichtlich der Methode der Entscheidungsfindung unterscheiden, aber immer den Kern kollektiver Entscheidungsfindung aufweisen. D.h. es wird von einem Gremium oder in einem Abstimmungsgang eine Entscheidung gefällt mit dem Anspruch, dass diese für alle bzw. für die in der Abstimmung definierten Menschen zu gelten hat - ob die wollen oder nicht. Die Beteiligungsmöglichkeiten der Menschen, auch der betroffenen, sind je nach Form der Demokratie (repräsentative, direkte, Basisdemokratie ...) verschieden, in allen aber besteht keine Möglichkeit, sich dem grundsätzlich zu entziehen. Demokratie steht immer für eine Totalität des Anspruchs auf Entscheidung. Ob demokratisch gewählte Regierung, Volksabstimmung der direkten Demokratie oder Plenumsbeschluss im Konsens - das Ergebnis gilt für alle, auch die, die sich nicht beteiligen. Zwar gibt es Abwandlungen, in denen unklar ist, ob tatsächlich der Anspruch auf Zuständigkeit für alle erhoben wird, dann aber wird nicht eine erweiterte Form der Demokratie betrieben, sondern keine mehr. Werden z.B. Entscheidungen aus den zentralen Gremien in kleinere Treffen verlagert, die dann aber auch nur noch für sich entscheiden, so wächst Autonomie - und die ist von Prinzip her nicht mehr demokratisch. Demokratie ist die mehr oder weniger entfaltete Selbstbestimmung des Kollektivs als Kollektiv. Die Selbstbestimmung der Einzelnen für sich und in der Gestaltung der gesellschaftlichen Interaktion ist demgegenüber nicht mehr demokratisch.
Beispiele kollektiver Entscheidungsfindung:
§ Abstimmungsprozesse aller Art, die in Verbänden, auf Camps usw. Verhalten vereinheitlichen, z.B. Programmabläufe, Ernährungsfor, sog. gemeinsame Aktionen und mehr.
§ Vertretung des Ganzen nach außen, d.h. Pressetexte, -erklärungen, -kontakte im Namen eines Verbandes, einer Gruppe oder eines Camps, Vertretung gegenüber Behörden, EigentümerInnen usw.

These 4: Anarchie ist die Abwesenheit von Kollektivität
Ob Regierung, Parlament, Vorstand oder Plenum - immer beziehen sich diese Gremien auf eine Kollektivität, d.h. eine Menge von Menschen, die als Ganzen entscheidet und für alle Regeln und Normen festlegt. Das macht von der Logik her nur Sinn, wenn auch erwartet wird, dass die aufgestellten Regeln und Normen eine Wirkung haben, d.h. befolgt werden oder im Zweifelsfall auch durchgesetzt werden können.

These 5: Rätemodelle sind Stellvertretung
Neben der Basisdemokratie, zum Teil auch verbunden mit basisdemokratischen Elementen, werden Rätesysteme als Möglichkeit für herrschaftsfreies Entscheiden vorgeschlagen. In den Räten soll ein imparatives Mandat herrschen, d.h. die dort Handelnden sind an die Beschlüsse derer, die sie vertreten, gebunden. Ob das funktionieren kann, ist die eine Frage, denn der Rückfluss an Informationen aus dem Geschehen in den Räten entscheidet darüber, ob die Vertretenen ihre Vorgaben erfüllt sehen. Steuerung über Information ist aber ein Mittel der Herrschaft und wirkt der tatsächlichen Möglichkeit imparativer Mandatierung entgegen. Zum zweiten aber ist schon in der Logik auch des imparativen Mandats die Stellvertretung integriert. Auch das ständige Recht, die Person jederzeit abzuberufen, hebelt Stellvertretung nicht aus, sondern begrenzt sie nur in der zeitlichen Dimension. Die Privilegierung in der Phase, in der die Stellvertretung andauert, ist dennoch vorhanden und sichert sich selbst über die Steuerung der Informationsflüsse ab.
Beispiele:
§ Auf verschiedenen sog. Delegiertentreffen in sozialen Bewegungen (z.B. Deli-Strukturen in der Anti-Atom-Bewegung) sind Kriterien für den Delegiertenstatus gar nicht festgelegt. Dennoch wird mit der Zuweisung dieses Status über die Anwesenheitsberechtigung von Menschen entschieden.
§ Gleichzeitig werden Informationen aus den Treffen gefiltert nach außen gegeben, d.h. eine unabhängige Kontrolle der Tätigkeit von Delegierten ist für die von ihnen Vertretenen gar nicht möglich. Die Macht der Informationshierarchie wirkt.

These 6: Anarchie ist die Abwesenheit von Stellvertretung
Herrschaftsfreiheit besteht nur dort, wo gar keine Stellvertretung besteht, d.h. alle Menschen nur für sich reden und direkte Vereinbarungen schließen. Das schließt komplexe Absprachevorgänge nicht aus - jedoch handeln auch in komplexen bzw. überregionalen Kooperationen die Tätigen nie im Namen anderer, sondern für sich. Im günstigsten Fall stellen sie ständig Transparenz her, so dass andere, die betroffen sind, sich wiederum direkt einmischen können. Sie können dabei Einzelne ansprechen, sie als Kontaktpersonen nutzen, aber niemals werden diese zu ihren VertreterInnen.

These 7: Basisdemokratie braucht Innen und Außen
Jede demokratische Abstimmung braucht eine Definition darüber, wer mitstimmen darf oder nicht. Die Übergänge können zwar fließend sein, aber nicht gänzlich verschwinden, weil jede Versammlung, die als Kollektivsubjekt handelt, zumindest hinsichtlich der Frage, wer davon informiert bzw. eingeladen wird und somit auch nur mitstimmen kann, einer Festlegung bedarf. Damit entsteht immer ein "Innen" und "Außen", also die Dazugehörenden und die nicht Dazugehörenden. In der Praxis basisdemokratischer Bewegungen wird zwar oft intern die Gleichberechtigung erhöht, aber es entsteht regelmäßig eine sehr deutliche Konstruktion von Innen und Außen. Es gibt nicht nur eine bestimmte Logik der Einladung zur Versammlung, sondern ständig sogar die konkrete Ausgrenzung von als nicht zugehörig definierten Personen - also über das Privileg des Eingeladenseins hinausgehend.
Beispiele:
§ Auf einem Camp beschwerte sich ein Anwohner über die Lautstärke. Er war dafür (basisdemokratisch betrachtet völlig korrekt) zum Plenum gekommen und trug sein Anliegen vor. Er wurde aber als nicht zum Camp dazugehörend definiert und sein Anliegen übergangen. So zeigte sich ein deutliches Innen und Außen - und wer wann wie entschieden hatte, wer dazugehört und wer nicht, was zudem unklar.
§ Auf einem anderen Camp wurden Nazis ausgeschlossen. In der Folge entwickelte sich eine zum Teil abenteuerliche Praxis am Kontrollpunkt (!) am Eingang, wer als Nazi definiert wurde und wer nicht. Das Aussehen spielte dabei die wichtigste Rolle.

These 8 zu sozialen Räumen: Basisdemokratie schafft Räume mit definierten Aufenthaltsberechtigungen
Der Sinn basisdemokratischer Entscheidung ist, soziale Räume (Orte, Netzwerke, virtuelle Räume, Aktionen, Veranstaltungen ...) mit vereinheitlichten Regeln zu schaffen. Diese können nur Einzelpunkte betreffen und grundsätzliche Verhaltensnormen. Sinn der Entscheidungsfindung ist die daraus entstehende Erwartungshaltung, dass die Menschen sich den geschaffenen Bedingungen auch anpassen. Sollte das nicht geschehen, müssten Sanktionen erfolgen oder festgelegt werden.
Innerhalb konkreter Handlungsgruppen (Aktionsgruppe, WG, Betrieb ...) sind bezüglich des konkreten Zweckes der Gruppe Entscheidungsfindungen unumgänglich. Die Form, in der diese erfolgt, ist in dieser Betrachtung zweitrangig. Entscheidend ist, dass sie nicht über den eigenen konkreten Wirkungsbereich und auf Nichtanwesende u.ä. ausgedehnt wird, sondern für die konkret zusammen Handelnden gilt. Plena, Regierungen, Koordinierungskreise, Vorstände usw. entscheiden aber regelmäßig nicht nur für sich, d.h. die Anwesenden, sondern für alle, das Kollektiv aller Menschen, in deren Struktur das Gremium agiert.

These 9 zu sozialen Räumen: Anarchie ist die Abwesenheit von Schranken und Grenzen
Das Festlegen von Bedingungen für den Aufenthalt von Menschen in einem sozialen Raum ist ein Akt der Herrschaft. Es muss dafür privilegierte Kreise oder Gremien geben, die das „Recht“ haben, diese Bedingungen festzulegen und auch durchzusetzen. Anarchisch ist nur der offene Raum, d.h. das Treffen, das Gebäude, der Prozess oder das Projekt, in das alle Menschen frei eintreten können und über Konflikte kommunikative Prozesse ohne jegliche Vorbedingungen ausgetragen werden. Das bedeutet nicht die Abwesenheit von Veränderungsprozessen, sie werden aber immer zwischen Menschen in einem horizontalen Verhältnis miteinander ausgehandelt, nie über Gremien oder aus privilegierten Positionen heraus.

These 10 zu Medien: Basisdemokratie bedeutet Regeln und Entscheidungen in Medien
Am Beispiel von Medien ist der Unterschied gut erkennbar. Basisdemokratie sind Zeitungen, Internetplattformen u.ä., bei denen die Auswahl der Beiträge, die Gestaltung usw. von den Beteiligten am Projekt entschieden werden. Basisdemokratie ist dabei der Verzicht auf Obrigkeit und Mehrheitsabstimmung. Konsens und gleichberechtigte Beteiligung aller Projektmitglieder an den Entscheidungen prägen das Geschehen.

These 11 zu Medien: Anarchie in Medien bedeutet offene Plattformen und das ExpertInnentum von allen und ihrer Kommunikation
Anarchie bedeutet Herrschaftsfreiheit. In Medien müßte das bedeuten, dass Medien als offene Plattformen organisiert werden, bei denen die Grenzen von Sender und Empfänger aufgelöst werden. Die NutzerInnen des Mediums werden zu gleichberechtigten GestalterInnen. Einige wenige Beispiele aus dem Internet zeigen, wie das in der Wirklichkeit aussehen könnte, z.B. Wikis und Indymedia. Printmedien, freie Radios u.ä. könnten durchaus solche Elemente verwirklichen. Sie tun es aber fast überall nicht - ein Zeichen dafür, dass es anarchistische Zeitungen gar nicht gibt, auch wenn sich einige so nennen.
Beispiele:
- Ob dieser Text in einer basisdemokratischen Zeitung veröffentlicht wird (anarchistische überregionale Zeitungen gibt es in Deutschland nicht), entscheiden die Redaktionen. Bereits ein Veto reicht bei den meisten, um den Text zu stoppen.
- Das Projekt „Indymedia“ ist (von den noch vorhandenen Zensurstrukturen abgesehen) ein solches Medium, bei denen MacherInnen und NutzerInnen ähnliche Gestaltungsmöglichkeiten haben. Die sogenannten „Wikis“ im Netz sind Seiten, die von den BetrachterInnen ebenso verändert oder erweitert werden können wie von denen, die eine Internetseite anlegen.


Fazit
Basisdemokratie und Anarchie unterscheiden sich in mehreren grundlegenden Punkte. Herrschaftsfrei ist nur die Abwesenheit kollektiver Entscheidungsfindung, während Basisdemokratie eine Idee ist, die Entscheidungsfindung intern möglichst gleichberechtigt zu organisieren. Jenseits der Kritik auch im Detail an Konsens, Vetorecht, der Einteilung an „Innen“ und „Außen“ usw. ist dieser Unterschied zentral. Basisdemokratie schafft tendenziell eine Vereinheitlichung. Das immer angeführte Argument, das Vetorecht würde gerade die abweichenden Meinungen stärken, wirkt sich anders aus als meist behauptet. Tatsächlich zwingt das zu Annäherungen der Unterschiedlichkeit und Kompromissen. Die Dynamik von Streit und Vielfalt wird verringert – stärker sogar als in der Mehrheitsdemokratie, wo Abstimmungsschlachten zwar ebenfalls Einheitlichkeit nach außen schaffen und krasse Dominanzen fördern, aber die Minderheiten bleiben erkennbarer – auch für sich selbst als interne Opposition. Basisdemokratie hat die Tendenz, die Unterschiedlichkeit zu verschleiern und das „Wir“ zu stärken.
Eine anarchistische Gesellschaft wird nur entstehen, wenn Stück für Stück kollektive Entscheidungsfindung und ihre Durchsetzung aus der Gesellschaft verdrängt werden. Horizontalität aller Menschen, d.h. gleiche Handlungsmöglichkeiten und die Steuerung von Prozessen über freie Vereinbarung statt Entscheidungsfindung wären das Ziel. Konkrete Projekte wie Medien, alternative Lebensprojekte, Betriebe oder Lernorte von unten haben die Chance, Experimentierflächen zu sein für den Verzicht auf kollektive Regeln, Vorbedingungen oder Entscheidungsfindung.

Mehr Informationen
- Konkrete Methoden:  http://www.hierarchnie.de.vu
- Demokratiekritik:  http://www.demokratie-total.de.vu
- Versuch einer Zeitung als offener Plattform:  http://www.fragend-voran.de.vu
- Herrschaftsfreie Utopien:  http://www.herrschaftsfrei.de.vu
- Indymedia als Beispiel einer annähernd offenen Medienplattform:  http://de.indymedia.org


Dieser Text ging als Textvorschlag an die „Graswurzelrevolution“ (Zeitung im Spektrum basisdemokratischer bis bürgerlicher gewaltfreier Gruppen) und die „Direkte Aktion“ (Zeitung der FAU). In diesen beiden Zeitungen wäre der Abdruck inhaltlich besonders passend gewesen, weil beide an der Schnittstelle zwischen Basisdemokratie und Anarchie angesiedelt sind. Während erstere (GWR) im wesentlichen die Position vertritt, beides sei das Gleiche, kommt es in der FAU immer wieder zu Debatten um die Anwendung basisdemokratischer Entscheidungsmodelle.
Allerdings ... beide lehnten den Abdruck ab. Offenbar sollen den jeweils einflussreichen Gruppen zuwiderlaufende Positionen verbreitet werden – das jedenfalls lässt sich aus den Absagen ablesen.

Zunächst: Beide Zeitungen antworteten bei der ersten Anfrage, dass sie zunächst den fertigen Text lesen wollten. Nachdem dieser ihnen übersandt wurde, meldeten sich beide gar nicht mehr. Erst auf Nachfrage gab es dann eine Rückantwort der GWR.


ZITAT ANFANG
Hallo Jörg vom Örg,
in Deinem Text steht u.a., „dass es anarchistische Zeitungen gar nicht gibt, auch wenn sich einige so nennen.“
Demnach gibt es also die anarchistische Monatszeitung Graswurzelrevolution gar nicht. Und da es uns nicht gibt, können wir Dir auch nicht antworten. Und diese Antwort ist wiederum nur eine Illusion. Denn uns gibt’s ja gar nicht.
Auch wenn Du demnächst behauptest, dass die Erde eine Scheibe ist, würde das die GWR voraussichtlich nicht abdrucken, da es im GWR-HerausgeberInnenkreis einen Konsens gibt, dass die Erde rund ist, damit das Denken die Richtung wechseln kann. Zu Deinem Artikelangebot: Ich würde es mal so sagen, ‚eher positiv’, weniger unter Umständen ‚ja’, dabei dennoch nicht so eindeutig, wie ‚vielleicht’.
Alles klar?
Na dann.
Alles Gute, FantomAs (Vorsicht, den gibt es gar nicht)

P.S.: Du sollst nicht wanken, wenn der Bergstedt ruft. P.P.S.: Wer hat eigentlich auf Wikipedia unter der Rubrik „bedeutende Anarchisten“ Jörg Bergstedt geschrieben? Du? Ein Jünger? Noch jünger? Über den Text habe ich mich sehr amüsiert. Danke. P.P.P.S.: Steht jetzt in Deinem nächsten Buch wieder etwas in der Richtung: „Hinter dem Pseudonym Fantomas verbirgt sich der Heidelberger Graswurzel-Redakteur Lou Marin“? Das wäre falsch. Hinter Fantomas verbirgt sich in Wirklichkeit Louis de Funés, die Stimme aus der Gruft.
ZITAT ENDE

Anmerkung 1: In der Tat hat auf Wikipedia jemand einen Eintrag zu „Jörg Bergstedt“ gemacht – sichtbar aber irgendjemand, der die dort beschriebene Person hasst ... der Text war voller erfundener Behauptungen, z.B. rechten Ideologien oder sogar der Meldung, dass die Person gestorben sei. Inzwischen ist die Seite gesperrt. Jörg Bergstedt selbst hat auf der Seite nie irgendetwas eingetragen ...

Anmerkung 2: Da der GWR der Nichtabdruck nicht reichte, hat sie gleich eine Warnmail an zwei andere Zeitungen rumgeschickt. Die ging so:

ZITAT ANFANG
Liebe GenossInnen von da und Contraste,
da es wahrscheinlich ist, dass J.B. Euch seinen von der GWR abgelehnten Artikel zu "Basisdemokratie und Anarchie" zum Abdruck anbieten wird, anbei zur Kenntnisnahme unsere Begründung für den Nichtabdruck.
Ciao, GWR
ZITAT ENDE


Kurze Zeit später lehnte eine Person aus der Redaktion der „Direkten Aktion“ den Text ab. Weitere Meldungen von dort gab es nicht, so dass das so stehen blieb. Auszüge:

ZITAT ANFANG
danke für den Beitrag ... In der DA würde ich ihn lieber nicht unterbringen, weil er da nicht reinpasst. Du hast schon recht: die DA ist keine anarchistische Zeitung, sondern eine anarchosyndikalistische. Sie versteht sich als Sprachrohr der Syndikate in der DA und nicht als anarchistische Diskussionszeitung. Wir haben in der FAU interne Diskussionsplattformen. Allerdings fokussiert sich die Diskussion bei uns auf andere Schwerpunkte, bei denen Deine Thesen z. T. sicher einer kritischen Würdigung wert sind und zur Hinterfragung der eigenen Haltung interessant sind.
Als Diskussionsgrundlage für eine neue Diskussion des Selbstverständnisses innerhalb der FAU finde ich ihn auch deshalb ungeeignet, weil wir uns bewusst anders organisiert haben, als einige grundsätzliche Forderungen von Dir es verlangen würden. Nur als Beispiel: Wir konstruieren bewusst ein starkes „Wir“. Wir wollen das halt so. Und weil wir das wollen, ist es auch nicht unanarchistisch. ...
ZITAT ENDE
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Ergänzungen

Individualanarchismus?

Robin Wut 27.11.2005 - 10:43
Der Hinweis auf Individualanarchismus ist an dieser Stelle blanker Unsinn. Die der Basisdemokratie ist wunderbar mit Individualanarchismus verbindbar - vereinzelte Individualität ist in der konstruierten Kollektivität doch gerade gut aufgefangen. In beiden Fällen gibt es keinen Prozess der freien Vereinbarung und der offenen Kooperation. Insofern ist die Kritik an Basisdemokratie genau nicht individual-anarchistisch geprägt. Der Verweis darauf ist eher ein Abblocken der Debatte bzw. ein klammheimlicher Themenwechsel, um dann auf Individualanarchie einzudreschen (was einfacher ist als auf die Kritik an Kollektiv-Wahn).
Was der Individualanarchismus der Projektwerkstatt sein soll, ist noch unklarer. Aus der Projektwerkstatt (das ist ja ein Haus und vertritt nicht selbst irgendeine Meinung) kommen Projekte wie HierarchNIE! ( http://www.hierarchnie.de.vu) oder die Debatte um Organisierung von unten ( http://www.projektwerkstatt.de/ovu) bzw. Freie Menschen in freien Vereinbarungen ( http://www.herrschaftsfrei.de.vu). Da geht es im Kern immer um den Organisierungsprozess, d.h. der Kooperation von Menschen - aber eben unter der Beibehaltung von Herrschaftsfreiheit. Das ist kein Individualanarchismus. Solche Schubladen bilden zu müssen, weil komplexes Denken nicht gewünscht oder möglich ist, zeigt die Begrenztheit anarchistischer Debatte. Alles recht binär ...

Marx und die Regeln

ich lebe noch 27.11.2005 - 11:42
Es scheint fast ein Naturgesetz zu sein.
Kaum bildet sich demokratisch etwas von unten, sei es eine Partei, ein Internetforum, eine Gewerkschaft, ein Karnickelzüchterverein oder die Sprache aus dem Grunzen der Affen, treten selbsternannte Gralshüter der Regeln auf den Plan, die im Namen der Regeln die Unteren regulieren und einschränken wollen. Die Regel soll angeblich die Sache vor Chaos & Anarchie retten, doch in Wahrheit erschlagen die Regulierer damit die Freiheit & Weiterentwicklung der Sache und der beteiligten Personen.
Es beginnt mit dem Herunterbeten von vorgeblich ewigen Regeln, mit dem die Regulierer ihren Machtanspruch formulieren, um die Regulierten in die demokratische Zwangsjacke zu nehmen, während sie gleichzeitig selbst undemokratisch diese Regeln nach eigenem Gusto beliebig ändern, um der Sache besser dienen zu können - vorgeblich.
Doch in Wahrheit dienen sie nicht mehr der Sache, der sie vorgeben zu dienen, sondern die Sache soll ihnen selbst dienen, die ihnen nicht entgleiten und sich selbstständig machen soll.
Das Herunterbeten der Regeln als Glaubensbekenntnis ersetzt nicht den Glauben an die Sache, sondern ersetzt den Glauben an die Sache durch den Glauben an "die Regeln".
Am Ende stehen die Litanei und die Scholastik, die die Regel vergöttlicht und den Glauben als Vorbedingung ansieht, die vergöttlichten Regeln in ihrer ganzen Göttlichkeit zu begreifen, sowie die Halb-Göttlichkeit der Regulierer selbst - würde wohl Karl Marx sagen.
siehe auch: Murx-Dialektik 5ter Band, Strophe 27, Vers 1 bis 5!

Basisdemokratie ist Anarchie

BasisDemokrat 27.11.2005 - 12:59
Die Basisdemokratie ist eine milde Form der Anarchie. Sie ist funktionsfähig, weil sie alle Individuen mit gleichen Rechten in die politische Entscheidungsfindung einbezieht. Ein Anarchismus, der sich frei macht von der kollektiven Entscheidungsfindung, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Mir ist kein historisches Beispiel für die dauerhafte Funktionsfähigkeit eines solchen Systems bekannt. Ich neige dazu, solche Formen des Anarchismus unter der Rubrik "Faustrecht" einzuordnen. Die Bürger, die ein solches für die Allgemeinheit schädliches Chaos ablehnen, werden immer in der Mehrheit sein. Die direkte Demokratie ist eine echte Lösung, die ihre Funktionsfähigkeit bereits seit mehr als 150 Jahren bewiesen hat (siehe Schweiz). Es erscheint mir deshalb nicht sinnvoll, daß der Autor des Artikels versucht, das Rad noch einmal neu zu erfinden.

Noch ein Foren-Vorschlag

Kommunist 27.11.2005 - 14:42
 http://61219.forum.onetwomax.de/

Die da nehmen sowas auch gerne auseinander.

Mal in den Text gegangen

Dragan Pavlovic 27.11.2005 - 23:59
Ich möchte eine Anwort geben, bei der ich auf einige, meiner Meinung nach wesentliche Punkte eingehe.
Im Studium habe ich Rousseau, Kropotkin und Bakunin gelesen und meine Abschlußarbeit über direkte Demokratie geschrieben.

Als Initalen habe ich den Autor R.W. abegkürzt und meine Antworten mit D.P.

Gruß, MA pol D. Pavlovic




R.W.

Entgegengesetzt der meist formulierten Positionen und der gelebten Praxis halte ich Basisdemokratie für ein Herrschaftssystem, was Anarchie nicht sein will. Folglich kein Basisdemokratie nicht Teil der Anarchie sein. Das bedarf natürlich einer Begründung.


D.P.
Prinzipiell ist Dein erster Satz richtig. Im zweiten Satz machst Du aus einem "Wollen" eine Tatsache. Das geht natürlich nicht. Denn so streng kann man es nicht scheiden.
Dennoch meine ich soweit entgegenkommen zu können:
Auf einer etwas umgangssprachlich gedachten Skala bei der "echte" Anarchie 100% und totale Diktatur 0% Herrschaftsfreiheit ist würde ich Basisdemokratie bei 80% ansiedeln. Und dass empfinden wahrscheinlich viele in Deutschland schon als ganz passablen Fortschritt. Wenn wir doch (fast) überall wenigstens(!) Basisdemokratie hätten.


R.W.
These 2: Anarchie ist die Abwesenheit kollektiver Entscheidungsfindung

D.P.
Theoretisch ist das so nicht haltbar. Du unterscheidest zwischen Kollektiv und Individuum wie als rede man von zwei verschiedenen Dingen. Tatsächlich ist jeder Mensch Produkt einer Sozialisation und damit elementar vom Kollektiv (Eltern, Verwandte, Mitmenschen) abhängig.
Diese Gewichtung zuungunsten des Individuums nehmen die sozialen Anarchisten vor. Ich finde sie ist auch richtig.


R.W.
Kollektive Entscheidungsfindung ist ein Weg zur Konstruktion eines „Wir“ und einer genormten Verhaltensweise.
Anarchie verträgt sich mit der Konstruktion eines „Wir“ nicht, weil dieses niemals die Vielfalt selbstbestimmter Menschen und ihrer Kooperationen, Gruppen usw. wiederspiegeln kann.

D.P.
Sobald mehrere Menschen zusammenleben entsteht so etwas wie eine Kultur und eine Moral die das Zusammenleben "regelt". Normung entsteht naturnotwendig. Die Wiederspiegelung (Repräsentation) muß nicht zu 100% gegeben sein. Menschen geben sich auch mit 80% zufrieden.


R.W.
Daher kann Anarchie nur dort existieren, wo auf die Konstruktion des Kollektivs als Einheit und die dort hin führende kollektive Entscheidungsfindung verzichtet ist. Alles, was ist, ist die Entscheidung der Menschen und die Kooperation zwischen ihnen ohne Anspruch auf Vertretung anderer oder Schaffung eines überindividuellen „Ichs“ als Kollektivsubjekt.

D.P.
Kollektivierung, Normung, Vereinheitlichtes Handeln ist für Menschen unumgänglich sobald sie länger zusammen leben. Die Vertragsfreiheit ist in der Philosophie auch nur ein Hilfskonstrukt dass die Freiheit des Einzelnen betonen soll. Keineswegs aber soll die Vertragsidee Gewohnheit und Brauchtum quasi sekündlich "Ersetzen". Das würde auf eine Atomisierung sozialer Beziehungen hinauslaufen.

Sobald Du mit Menschen zusammenkommst und gemeinsam entscheiden willst um gemeinsam zu handeln mußt Du einen Modus finden der eine Einigung herstellt erst recht je größer die Gruppe wird. Daher knüpfen Menschen aber immer auch an Erfahrung an die das Gefühl vermittelt zu einem gemeinsamen Schluß gekommen zu sein. Daher würde ich sagen, dass ein hoher Prozentsatz von "über 80% Anarchie" nur erreichbar ist in einem langen kulturellen Prozeß. Heute ist aber die Basisdemokratie vielen zuviel Freiheit. Selbst Dir behagt sie nicht, da die Entscheidungsfindung so lange andauert.


J.B:
Demokratie ist die mehr oder weniger entfaltete Selbstbestimmung des Kollektivs als Kollektiv. Die Selbstbestimmung der Einzelnen für sich und in der Gestaltung der gesellschaftlichen Interaktion ist demgegenüber nicht mehr demokratisch.

D.P.
Absolut richtig. damit sprichst Du allerdings das ganz klar aus, was ich oben angesprochen habe: Mit sich allein muß man nicht demokratisch sein. Man darf ruhig autokratisch sein, im positiven Sinne. Streng genommen sagst Du aus, dass Anarchie nach Deinem Konzept nur ein "Gesellschaftsmodell" für Eremiten sei. Vor allem wenn man den nächsten Punkt beachtet.



R.W.
These 4: Anarchie ist die Abwesenheit von Kollektivität
Ob Regierung, Parlament, Vorstand oder Plenum - immer beziehen sich diese Gremien auf eine Kollektivität, d.h. eine Menge von Menschen, die als Ganzen entscheidet und für alle Regeln und Normen festlegt. Das macht von der Logik her nur Sinn, wenn auch erwartet wird, dass die aufgestellten Regeln und Normen eine Wirkung haben, d.h. befolgt werden oder im Zweifelsfall auch durchgesetzt werden können.

D.P.
Hier habe ich ernste Zweifel ob Du Menschen überhaupt als soziale Wesen siehst. Alles was wir aus der Säugetierbiologie wissen, ist dass Menschen in Kollektiven leben und alleine - vereinzelt - zugrundegehen. Von hier an wäre in erster Linie über das Menschenbild weiter zu debattieren. Welches beschreibt die Realität, bzw. das "menschengemäße" besser? Wo würden sich die meisten Menschen gefühlsmäßig selbst einordnen? Ich selbst neige zum kollektiven Modell. In Deinem letzten Satz klingt an, das man sich als Einzelner immer problemlos absetzen kann vom Kollektiv. Das steht außer Frage. Die Frage ist doch ab welchem kompromißbehafteten "Einigungsgrad" geht man gemeinsam und nicht allein?



R.W.
These 5: Rätemodelle sind Stellvertretung
Ob das funktionieren kann, ist die eine Frage, denn der Rückfluss an Informationen aus dem Geschehen in den Räten entscheidet darüber, ob die Vertretenen ihre Vorgaben erfüllt sehen.

D.P.
Es kommt genau darauf an, ob ein kollektives Entschlußmodell wie die Räte die Zufriedenheit der Vertretenen im großen und ganzen erfüllt. Das scheint es für die meisten zu sein. Ich selbst sähe das Rätemodell, bzw. die direkte Demokratie als tauglich für (fast) alle Bereiche menschlichen Zusammenlebens. Wäre die direkte Demokratie nicht mehr in der Lage das Bedürfnis von nunmehr sehr freiheitsfähigen Menschen zu befriedigen so müßte man sich nach Alternativen umschauen. So lese ich Deinen Entwurf als besonders innovatives Denkmodell für einen "neuen anarchistischen Menschen", den es wohl de facto unter uns zahlreich gibt. Jeder der sehr individuell Höchstleistungen erbringt sondert sich gerne vom "Ballast", vom Kontakt mit seinen Mitmenschen ab, wohlwissend dabei trotzdem vom toleranten Kollektiv "außerhalb" abhängig zu sein.


R.W.
These 7: Basisdemokratie braucht Innen und Außen
Jede demokratische Abstimmung braucht eine Definition darüber, wer mitstimmen darf oder nicht.

D.P.
Das ändert sich aber auch bei einem 100% Anarchismus Deiner Denkart nicht. Ist man auf sich selbst als Individuum zurückgeworfen unterscheidet man immer noch zwischen Sich und dem Anderen. Da kann man nichts aufheben.

Theoretiker haben sich daher immer Gedanken darüber gemacht wie Kollektive sich möglichst nah an eine maximale gedachte Freiheit heranwagen können ohne "Zusammenhalt" zu verlieren und eine gewisse, für alle halbwegs tragbare "Verbindlichkeit" der Entscheidung herbeiführen zu können. Basisdemokratie steht in dieser Beziehung gut da, wenn auch sie auch nicht perfekt sein kann. Meiner Meinung nach steht und fällt die Basisdemokratie aber besonders mit den an ihr beteiligten Personen und wie tolerant und kulturell entwickelt diese sind!


R.W.
These 9 zu sozialen Räumen: Anarchie ist die Abwesenheit von Schranken und Grenzen

D.P
Dieser These würde ich widersprechen. Und wahrscheinlich so mancher bekannter Theoretiker auch. Es gibt erstens immer natürliche Schranken und Grenzen und zweitens möchten sich Menschen auch (zeitweise) abgrenzen dürfen und das ist ein legitimes Recht. Man denke nur daran, dass z.B. autoritär Gesinnte eine Diskussionsveranstaltung von Linksliberalen stürmen und (zwangs-)auflösen. Jeder möchte zuweilen in Ruhe debattieren dürfen.


R.W.
Basisdemokratie und Anarchie unterscheiden sich in mehreren grundlegenden Punkten. Herrschaftsfrei ist nur die Abwesenheit kollektiver Entscheidungsfindung, während Basisdemokratie eine Idee ist, die Entscheidungsfindung intern möglichst gleichberechtigt zu organisieren.

D.P.
Meiner Meinung nach ist Basisdemokratie ein wichtiger Versuch eine gedachte Maximale Freiheit des Einzelnen TROTZ kollektiven EntscheidungsDRUCKS herzustellen. (Man denke z.B. nur an äußere Gefahren. Da greift man auch gerne zur zeitweisen Diktatur um sich als Gruppe vor Gewalt von Außen zu schützen. Ungefähr genau so wie wenn man als Individuum das Großhirn bei Gefahr ausschaltet um mal eben schnell zuschlagen zu können - dafür ist dann das Kleinhirn zuständig).
Gibt es wenig DRUCK zur Lösung eines Problems ist die Gruppe eher tolerant gegenüber Abweichlern.


R.W.
Die Dynamik von Streit und Vielfalt wird verringert – stärker sogar als in der Mehrheitsdemokratie, wo Abstimmungsschlachten zwar ebenfalls Einheitlichkeit nach außen schaffen und krasse Dominanzen fördern, aber die Minderheiten bleiben erkennbarer – auch für sich selbst als interne Opposition. Basisdemokratie hat die Tendenz, die Unterschiedlichkeit zu verschleiern und das „Wir“ zu stärken.

D.P.
Die These ist kritikwürdig:
Deine Analyse könnte ein Schluß sein aus der Beobachtung von relativ kleinen, homogenen, alternativen Zusammenkünften. In diesen Fällen treffen ohnehin Menschen aufeinander die sich ähnlich sind, bzw. gleiche Interessen haben. Warum soll man noch so viel debattieren? Sind basisdemokratische Zusammenkünfte von heterogenen Gruppen geprägt kann eine Einigung hingegen sogar unmöglich sein. Weshalb Rousseau seine Basisdemokratie nach Korsika verlegte und sich nur ohnehin schon stark homogene Gruppen basisdemokratisch organisiert vorstellen konnte.
Wenn in einer "normalen" Mehrheitsdemokratie Minderheiten erkennbarer sind, wärest Du dann ein Befürworter des Status Quo? Schließlich spricht dann doch etwas dafür?!


R.W.
Eine anarchistische Gesellschaft wird nur entstehen, wenn Stück für Stück kollektive Entscheidungsfindung und ihre Durchsetzung aus der Gesellschaft verdrängt werden. Horizontalität aller Menschen, d.h. gleiche Handlungsmöglichkeiten und die Steuerung von Prozessen über freie Vereinbarung statt Entscheidungsfindung wären das Ziel.


D.P.
Ich meine, dass Du hier versuchst über die Vereinzelung zur Anarchie zu finden. Das wird meiner Meinung nach nicht klappen, da der Mensch wesentlich ein soziales Wesen ist. Nur durch EINÜBUNG kollektiver Entscheidungsfindungen lernen Menschen Stück für Stück freier zu sein. Und erreichen vielleicht irgendwann 95% Anarchie?! Rousseau hat mit seiner Volonte Generale ein Problem griffig formuliert: Er ging davon aus, dass der Wille des Einzelnen verallgemeinerbar ist, also dass er und das Kollektiv eins werden können. Meiner Meinung nach geht das auch, da alle Menschen letztenendes die gleichen Bedürfnisse haben und über die Herausbildung einer gemeinsamen Kultur die (lebens-)wichtigen Dinge regeln können, damit Diversität wie Kunst, Kultur und Wissenschaft entstehen können. Vielfalt und Einheitlichkeit wird zugleich "produziert".


Über R.W.
ZITAT ANFANG
Hallo Jörg vom Örg,

D.P.
Ich finde es in hohem Maße respektlos so mit R.W. umzugehen. Ich würde sagen, auf einer gedachten Skala von 0% Kultur und 100% Kultur hat der GWR-Autor mit seiner abschätzigen Art lediglich 20% erreicht.

Gruß, Dragan Pavlovic, HU-Marburg (www.humanistische-union.de)








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lieber jörg — die unbekannte

@der unbekannte — Robin Wut

FIND ICH GUT... — egal