Verurteilung nach Paragraph 129a

ProzessbeobachterInnen 22.11.2005 18:11 Themen: Repression
Das Oberlandesgericht Naumburg verurteilte heute den Antifaschisten Daniel W. zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung nach Paragraph 129a und folgte damit dem Plädoyer der Bundesanwaltschaft.
Nachdem bereits 2003, mit dem Freispruch von Carsten S. das Konstrukt der "Terroristischen Vereinigung" vom Tisch war und Marco H. und Daniel W. wegen Brandstiftung zu zweieinhalb beziehungsweise zwei Jahren verurteilt wurden, plädierte die Bundesanwaltschaft im heute zu Ende gegangenen Revisionsverfahren überraschend auf eine Verurteilung nach Paragraph 129a.

Zur heutigen Urteilsverkündung um 9.30 Uhr machten sich über 70 Leute zum Justizzentrum in Halle auf. Sie wurden von einem massiven Polizeiaufgebot empfangen. Trotz Protesten der Verteidigung und des Publikums konnten jedoch nur gut die Hälfte der Urteilsverkündung wegen "Platzmangels" beiwohnen. Im Anschluss nahmen zirka 100 Leute an einer Demonstration durch die Hallesche Innenstadt teil, um gegen das Gesinnungsurteil zu protestieren.


Weg mit den Urteilen gegen Daniel W. und Marco H.!
Weg mit Paragraph 129a und 129b!

Weitere Infos und Einschätzungen zum Verfahren auf
 http://www.soligruppe.de/ und
 http://www.gegeninformationsbuero.de/
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Ergänzungen

Crossposting:MDZ

crossposter 22.11.2005 - 18:56
Prozess
Junger Mann muss zwei Jahre Jugendhaft absitzen

Student als Mitglied einer terroristischen Vereinigung verurteilt

erstellt 22.11.05, 11:11h, aktualisiert 22.11.05, 13:39h


Halle/Naumburg/dpa. Wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und versuchter Brandstiftung in zwei Fällen hat das Oberlandesgericht Naumburg (OLG) am Dienstag einen Studenten zu zwei Jahren Jugendhaft verurteilt. Der 24-Jährige soll als aktives Mitglied der in Magdeburg gegründeten Gruppe «Autonomer Zusammenschluss» an Brandanschlägen 2001 und 2002 in Sachsen-Anhalt beteiligt gewesen sein, von denen zwei unvollendet blieben.

Der Vertreter der Bundesanwaltschaft hatte eine Jugendstrafe von zwei Jahren Haft verlangt. Die Verteidigung plädierte hingegen auf Freispruch, bezeichnete den Prozess als eine Farce und kündigte Revision gegen das Urteil an. Ziele der Anschläge waren laut Anklage Fahrzeuge eines Autohauses, der Telekom und das Gebäude des Landeskriminalamtes (LKA). Verletzt wurde niemand.

Der Student wurde bereits im Dezember 2003 vom Oberlandesgericht Naumburg wegen Brandstiftung zu zwei Jahren verurteilt. Ein Mitangeklagter erhielt zweieinhalb Jahre Haft, der dritte Angeklagte wurde freigesprochen. Das OLG hatte während der damaligen Verhandlung den Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung fallen gelassen. Der Senat kam zu jener Zeit zu der Auffassung, dass sich die Vereinigung bereits im Mai 2002 und damit vor der Festnahme der jungen Männer aufgelöst hatte. Gegen dieses Urteil hatten die beiden zu Haftstrafen verurteilten jungen Männer Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) eingelegt. Der Prozess gegen den 24-Jährigen wurde danach komplett neu verhandelt.

Die Urteilsverkündung wurde im Sicherheitstrakt des Justizzentrums Halle von lautstarken Protesten von Sympathisanten des Angeklagten vorwiegend aus der linken Szene sowie einem massiven Polizeiaufgebot begleitet. Die Verteidigung des 24-Jährigen warf dem Gericht vor, das Recht der Öffentlichkeit an der Teilnahme an der Urteilsverkündung nicht gewahrt zu haben. Das OLG verhandelte seit April aus Sicherheitsgründen nicht an seinem Dienstsitz, sondern in Halle.

Der Quedlinburger studierte den Angaben zufolge zunächst Politikwissenschaften und Geschichte in Magdeburg und entschied sich dann für Rechtswissenschaften in Berlin. Aus dem «Autonomen Zusammenschluss Magdeburg» sei die terroristische Vereinigung hervorgegangen. Ihr Ziel bestand nach Auffassung des Gerichts darin, mit Brandanschlägen die Herrschaft des Systems zu zerschlagen. Als Beweise wurden vom Gericht Schriftstücke genannt.

Der nicht vorbestrafte Angeklagte sei zum Zeitpunkt der Brandanschläge noch nicht 21 Jahre alt gewesen. Deshalb wurde er nach dem Jugendstrafrecht verurteilt. Er habe sich während des Prozesses nicht zu den Verwürfen der Anklage geäußert. Ursprünglich war der Student zusammen mit den beiden anderen jungen Männern im Juli 2003 von Generalbundesanwalt Kay Nehm wegen Mitgliedschaft einer im August 2001 in Magdeburg gegründeten linksextremistischen Vereinigung angeklagt worden, die das Ziel verfolgte, einen gewaltsamen Umsturz herbeizuführen

Daniels letzen Worte

Revolutiomärer Volkskampf 22.11.2005 - 18:58

16 November 2005

Das letzte Wort – oder wie man einen „rechtsstaatlichen“ Prozess auch anders werten kann!


Seit April dieses Jahres läuft nun meine Revisionsverhandlung vor dem zweiten Strafsenat des Oberlandesgericht Naumburg.
Sieben Monate in denen viel passiert ist und viele Geschehnisse eigentlich thematisiert werden müssten. Aus zeitlichen Gründen werde ich mich allerdings nur auf wesentliche Ereignisse beschränken, obwohl es im Sinne der Rechtsstaatlichkeit und auf Grund der politischen Notwendigkeit angebracht wäre, eine genauere Analyse vorzunehmen.
Schon zum Beginn der Verhandlung war klar erkennbar, dass sich dieser Prozeß zu einer Farce entwickeln wird. Die Besetzung von Frau Marx- Leitenberger und Herrn Sternberg, die eine zweidrittel Mehrheit in diesem Strafsenat stellen und schon einmal ein Urteil in der selben Sache über mich getroffen haben, ließ und lässt nichts gutes erahnen. Diese Befürchtungen meinerseits erhärteten sich im Verlauf der Verhandlung zunehmend. Angefangen mit der Ablehnung sämtlicher Anträge der Verteidigung über Verhängung von Erzwingungshaft gegen gründlich ausgewählte Zeugen, denen eindeutig ein Aussageverweigerungsrecht zustand, bis hin zur böswilligen Prozessverschleppung um die Beugehäftlinge zu brechen.
Hier ist eine klare Linie des Vorsitzenden Richters und seiner beiden Beisitzer erkennbar, die im Gegensatz zu den Äußerungen des Vorsitzenden kein Interesse an Aufklärung erkennen lässt, sondern mit voreingenommenen Denkmustern den Prozess führt und dementsprechend wohl auch zu einem erneuten Schuldspruch führen wird.
Wie auch sonst wäre erklärbar, dass entlastende Beweismittel wie die Herbeiziehung existierenden Akten und Observationsberichte des Landes- bzw. Bundesamtes für Verfassungsschutz nicht in die Beweisaufnahme eingeführt wurden?
Wie lässt sich erklären, dass womöglich entlastende Fingerspuren nicht ausgewertet wurden, entlastende DNA- Vergleiche die an einem der Tatorte gefunden worden gar nicht in der Beweisaufnahme auftauchen und Beamte ihre gerichtlichen Aussagen aus der ersten Runde des Verfahrens um hundertachtzig Grad drehen können, ohne dass so etwas Konsequenzen hat? Wie kann es sein dass Beamte des Bundeskriminalamt keine weitergehenden Aussagen machen müssen oder bewusst ihre Aussagen verweigern? Wieso hat das keine rechtlichen Konsequenzen wie die Erzwingungshaft? Sind vor Gericht nicht alle gleich zu behandeln oder gibt es vor dem Oberlandesgericht Naumburg gleiche und mehr oder weniger gleiche Menschen?

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Rolle der Bundesanwaltschaft, die wohl im Gegensatz zu mir besser auf der Anklagebank aufgehoben wäre.
Wie können sie es wagen in aller Öffentlichkeit während der Verhandlungspausen über Zeugen zu lästern und diese als unglaubwürdig hinzustellen? Was denken sie sich dabei Zeugen ihre Glaubwürdigkeit abzusprechen, weil sie sich nicht vorstellen können, das es auch Menschen gibt die auf ausbeuterischste Art und Weise auch am Wochenende, Samstag und Sonntag, arbeiten müssen? So geht es dem größten Teil der Bevölkerung da draußen, zumindest den wenigen, die sich glücklich schätzen können, überhaupt noch einen Job zu haben, um irgendwie über den Monat zu kommen.
Andererseits hat das wohl viel mit ihrer eigenen Sozialisation zu tun, Herr Dr. Hornick, Herr Heine. Als ich mit meinem Studium der Rechtswissenschaften begonnen habe, wurde uns Erstsemestern von gestandenen Professoren zugetragen, dass wir nun bessere Menschen wären und uns die Menschen auf der Strasse zunehmend fremder werden würden. Es wird im Lauf des Studiums wohl soweit führen, dass wir uns nur noch mit Juristen und Medizinern auseinandersetzen werden wollen, da das der einzige Kreis an Menschen ist, der unserer Denkweise folgen kann. Ein Trauerspiel wenn sie mich fragen, dennoch sehe ich an der Universität, wie auch hier im Gerichtssaal, wie solche Sätze Früchte tragen. Einzelkämpfermentalität, Elitentum, mangelnde Realitätsbezüge und unendliche Arroganz, begleiten ihren Weg. Ein Weg der meines Erachtens nach nur Unglück mit sich bringt.
Sie behaupteten meine Mutter wäre eine schlechte Mutter, weil sie nicht zur Polizei gegangen ist und nicht mit ihr kooperiert hat. Diese Aussage bestätigt die vorangegangenen Sätze und zeigt neben verlorengegangener Menschlichkeit auch ihren traurigen Lebensablauf als Prostituierte dieses Systems. Dabei könnte dieser Prozess ja eigentlich gut laufen und wahrscheinlich wird er ja auch in ihrem Interesse ausgehen. So wie bei anderen Prozessen an denen sie als Vertreter der Anklage im Namen der Bundesrepublik Deutschland teilgenommen haben. Ob nun gegen die türkische und kurdische Linke, die Real IRA oder auch Andrea Klump, wo man sich ja an gewissen Punkten einigen konnte. Das ist hier nicht passiert und wird in einer eventuell stattfindenden dritten Runde auch nicht passieren!
Im Gegensatz zu anderen weiß ich wo ich herkomme und das werde ich auch nie vergessen!

In ihrem Plädoyer brachten sie mal wieder die terroristische Vereinigung ins Spiel und das wohl auch nicht ohne Grund. Es wäre natürlich ein voller Erfolg für sie, geltendes Recht mit dem Mantel der Rechtsstaatlichkeit zu unterwandern und eine Person wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu verurteilen, obwohl aus juristischer Sicht mindestens drei Personen dazu notwendig sind. Das wäre ein interessantes Novum, dass sicherlich für breite Aufmerksamkeit sorgen würde. Somit könnte sich niemand mehr da draußen sicher fühlen und es würde ihnen ermöglichen jedem Menschen das Stigma des Terroristen zu verpassen. Das sind rosige Aussichten für die Zukunft, die eine eindeutige neue innenpolitische Linie aufzeigen: Wer nicht in diesem System mitspielt wird mittels Repression passend gemacht oder auf unbestimmte Zeit weggesperrt!
Politische Kämpfe haben Ursachen, niemand zündet grundlos ein Polizeifahrzeug oder ein Arbeitsamt an. Soziale Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Ausbeutung, Rassismus, Sexismus oder Polizeigewalt sind einige Beispiele. Wie man am aktuellen Geschehen in Frankreich sieht, platzt die Bombe irgendwann...
Was sie während des gesamten Prozessverlaufs an den Tag gelegt haben, war reine Eskalationspolitik, in dem sie ständig erneut Öl ins Feuer gossen.
Sie geben dienstliche Erklärungen ab, in denen sie sich besorgt über ihre Sicherheit äußern und drücken auf die Tränendrüse. Mein Mitgefühl haben sie und auch mein Beileid!
Sie erklärten in ihrem Plädoyer dass sie von mir als Angeklagten und meinen Sympathisanten attackiert wurden. Sie erklärten dass sie auf der Treppe im Gedränge angerempelt wurden, Kochen sie ihr Süppchen nicht etwas zu heiß? Wer soll sie und ihre fadenscheinigen Lügen eigentlich noch ernst nehmen? Herr Dr. Hornick, Sie sind kein Buback und sie werden auch nie einer sein, genauso wie ich nicht die RAF bin, auch wenn sie es gerne anders hätten.
Und so kommen wir zu meinen Solidaritätsbekundungen zu den Gefangenen aus der RAF.
Diese Soldaritätsbekundungen haben nichts mit linksextremistischen Gedankengut und schädlichen Neigungen zu tun, die sie mir ja immer wieder so gerne unterstellen. Sie zeugen einfach nur von Menschlichkeit, einem Wesenszug der in ihrem Haus schwarz-brauner Couleur leider nicht existiert. Das mein Herz links schlägt dürfte mittlerweile allgemein bekannt sein, ob es sich dabei um extremistische Bestrebungen handelt, liegt wohl im Auge des Betrachters. Antifaschismus, Antirassismus, Menschlichkeit und Gesellschaftskritik wird eine Demokratie doch wohl aushalten, sie ist meiner Meinung sogar dazu verpflichtet!

Egal wie das Urteil gegen mich aussehen wird, so wird es wohl nichts an meiner politischen Einstellung ändern. Die Gedanken sind frei und Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden!!!

Daher fordere ich die Aufhebung des Urteils gegen Marco Heinrichs, die Rückgabe des im Zuge der Ermittlungen geräumten Hauses „Ulrike“, so wie die Entschädigung aller vom Verfahren Betroffenen und deren Angehörigen, eine Entschuldigung an meine Mutti und an die erwähnten beleidigten Zeugen von den Vertretern der Bundesanwaltschaft!
Weiterhin fordere ich die Freiheit aller sozialen und revolutionären Gefangenen weltweit und somit natürlich auch die Freiheit der letzten Gefangenen aus der Roten Armee Fraktion!

„Die Geschichte wird mich frei sprechen!“ (Fidel Castro)

Für eine Gesellschaft ohne Knäste

Daniel Winter, 15.11. 2005

Das

waren 22.11.2005 - 19:08
Staatsanwalt: Hornick
Vorsitzender Richter: Braun

BSP. Skinheads Sächsische Schweiz

Propagandhi 22.11.2005 - 19:40
Scheiße das Alles. Verdammte Hacke nochmal!

Die SSS (Skinheads Sächsische Schweiz) hat man damals auf Bewährung geschickt. sie hatten ja lediglich ihre Hütten voller Waffen, Hakenkreuz-Plunder und Sprengstoff.

Im Gegensatz zu dir, haben die Nazis bis heute noch genug Freunde bei der Polizei und im Apparat.

Viel Kraft noch - und lass dich nicht unterkriegen!

Radiobeitrag dazu

radio 22.11.2005 - 23:09
Interview von Radio Corax (Halle) mit Heinrich Fink findet mensch hier:

 http://freie-radios.info/portal/content.php?id=10734

ND zur Verurteilung

nd-leser 23.11.2005 - 18:38
Neues Deutschland, 23.11.05
Urteil im 129a-Prozess

Berlin (ND). In Halle ist gestern ein Student wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu zwei Jahren Jugendhaft verurteilt worden. Daniel W. soll 2001 und 2002 an mehreren Brandstiftungen beteiligt und aktives Mitglied einer terroristischen Vereinigung gewesen sein. Das Oberlandesgericht Naumburg hatte W. bereits Ende 2003 wegen Brandstiftung verurteilt, Generalbundesanwalt Kay Nehm hatte Revision eingelegt und der Bundesgerichtshof die Neuverhandlung angeordnet.
Der Prozess hatte bundesweit für Proteste und Solidaritätserklärungen gesorgt. Auch gestern beobachteten Aktivisten die Urteilsverkündung. Bei einer Demonstration kam es später zu Provokationen der Polizei, so der Sprecher einer Soligruppe.

junge Welt zum Verfahren

jw-leserin 23.11.2005 - 20:34
tageszeitung junge welt, 24.11.2005

Inland
Markus Bernhardt

Weitere Ermittlungen in Magdeburg erwartet

Kritik von Antifaschisten an Verurteilung nach Paragraph 129 a. Künftig häufiger Anklagen wegen des Verdachts auf Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung befürchtet

Die Verurteilung des Magdeburger Antifaschisten Daniel W. nach Paragraph 129 a (Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung) könnte Einschätzungen der Soligruppe Magdeburg zufolge zu weiteren Ermittlungen in der linken Szene führen. Mit der Verurteilung sei ein Präzedenzfall geschaffen worden, der es ermögliche, auch andere linke Strukturen erfolgreich zu kriminalisieren, so die Befürchtung.

Der 24jährige Antifaschist ist am Dienstag wegen angeblicher Beteiligung an Brandanschlägen - unter anderem auf Einrichtungen der Bundespolizei - zu einer Haftstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung verurteilt worden. Damit folgte das Oberlandesgericht Naumburg, das aus Sicherheitsgründen in Halle tagte, der Forderung der Bundesanwaltschaft (BAW). Die Richter verurteilten W. außerdem wegen »Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung« nach Paragraph 129a. Das Gericht sah es als erwiesen an, daß sich aus dem Autonomen Zusammenschluß Magdeburg heraus eine »terroristische Vereinigung« entwickelt hat. Darin sollen sich neben W. auch der frühere Mitangeklagte Marco H. und mindestens eine unbekannte Person engagiert haben. Beweise für diese Behauptung blieben die Richter schuldig. Selbst die BAW mußte im Rahmen ihres Abschlußplädoyers darauf hinweisen, daß W. eine Tatbeteiligung an den Brandanschlägen nicht in allen Fällen nachgewiesen werden könne.

Nach dieser Logik können offenbar alle vermeintlichen Mitglieder einer Gruppe wegen Mitgliedschaft in einer »terroristischen Vereinigung« nach Paragraph 129 a verurteilt werden, ohne daß ihnen eine bestimmte Tat konkret nachgewiesen wird. Damit sind Ermittlungen in Magdeburg gegen weitere frühere Mitglieder des Autonomen Zusammenschlusses nicht ausgeschlossen. Eine beim Bundeskriminalamt angesiedelte Ermittlungsgruppe für den Fall existiert noch immer, obwohl die Beweisaufnahme in dem Verfahren bereits seit Wochen abgeschlossen ist.

Kritik an der Verurteilung von W. kam unterdessen vom Bundesvorsitzenden der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN/BdA), Heinrich Fink, der den Prozeß beobachtet hatte. »Dieses Verfahren war eine einzige Farce«, erklärte er auf einer Protestkundgebung, die im Anschluß an die Verurteilung in Halle stattfand. Die Verteidiger von W. kündigten an, gegen das Urteil Revision einlegen zu wollen.

Erklärung von [`solid]Berlin zum Urteil

[`solid] Berlin 24.11.2005 - 13:21
Christoph Muck Landessprecher [´solid] Berlin erklärt zur Urteilsverkündung gegen Daniel Winter in Halle:

Am 22.11. verkündete das OLG Naumburg sein Urteil im Prozess gegen den 24 jährigen Studenten Daniel Winter. 2 Jahre Jugendstrafe ohne Bewährung, aufgrund der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und versuchter Brandstiftung. Damit endet dieser Prozess mit einem Paukenschlag, der dem Prozessverlauf würdig ist. Bereits im Vorfeld gab es vielfältige Proteste gegen die Prozessführung, da immer wieder rechtsstaatliche Standards verletzt wurden und sich so das Bild eines statuierten Exempels verfestigte.

Dieser Prozess war von Beginn an geprägt durch eine ungleiche Rollenverteilung. So wurden Aussagen von Beamten aus früheren Verhandlungen revidiert, möglicherweise entlastende Beweisstücke nicht zur Verhandlung zugelassen und zwei Mitangeklagte, die als Zeugen im Prozess aussagen sollten, dies aber aus Solidarität ablehnten, in Erzwingungshaft genommen. Wobei man bei einem Zeugen die maximale gesetzliche Dauer von 6 Monaten voll ausschöpfte. Mit der überraschenden Verurteilung nach §129a „Bildung einer terroristischen Vereinigung“ wurde eines der demokratiefeindlichsten Instrumente des deutschen Rechts angewandt. Es wird deutlich wie antifaschistische, antirassistische und gesellschaftskritische Arbeit in diesem Staate bewertet wird, der an sich selbst den Anspruch eines demokratischen Rechtsstaates stellt. Eine konstruierte Gruppe die durch „Brandanschläge die Herrschaft des Systems zerschlagen“ wollte, wurde herangezogen um die antifaschistischen Strukturen in Magdeburg über Monate hin auszuleuchten und schließlich zu zerschlagen.

Das man nun den Angeklagte wegen Mitgliedschaft in dieser „terroristischen Vereinigung“ verurteilte, als einziger wohlgemerkt, ist an Absurdität kaum mehr zu überbieten. Auch wenn am Ende Daniel das Opfer dieses Prozesses ist, so trifft er doch alle emanzipatorischen Strukturen und Projekte in diesem Land. Denn mit dem $129a ist es möglich, wie dieser Prozess leider beweist, ohne konkrete Beweise, Einzelpersonen aus politischen Zusammenhängen aufgrund ihres Engagements zu verurteilen. Es sollte daher die Aufgabe aller Gruppen und Zusammenschlüssen sein, diesem Vorgehen mit entschiedener Solidaritätsarbeit zu antworten, anstatt sich von diesem Staat verängstigen zu lassen. Daher:

Solidarität mit Daniel, Solidarität mit allen politischen Gefangenen.

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