Zu den Ausschreitungen in Clichy-sous-Bois

Brouhaha 03.11.2005 01:59 Themen: Antirassismus Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Auf Indymedia Lille ( http://lille.indymedia.org) habe ich einen Hinweis auf einen Artikel im französischsprachigen Internet-Portal www.afrik.com gefunden, der die Sicht von Bewohnern und Bewohnerinnen des Pariser Vortortes Clichy-sous-bois auf die seit Tagen andauernden Straßenschlachten zwischen Jugendlichen und der Polizei schildert.
Außerdem findet sich dort ein Handy-Video, das Polizisten zeigt, die mit Gummi-Geschossen Jagd auf Jugendliche machen. Im Folgenden mein Versuch einer Übersetzung des Artikels für alle die, die nicht Französisch verstehen (ja, ist verbesserungsfähig, aber es ist spät...). Text und Video finden sich unter der Adresse  http://www.afrik.com/article8965.html

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Die Ausschreitungen in Clichy-sous-bois: Jugendliche erheben Vorwürfe gegen die Polizei


Zwischen polizeilicher Provokation und Repression


Sonntag, 30. Oktober 2005, von David Cadasse


Angesichts des Aufruhrs, der auf das Drama der beiden Halbwüchsigen folgte, die durch einen Stromschlag in einem Transformator der EDF ums Leben kamen, als sie versuchten, "vor der Polizei zu flüchten", werfen die jungen Leute von Clichy-sous-bois (Pariser Vorort) den Ordnungskräften vor, Öl ins Feuer zu gießen - durch bewusste Provokationen und Schüsse mit Gummigeschossen. Afrik ist an ein Video gelangt, das die Gewalttätigkeiten der Polizei zeigt, und hat bei einem Treffen zwischen Bürgermeister und Jugendlichen Augenzeugenberichte gesammelt.

Sonntag, 15 Uhr, am Rathaus von Clichy-sous-Bois: der Bürgermeister hat ein informelles Treffen mit Jugendlichen organisiert. Diese sind allesamt sehr aufgebracht oder enttäuscht angesichts des Verhaltens der Polizei am Vorabend. Die Stadt hatte einen Schweigemarsch im Andenken an die beiden Jugendlichen organisiert - Ziad und Banou, am letzten Donnerstag in einem Werk der EDF bei lebendigem Leibe verbrannt, als sie von der Polizei verfolgt wurden oder glaubten, von der Polizei verfolgt zu werden. Auch wenn die Spannungen nach zweitägigen Ausschreitungen etwas nachgelassen haben, werfen die Jugendlichen den Ordnungskäften vor, den Hass hervorzurufen und zu nähren - durch vielfache Provokationen, Missbrauch ihrer Autorität und willkürliche Repression.

"Alle Kräfte, die die Situation beruhigen wollten, haben enorm viel dafür getan. Der Marsch ist ruhig verlaufen, aber am Abend haben die CRS die Jugendlichen angestachelt und provoziert.", gibt ein Mitglied des Rathauses unter Vorbehalt der Anonymität zu. Auf dem Parkplatz des Rathauses haben sich mehr als 150 junge Leute vor allem afrikanischer Herkunft (Schwarz- und Nord-Afrika) versammelt, um den Bürgermeister zu hören. Dieser legt Wert auf den Hinweis, dass es die Stadt ist, die die gesamten entstandenen Schäden wird bezahlen müssen, und damit der Steuerzahler. Er will eine Lösung zwischen den Menschen der Stadt finden und scheint den Faktor, den die Polizei darstellt, beiseite schieben zu wollen. Alle sagen frei, was sie denken.

In der Menge lösen sich die Zungen. Kleine Gruppen bilden sich hier und da, um die Ereignisse des Vortages zu kommentieren. Alle prangern die Übergriffe und die Provokationen der Polizei an. Viele wurden Zeugen von Ausschreitungen oder selbst Ziel von Übergriffen. "Sie (die Polizisten, Anm.d.Red.) sind hitziger, sie provozieren uns stärker. Der Bruder eines der verstorbenen Kinder war wie immer bei uns, unten an seinem Wohnblock, als die Polizisten ankamen, mit ihren Flash Balls (Gewehre zum Verschießen von Gummigeschossen, Anm.d.Red.), und anfingen, uns zu mustern, um schließlich zu ihm zu sagen: 'Du, geh nach Hause zu deiner Mutter!' Er ist drei schritte auf die Bullen ["flics"] zugegangen, um mit ihnen zu reden, da hat einer der Bullen zu ihm gesagt: 'Stopp, oder ich zünde dich an!'. Wir sind bis in die 10.Etage geflüchtet, sie haben angefangen, Gaspatronen in die Eingangshalle zu schießen." erzählt Jérémy empört.


Familienmütter beschimpft, als sie aus der Moschee kamen


"Sie erzählen alle Scheiße, besonders die Journalisten", ereifert sich Youcef, als er das Team von Capa-Production (Le Vrai Journal, Fernsehsendung auf CanalPlus) sieht, wie sie, umringt von Jugendlichen, Aufnahmen machen und Kommentare sammeln."Sie haben gleich angefangen, den Ruf der Opfer zu beschmutzen, obwohl der Staatsanwalt von Bobigny heute zugibt, dass sie der Polizei nie negativ aufgefallen waren. Die Medien wollen uns alle als Gesindel darstellen, dabei ist es die Polizei die die Jugendlichen provoziert, um bei der geringsten Gelegenheit zuzuschlagen oder zu schießen."

"Wir kamen aus der Moschee, und die Polizei hat uns umzingelt, Flash Ball im Anschlag. Sie haben uns angegriffen, aber am meisten schockiert hat uns, als sie auf die Familienmütter, die vom Gebet kamen, anlegten und anfingen sie zu beschimpfen: 'Verpisst euch, Hurenbande, und passt besser auf eure Kinder auf!'", erzählt Morad voll unterdrückten Zorns. Er scheint zwar nicht von der Art zusein, die die Konfrontation mit den Ordnungskräften propagiert, aber es zügeln sich nicht alle so wie er.


Ordnungskräfte ... oder Unordnungskräfte?


Die Anspannung ist greifbar. Um so mehr als sich drei Polizeiwagen 50m entfernt vom Rathaus postiert haben. Einer der Polizisten hat seinen Flash Ball in der Hand, den Finger am Abzug. Für die Menge ist das eine weitere Provokation. Die Gemüter erhitzen sich etwas. Zwei Personen fangen an, zur Menge zu reden und einen Angriff auf die Polizei zu propagieren: "Kommt, wir sind mehr als sie, wir gehen alle hin und nehmen sie auseinander ["on leur pète leur mère"]!", schreit einer von ihnen. Glücklicherweise sind die Anhänger der Ruhe und des Dialogs zahlreicher. Es gelingt ihnen, die Reihe von Jugendlichen, die sich gegenüber den Polizeiwagen gebildet hat, zu zerstreuen.

"Sie provozieren uns zu sehr, auf Freunde von mir wurde geschossen, einfach so, grundlos, mit Plastikkugeln. Das kann nur Gewalt erzeugen. Alle sind erhitzt. Wenn es jetzt knallen soll, wird es knallen. Ich habe keine Angst vor ihnen und ihren Waffen. Wir werden soweit kommen, uns Waffen zu besorgen. Das wird wie in Amerika werden hier.", prophezeiht Jonathan.

"Die Polizei hat mich um vier Uhr morgens angehalten. Ich war allein im Auto. Sie durchsuchten das Fahrzeug und fanden einen Baseball-Schläger in meinem Kofferraum. Als sie mich fragten, warum ich einen Schläger habe, hab ich ihnen geantwortet, dass es nicht verboten sei, einen Baseball-Schläger in seinen Kofferraum zu stecken. Sie haben mir geantwortet:'Und es ist verboten, wenn ich ihn dir in die Fresse stecken würde!'. Dann haben sie angefangen, mir zu sagen 'Wir sind hier nicht in Beirut' und mich zu beschimpfen 'Scheiß kleine, schwule Sau' ["espece de petit pédé"]. Einer von ihnen wollte mich unbedingt heulen sehen. Er hat sich direkt vor mich gestellt und hat gesagt 'Heul!'. Während der das wiederholte, kam glücklicherweise ein Auto von Journalisten vorbei. Ich habe gerufen und sie haben angehalten. Bevor sie ankamen, entfuhr dem Polizisten noch, dass er keine Journalisten mag, aber er konnte nichts anderes machen, als mich in Ruhe zu lassen."


Die Polizei komplett gedeckt von Nicolas Sarkozy


Im Drama von Clichy-sous-Bois stehen sich zwei Versionen gegenüber - bezüglich der Frage, ob die Polizei die beiden von einem Fußballspiel kommenden Jugendlichen verfolgte oder nicht: die Version der Polizei und die der Jugendlichen der Stadt. Das Problem ist, dass es Zeugen gibt. Einer der verfolgten Jugendlichen erzählt, dass er sich versteckte, während seine drei Freunde geradewegs zur Station der EDF rannten. Aber auch abgesehen von dieser Zeugenaussage versteht so mancher die Version der Polizei nicht. "Warum wurden einige andere Jugendliche verhaftet, wenn sie sie nicht verfolgten, wo doch alle die Flucht ergriffen hatten?", fragen sich die einen. "Warum hätten die Jugendlichen beschließen sollen, eine drei Meter hohe Mauer mit Stacheldraht zu besteigen?", fragen sich die anderen. So viele Fragen, die die Polizei einfach wegwischt.

Innenminister Sarkozy hat am Sonntag in den 20 Uhr-Nachrichten von TF1 erklärt, dass nach allem, was er weiß, gelte: "Die Polizei hat die Jugendlichen nicht verfolgt." Er wolle "allen die Wahrheit sagen", und legte Wert darauf, "die bemerkenswerte Arbeit der Polizisten zu würdigen" und sie zu den verschiedenen Verhaftungen "zu beglückwünschen". Ein Sicherheits-Diskurs, der für viele eine gefährliche Vermischung nährt - alle Verhafteten waren Schurken - und die Straflosigkeit der Ordnungskräfte gutheißt.


Ein für die Ordnungskräfte erdrückendes Video


Nicolas Sarkozy hat ein weiteres Mal daran erinnert, dass er beabsichtigt, gegenüber urbaner Gewalt "Null-Toleranz" walten zu lassen. Er bezichtigt die Polizei zu großer Nähe und fordert nunmehr, die Zahl der Verhaftungen zu verfielfachen. Wohlverstanden, dass "die wahren Jugendlichen" nichts von der Polizei zu befürchten haben. Unterdessen begann sich der Sicherheitsapparat, bestehend aus mehr als 400 CRS, Gendarmen und Polizisten, in Stellung zu bringen, um die Stadt zu überwachen.

Hat die Polizei, unterstützt vom Innenminister, alle Rechte? Ein Video, gedreht mit einem Handy, zirkuliert derzeit in den Vierteln. Ein Dokument, betitelt "Sarkos neue Bullen", das Afrik übergeben wurde und zum Teil online betrachtet werden kann. Da sieht man ein Polizeiauto mit offenen Türen. Man glaubt zu erahnen, dass ein Polizist ein Wurfgeschoss abkriegt. Der Gegenschlag folgt umgehend. Man sieht deutlich, wie Polizisten in zivil mehrfach mit ihren Flash Balls schießen, zweimal fast aus nächster Nähe. Man sieht sie den jugendlichen hinterherrennen und schreien "Kommt zurück, Bande von Bastards!".

"Manche der Gummikugeln sind sogar signiert.", erzählt Kader. "Ein Kerl hat eine Kugel aufgesammelt, die die Inschrift trug: 'Boum, boum, in deinen Arsch, bis bald, Luc'. Der Bruch zwischen Jugendlichen und Polizei scheint definitiv und die Lage verfahren. Zwischen dem Diskurs der Politiker, die das Treiben der Polizei unterstützen, und den Medien, denen vorgeworfen wird, die Wahrheit zu verschleiern und zu verstümmeln, nähren das Misstrauen und das Schnauze-voll-Gefühl einen Hass, der leider zum Schlimmsten führen könnte.


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Mini-Glossar:


EDF - "Électricité de France"; größter Stromversorger in Frankreich, ehemals monopolistischer Staatsbetrieb, heute (teil-?)privatisiert in einem liberalisierten Strommarkt.


CRS - "Compagnies républicaine de sécurité"; Spezial-Polizeitruppe für Einsätze bei Demonstrationen und für den Zivilschutz; seit jeher beliebt und berühmt für besonnenes Vorgehen gegenüber Demonstranten (hahaha).


...noch was unklar oder miese Übersetzung? Dann bitte per Kommentar nachfragen. Irgendein frankophiles Indy-wesen wirds schon wissen.
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Ergänzungen

Was in den Medien selten erwähnt wird

.... 03.11.2005 - 02:12
Seit Tagen solche trockenen Fakten in den Medien - angesichts von 7 Tagen Ausschreitungen, die heute bereits 9 Vororte von Paris erfasst haben:

"Seit Anfang des Jahres sind in Frankreich 9000 (!) Polizeiautos mit Steinen beworfen worden, und jede Nacht werden 20 bis 40 Autos angezündet. Alleine In Lyon sind 800 Autos ausgebrannt laut Polizeistatistik. Die Polizei hat dann am 30. eine Tränengasgranate in eine Moschee geworfen -- während des Abendgebets. Kurz gesagt: ein Pulverfaß. Ein Sprecher der Polizeigewerkschaft spricht von "Bürgerkrieg". 150 Feuer brennen in der Region, und in der Nacht sind alleine 69 Autos ausgebrannt."

Was dabei selten erwähnt wird:
Diese Ausschreitungen sind indirekt Reaktionen auf die Ungerechtigkeit und die Hoffnungslosigkeit.
Konkret sind sie Reaktionen auf die Eskalation der Polizei, die wieder 3 Jugendlichen das Leben kostete (sie wurden in den Tod gehetzt, was in den Medien als Unfall dargestellt wird) und die die Vororte regelrecht belagern und sich dabei wie Besatzungstruppen aufführen.
Es ist ein Pulverfass, aber eines, was von den Behörden und der Regierung geschaffen wurde und welches immer wieder angesteckt wird.


Insofern: Danke vielmals für die Übersetzung!

Hintergrundinfos

Manne 03.11.2005 - 02:25
Frankreichs Innenminister Nicolas Sarkozy ist ein Law&Order-Politiker übelster Sorte. Gerade hat die Regierung ein so genanntes Anti-Terror-Gesetz verabschiedet, das unter anderem eine umfassende Videoüberwachung, Datenspeicherung für Verbindungsdaten über mindestens ein Jahr, Strafverschärfungen und Überwachung bei Reisen in "Risikoländer" vorsieht. Internetprovider, Telefonnetzbetreiber und Internetcafes müssten Verbindungsdaten künftig mindestens ein Jahr lang speichern und gegebenenfalls der Polizei zur Verfügung stellen.
 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21229/1.html

Über die Riots erschien gestern ebenfalls bei Telepolis dieser Artikel:
Unruhen in Pariser Trabantenstädten
Todesfälle, offene Widersprüche, Revolte und Fantasmen über "den Islam"
 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21258/1.html

Artikel bei Indymedia Global vom 7.10.'05

... 03.11.2005 - 02:30
"Paris: Widerstand gegen Polizeikontrollen und Vertreibungen wächst"

Fast täglich kommt es zu Vertreibungen aus Wohnungen, Razzien gegen MigrantInnen in verschiedenen Bezirken vom Paris...

 http://www.indymedia.org/en/2005/10/825629.shtml

Sehr interessant

egal 03.11.2005 - 04:42
Endlich mal wieder Information! Ohne blöde Parolen, ohne Übertreibungen sondern schlicht und einfach information. Ich wünschte, jeder Artikel wäre auf diesem Niveau! Sehr schön!

Habe selbst mehrere Jahre in FR gewohnt und kann alles genau nachvollziehen, was hier geschrieben wird. In den so genannten "banlieux sensibles" gehen die Uhren wirklich anders. Allein der Punkt, daß die Vororte einen eigenen Namen haben und sich in jedem Wörterbuch als eben "sensible Vororte" (banlieux sensibles) finden lassen, ist krass. Dort leben hauptsächlich marginalisierte Menschen, ImigrantInnen, sozial Schwache, Kranke. Menschen, für die das elitäre französische System keinen Platz hat.

Wie kommt es dazu? Gerade in Paris sind die Mieten horrend. Selbst Menschen, die die Chance hatten, zu höherer Bildung zu kommen und etwas besser bezahlte Jobs zu kriegen, können Mietpreise, wie sie in Paris oder auch Annecy herrschen kaum bezahlen. Afrikanische, oder arabische Menschen finden kaum Möglichkeiten, sich in diesem elitären System nach "vorne zu bewegen". Sie werden ausgegrenzt. Höhere Bildung schaffen die wenigsten, nicht, weil sie es nicht können, sondern wegen der harten Auswahlverfahren, die nur schaffbar sind, wenn der familiäre Hintergrund stimmt, sprich den finanziellen Rahmen bietet.

Selbst wenn sie es zum Beispiel schaffen, Abitur zu machen, eine Uni oder gar eine Grande Ecole zu besuchen, scheitern sie spätestens beim Einstellungsgespräch. Allein Straßennamen anzugeben, die in diesen banlieus liegen, ist oft grund, gar nicht erst zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden.

Diese Ausschreitungen sind Folge sozialer Marginalisierung. Die Gleichheit und Brüderlichkeit hört eben auch in Frankreich dann auf, wenn Mensch nicht ins Bild paßt! Da helfen auch keine Bestrebungen wie sie zum Beispiel in Mulhouse oder Straßbourg versucht werden, diese Viertel abzureißen und durch internationale Stararchitekten neue Wohnformen entstehen zu lassen. Das Problem ist das System!

Bei aller Kritik, bei allen Problemen die auch ich zum Teil mit diesen Leuten hatte, verstehe ich sie und sehe es nur als logische Folge an, daß es irgendwann knallt.

Eine Sache noch: ich empfehle allen, den Film "La Haine" (HASS) anzuschauen. Der beschreibt das Leben in diesen Banlieus ziemlich detailliert. Wer französisch kann, soll ihn sich in französisch anschauen, einfach, um die "Straßensprache" besser mitzukriegen. Ins deutsche wurde er leider sehr unrealistisch synchronisiert. Der gesprochene Akzent existiert im Deutschen nicht, was dem Film leier sehr schadet. Trotzdem, schauts Euch ruhig mal an.

muss ausgefüllt werden

Ich 03.11.2005 - 09:28
Auch der Film Ma 6-t va cra-k (auf Deutsch heisst der glaub ich brennender Asphalt) ist zu empfehlen, teilweise etwas übertrieben, wird doch auch hier die Lage in den Banlieues gut beschrieben. Am Ende passiert genau das was gerade in Paris passiert: ein Junge wird von einem Polizist erschossen, daraufhin kommt es zu einer großen Ausschreitung mit der Polizei.

Noch kurz zu der Französischen Polizei: wir können uns hier immer wieder über die Deutschen Bullen beschweren, aber im Gegensatz zu den Französischen sind sie nichts! Man wird dort teilweise mehrmals am Tag grundlos angehalten, nach Papieren gefragt und nach Drogen/Waffen dursucht. Allzu oft passiert es das Gras (dort eher Haschisch) einfach konfisziert wird, und von den Bullen eingesteckt wird. DIe Bullen werden in Frankreich viel mehr gehasst, wissen dies auch und benehmen sich entsprechend!

Hass

Said 03.11.2005 - 10:36
Auch wenn dies hier bereits geschehen ist, ich empfehle allen Interessierten nochmals AUSDRÜCKLICH sich den Film "Hass" (La haine) von Mathieu Kassovitz anzuschauen :).

Es ist original die Geschichte, nur das der Film von 96 ist!
Es ist übrigens auch das Debut von Vincent Cassel.

Danke für die Übersetzung!

Rückfrage

Bazooka Boy 03.11.2005 - 11:03
"Manche der Gummikugeln sind sogar signiert.", erzählt Kader. "Ein Kerl hat eine Kugel aufgesammelt, die die Inschrift trug: 'Boum, boum, in deinen Arsch, bis bald, Luc'.

Signierte Gummigeschosse? Unglaubwürdig. Selbst bei dem jetzt verwendeten 18er Kaliber kriegt man das kaum draufgeschrieben. Wenn gekapselte Munition verwendet wird, muß man sogar noch an der Patrone herumlaborieren.

nicht unglaubwürdig

ich 03.11.2005 - 11:32
sind weder gekapselt noch zu klein. Kaliber ist meist 40 bis 50 mm bei Gummigeschossen. Hier mal ein Artikel und Fotos zu Gummigeschossen in der Schweiz:  http://switzerland.indymedia.org/demix/2004/01/17225.shtml

Also bitte erst mal nachdenken und nachrecherchieren, lieber Bazooka Boy.

Fotos bei Indy-Lille

... 03.11.2005 - 11:48
Polizeigewalt  http://lille.indymedia.org/article.php3?id_article=2823
Gestern gabs in Paris übrigens noch eine Demo der Sans Papiers gegen die fortgesetzte Polizeigewalt der letzten Wochen.

Weiteres von hier und da

Zeitungsleser 03.11.2005 - 12:17
Innenminister Nicolas Sarkozy: «Wir sind dafür da, dieses Krebsgeschwür (urbaner Gewalt) auszumerzen, wir werden uns dieses Gesindels entledigen.»
 http://www.freenet.de/freenet/nachrichten/kontrovers/200511/200511_55f95dba4cdc114a894c522c3505f2f9.html
Selbst die französische Rechte kritisiert mittlerweile den außer kontrolle geratenen Innenminister und seine Schlägertrupps.

Während auch eher konservative Zeitungen mittlerweile zu differenzierterer Berichterstattung übergehen, hetzen rechte Provinzblätter wie die Rheinische Post (die dabei die Sicht der xtremen Rechten übernehmen) von bösen "jugendlichen Krwallmachern"
www.rp-online.de/public/article/nachrichten/journal/sonstige/ausland/114003
Stimmt in der Stoßweise fast mit der Presserklärung der Republikaner überein. Das überrascht nicht, die Rheinische Post steht ja politisch auch irgendwo zwischen CDU und Rep und ist für die verfälschende "Berichterstattung" bekannt.

Ansonsten kaum neue Nachrichten aus Paris.

CRS

Pondus 03.11.2005 - 14:29
CRS = Republikanische Sicherheitskompanien
Diese Truppe ist in etwa mit der deutschen Bereitschaftspolizei(einschließlich der entsprechenden "Sondereinheiten") zu vergleichen. Ihr Rufname während der Mairevolution 1968 war:
"Compagnies Racistes et Sadistes" (Kompanien der Rassisten und Sadisten).

@Manne

HauDenLukas 03.11.2005 - 15:18
Guter Artikel auf Telepolis, nur werden dort die Foren dort seit einiger Zeit leider von Rechtskonservativen und Rechtsradikalen regelrecht überschwemmt.

Ist ganz ganz schlimm was aus Heise/Telepolis geworden ist.
Oder es ist einfach die Meinung der breiten Masse, dann wäre es noch schlimmer.

Lest selbst:
 http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?list=1&hs=0&forum_id=87227

Korrektur zum Verständnis

Bazooka Boy 03.11.2005 - 15:46
@Mr. ich:

Der Durchmesser des einzelnen Geschosses beträgt 17 oder 18 mm, allerdings befinden sich mehrere (9-11?) Geschosse in einer Kartusche.
Quasi grobe Gummischrotpatronen. Deswegen können diese ja aus SigPi-ähnlichen Waffen verschossen werden.
Übrigens: nach Öffnen der Kartusche ist diese so gut wie unbrauchbar.
Die kriegt man nämlich nicht mehr vernünftig zu.

Ok, man könnte auch Glücksrad/Scrabble gespielt haben und fröhlich Gummikugeln eingesammelt haben, jede mit einem Buchstaben beschriftet, um dann den entsprechenden Satz zu legen.

Btw: jemand, der einen Hartgummiball von 40 mm Durchmesser mit knapper Schallgeschwindigkeit abbekommt, IST danach tot.
Somit würde man Gummimunition nicht mehr unter den non (ich bevorzuge "less") lethal weapons einordnen können. Da könnte man gleich mit 9 mm Para schießen, das kommt billiger.

hier noch ein radiobeitrag zum thema

frangge 03.11.2005 - 20:15
hier ist noch ein interessantes interview zu den pariser vorstadtunruhen von radio z.

 http://freie-radios.info/mp3/20051102-dieunruhen-10528.mp3

Bezugsquelle "Hass" / "Brennender Asphalt"

__ 04.11.2005 - 15:47
Kann jemand eine Bezugsquelle für die Filme "Hass" und "Brennender Asphalt" nennen? Suche die schon seit längerer Zeit.

video und waffe

hasi 04.11.2005 - 17:57

Jetzt überall in Frankreich!!

krass 04.11.2005 - 18:23
yahoo news berichtet, die krawalle haben sich in der letzten nacht auf andere departements in frankreich ausgeweitet.

letzte nacht brannten 500 autos, auch kindergärten, schulen, unternehmen wurden ziel von anschlägen.

Video

@ 05.11.2005 - 08:25
Unter:
 http://www.afrik.com/IMG/mov/Keufs_1.mov
gibt es ein aktuelles Video

Grüße aus der Großstadt-Zentrum

Paris 05.11.2005 - 12:23
In Paris ist es relativ ruhig und es ist nicht viel von den Auseinandersetzungen zu merken außer ein paar Sprüchen an der Wand und den Schlagzeilen in der Zeitung. Die Polizeipräsenz im arabischen Viertel wird verstärkt. Viele politischen Leute fahren allerdings nicht in die Krisengebiete. Sie sagen es sei eine Sache zwischen den Jugendlichen und der Polizei und sie möchten nicht als Krawalltouristen abgestempelt werden.

Sonntag, 6. November 2005

Radau 06.11.2005 - 07:34
Frankreich brennt
Randalierer legen nach

Die Brandstiftungen und Ausschreitungen in Frankreich gehen unvermindert weiter. Mehr als 900 Autos gingen in der Nacht zum Sonntag in Flammen auf. Fast 200 Personen wurden nach einer ersten Bilanz der Polizei festgenommen. In Evreux bei Paris lieferten sich vermummte Randalierer eine regelrechte Straßenschlacht mit der Polizei, wobei es nach Augenzeugenberichten Verletzte gab. Erstmals war auch das Zentrum von Paris betroffen.

Auch in Rennes in der Bretagne und in Rouen im Nordfrankreich kam es zu Ausschreitungen. Krawalle wurden auch aus Lille, Roubaix und Tourcoing nahe der belgischen Grenze gemeldet. In den südfranzösischen Städten Lyon, Clermont-Ferrand, Avignon, Toulouse und Pau wurden gleichfalls Fahrzeuge in Brand gesteckt.

Am Rande von Evreux westlich von Paris wurde ein Einkaufszentrum weitgehend zerstört. Dutzende vermummte Randalierer, die zum Teil mit Baseballschlägern bewaffnet waren, griffen die Polizei an. Nach Augenzeugenberichten soll es dabei auf beiden Seiten Verletzte gegeben haben.

Die Polizei setzte mehrere Hubschrauber mit Videokameras ein, um Gewaltakte zu beobachten und Täter leichter zu identifizieren. Bei Paris bewarfen Jugendliche von Dächern der Wohnblocks aus Polizisten mit Steinen und Brandsätzen.

Im Amt von Premierminister Dominique de Villepin gab es mehrere Krisensitzungen. "Die Regierung ist sich einig in ihrer Entschlossenheit, die Gewalt zu bekämpfen", sagte Innenminister Nicolas Sarkozy, der wegen seiner scharfen Ordnungsparolen zum Feindbild der Randalierer geworden ist. Trotz seiner umstrittenen Äußerungen ist der Minister bei der Mehrheit der Franzosen gut angesehen. Nach einer Umfrage der Sonntagszeitung "Journal du Dimanche" bescheinigten ihm 57 Prozent der Befragten ein gutes Image.

Revolte in Frankreich

Indy France 07.11.2005 - 15:15

Auch in Berlin brannten schon erste Autos

Berliner 07.11.2005 - 15:22
Berlin: Fünf Autos in Brand gesteckt
In der Nacht zum Montag wurden im Berliner Stadtteil Moabit fünf Autos in Brand gesteckt. Alle Fahrzeuge wurden zwischen 1 Uhr und 3 Uhr 30 in verschiedenen Straßen angezündet. Die Täter waren unerkannt entkommen.
Der Berliner Staatsschutz hat sich dieser Sache angenommen und prüft einen Zusammenhang zu den Krawallen in Frankreich. Straftaten, bei denen ein politischer Hintergrund vermutet wird, fallen in den Aufgabenbereich des Staatsschutzes.
Bei den betroffenen Straßen handelt es sich um Gebiete mit vorwiegend sozial schwachen Einwohnern.

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