Gefängnis wegen Kampf für Bewegungsfreiheit

Residenzpflicht abschaffen! 31.10.2005 12:15 Themen: Antirassismus Repression
Cornelius Yufanyi, Flüchtling aus Kamerun, Mitglied der Menschenrechtsorganisation “The Voice Refugee Forum” in Deutschland soll wegen Verstoß gegen die Residenzpflicht ins Gefängnis – 5 ½ Jahre nach seiner Teilnahme am Flüchtlingskongress in Jena, dem Ausgangspunkt des Verfahrens
Cornelius Yufanyi, Aktivist der Flüchtlingsorganisation "The Voice Refugee Forum", wurde im September 2003 per Gerichtsurteil verurteilt, eine Strafe von 323,20 Euro dafür zu zahlen, dass er gegen die Residenzpflicht verstoßen hat. Cornelius Yufanyi hatte bereits damals angekündigt, dass er dieses Urteil nicht akzeptieren und das Geld nicht bezahlen würde, da das diskriminierende Gesetz der "Residenzpflicht für Asylsuchende" gegen internationales Recht verstößt. Nun droht ihm eine entsprechende Haftstrafe. Am Donnerstag, den27.10.05 soll er beim Gerichtsvollzieher erscheinen. Cornelius Yufanyi wird der Aufforderung, sich den Behörden freiwillig auszuliefern, nicht nachkommen um somit seinem Kampf gegen die rassistische Gesetzgebung Ausdruck zu verleihen.

Wir rufen alle Personen, die dieses Schreiben erhalten auf, Protestfaxe gegen das Vorgehen der Behörden im Fall Yufanyi sowie die rassistische Gesetzgebung an die zuständigen Behörden zu schicken. Dafür können das unten angehängte Schreiben benutzt oder aber auch eigene verfasst werden.
Da der Haftbefehl gegen Cornelius Yufanyi bereits am Donnerstag den 27.10.05 in Kraft tritt, wäre es gut, dem Protest so bald wie möglich Ausdruck zu verleihen. Die Faxadressen der zuständigen Behörden sind:

Amtsgericht Göttingen
Gerichtsvollzieher Frank Lohse
Berliner Str. 8
37073 Göttingen
Fax: 0551-403-1300 AG Göttingen

Sowie:

Staatsanwaltschaft Mühlhausen
Strafvollstreckung
Brunnenstr. 125
Fax: 03601-458-155

Bitte schicken Sie/ schickt immer auch eine Kopie des Faxes an The Voice Refugee Forum/ AK Asyl Göttingen:
Fax: 0551-58898
Email:  the_voice_goettingen@gmx.de

für weitere Infos:
www.umbruch-bildarchiv.de/video/portrait/corneliusyufanyi.html
www.humanrights.de/doc_de/archiv/caravan/residenzpflicht/worbis.html
www.thevoiceforum.org/search/node/residenzpflicht
oder suche auf www.google.de nach Cornelius Yufanyi
-------------------------------------------
Faxnachricht

Betrifft: Cornelius Yufanyi, Aktenzeichen 403 Js 51861/00 4.4, Haftaktenzeichen 72 M 867/05

Hiermit fordern wir die Aussetzung des Haftbefehls gegen Cornelius Yufanyi. Cornelius Yufanyi hat sein Recht auf freie Meinungsäußerung, politische Betätigung sowie sein Recht auf Bewegungsfreiheit in Anspruch genommen. Wir nehmen nicht hin, dass ein Mensch bei Ausübung seiner Menschenrechte eine Geld- oder Haftstrafe zu verbüßen hat.
Wir möchten uns gegen die Praxis der Ausländerbehörden aussprechen sowie gegen die Urteilssprechung der deutschen Gerichte, die diese menschrechtswidrige Gesetzgebung der Residenzpflicht unterstützen.
Wir schließen uns der Forderung von Cornelius Yufanyi nach Abschaffung der Residenzpflicht an und fordern die uneingeschränkte Reise- und Bewegungsfreiheit für alle Asylbewerberinnen und Asylbewerber.




Imprisoned for the right for free movement?

Cornelius Yufanyi, activist of the refugee organization "The Voice Refugee Forum Germany", had been sentenced in September 2003 to pay a fine of 323,20 Euro for violating the 'Residenzpflicht'-law. Cornelius Yufanyi then had announced that he would not accept the judgement and that he would not pay any amount of money for violating tha discriminiating law that contradicts international law. Now he is threatened by being imprisoned. On Thursday, 27th October 2005 he is supposed to appear at court. Cornelius Yufanyi will not follow this request to extradite himself to the authorities voluntarily, expressing thereby his fight against the racist law.
We appeal to all persons who receive this letter to send faxes to the autorities in charge to protest against the authorities' proceedings in the case of Yufanyi as well as against the racist law. For this you can use the letter proposal attached below or you can write one on your own.
As the warrent of arrest against Cornelius Yufanyi will be going out already on Thursday, 27th October, protest should be expressed as soon as possible. The addresses of the authorities in charge are:

Amtsgericht Götttingen
Gerichtsvollzieher Frank Lohse
Berliner Str. 8
37073 Göttingen
Fax: 0551-403-1300 AG Göttingen

Also:

Staatsanwaltschaft Mühlhausen
Strafvollstreckung
Brunnenstr. 125
Fax: 03601-458-155

Please, send always a copy of your Fax to The Voice Refugee Forum/ AK Asyl Göttingen:
Fax: 0551-58898
Email:  the_voice_goettingen@gmx.de

More information:
 http://www.umbruch-bildarchiv.de/video/gesetze/170102prozess.html
 http://thevoiceforum.org/search/node/residenzpflicht
 http://www.nds-fluerat.org/rundbr/ru9192/ak467.htm
-------------------------------------------
Faxnachricht

Betrifft: Cornelius Yufanyi, Aktenzeichen 403 Js 51861/00 4.4, Haftaktenzeichen 72 M 867/05

Hereby we demand the withdrawel of the warrent of arrest against Cornelius Yufanyi.
Cornelius Yufanyi has claimed his rights for freedom of speech and political engagement and his right for free movement. We will not accept that a person has to pay the penalty of simply claiming its human rights.
We would like to criticise the proceedings of the 'Ausländerbehörde' and the judgement of the German Courts that still support the 'Residenzpflicht' law.
We demand with Cornelius Yufanyi the abolishment of the 'Residenzpflicht' law and furthermore demand the unlimited right for free movement for all asylum seeker.

For more infos:
search in www.google.de for Cornelius Yufanyi









Hintergrund
Da sein Leben in Kamerun in Gefahr war, floh Yufanyi im Dezember 1998 nach Deutschland und beantragte im Januar 1999 Asyl. Flüchtlinge dürfen ihren Aufenthaltsort nicht selbst bestimmen und so musste er in einem im Wald gelegenes Asylbewerberheim in Weilrode im Eichsfeld leben. (Dieses Heim ist mittlerweile aufgrund von Protesten gegen die Lebensbedingungen geschlossen worden.) Trotz der beabsichtigten Isolation war und ist er aktives Mitglied in der Flüchtlingsselbstorganisation The Voice sowie der Karawane für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen.

1999 organisierte er mit anderen den Flüchtlingskongress “Gemeinsam gegen Abschiebung und soziale Ausgrenzung”, der vom 20. April bis zum 1. Mai 2000 in Jena stattfand. Vielen Flüchtlingen wurde damals die Teilnahme am Kongress verwehrt, weil die Ausländerbehörden ihnen keine Reiseerlaubnis erteilten. Flüchtlinge unterliegen der sogenannten Residenzpflicht, die es ihnen nur mit Erlaubnis der Ausländerbehörde gestattet, den ihnen zugewiesenen Landkreis zu verlassen. Auch Cornelius Yufanyi war nicht im Besitz einer Reiseerlaubnis.

Am 28. April, acht Tage nach Beginn des Kongresses wurde in der Thüringer Allgemeinen ein Interview mit Yufanyi veröffentlicht. Dieser Artikel wurde von Herrn Schäfer, Vertreter der Ausländerbehörde in Heiligenstadt kopiert und zur Landespolizei geschickt, die Cornelius Yufanyi einige Wochen später zu einer Befragung vorlud. Yufanyi ging nicht zu dieser Befragung und das Amtsgericht verhängte ohne Anhörung eine Geldstrafe von 600,- DM.

Cornelius Yufanyi weigerte sich, diese Geldstrafe zu bezahlen. “Ich werde keine Strafe dafür bezahlen, dass ich mich frei bewegen will. Es ist das Recht jedes Menschen, zu gehen, wohin er will.” Deshalb musste er am 12. Oktober 2000 das erstemal vor Gericht.

Der erste Prozess
Am 12. Oktober 2000 kamen rund 80 UnterstützerInnen zum Amtsgericht Worbis, um gegen die Residenzpflicht zu protestieren. Nur 36 UnterstützerInnen passten in den Sitzungssaal, die anderen mussten draußen warten. Wer eine Platzkarte ergattert hatte, musste Leibesvisitation inklusive Metalldetektor über sich ergehen lassen. Begleitet wurde das ganze (auch die anschließende Demonstration) von einem überdimensionierten Polizeiaufgebot. Offenbar sollte der Eindruck entstehen, hier werde etwas ganz gefährliches verhandelt.

Im Verfahren selbst saß nicht Cornelius Yufanyi, sondern die Residenzpflicht als rassistisches Sondergesetz auf der Anklagebank. Die Anwälte von Yufanyi und er selbst machten “die rassistische Umsetzungspraxis des Gesetzes zum Thema, und das eröffnete tiefe Einblicke in die Abgründe verbeamteten Rassismus. Ein Lehrstück dafür, welche Spielräume für Kontroll-, Spitzel- und Denunziantentum Sondergesetze ihren Vollstreckern eröffnen”, so beschrieb eine Beobachterin später den Prozess.

Als Zeuge vorgeladen war der Beamte, der den Zeitungsausschnitt an die Polizei weitergeleitet hatte. Während seiner Befragung durch die Verteidigung kam vor allem die Willkürlichkeit der Erlaubnisvergabe ans Licht: “bei Reisegenehmigungen müsse man doch ein Maß finden, auch gegenüber den anderen Flüchtlingen”. Als Gründe für eine Erlaubnis gab er an: “Familien- und Freundesbesuche unter Vorlage der Adresse, EXPO-Besuche, religiöse Aktivitäten, wenn sie dem Flüchtling Halt gäben”. Auch spielten Häufigkeit und Ziel der Anfragen eine Rolle. “Ich prüfe auch den Rücklauf. Und machen wir uns doch nichts vor: es gibt auch Ladendiebstahl”. Da werde er einem Antragsteller kaum ein zweites mal eine Reisegenehmigung an diesen Ort erteilen.

Seine “Erkenntnisse” über Cornelius Yufanyi hat Schäfer unaufgefordert dem Bundesamt für die Anerkennung von Asylsuchenden und das Verwaltungsgericht weitergeleitet. Ihm dränge sich der Verdacht aus, heißt es etwa in dieser Weiterleitung, dass Herr Yufanyi seinen Aufenthalt in Deutschland dafür nutzt, um politisch tätig zu werden. Im Wohnheim halte er sich nur an den Tagen auf, an denen Geld gezahlt werde. Außerdem werde er oft von einer deutschen Studentin aus Niedersachsen begleitet. Laut dem Thüringer Datenschutzbeauftragten, fast alles “unzulässige Mitteilungen”, für die Anwälte eine Zusammenballung von Rassismen.

Nach der Vernehmung wurde die Verhandlung vertagt. Eine Einstellung des Verfahrens lehnte Yufanyi ab. Sein Ziel sei die Abschaffung der Residenzpflicht, nicht eine Einstellung wegen Geringfügigkeit.


Der zweite Prozess
Am 24. Okotober 2002 kam es zur zweiten Prozessrunde in Worbis. Diesmal gelang es dem Gericht zu klären, dass Cornelius Yufanyi im April 2000 tatsächlich in Jena gewesen war. Wieder aber stand im Mittelpunkt des Verfahrens die Vergabepraxis von “Urlaubsscheinen”. Laut interner Behördendokumente dürften AsylbewerberInnen nur ein Mal pro Monat einen “Urlaubsschein” erhalten. Andere “Regeln” für die Vergabe konnten in der Befragung nicht geklärt werden. Eine pauschal festgelegte Vergabe ist nicht rechtmäßig.

Weder Staatsanwalt noch Verteidigern reichten die Aussagen des vernommenen Behördenmitarbeiters. Für den dritten Verhandlungstermin sollte der damalige Leiter der Ausländerbehörde im Landkreis Eichsfeld, Michael Wickmann sowie ein Vertreter des Thüringer Innenministeriums als Zeuge vorgeladen werden. Wickmann ist mittlerweile als Northeimer Landrat bei der massenhaften Abschiebung staatenloser libanesischer Flüchtlinge engagiert und hat sich gegenüber Kollegen von Cornelius Yufanyi damit gebrüstet, "Architekt" des Residenzpflichtverfahrens zu sein.


Der dritte Prozess
Am 4. September 2003 fand der dritte und letzte Verhandlungstermin in Worbis statt.
80 Menschen hatten sich zu Kundgebung und Prozessbeobachtung vor dem Amtsgericht eingefunden.

Die jetzt für den Prozeß zuständige Richterin hatte weder jemanden vom Innenministerium noch Wickmann vorgeladen. Sie hatte deren Vernehmung nicht für nötig erachtet.

Gleich zu Beginn beantragte der Rechtsanwalt die Aussetzung der Verhandlung und eine Übergabe an das Bundesverfassungsgericht. Das Gericht lehnte ab, weil das BVerfG schon früher einmal die Residenzpflicht als verfassungskonform angesehen hat.
Nach der Vernehmung von Cornelius selbst forderten die Anwälte einen Freispruch. Der gesetzeswidrigen Fahrt nach Jena habe ein “Notstand zugrundegelegen”. Er hätte zwar Rechtsmittel gegen das Reiseverbot einlegen können, aber das Verfahren hätte zu lange gedauert.

Der Prozess endete mit einer Verurteilung zu 15 Tagessätzen a 10 Euro. In der Begründung sagte die Richterin, dass sie den Notstand nicht erkennen kann. Dieser sei erst dann gegeben, wenn Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit bestehe. Freiheit sei die Freiheit, die einem der Staat zugestehe. Seine Beweggründe seien achtenswert, aber er müsse das Gesetz auf politischem Weg bekämpfen. Die Anwälte kündigten Berufung an und wollen evtl. bis zum Europäischen Gerichtshof gehen.


Resumee
Inzwischen liegt der Fall im Zusammenhang mit dem Fall von Sunny Omwenyeke tatsächlich dem Europäischen Gerichtshof vor. Eine Entscheidung wird sich allerdings noch jahrelang hinziehen. Und inzwischen wird die Residenzpflicht weiter eingesetzt, um Flüchtlinge zu isolieren und auszugrenzen.

Gegen Cornelius Yufanyi liegt ein Haftbefehl vor, weil er sich nach wie vor weigert, für sein Recht auf Bewegungsfreiheit zu bezahlen. Er ist nicht der erste, der dafür ins Gefängnis geht. Auch Sunny Omwenyeke saß dafür schon im Knast. Wie Yufanyi bekam er keine Erlaubnis, auf den Kongress nach Jena zu fahren. Im Dezember 2004 trat er seine Ersatzfreiheitsstrafe an. Am 4. April 2005 musste Momodou Barrow eine dreimonatige Haftstrafe in der JVA-Rottenburg antreten. Auch er wegen mehrmaligen Verstoßes gegen die Residenzpflicht.

Schon während der Kolonialzeit haben die Deutschen versucht, die Bewegungsfreiheit der Kolonisierten zu kontrollieren und zu unterbinden. Damals wurden dafür in den Kolonien ein “Eingeborenenregister” und eine Art Pass (eine Blechmarke) eingeführt. “Da jeder Pass nur in einem Bezirk gültig und durch entsprechende Nummernfolgen gekennzeichnet war, sollte jederzeit möglich sein, festzustellen, ob Afrikaner ihren Bezirk oder Distrikt verlassen hatten. Wollten sie dies legal – für einen befristeten Zeitraum – tun, mussten sie sich von der zuständigen Polizeistation einen Reisepass geben lassen. Am Reiseziel selbst hatten sie sich ihre Ankunft mit Uhrzeit bestätigen zu lassen. Lückenlos überwacht, sollten die Kolonisierten keine Möglichkeit haben, sich frei zu bewegen.” (Aus: Gesetzliches Unrecht, S. 139)
Eines der damaligen Kolonien war Kamerun, das Herkunftsland von Cornelius Yufanyi.

Es ist höchste Zeit, dass dieses Gesetz sowie alle anderen Sondergesetze gegen Flüchtlinge abgeschafft werden!

Kontakt: Cornelius Yufanyi, Handy: 01708788124



Für die Kampagne gegen die Residenzpflicht und zur Unterstützung von Cornelius Yufanyi werden Spenden benötigt:
The Voice Refugee Forum
Ktnr.: 127 829
BLZ 260 500 01
Sparkasse Göttingen
Stichwort: Residenzpflicht Cornelius
email:  the_voice_goettingen@gmx.de

für weitere Infos:
www.umbruch-bildarchiv.de/video/portrait/corneliusyufanyi.html
www.humanrights.de/doc_de/archiv/caravan/residenzpflicht/worbis.html
www.thevoiceforum.org/search/node/residenzpflicht
oder suche auf www.google.de nach Cornelius Yufanyi
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen