Keine Veranstaltung gegen "Heldengedenken"

Inforiot 24.10.2005 17:16
Antifaschisten weigern sich um deutsche Soldaten im brandenburgischen Halbe zu trauern
Am 12. November wird im brandenburgischen Halbe anlässlich des Volkstrauertages zum sechsten mal ein Aufmarsch von Alt- und Neonazis auf dem größten Soldatenfriedhof Deutschlands stattfinden. Diesmal ohne eine adäquate Gegenveranstaltung.

Nachdem ein großes parteiübergreifendes Bündnis aus PDS, SPD, CDU und unzähligen unabhängigen Initiativen und Vereinen schon Anfang 2005 angekündigt hatte in Halbe eine große Gegenkundgebung zu veranstalten, wurde nun von diesem Plan abgerückt. Es wurde noch nicht einmal den Aufmarsch der Rechten zu verbieten. Stattdessen wird eine Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag in Zusammenarbeit mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK) organisiert.

Die Gedenkveranstaltung steht unter dem Motto „Die Toten mahnen, für den Frieden zu leben“ und findet bezeichnender Weise im Anschluss an die von der DVU geplanten Kranzniederlegung auf dem Waldfriedhof Halbe statt, die „zum Gedenken an die unsterblichen, heldenhaft kämpfenden deutschen Soldaten“ aufruft.

Damit reiht sich das vorgeblich gegen rechts initiierte Bündnis in das Trauern um Wehrmachtsangehörige und andere deutsche Soldaten ein, dass auch von Soldatenverbänden und auch den Neonazis betrieben wird. Anders als bei Gedenkveranstaltungen für die Opfer des Nationalsozialismus, steht der Volkstrauertag und die Arbeit des VDK seit 1919 ausschließlich für die militaristische Traditionspflege und einen Totenkult um die soldatischen „Helden“ Deutschlands.

Die Arbeit des VDK beschränkt sich auf die Errichtung monumentaler Soldaten- und Kriegerdenkmäler. Diese sind Symbole des deutschen Militarismus und Identifikationsobjekte nationaler Gesinnungspolitik und dienen in keiner weise einer kritischen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit.

Anders als vom VDK behauptet, musste der Volkstrauertag von den Nazis 1934 nicht in ein „Heldengedenken“ umgewandelt werden, denn Emmo Eulen, Begründer des VDK, erwirkte durch direkte Intervention bei NS-Propagandaminister Goebbels selbst die Umgestaltung, da, so schrieb er „ dieser Tag nicht nur ein Tag der Trauer sondern ein Tag der Erhebung werden muß, ein Tag des Hoffens auf das Aufgehen der blutigen Saat“. Hitler schrieb Ende 1934 an Eulen „Die Arbeit des Volksbundes, die der Ehrung unserer gefallenen Kameraden dienen und ihr Gedenken durch würdigen Ausbau und treue Pflege der deutschen Grabstätten wach halten will, habe ich stets mit großem Interesse verfolgt.“. Das Anliegen des VDK hat sich bis dato nicht grundlegend geändert. Außer dass die hohlen Phrasen um „Versöhnung“ und „Völkerverständigung“ hinzugetreten sind, die eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem NS scheinbar unnötig machen. Anstatt über „Täter“ zu sprechen, wird über „Leid, Elend, Vertreibung und Kriegsgefangenschaft“ der Deutschen schwadroniert und die historischen Fakten von Holocaust und Angriffskrieg bewusst übersehen. Denn diese Fakten lassen kein relativierendes Geschichtsbild zu.

In Halbe wird am 12.11. von Neonazis, der DVU, der Bundeswehr, dem VDK, wie auch vom großen bürgerlichen Bündnis nicht den Opfern des Nationalsozialismus sondern, mitunter zwar anders akzentuiert aber dennoch, den Tätern gedacht. Wie schon in den vergangenen Jahren ist ein separates Gedenken für die wenigen dort beerdigten Wehrmachtsdeserteure und NS-Zwangsarbeiter untersagt. Diese Maßnahme ist nachvollziehbar, denn es kann und sollte, auch unserer Meinung nach, kein gemeinsames Trauern um Opfer und Täter geben.

Für eine inhaltliche Abgrenzung von den dort marschierenden etwa 1000 Neonazis wird es unter diesen Vorzeichen kein Raum geben. Die Personen, die sich nicht in die militaristische Einheitsfront einreihen wollen, ist durch die Ausrichtung der „Gegenveranstaltung“ durch den VDK, die Möglichkeit entzogen, sich gegen den Aufmarsch der Neonazis und gegen die Heroisierung deutscher Soldaten zu äußern.

Schon im letzten Jahr wurden etwa 400 AntifaschistInnen durch polizeiliche Rechtsbrüche an der Teilnahme an einer angemeldeten Antifa-Kundgebung gehindert. Wenn wir als AntifaschistInnen in Halbe von Neonazis und dem Parteien-Bündnis nicht erwünscht sind, werden wir an einem anderen Ort unseren Protest kundtun. Vertreiben lassen wir uns aus Halbe bestimmt nicht.

Antifaschistisches und antirassistisches Bündnis gegen Heldengedenken in Halbe
 http://www.redhalbe.de.vu
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Ergänzungen

factoid

tagmata 13.11.2005 - 06:51
"Die Arbeit des VDK beschränkt sich auf die Errichtung monumentaler Soldaten- und Kriegerdenkmäler."

völliger bullshit. der vdk ist die einzige anlaufstelle in d, wenn es um tote soldaten geht (im ausland nur deutsche, im inland alle), die irgendwo herumliegen. daraus ergeben sich eine ganze menge mehr sachen, die die so treiben. wenn einer beim pflügen bei halbe n toten mushik findet, ist der vdk die organisation, die für die bergung herangezogen wird. die reste werden dann an entsprechende russische stellen überstellt. nur wenn es um massengräber geht, werden ausländische organisationen direkt beteiligt, weil das logistisch einfach zu aufwendig ist, für jeden wk2-kadaver extra n forensiker aus moskau einzufliegen.

"monumentale" kriegerdenkmäler bauen die heutzutage jedenfalls so gut wie nicht mehr. das sind dann eher lokale private initiativen & politikerInnen. die angesprochene problematik bleibt davon natürlich unbenommen, aber trotzdem ist es sinnfrei bis kontraproduktiv, irgendwelche argumentativen irrigkeiten rumzuschmeißen. wer den vdk kritisieren will, findet genug material in dem was sie machen, ohne die realität zurechtbiegen zu müssen.

der laden ist quasistaatlich; zwar nicht direkt ein staatsorgan, aber da sie monopolisten auf ihrem gebiet sind, arbeiten sie eng mit staatlichen stellen zusammen. daraus ergeben sich abhängig von der politischen konstellation ebenfalls angriffspunkte; schönbohm jetzt in halbe ist ein nettes beispiel, denn sonst hat er ja gar nicht so viel gegen faschos - nur wenn sie ihm die show zu stehlen drohen, versteht er keinen spaß mehr...