Naziaufmarsch am 14.10.05 in Wernigerode

Antifaschistische Gruppe Harz 15.10.2005 20:50 Themen: Antifa
Am 14.10.05 trafen sich etwa 200 Nazis aus Sachsen-Anhalt in Wernigerode, um unter dem Motto “Für Meinungsfreiheit. Gegen roten Terror und gesellschaftliche Denkverbote.“ durch die Stadt zu ziehen.
Am 14.10.05 trafen sich etwa 200 Nazis aus Sachsen-Anhalt in Wernigerode, um unter dem Motto “Für Meinungsfreiheit. Gegen roten Terror und gesellschaftliche Denkverbote.“ durch die Stadt zu ziehen.



Die Vorgeschichte ist schnell erzählt:

Freitag, der 23.09.05:
Ca. 22 Nazis greifen mit Zaunlatten, Baseballschlägern und Schlagringen bewaffnet 10 alternative Jugendliche auf dem Anger-Parkplatz in Wernigerode an. 2 Jugendliche wurden bei diesem gewalttätigen Überfall krankenhausreif geschlagen.
Eine Person aus dem Umfeld der Oi-Skins Wernigerode befand sich ebenfalls unter den Angegriffenen.

Freitag, der 07.10.05:
Etwa 20 Skinheads greifen eine Gruppe von ca. 15 Nazis auf dem Anger-Parkplatz in Wernigerode an und schlagen 2 von Ihnen krankenhausreif.

JEGLICHE BERICHTE über den Angriff in den Medien sprachen von 40 Linken, die am 07.10.05 schwerbewaffnet mit Zaunlatten, Baseballschlägern und Schlagringen 8 Rechte angegriffen und 2 von Ihnen schwer verletzt haben sollen.

Auch die Wernigeröder Aktionsfront ging auf diese falsche Spekulation ein und nutze sie für ihre Propaganda. Auf der Seite des Nationalen Beobachters Wernigerode schrieb man von einem Anstieg linker Gewalt im Harz und der Funktion der Antifa als Handlanger des Staates.

Am Dienstag, den 11.10.05 erschien ein Demonstrationsaufruf auf der Seite des NB Wernigerode. Man versuchte, sich als Opfer zu präsentieren und schrieb von staatlicher Provokation, man habe ja ständig mit Ungerechtheit zu kämpfen.
Es wurde aufgefordert, gegen „roten Terror und Meninungsfreiheit“ am 14.10. an einer Demonstration in Wernigerode teilzunehmen. Beide Forderungen der Nazis scheinen lächerlich, da weder roter Terror noch Repression der Nazis im Harz festzustellen sind.



Das Bürgerbündnis Wernigerode meldete am Donnerstag Vormittag eine "Kehraus-Aktion" um

Trotz Forderungen von Seiten antifaschistischer Menschen und des DGB, die Kundgebung VOR DEM NAZIAUFMARSCH anzumelden, um diese als Treffpunkt für weitere friedliche Aktionen gegen den Naziaufmarsch zu nutzen, traf das Bürgerbündnis in internen Gesprächen mit der Polizei die Vereinbarung, ab 19:30, also WÄHREND des Naziaufmarsches in Wernigerode, .ein "kulturelles Programm auf dem Markplatz durchzuführen und dann EINE GANZE STRASSE (!!!) im Abstand von 200m hinter den Nazis herzulaufen und symbolisch mit Besen die Stadt zu "säubern".

Diese kurzfristige und egoistische Entscheidung des Bürgerbündnisses machte eine Anmeldung einer eigenen Veranstaltung gegen den Naziaufmarsch nicht mehr möglich.

So kam es am Freitag zum größten Polizei-Einsatz in der Region seit 2001.
Die gesamte verfügbare Polizei aus Sachsen-Anhalt (etwa 500-600) wurde mobilisiert (unter anderem wurden 2 Wasserwerfer und mehr als 5 Busse für eventuelle Gefangene gesichtet), um einen "1. Oktober zu verhindern" (Zitat d.Polizei).

(Gemeint sind mehrere Überfälle von etwa 100 Nazis auf eine antifaschistische Demonstration gegen den Naziladen „Ragnarök“ und die Zora (alternativer Jugendclub) in Halberstadt. Die etwa 120 vorhandenen Einsatzkräfte hatten „nicht mit solchem Gewaltpotenzial“ seitens der größenteils betrunkenen Nazis gerechnet. Mit der Versicherung, nur einmal friedlich durch die Stadt zu laufen, lies die Polizei die Nazis, die sich vor dem Ragnarök getroffen hatten, ohne Kontrolle in die Stadt ziehen, wo sich der erste Angriff auf die Antifa-Demo ereignete.)

Die Nazis versuchten, den Aufmarsch kurzfristig zu verlegen, was allerdings am extremen Polizeiaufgebot scheiterte, das extra für diesen Tag zusammengetrommelt wurde, um "böse linke Steinerwerfer" und unliebsame Störer aus dem Stadtbild zu entfernen.

Eine spontane Sitzblockade konnte so nicht statt finden. Ab 17:30 war rund um den Anger-Parkplatz, dem Treffpunkt der Nazis, Schluss für jegliche Menschen, die vom äußeren Erscheinungsbild als Gegendemonstranten angesehen wurden.
Ab etwa 18:00 machte die Polizei die Route der Nazis und das gesamte Umfeld von allen Seiten dicht. Keiner der Gegendemonstranten, die sich mittlerweile auf dem Marktplatz versammelt hatten, durften diesen in Richtung der Naziroute verlassen, obwohl die Nazis sich erst nach 20 Uhr in Bewegung setzten. Die Polizei machte klar, dass sie keinerlei Protest in Nähe der Naziroute (wie von Seiten der Nazis 2 Wochen zuvor bei der Antifa-Demo in Halberstadt) dulden würde und den Naziaufmarsch mit allen Mitteln, mit Absprache der Stadt und Bürgerbündnis, durchsetzen wollte.

Was folgte, war Kino erste Reihe.
Vor dem Rathaus versammelten sich rund 500 Menschen jeglicher Coleur, um Schulchören und der Rede des Oberbürgermeisters zu lauschen. Der Tourismus-Standort Wernigerode versuchte so, sein gutes Image in der Öffentlichkeit zu wahren und sich als "saubere Stadt" in den Medien zu positionieren. Währenddessen setzte sich am Angerparkplatz ein von der Polizei stark geschützter Naziaufmarsch mit etwa 200 Teilnehmern langsam in Bewegung, um durch ein menschenleeres und dunkles Wernigerode zu ziehen.

Nachdem die Nazis den Nicolaiplatz (etwa 300m vom Marktplatz entfernt) nach Beendigung einer Kundgebung verlassen hatten, lief man Ihnen nun mit Oberbürgermeister, Bündnisvorsitzendem an der Spitze und einigen fleißigen Besenfegern an der Spitze in einem Abstand von deutlich mehr als 200m (wie vom BB mit der Polizei vereinbart) im Schneckentempo hinterher.
Die Nazis kamen niemals auf Ruf -, geschweige denn Sichtweite, dafür hatte die unverhältnismäßig hohe Zahl Polizisten bei einer Bürgerveranstaltung gesorgt.

Die Kundgebung wurde am Ende der Innenstadt, bis wohin man den Nazis gefolgt war, vom Vorsitzenden des „Bündnis für Weltoffenheit und Toleranz“ aufgelöst., worauf dieser erhebliche Kritik in Form von Protestrufen entgegen nehmen musste.
Die Vielzahl der Bürger hatte sich recht schnell verflüchtigt, die moralische Pflicht dieses Tages war soweit erfüllt.
Was blieb war eine große Anzahl Jugendlicher, die sich nicht mit einfachen Image-Aufbesserung seitens der Stadt abfanden und den Naziaufmarsch weiterhin auf der noch recht weiten verbleibenden Route akustisch begleiten wollten.
Dies wurde, wie erwartet, von der Polizei teilweise mit Gewalteinsatz unterbunden.


Aus objektiver Sicht ein Erfolg für die Nazis.
Der Aufmarsch konnte fast ungestört ablaufen und 200 Teilnehmer (mobilisiert innerhalb einer Woche) sprechen für die Nazistrukturen der Region.

Positiv zu beurteilen ist allerdings das große Interesse und die Präsenz der Jugend aus Wernigerode (egal ob Punk, Parteimitglied oder Normalo) an dem Versuch, den Naziaufmarsch zu blockieren und zu stören. Dies lässt für die Zukunft und folgende Aktionen hoffen!

In keinem Fall soll die Kundgebung und die Aktion seitens des Bürgerbündnisses unterbewertet werden, allerdings wäre aktiver friedlicher Widerstand an diesem Tag auf jeden Fall möglich gewesen, wenn die KUNGBUNG VOR DEM AUFMARSCH DER NAZIS stattgefunden hätte und so als Anlaufpunkt für weitere friedliche Aktionen gedient hätte.
Durch eine gemeinsame friedliche Sitzblockade wäre der Aufmarsch der Nazis gewiss anders verlaufen. Dies wird auch in Nachbetrachtungen der Demo thematisiert und kritisiert werden müssen, um bei eventuellen zukünftigen Aktionen den Nazis kein Durchkommen zu ermöglichen.

Auch mehr Hilfe von ausserhalb wäre an diesem Tag sehr sinnvoll gewesen.
Leider lies der Zeitraum keine großen Möglichkeiten für eine effektive Mobilisierung, allerdings war diese Situation auch eine wichtige Erfahrung, um die eigenen Mobilisierungsmöglichkeiten in Zukunft wirklich effektiv nutzen zu können.

Bilder/Videos der marschierenden Nazis werden folgen!!!

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Ergänzungen

Frage

Lena Habass 15.10.2005 - 23:43
Liegen Erkenntnisse vor, aus welchen Regionen des Landes die Teilnehmer der Neonazidemonstration vornehmlich kamen?
Verwiesen sei zudem auf einen am Samstag in Schönebeck/Elbe stattgefundenen Aufmarsch neonazistischer Gruppen der Region, bei dem wahrlichscheinlich ein zum Teil identischer Teilnehmerkreis wiederfand.
Darüber hinaus sollte in Merseburg eine VA zum 15jährigen Bestehen des NPD Landesverbandes stattfinden.

antwort

Autor 16.10.2005 - 00:14
Unter Anderem sollen die Nazis aus Wernigerode, Halberstadt, Blankenburg, Quedlinburg, Magdeburg, Burg, Schönebeck, außerdem aus Wolfenbüttel und Brandenburg angereist sein.

Am Samstag demostrierte der größte teil aus Wernigerode auch in Schönebeck!

Über eine VA in Merseburg ist uns nichts bekannt.
Falls es nähere infos gibt, bitte melden!

MDR

MDR 16.10.2005 - 19:06
auf MDR gab es gestern Abend jedenfalls noch ein Video aus WR

artikel

Antifaschist 17.10.2005 - 23:56

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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