Wer ist eigentlich ... Banksy?

CntrlAltDel 11.10.2005 16:22 Themen: Kultur Medien
Banksy... dieser Name scheint unter Jugendlichen in den ärmeren und proletarischen Vororten von London schon längst Programm zu sein. Er, welcher mit seiner verborgenen Indentität schon beinahe mystifiziert wird, tut gut daran sich europaweit, und darüber hinaus mit waghalsigen Aktionen in Szene zu setzen. Und das kann er.
Adbusting... how comes?

Vor etwa 5 Jahren wurde mir von einem guten Freund ein spanndes Buch über einen für mich anfangs etwas undurchsichtigen Begriff geschenkt. Das Handbuch der Kommunikationsguerrilla. In diesem Buch geht es um Aktionsformen, welche gezielte Des-/Information einsetzen um ihre, wie z.B. bei Flashmobs oder Guerillamarketing leider nicht immer politischen, Ziele zu erreichen. So gibt es viele Bereiche für politische Akteure in denen Agitation Verwirrung stiftet und so dem Betrachter/Empfänger ein verzerrtes Bild der Dinge oder des Ziels dargestellt wird. Ein Kapitel welches mich besonders gefesselt hat handelt vom so gennanten Adbusting. Bei dieser Aktionsform werden meist Werbe-schilder und andere -träger Verändert oder mit oftmals gesprühten Zeichnungen sowie Worten ergänzt, um so ihren Sinn zu verfremden. Die Anfänge des Adbusting nahmen wohl 1977 seinen Lauf, als sich Jack Napier und Irving Glikk Zugang zum Dach einer Fabrik in San Francisco verschafften, um dort den Text zweier Werbeschilder zu verändern. Nach ein paar weiteren Aktionen gründete sich daraus die so genannte „Billboard Liberation Front“ welche inzwischen zwar gesellschaftlich und im Mainstream um einiges ettablierter sind aber noch immer existieren.

Banksy... Streetart at it`s best

Etwa ein Jahr später wurde ich in London auf Bilder eines Künstlers aufmerksam der unter dem Namen Banksy bekannt, inzwischen geradezu einen Medienhype erfährt. Banksy, welcher trotz der Fähigkeit seine wahre Indentität geschickt zu verschleiern, ist im etwas ärmeren und proletarischen viertel Hackney nicht erst seit der Herausgabe seiner drei Bücher "Banging your head against a brick wall", „Existencilism“ und „Cut it Out“ bekannt wie ein bunter Hund. Diese Bücher erschienen im Eigenvertrieb, und präsentieren einen Ausschnitt seiner „In- und Outdoor“ Arbeiten, und seien hiermit jedem Freund der subversiven Kunst ans Herz gelegt. So zieren nicht nur in den Büchern seine oftmals Systemkritischen Schablonenarbeiten und Graffitis viele Brückengeländer, Hauswände oder auch Autos in Städten wie London, Barcelona, Berlin und auch New York. Bansky bedient sich ebenfalls der Taktiken der Kommunikationsguerilla und den Adbusters um eine alternative Sichtweise auf politische und wirtschaftliche Themen zu bieten. So sprühte er zum Beispiel ein lebensgroßes Bild zweier Londoner Bobbys, die sich in aller Öffentlichkeit innig in den Armen halten und küssen, oder die Schablonenarbeit einer schwarzen Ratte, die in großen Lettern und roter Farbe den bescheidenen Satz: “We will win“ an die Wand schreibt, um dezent auf das wahre Kräfteverhältnis zwischen Menschen und Ratten in Großstädten aufmerksam zu machen. Er beschränkt sich dabei lange nicht nur auf das Sprühen von Schablonen, Graffitis oder eben das verändern von Werbetafeln. In seinem dritten Buch „Cut it out“ zeigt er unter anderem ein Photo von 3 ausgestopften Raben die sich an den Kabeln einer der unzähligen Überwachnungskameras Londons zu schaffen machen. Bei all diesen Aktionen versteht er es sich geschickt eine große Öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen indem er einige seiner „Indoor“ Malereien ungefragt in einigen großen Museen unter anderem im New Yorker Metropolitan Museum of Art, dem British Museum und dem Museum of Modern Art aufhängt oder Auftragsarbeiten für NGO`s wie Greenpeace annimmt. Dieses jahr wurden sogar 7 Bilder von ihm an der "West Bank Barrier" auf der Palestinensischen Seite der Mauer entdeckt. Die Darstellungen dieser schön-provokativen Bilder sprechen wohl für sich. ;)

Revolution will (not) be critisized

Mit der Bekanntheit lockt bekanntlich auch das Geld. Daher muss sich Banksy inzwischen vermehrt der Kritik aus der Antikommerziellen Kunstszene verantworten, da er auch Aufträge für Puma und MTV annahm, und für seine Bilder auch gerne mal bescheidene 25.000£ verlangt. Gerne hätte ich im Internet ein ausführliches Statement von ihm selbst dazu gefunden, aber auch hier scheint sich Banksy sehr bedeckt zu halten. Bemerkenswert ist jedoch daß für einen Künstler mit so großen Output an Bildern und Objekten vermutlich wenig Zeit bleibt das Geld auf „gewöhnlichem“ Wege zu verdienen. Davon abgesehen ist der Großteil seiner Arbeiten ohnehin auf der Straße zu bewundern, wo die Schablonenbilder seiner berühmten Ratten natürlich am besten wirken.

Who the **** is Banksy?

Seine wahre Indentität scheint in Kunstkreisen und vielen Internetforen Stoff für reichlich Spekulationen zu sein. Polizeilich gesucht wird er in Großbritannien schon seit Jahren, und in Journalistenkreisen wird vermutet, sein wahrer Name sei Robert oder Robin Banks wodurch ein weiterer seiner viel gesprühten Slogans hergeleitet sein könnte: Robbin` Banks. Aufgewachsen sei er in Bristol, wo er im jungen Alter von 14 Jahren anfing die ersten Pieces zu sprühen. Im einzigen Bisher gegebenen Interview mit einem Journalist der Zeitung „Guardian“ wird Banksy unter anderem auch auf einen nicht ausgeführten Werbeuftrag für NIKE angesprochen:

Banksy: „...Nike have offered me mad money for doing stuff."
Journalist: „But why did you turn it down?“
Banksy: „...Because I don't need the money and I don't like children working their fingers to the bone for nothing...„

Fazit

Die Frage bleibt natürlich völlig offen, ob ein Werbevertrag mit PUMA so viel besser ist als einer mit NIKE, zumal Indische und Indonesische Sweatshops meist Zuliefererfirmen für mehrere Großhersteller modischer Sportbekleidung sind, und somit zumindest dieses Argument nicht zählt. Zu hoffen bleibt daß Banksy sich in diesem Zusammenhang zu einem noch ausführlicheren Statement motivieren lässt die mehr Aufschluß über sein Handeln gibt.

weiterführende Links:
http://banksy.co.uk
Wikipedia-eintrag zu Banksy
Telepolis-eintrag zu Banksy
Große Gallerie mit In- und Outdoor Arbeiten
Video über die Pieces an der West-Bank
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Ergänzungen

zum thema banksy und puma

elliot pank 11.10.2005 - 23:32

einiges zu Banksy

holterdipolter 12.10.2005 - 00:53
Hi,

einiges zu Banksy hat Christian Schmidt in dem supertollen Buch go.stop.act! Die Kunst des kreativen Straßenprotests. Geschichten - Aktionen - Ideen. von Marc Amann kommentiert. Der Artikel heißt "Street Art. Symbolische Angriffe auf die Funktionalität der Stadt.", kommt etwas intellektuell daher, aber man erfährt ne Menge.

 http://www.go-stop-act.de/
auch  http://kreativerstrassenprotest.twoday.net/topics/Street+Art/

lust bekommen...

rotor 12.10.2005 - 19:04
...auch mal so etwas zu machen?

auf der seite  http://www.stencilrevolution.com/ findet mensch neben jeder menge anregungen was man machen kann auch tutorials zum schablonen erstellen sowie freie schriftarten zum download die sich besonders gut zum schablonen schneiden benutzen lassen.

blank walls, blank minds... (amsrock?)

rotor

Straßenkunst.

saul 12.10.2005 - 19:07
Streetart und Kommunikationsguerilla.
Das bereits mit einen Hauch von Mythos umgebene Handbuch der Kommunikationsguerilla, wurd bereits bei Heise verrissen. Alles gutgemeint und so Geschichten wie Politiker beklatschen, das gabs schon vor früher in der guten alten Vorinternetzeit. So wurd mal ein CDU Politiker an der Uni niedergejubelt und dem wurde als Großbild, in der U Bahnstation Bockenheimer Warte, ein Denkmal gesetzt. Freilich verstehen es die wenigsten Fahrgäste. Nicht alle Bilder sprechen für sich selbst.
Fakeaktionen gab s in den 70igern und besonders in den 80igern. Fiktive Behördenschreiben die der nichtsahnende Bürger in seinen Briefkasten fand und den Ausfall der Wahlen verkündeten oder gleich eine gefakte Frankfurter Rundschau die meldete, es ist Krieg. Mehr als nette Aktionen die den grauen Politalltag auflockerten konnten das nie sein.
Die erfolgreichste Kommunikationsguerilla waren die Writer, dabei kannte niemand diesen Begriff und sie hatten auch nicht die Absicht zu schocken. Aber genau das passierte, zumindest als es anfing. Als auf einmal die Tags auftauchten, diese Hieroglyphen, man konnte nichts lesen, es ergab keinen Sinn und war deswegen bedrohlich. Die Writer hatten die Praxis, die Theorie kannten sie nicht. Waren sie deswegen so wirksam, weil sich Auswirkungen von Interventionen im öffentlichen Raum nicht planen lassen?
Hier kommen wir nun zu Streetart und zu denen die genau diese Absicht haben. Es gibt auch die Richtung, die just 4 fun arbeitet und damit nicht agitieren will. Viele Pseudokünstler darunter, die nicht verstanden werden wollen und die auch niemand verstehen will. Mittlerweile sieht man ja genug davon um das zu beurteilen. Hier ist echt viel Agitationszeug drunter. Papiergewordene Kunsttheorie von gesellschaftlichen Eingriffen durch Kunst. Was bewirken diese Kleinsticker? Nicht viel, die Leut beachten sie meist nicht und können damit wenig anfangen. Dahinter steckt die Ideologie vom Künstler, der im Untergrund arbeitet und nur drauf wartet, das die herrschende Kunstwelt ihm die Tore zum Museum, Kunstmarkt, Ruhm und Kohle öffnet. Träum weiter. Sticker gab es als Graffititechnik schon in den späten 80igern allerdings alles in Handarbeit. 91 gab s satirische Sticker zum Golfkrieg nur den Begriff Streetart gab s noch nicht. Erst die Verbreitung von PC und Drucker sorgte für professionell aussehende Sticker. Und das Internet sorgte für eine schnellere Form von Öffentlichkeit, welche die handvoll Graffzines oder die Hip Hop Farbmags nicht bieten konnten, zumal die erstmal nur auf Writing fixiert waren. Mit Sticker hättest denen seinerzeit nicht kommen dürfen, was willst mit dem Dreck? Mittlerweile werden aber auch da Bilder von Streetart gedruckt. Hat hier ein Umdenken stattgefunden oder eine gewisse Anerkennung von Streetart als eigene Grafform?
Siehe auch:
 http://www.graffitieuropa.org/streetart.htm

photos

pitsch 07.11.2005 - 13:19
auf flickr gibts eine menge photos zum thema "street art"
vorlaeufer waren wohl der sprayer von zürich, harald naegeli
und die schablonen kunst in paris, die sonderformen sind
eh die interessantesten. es gibt jemand der macht kleine
space invaders in mosaikbausteinen, etwas dass es schon
in den 80ern an new yorker laternenpfaehlen zu sehen gab,
und in berlin malt jemand die schatten von schildern und
aufbauten auf dem buergersteig nach, ganz zu schweigen vom
"6er" der dazu uebergegangen ist nach tausenden von tags
nun auf seine diversen websites hinzuweisen. letztlich gehoert
das ganze irgendwie eher in die aufmerksamkeitsoekonomie,
eine ziemlich verspielt-narzistische sache neben blogs und
second hand mode. also ein zeichen neoliberaler
individualisierunglogik, aesthetische ueberlebenszeichen
der identitaetskonstruktion, genau darauf zielt ja auch puma/nike
die konstruktion von identitaet durch konsumption.
mit der agressivitaet von graffity, tagging und
writing hat "street art" wenig zu tun, eher mit webmastering,
comics, skateboards und design studenten. auch hat es
wohl wenig zu tun mit den slogans und schriftzuegen vom mai 68,
auch wenn die von kunststudentinnen entworfen wurden.
also ist es kein wunder dass street art vor allem im
neoliberalen england der new labour ziemlich en vogue ist,
da es letztlich eine oeffentliche kompromisskunst ist, zwar
schoen aber auch bequem genug dass man sie als verschoenerung
bezeichnen koennte, so wie ein paar rote geranien auf der
fensterbank von einer lieben oma.



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