Augenzeugen-Berichte von Migranten in Marokko

indymedia Tanger 11.10.2005 00:46 Themen: Antirassismus Repression Weltweit
"Bis jetzt ist es unmöglich die Zahl der Vermissten festzustellen, aber wir wissen dass seit Samstag bis Mittwoch dieser Woche in ungefähr 60 Autobusse jeweils 40-60 Personen deportiert wurden, in ein Wüstengebiet, die Grenze zwischen Algerien und Marokko. Man kann sagen/ vermutet, dass in diesen Tagen mehr als 2400 Menschen deportiert worden sind.
Nach unterschiedliche Kontaktgruppen sind 36 Menschen tot und eine unbestimmte Zahl verschwunden."
Übersetzung aus dem Spanischen:

Die Morde von Nador und die Deportationen in die Sahara

Im Folgenden transkribiere ich Euch eine Zeugenaussage, die die Vision der MigrantInnen von Nador über den Versuch, nach Melilla hereinzukommen, zusammenfasst und reflektiert. Offiziell geben die Marokkanischen Behörden die Existenz von 6 Toten zu.

"Gegen 2.30 morgens (marokkanische Zeit) sind wir am Stacheldrahtzaun angekommen. Wir haben 4 Hubschrauber gesehen, es scheint, 3 waren spanisch und einer marokkanisch. Wir haben den ersten Zaun nicht überquert und niemand hat uns berührt [wurden in Ruhe gelassen]... wir haben es bis dorthin geschafft. Sie begannen auf uns zu schießen und Tränengas zu werfen. Ich habe neben mir 2 Körper fallen gesehen. Die marokkanische Polizei hat sich uns von hinten genähert und von vorn die spanische Polizei, von denen sich einige auf marokkanischem Territorium befanden. Sie schossen von beiden Seiten, der spanischen und der marokkanischen Seite.
Ich selbst habe einen Verwundeten transportiert, mit einer Kugel im Fuss.
Im Krankenhaus von Nador war ein verwundeter Compañero von uns, der 7 Körper eintreffen gesehen hat, das heißt es gab 7 Tote. Hier im Wald bleiben auch viele Verwundete, die, denen keine medizinische Hilfe gegeben worden ist.
Es gibt auch 32 Verletzte, viele verletzt durch Kugeln. Es gibt gebrochene Füsse und Arme und hier ist noch keine Hilfe der Humanitären Organisationen angekommen., wie die Ärzte ohne Grenzen, weil sie uns komplett umzingelt haben.
Wir haben nicht 1000 Personen angegriffen, es ist unmöglich... Die Situation ist erstickend. Wenigstens bevor sie uns gefasst haben, war unser Leben nicht in Gefahr. Jetzt schicken sie Dich in die Sahara zurück und Du stirbst. Du musst wählen zwischen sterben in der Wüste oder sterben in einer Schiesserei am Stacheldraht" L.C.

Der Compañero aus Kamerun hat recht. Bis jetzt ist es unmöglich die Zahl der Vermissten festzustellen, aber wir wissen dass seit Samstag bis Mittwoch dieser Woche in ungefähr 60 Autobusse jeweils 40-60 Personen deportiert wurden, in ein Wüstengebiet, die Grenze zwischen Algerien und Marokko. Man kann sagen/ vermutet, dass in diesen Tagen mehr als 2400 Menschen deportiert worden sind. Es ist das Gebiet des Korridors, wo die Grenze nicht definiert ist und wo die territorialen Konflikte zwischen Algerien und Marokko beginnen.
Unterschiedliche Kontaktgruppen haben uns berichtet, das 36 Menschen tot und eine unbestimmte Zahl verschwunden sind.
Die Besorgnis über diese Ereignisse ist latent unter allen Afrikanern und in den Herkunftsländern wird den ganzen Tag im Fernsehen und Radio davon gesprochen. In Schwarzafrika wird von Genozid gesprochen und von der Schwarzen Jagd.
Wir haben bestätigt, dass wirklich mindestens ungefähr 30 Asylantragsteller abgeschoben worden sind. Wenigstens konnten wir mit 3 Bürgern sprechen, einem Senegalesen und einem Kameruner, deren Papiere mit dem Staat Marokko in Ordnung sind.
Mindestens wurde die Abschiebung von 10 Frauen mit Kleinkindern/Babies und um die 50, die nach eigenen Angaben schwanger sind, bestätigt.
Das Thema der Frauen macht uns besonders Sorgen, weil sie verletzlicher gegenüber der Gewalt sind, vor allem der sexuellen Gewalt, die ebenfalls gegen sie angewandt worden ist während der Abschiebungen.

Einer der Zeugen erklärt und fasst zusammen den Verlauf der Abschiebung durch die marokkanischen Behörden.

"Ich war in Spanien. Die Nacht, in der wir versucht haben, nach Ceuta hineinzukommen. Ich hatte die beiden Zäune überwunden und dann hat mich die Guardia Civil gefunden, die mich zum Umkehren gezwungen haben mit einer starken Brutalität, von der ich nie geglaubt hätte, sie in einem demokratischen Land zu vorzufinden. Sie lieferten mich an das marokkanische Militär ab, zusammen mit 155 Personen, die unverletzt waren und etwas mehr als 20 Verletzte unterschiedlichen Grades. Beide haben mit scharfer Munition geschossen, die Marokkaner und die Spanier, die Spanier während wir oben auf dem Zaun waren und die Körper fielen herunter. Ich denke an die Toten und ich sterbe von innen.
Die marokkanischen Behörden überführten uns in die Stadt Oujda, wie immer. Als ich dort ankam, traf ich auf eine Menge Afrikaner aus anderen Orten Marokkos. Ich sah viele mit Asylpapieren, ausgestellt von UNHCR und das heißt, dass sie unter dem Schutz der Vereinten Nationen stehen. Ich sah auch Compañeros, die ein Visum für Marokko hatten oder in ihrem Pass einen Stempel der Einreise, der noch nicht abgelaufen war. Ich sah Frauen und Babies, ich sah schwangere Frauen.
Sie steckten uns in Busse. Ich glaubte, dass sie uns wie immer bis 20 km von der Grenze von Oujda bringen würden. Es waren 40 Busse, aber sie haben uns in den Süden geleitet, ich schätze ungefähr 600 km von Oujda. Dann hielten die Busse und es kamen Militär-Lkws und Jeeps, die uns in kleine Gruppen aufgeteilt und uns in die Wüste gebracht haben. Sie ließen uns dort ohne Wasser und ohne Essen.
In der Ferne gab es Lichter, von Algerien, sagten die Marokkaner. Wir sind die ganze Nacht zu den Lichtern hin gelaufen, mit einigen sind wir dort angekommen und wir haben gesehen, dass es ein Algerisches Militär-Lager war. Die Militärs gaben uns Wasser und Essen. Compañeros haben es geschafft, anzukommen, andere sind nicht angekommen. Wir haben sie in der Wüste verloren. Ich versichere Euch, dass jene, die nicht angekommen sind, in Wahrheit gestorben sind.
Die Algerier haben uns in diesem Moment nicht schlecht behandelt. Sie haben uns geleitet und einen Weg gezeigt, um nicht auf das marokkanische Militär-Lager zu stoßen, die uns in Jeeps oder Lkws gebracht haben.
Das Problem ist, wenn Du wieder die marokkanischen Militärs triffst, weil sie Dich wieder deportieren und Du kehrst zum Anfang zurück.
Es gibt Deportationen von Verwundeten, mit kaputten/gebrochenen Beinen, die nicht laufen konnten und die in der Wüste geblieben sind. Wir denken nicht an jene, denen es gut geht, sondern an jene, die inmitten der Wüste geblieben sind. Wir bitten, dass Sie sie mit Hubschraubern suchen, bitte, die Stunden zählen."
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Ergänzungen

hm

tagmata 11.10.2005 - 11:43
"Oder leben in einem ganz normalen marokkanischen Dorf."

Ja, als Tagelöhner. Was meinst du, was die meisten dieser Leute die vergangenen Monate gemacht haben? Denkst du, die haben noch was übrig von ihrem bißchen Fluchtgeld, nachdem sie sich in N'Djamena oder Tomboctou n Schleuser aufgetan haben, der sie durch die Sahara schafft - oder einfach mit ihrer Kohle abhaut?

Die meisten subsaharischen Flüchtlinge und Migranten haben genau das schon wochenlang gemacht: in einem marokkanischen Dorf - oder vielmehr einer kleineren oder größeren Stadt - in Parks gepennt oder in Straßengräben, und Autos gewaschen oder recyclebaren Müll augelesen und verkauft, und sich aus Mülleimern ernährt.

Ist aber keine langfristige Alternative. Ethnographisch ist der Maghreb ein Teil von Europa, nicht von Afrika, weil die Sahara seit 8000 Jahren quasi Niemandsland ist, durch das zwar Wege führen, die aber bis in jüngste Zeit, und größtenteils immer noch, nur Eingeweihten und Beduinen bekannt sind. Das heißt, die Kulturgeschichte Marokkos etc war immer mit der von Spanien, Frankreich, Italien verbunden; die von Mali, Niger und co mit der vom Kongo usf.

Sind nicht alle so, aber unter der einfachen Bevölkerung im Maghreb existieren echt eklige Vorurteile gegen Subsaharawis. Einen kleinen Hinweis mag das Wort "Kaffer" geben, das bis zur Mitte dieses Jahrhunderts dasjenige war, das Menschen in Europa benutzten, wenn sie "Nigger" sagen wollten - nicht wie's n Rapper meinen mag, sondern im krass abwertenden Sinne.

"Kaffer" nun kommt von arabisch kâfir (Pl. kuffâr): "Ungläubiger". Wenn du wissen willst, was Ahmed Normalmoslem von kuffâr hält, sei dir der Propagandarap "Dirty Kuffar" ans Herz gelegt, bzw dessen Video (ein vom technisch-analytischen Standpunkt meines Erachtens sehr 'gelungenes' Propagandawerk, weil es seinen Haß in recht nachvollziehbarem - für'n Moslem - Rahmen hält und jeder sein Fett abbekommt, Sharon und die Nazis und Bush und der Papst und Musharraf und Saddam - "Allah humiliates the tyrants" als Unterschrift des "we got him"-Fotos. Pretty damn impressive piece of jihad marketing).

Also, dein Vorschlag ist so als ob du 'nem Flüchtling sagen würdest, dessen Heim im Westerwald grad von nem Mob abgefackelt wurde, "geh doch in ne national befreite Zone".



"Statt sich in die Wüste abschieben zu lassen kann man auch freiwillig in ein sub-saharisches Land zurückgehen."

Geh du zuerst.

Hallo? Reality check? Da kommen die Leute grad *her*!

Diese Leute sind keine armen Negerlein, sondern überwiegend Slumbewohner, urban poor, deren Familie in irgendeinem Shantytown haust und ihr Mittagessen "frisch" von der Müllhalde holt. Irgendwann kommen sie auf den Trichter, daß sie entweder so weitermachen können, und von 10 Kindern vielleicht ein oder zwei so lange überleben, bis sie erwachsen sind, und auch sie selbst so mit Ende 30, Anfang 40 wahrscheinlich ins Gras beißen werden - oder daß sie ein bißchen Kohle schnorren und sich auf die erste Etappe ihres Wegs machen können - am Ende sind das oft an die 5000 Kilometer, von denen in vielen Fällen der größte Teil zu Fuß zurückgelegt wurde.

Wir haben es hier mit Leuten zu tun, aktuell sollen es zwischen 15 und 20 Millionen sein, die bereit sind, einen manchmal 2-3 Jahre dauernden Trek über tausende Kilometer zurückzulegen, wenns sein muß zu Fuß, all die Zeit die Möglichkeit, zu sterben, klar vor Augen. Die bereit sind, ihre Freunde, ihre Familie, ihr Heim für unbestimmte Zeit aufzugeben für ein ungewisses Schicksal, daß für viele, und das ist jedem einzelnen von ihnen klar (sie hoffen halt, daß sie selbst nicht dazugehören) mit einem elenden Tod enden wird - aber wenigstens haben sie versucht, aufzubegehren. Versuch das nachzuvollziehen, bzw laß es; keineR von uns kann das nachvollziehen.
Ich war als Kind Pfadfinder. Einmal mußten wir auf einem Trek unbedingt in einen Ort kommen, aus der Wildnis raus, weil wir nur noch für diese Nacht Wasser hatten und es im Karst kein verläßliches, trinkbares Wasser gibt. Wir haben es geschafft, aber danach hatte ich Blasen unter den Blasen unter den Blasen, die meine Kinderfüße vom Wandern eh schon hatten. Wir sind 15 Stunden über Feldwege und Landstraßen getippelt, mit 2 oder 3 Pausen a ner halben Stunde. Unsere Socken konnten wir uns nachher von den Füßen pellen, die klebten auf der Haut fest, weil wir sie schon seit 2 Tagen nicht hatten wechseln können; verdammt eklig war das. Es war nicht angenehm, aber wir hatten einen Grund, es zu tun. Würde ich es nochmal tun? Nicht ohne verdammt triftigen Grund. Und hier haben wir Millionen von Menschen, die ihre Gründe haben, das nicht einen Tag zu machen, nicht einen Monat lang, sondern ein, zwei, drei Jahre. Die genau wissen: sie könnten gelyncht werden, sie könnten krank werden und kein Arzt da, der ihnen helfen kann, sie könnten in der Wüste verdursten, sie könnten auf dem Mittelmeer ersaufen (die wenigsten dieser Leute machen sich Illusionen, was die Härten des Treks angeht. Es gibt Post, Internetcafes, andere grapevines, und das Fluchtgeschäft boomt schon seit Jahren. Die Leute in den Slums von Lagos können sicher genausowenig emotional nachvollziehen, was der Trek bedeutet, aber intellektuell wissen die allerallermeisten, auf welche Risiken und Härten sie sich da einlassen. Sie sind ja nicht blöd; aber sie sind bereit, ihr Leben für eine vielleicht 10, 20prozentige Erfolgsaussicht nicht einmal, sondern tagtäglich viele viele Monate lang aufs Spiel zu setzen. Wie muß es einem Menschen gehen, damit eine solche kleine Chance wie die einzige Rettung erscheint?)

Diese Leute sind tapferer als so ziemlich alles, was ich bislang gesehen habe. Sie machen kein großes Aufhebens drum; für sie war es einfach notwendig, sich entweder dem Schicksal zu stellen, oder einen elenden Tod auf Raten für sich und ihre Familie zu erleiden. Sie nehmen Härten auf sich wie kaum ein anderer Mensch in unserer Zeit. In Teilen von Sambia bist du ein ehrwürdiger Greis, wenn du es geschafft hast, bis 40 zu überleben. In Teilen von Botswana wissen die Menschen genau, daß in 3, 4 Jahren 2/3 von allen die sie je gekannt haben an AIDS krepiert sein werden.

Glaubst du im Ernst, daß Menschen, die solche Leistungen erbringen, wenn sie nur noch ein kleinerer Todesstreifen vom Ziel ihres Weges trennt, auf der Hacke kehrt machen werden und sich zurück in die bidonvilles von Abidjan oder Kinshasa verkriechen, um dort zu krepieren wie Hunde, nur damit sie die Empfindsamkeiten von ein paar sattgefressenen Weißen nicht beleidigen?

Träum weiter. Wer es bis Melilla geschafft hat, hat keinen rational nachvollziehbaren Grund mehr, aufzugeben. Und verdammt, ich würde es in dieser Situation genauso tun, du auch - jeder auch nur im mindestenklar denkende Mensch würde genau dieselbe Entscheidung treffen: Leiter basteln, sammeln, stürmen.

Selbst das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat das bereits begriffen. Es ist herb, eine Staatskorrespondentin zu sehen, die das alles gerallt hat, wenn offenbar bedeutende Teile der Linken immer noch in einem Luftschloß leben.

Und das was jetzt passiert ist erst der Anfang. Deie erste Welt kann sich ihrer kollektiven Verantwortung stellen, oder wir können uns entscheiden, bis Ende des Jahrhunderts Adolf und Mao zusammen in Puncto abartiger Bestialität getoppt zu haben: diesmal geht es darum, ob wir 150, 200 Millionen Menschen, deren Armut unseren Reichtum mitfinanziert, kalkuliert krepieren lassen wenn wir sie nicht direkt offen abschlachten lassen, oder eben nicht. Es ist nichts weiter als eine Entscheidung zwischen globaler Zivilisation und totaler Barbarei, und egal welchen Weg wir gehen werden: der Prozeß ist bereits so weit fortgeschritten, daß Millionen verrecken werden, bis irgendwelche nachhaltigen Maßnahmen, die das Problem wirklich dauerhaft lösen können, überhaupt erst zu greifen beginnen werden.
Denn daß die Nazis die schlimmsten Massenmörder der Menschheitsgeschichte waren und die Maoisten die quantitativ größten heißt nicht im Geringsten, daß das nicht alles noch zu übertreffen ist. Wir sind auf dem besten Weg dazu. Ob sich das Todesgeschäft in einem Lager unter den eigenen Augen abspielt oder außerhalb des unmittelbaren Blickfelds, spielt aus einer humanitären Perspektive keine Rolle.


Wir brauchen mehr Berichte wie diesen hier. Wir brauchen die Zeugnisse von Menschen, die das hinter sich haben. Wir müssen sie schildern lassen, was sie erlebt haben, was sie sahen; wir müssen ihre Gründe und ihre Motive hören, und das muß so lange geschehen, bis alle kapiert haben, was sich da grade außerhalb unseres intellektuellen Tellerrandes abspielt.

Katrina war schlimm? Nein, Katrina war ein kleiner Schluckauf, ein Fehler in der Matrix. Stan war schlimm. Das hier, das ist beyond belief.

Kundgebungen/Demos:

g. 11.10.2005 - 11:56
Frankfurt
Dienstag, 11.10. 17h, Spanisches Konsulat, Nibelungenplatz

Bremen
Donnerstag, 13.10. 17h, Ziegenmarkt

Hamburg
Freitag, 14.10. 16h, Spanisches Konsulat, Mittelweg 37

Hannover
Samstag, 15.10. 11h, Spanisches Konsulat, Bödekerstr. 22

Deutschland droht Afrika

Ergänzung 11.10.2005 - 14:54
Nach den Erpressungsversuchen im Rahmen der UN-Vollmitgliedschaftsdebatte (die rotgrüne Bundesregierung erpresste und bedrohte die afrikanischen Staaten und löste eine diplomatische Krise aus - in deutschen Medien wurde das sehr verzerrt nur auf Seite 5 behandelt) wird nun erneut gedroht und erpresst:

Angesichts des Flüchtlingsdramas in Marokko verlangt der deutsche Innenminister die "Rückführung illegaler Migranten" in ihre mutmaßlichen Herkunftsländer und droht aufnahmeunwilligen afrikanischen Armutsstaaten mit Sanktionen. Zur Sicherung der EU-Außengrenzen gegen unerwünschte Einwanderung müsse Brüssel außerdem eine europäische Grenzschutzpolizei einrichten, fordert Otto Schily (SPD) vor dem morgigen Treffen mit seinen EU-Amtskollegen, auf dem eine wirksamere Abschottung der spanischen Exklaven Ceuta und Melilla besprochen werden soll. Die marokkanischen Repressionsapparate, die weiterhin hunderte Flüchtlinge in der Wüste aussetzen und dort dem Sterben preisgeben, sind in den vergangenen Jahren durch staatliche Ausbildungsmaßnahmen und mit millionenschweren Materiallieferungen aus Deutschland aufgerüstet worden.
 http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/56052

Beitrag von tagmata

: 11.10.2005 - 15:08
Der Beitrag von tagmata ist eigentlich eine Antwort auf einen mittlerweile versteckten Nazikommentar. Wollte ich nur erwähnen, weil es vielleicht unverständlich kommt und den Eindruck erweckt, er würde jetzt an den Artikelschreiber schreiben.

erklärung von annahj addimocrati marokko

wueste 11.10.2005 - 18:19
Unten findet Ihr das französische Original und die deutsche Übersetzung eines Communiqués der marokkanischen Organisation "Demokratischer Weg". Nach meinem Wissen ist es die erste Protesterklärung einer marokkanischen Organisation zu den Ereignissen dort.

In the attachment you find the French original and the German translation of a declaration of the Moroccan organisation "Democratic Way". As far as I know, it is the first protest of a Moroccan organsiation concerning the events there. That is why I send it to many people.
Greetings
Conni


Annahj Addimocrati www.annahjaddimocrati.org
Voie Démocratique Rabat le 05 octobre 2005

Via Democratica

Secrétariat National


Communiqué


· Nous refusons que notre pays soit converti en Etat mércenaire

· Nous dénonçons la mort de 12 subsarahiens, récement déportés du nord du Maroc vers le désert de Béchar



C’est le 27 fevrier 2004 que l’Etat marocain a accépté de rapatrier tous les immigrés subsahariens et autres nationalités qui auraient transités depuis douze ans par le Maroc et interceptés par l’Espagne.

Le gouvernement marocain accepte cette salle besogne et reconduit les personnes rapatriées, non pas chacune vers son pays, mais il les déportent vers les frontières des pays limitrophes, faisant fi des conventions internationales en matière d’immigration et du droit humanitaire international.

Ce comportement illégal, « en matière de reconduite à la frontière » se poursuit depuis 2002, sans aucune réaction des partis au gouvernement ou de l’« opposition parlementaire ». C’est d’aillezurs ce qui encourage le gouvernement espagnol à toujours demander plus !

Suite aux événements tragiques de Ceuta et Melilia, qui ont fait au moins huit morts et plusieurs blessés à la fin septembre 2005, le Maroc a dépêché plusieurs centaines de soldats pour contribuer, aux côtés des soldats espagnols, à la suveillance du mur de la honte qui sépare ceuta et Melilia du reste du territoire marocain. Aussi, des centaines d’immigrés subsahariens ont été arrêté au Nord du Maroc et ceratins parmi eux sont reconduits au désert de Béchar où une goutte d’eau coûte de l’or, il s’en est suivi d’après les informations à nôtre possession le 05 octobre 2005, 12 morts par la maladie et par la soif.

Nous dénonçons ce comportement inhumain qui ne sert pas les intêrets de nôtre peuple. Les subsahariens, en déportation, transitent par le Maroc depuis 2003 et aucun incident n’a été enregistré, sauf que certains medias ( qui ne sont que la voix de leur maître) se sont mis dernièrement à semer la crainte et la xénophobie pour préparer l’opinion publique au pire.

Nos frères immigrés africains ne sont ni des criminels ni des terroristes, l’impérialisme européen n’a peur que de leur espoir et de leur combat pour survivre. Leurs ancêtres ont été asservis par le colonialisme européen, leurs richesses ont été spoliées et leur environnement détruit par les transnationales, leur dignité est bafouée par les dictatures mises en place par ce même impérialisme. Ce qui reste aux immigrés clandestins subsahariens, comme d’ailleurs pour les marocains, c’est d’aller (en clandestinité !) vendre leur force de travail dans les pires conditions juste pour survivre. Que veut donc le gouvernement marocain en faisant le gendarme de l’Union Européenne ? Il sait très bien que les déportations ne feront qu’engendrer la haine des peuples africains à l’encontre de nôtre peuple.

Au lieu que le pouvoir saisisse l’occasion pour exiger la négociation sur l’avenir de Ceuta et Melilia et les ilots occupés, il laisse le commissaire européen à la justice et la sécurité insulter nôtre intelligence. L’Europe, terre d’asile et des droits de l’Homme, propose 40 millions d’euros au gouvernement marocain pour surveiller les frontières que nous avons toujours contestées. L’Europe veut faire du Maroc un Etat mercenaire !
Mieux encore, le commissaire européen veut faire du Maroc un preneur d’otages. Il veut que le gouvernement marocain reprennent, d’après lui, « les clandestins qui auraient illégalement pénétré sur le sol espagnol à partir du territoire du Maroc ».
Face à cette escalade dangereuse de la part de la Commission Européenne qui veut faire de nôtre pays le gendarme de l’Europe, pour surveiller les déplacements des populations, en Afrique du Nord et de l’Ouest nous appelons tous les démocrates sincères au Maroc, au Maghreb et en Europe à manifester leur indignation façe à cette machine inférnale de la répression financée par l’Union Européenne et exécutée par le pouvoir marocain.



Le Secrétariat National

Annahj Addimocrati

Rabat le 05 octobre 2005


Übersetzung der Mitteilung des Nationalen Sekretariats von Annahj Addimocrati (Demokratischer Weg), Rabat, vom 5.10.2005 zu den jüngsten Ereignissen betreffend Menschen von südlich der Sahara in Ceuta und Melilla (ais dem Französischen)

www.annahjaddimocrati.org



Mitteilung



- Wir wehren uns dagegen, dass unser Land in einen Söldnerstaat verwandelt wird

- Wir zeigen an und beklagen den Tod von 12 Menschen von südlich der Sahara, die vor kurzem vom Norden Marokkos in die Wüste von Béchar abgeschoben wurden



Es war am 27.Februar 2004, als der marokkanische Staat akzeptiert hat, alle Einwanderer von südlich der Sahara und anderer Nationalitäten, die seit 12 Jahren durch Marokko durchgereist sind und von Spanien abgefangen wurden, abzuschieben.

Die marokkanische Regierung akzeptiert diese schmutzige Arbeit und führt die abgeschobenen Personen zurück, nicht jede/n in sein/ihr Land, sondern sie deportieren sie in Richtung der Grenzen der Nachbarländer, wobei sie sich nicht scheren um internationale Konventionen im Bereich der Einwanderung und der internationalen Menschenrechte.

Dieses illegale Verhalten, „die Rückführung an die Grenze betreffend“, wird seit 2002 praktiziert, ohne irgendeine Reaktion der Parteien an der Regierung oder der „parlamentarischen Opposition“. Das ist es übrigens, was die spanische Regierung ermutigt, immer mehr zu verlangen!

In Folge der tragischen Ereignisse von Ceuta und Melilla, die mindestens acht Tote und eine Vielzahl an Verletzten zur Folge hatten Ende September 2005, hat Marokko Hunderte von Soldaten geschickt, um seinen Beitrag zu leisten, auf der Seite der spanischen Soldaten, zur Überwachung der Mauer der Schande, die Ceuta und Melilla vom Rest des marokkanischen Territoriums trennt. Außerdem wurden Hunderte von subsaharischen MigrantInnen festgenommen im Norden von Marokko, und einige von ihnen wurden zurückgeführt in die Wüste von Béchar; wo ein Tropfen Wasser Gold kostet, dem folgte Informationen zufolge, die wir besitzen, am 5.Oktober 2005, der Tod von 12 Menschen wegen Krankheit und Durst.

Wir klagen dieses inhumane Verhalten an, das nicht den Interessen unseres Volkes dient. Die Menschen von südlich der Sahara, die abgeschoben werden, haben Marokko seit 2003 durchquert, und kein Zwischenfall wurde registriert, außer dass einige Medien (die nichts als die Stimme ihres Herrn sind), sich letztlich dazu hergegeben haben, Angst und Xenophobie zu verbreiten, um die öffentliche Meinung zum Schlechteren vorzubereiten.

Unsere eingewanderten afrikanischen Brüder (und Schwestern, die Übersetzerin) sind weder Kriminelle noch Terroristen, der europäische Imperialismus hat nur Angst vor ihrer Hoffnung und ihrem Kampf ums Überleben. Ihre Vorfahren wurden unterjocht durch den europäischen Kolonialismus, ihre Reichtümer wurden geraubt und ihre Umwelt zerstört durch die transnationalen Organisationen und Konzerne, ihre Würde wurde in den Dreck gezogen durch die Diktaturen, die eingesetzt wurden durch eben diesen Imperialismus. Das, was den „illegalen“ subsaharischen Einwanderern übrig bleibt, ist, wie woanders für die MarokkanerInnen, (in der Klandestinität!) dorthin zu gehen, um ihre Arbeitskraft zu schlechteren Bedingungen zu verkaufen, nur um zu überleben. Was will nun die marokkanische Regierung, indem sie sich zum Polizisten der EU macht? Sie weiß sehr gut, dass die Abschiebungen nur den Hass der afrikanischen Völker gegen unser Volk erzeugen.

Statt dass die Regierung die Gelegenheit ergreift, um Verhandlungen zu fordern über die Zukunft von Ceuta und Melilla und die besetzten kleinen Inseln, lässt sie den EU-Kommissar für Justiz und Sicherheit unsere Intelligenz beleidigen. Europa, Region des Asyls und der Menschenrechte, bietet der marokkanischen Regierung 40 Millionen Euro an, um die Grenzen zu überwachen, die wir immer in Frage gestellt haben. Europa will aus Marokko einen Söldnerstaat machen!

Noch besser, der EU-Kommissar will aus Marokko einen Geiselnehmer machen. Er will, dass die marokkanische Regierung (in seinen Worten) „die Klandestinen, die illegal auf spanisches Gebiet eingedrungen sind von marokkanischem Territorium aus“ zurück nimmt.

Gegenüber dieser gefährlichen Eskalation von Seiten der Europäischen Kommission, die unser Land zum Polizisten Europas machen will, um die Bevölkerungsbewegungen in Nord-und Westafrika zu überwachen, rufen wir alle ernsthaften DemokratInnen in Marokko, im Maghreb und in Europa auf, ihre Entrüstung zu zeigen gegenüber dieser Höllenmaschine der Repression, finanziert durch die EU und ausgeführt durch die marokkanische Regierung.



Das Nationale Sekretariat

Annahj Addimocrati

Rabat, 5. Oktober 2005

Protestkundgebung Berlin

Initiative Berliner Sozialforum 11.10.2005 - 21:11
Montag, den 17. Oktober
ab 14 Uhr
Spanische Botschaft Berlin
Lichtensteinallee 1, 10787 Berlin


Rallye Dakar

egal 12.10.2005 - 16:28
Nur mal so als Kontrastprogramm ist hier die Seite eines schweizerischen Teams für die Rallye Dakar, die am 13. Dezember von Lissabon aus startet. Kommt gut zu dem Thema:  http://www.2006.dakar.to/ - Karte weiter unten beachten.
Ich denke, es ist keine kleinliche "political correctness", wenn gesagt wird, daß dieses Rennen durch und durch moralisch verwerflich ist und verhindert werden sollte.

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