Bericht zu Alzey am 1.10.

AK Antifa Mainz 09.10.2005 20:16 Themen: Antifa
Etwa 150 AntifaschistInnen demonstrierten am Samstag, den 1. Oktober, gegen den Aufmarsch der neonazistischen "Bürgerinitiative für Rheinhessen" in Alzey bei Mainz.
Massives Bullenaufgebot machte eine Verhinderung des Naziaufmarschs unmöglich.
Die nationalsozialistische "Bürgerinitiative für Rheinhessen", bei der es sich um ein Label militanter Nationalsozialisten aus Rheinhessen und dem Rhein-Neckar-Raum handelt, hatte für den 1. Oktober einen Aufmarsch unter dem völkisch-rassistischen Motto "Stoppt die Ausplünderung des deutschen Volkes! - Wir sind nicht das Sozialamt der Welt!" angemeldet. Zusammen mit der am 2.10. stattgefundenen Demonstration in Lampertheim (siehe
 http://de.indymedia.org/2005/10/129758.shtml) sollte dieser Aufmarsch den Abschluss einer neonazistischen Kampagne darstellen (siehe  http://de.indymedia.org//2005/09/128134.shtml). Gegen den Aufmarsch gab es eine antifaschistische Mobilisierung.
Die Stadt Alzey und regionale Parteien und Verbände waren offenbar zu dem Entschluss gekommen, die Nazis einfach zu ignorieren und nicht eigenständig politisch zu agieren (siehe  http://de.indymedia.org//2005/09/128705.shtml). Unter dem Druck der Antifa-Mobilisierung fanden sich jedoch der DGB Rheinhessen und der SPD-Unterbezirk Alzey bereit, eine Kundgebung gegen Rechts zu organisieren. Diese Alibi-Veranstaltung, zu der etwa 100 Menschen kamen (Polizei: 120) fand von 11:00 Uhr bis 12:00 Uhr auf dem Parkplatz an der Ostdeutschen Straße statt. Sie endete also eine Stunde bevor die Neonazis sich am Bahnhof trafen.
Ab 12:00 Uhr versammelten sich am selben Ort trotz strömenden Regens etwa 150 AntifaschistInnen (Polizei: 100) zur Antifa-Kundgebung, nachdem sie am Bahnhof und auf den Zufahrtsstraßen zum Teil massive Vorkontrollen der Polizei über sich ergehen lassen mussten, bei denen 7 Personen in Gewahrsam genommen wurden. Gegen 13:00 Uhr versammelten sich durchgezählte 69 Nazis (Polizei: 100, Nazis: 150!) am Bahnhof, unter ihnen Christian Hehl (siehe ttp://www.akantifamannheim.de/1mai/hintergrundinfos.htm#hehli) und Mario Matthes (siehe  http://germany.indymedia.org/2005/04/112481.shtml).
Zu diesem Zeitpunkt verließen die meisten AntifaschistInnen die Antifa-Kundgebung, um sich in Richtung der Nazi-Versammlung zu begeben. Gegen 13:30 liefen die Nazis, angeführt von den Durchsagen aus dem Lautsprecherwagen, der wie so oft vom Saarländer Dominik Kleer gestellt wurde los. Statt durch die Innenstadt zu laufen, marschierten die Nazis einge hundert Meter durch weitgehend menschenleere Gegenden zum Museumplatz. Kurz vor dem Museumsplatz musste die Polizei eine antifaschistische Blockade wegräumen. Bei der Zwischenkundgebung wurde der kleine Nazi-Mob dennoch von einem Teil der AntifaschistInnen mit Parolen gestört.
Freude kam bei den "Kameraden" lediglich auf, als ein in Alzey bekannter Rechtsextremer ihnen seine Zustimmung demonstrierte, indem er eine schwarz-weiß-rote Fahne aus einer Wohnung am Museumsplatz hängte. Zwischenzeitlich hatte die Polizei einige AntifaschistInnen an der Ecke Antoniterstraße/Hospitalstraße eingekesselt.
Der Kessel wurde erst geöffnet, als die Nazis schon auf dem Heimweg waren (gegen 15:00 Uhr). Der Aufmarsch der Nationalsozialisten bot im Großen und Ganzen einen ziemlich erbärmlichen Anblick. Von einer positiven Stimmung war kaum etwas zu spüren, die größtenteils erstaunlich jungen "Kameraden" versprühten nicht gerade viel Begeisterung. Schwer zu sagen, was ihnen so die Stimmung verhagelt hat. Vielleicht war es die Tatsache, dass sich trotz der Schweigetaktik der Stadt Alzey wahrnehmbarer antifaschistischer Protest auch im rheinhessischen Hinterland gezeigt hat. Vielleicht war ihnen auch die Information über den Hack des "Freier Widerstand"-Forums aufs Gemüt geschlagen.
Aus antifaschistischer Sicht muss man den 1. Oktober als ‚durchwachsen’ bewerten. Es ist gelungen, trotz schlechten Wetters und widriger Umstände eine Menge Nazi-GegnerInnen auf die Straße zu bringen, die Nazis konnten ihre menschenverachtende Ideologie nicht ungestört verbreiten. In diesem Sinne sind wir, die "Systemtruppe Antifa" (O-Ton der Nazis), natürlich stolz darauf, die ungehinderte "freie Meinungsbildung" der Faschisten verhindert zu haben. Trotzdem ist es immer wieder eine Niederlage, wenn Neonazis marschieren können, wie lächerlich ihr Aufmarsch auch wirken mag. Die Stadt Alzey hat mit ihrer Taktik des Verschweigens zu dieser Niederlage beigetragen. Dass sich nationalsozialistische, antisemitische und rassistische Ideologien und Strukturen nicht einfach "totschweigen" lassen, sollte auch für noch so einfach gestrickte Kleinstadträte und Ordnungsamtsleiterinnen einsichtig sein.

Noch einige Worte zur Berichterstattung der „Allgemeinen Zeitung Alzey“ (siehe zum Beispiel:  http://de.indymedia.org/2005/10/129542.shtml): Der lokale Chefredakteur Armin Burkart, der vor dem 1. Oktober zum Naziaufmarsch beinahe garnicht berichten ließ, lügt in seinem Kommentar nicht nur die Taktik der Stadt Alzey und die Ignoranz der AlzeyerInnen zu bewusstem politischen Handeln um, um dies überhaupt tun zu können, verfälscht er auch – ganz der Objektivität verpflichtet – die Realität. Burkart: „Aber auch die Alzeyer haben mit großer Umsicht reagiert und ignorierten die Veranstaltung. Kein Fenster in der Nachbarschaft von Kronenplatz und Hospitalstraße öffnete sich und niemand reagierte mit Zustimmung oder Ablehnung.“ Keine Rede davon, dass an eben jener Hospitalstraße ein Alzeyer ganz offen seine Zustimmung zur Veranstaltung der Nationalsozialisten äußerte (siehe oben). Zudem macht Burkart das politische Problem zu einem Streit ‚jugendlicher ExtremistInnen’. In der Überschrift seines Artikels werden der Aufmarsch von Wiedergängern der nationalsozialistischen Massenmörder und die antifaschistischen Gegenaktionen sogar zu einer einzigen Veranstaltung: „Demo von organisierten Rechten und Linken“. Schon das schlichte Zuhören fällt dem Provinzreporter offenbar schwer: „’Ob Ost, ob West, nieder mit der roten Pest’, klang es von rechts, während die Linksautonomen nur rot gegen braun tauschten und den gleichen Slogan skandierten.“ Auch hier wird die Realität zurechtgebogen, damit sie in das Schema der stumpfsinnigen Burkart’schen Totalitarismustheorie passt.
Welcher von den beiden Gruppen aber im Zweifel die Sympathie Armin Burkarts gehört, offenbart sich an folgendem Satz: „Da sind die ausländerfeindlichen Rechten nicht besser als die autonomen Linken, die sich unter den Augen der Polizei mit Bier und Haschischkonsum selbst anheizten.“ Vielleicht sollte jemand Armin Burkart Nachhilfe in Suchtstoffkunde geben. Davon abgesehen ist aber v.a. interessant, dass Burkart meint, seiner LeserInnenschaft erklären zu müssen, dass die Nazis auch nicht so toll sind, was in Bezug auf „Linksautonome“ für Burkart offenbar ohnehin klar zu sein scheint. Über das spießbürgerliche Ressentiment gegen saufende und kiffende Linke (die es vereinzelt gegeben haben mag), legen wir den Mantel des Schweigens. Unter dem Artikel findet sich in der AZ dann, mit was sich der schreiberisch minderbemittelte Journalistendarsteller aus der rheinhessischen Provinz besser beschäftigen sollte: „Dauerbrenner Hundekot“.
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Ergänzungen

AZ biegt sich die Warheit zurecht

Rheinhesse 10.10.2005 - 12:51
Die Allgemeine Zeitung fällt nicht zum ersten mal durch wahrheiswiedrige Berichterstattung auf, besonders wenn es darum geht Entwicklungen und Ereignisse geht die dem Standortnationalismus und seinen "Lokalfürsten" nicht in den kram passen. Frei nach dem Motto: was nicht sein soll, darf sich auch nicht so zugetragen haben.
Interessant dürfte sein ob die Rhein-Zeitung oder ein anderes Nachrichtenorgan die entstehende Lücke nutzt um wieder seriösen Journalismus zu betreiben.

Frage zu Bündnispolitik

Antifa 10.10.2005 - 12:54
Der AK Antifa Mainz und der DGB Alzey sollten sich bitte mal erklären warum sie kein gemeinsammes Bündnis von AntifaschistInnen zustandegebracht haben, oder haben wollten.
Zu der Kundgebung die vom DGB organiesiert wurde hat immerhin auch die VVN aufgrufen.
Waren zu der anderen Kundgebung als AufruferInnen nur Antideutsche erwünscht?
Eine Sybolik bei der Alzey von US Airforce Flugzeugen mit AA Zeichen bombadiert wird ist mindestens zweifelhaft; wie im Internetbanner zu sehen.

@Antifa

antifascists 10.10.2005 - 15:05
der chronologische ablauf war der folgende: es wurde versucht, einen protest aus alzey selbst anzuregen. dazu wurden gruppen wie die grünen und der dgb kontaktiert. reaktion gab es darauf keine. erst als eine antifa-mobilisierung angelaufen war, reagiert der dgb in zusammenarbeit mit der spd alzey. wer sich halbwegs in rheinhessen und insbesondere in alzey auskennt, weiß, um was für eine sozialdemokraten-klitsche es sich da handelt. vor diesem hintergrund ist die anmeldung von dgb/spd so zu werten:
eigentlich wollte man sich der schweigetaktik der stadt anschließen, angesichts der umstände (antifa-mobilisierung) wollte man sich dann aber nicht das heft aus der hand nehmen lassen. jetzt mal ehrlich: mit leuten ein bündnis zu bilden, denen erst einfällt, gegen nazis zu sein, wenn es machtstrategisch oder des eigenen guten rufs wegen opportun erscheint, ist doch wohl nicht diskutabel. mit den genossInnen von der vvn ist es einfach so: als dezidierte bündnisorganisation schließt sich die vvn immer dem bündnis an, dass am weitesten in die bürgerliche mitte hineinreicht. das ist schon immer deren position und war daher absehbar.
generell zu bündnispolitik: ein bündnis um des bündnisses willen ist schwachsinn. wenn positionen in einem bündnis verwässert werden, wenn etwa, was schon vorgekommen ist, in einem bündnis das gespenst der "beiden extremismen, die von links und von rechts die fdgo angreifen" an die wand gemalt wird, ist es für eine antifa-gruppe nicht akzeptabel, an diesem bündnis teiulzunehmen. anderes beispiel: wenn man gegen miltarismus demonstriert und die grünen am bündnis teilhaben lässt, stellt man die ganze ausrichtung der demo in frage (siehe antifa nierstein). positionen sind für den ak antifa mainz wichtiger als die fundierung in einem bündnis, das diese positionen ad absurdum führt. und es ist idiotisch, zu glauben, dass man radikale positionen durch bündnisse in die mitte der gesellschaft tragen könne. die realität hat diese annahme fast immer widerlegt.
zur kundgebung war natürlich jedeR erwünscht, keineswegs nur antideutsche. wie kommst du darauf? aufgrund der bildsprache des internetbanners?
es ist kein zufall, dass der bomber lediglich antifa-symbole abwirft, keine bomben. es ist kein zufall, dass es ein amerikanischer bomber aus dem wkII ist (die bedeutung der us air force beim sieg über den nationalsozialismus ist unbestreitbar). die bildsprache entstand nicht zuletzt vor dem hintergrund der erfahrung mit den von dir vielgelobten potentiellen bündnispartnerInnen. in deutschland und im rheinhessischen hinterland muss offenbar die zivilisierende kraft meistens von außerhalb kommen...

zwei leute vom ak antifa mz
(keine abgestimmte gruppenposition)

120???

rhoihessepunk 10.10.2005 - 17:41
Ich weiß nicht, was du gezählt hast. Vielleicht die Bullen. Ich würde zwar auch sagen, dass es mehr als 69 waren, es waren aber definitiv weit unter hundert Nazis. Ich habe ca. 85 gezählt (mit eingerechnet, daß ich vielleicht eins zwei vergessen und eins zwei doppelt gezählt habe). 120 ist auf jeden Fall zu hoch gegriffen. 130 Antifas würde ich auch sagen. DGB waren höchstens 80.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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die nasen — antifa666

scheisse — regentag

war doch ganz lustig — Jim Panse

jajaja — skaskin69

kurz — ak antifa mz-member