14. Prozesstag im Magdeburger Verfahren

Soligruppe MD/QLB 04.10.2005 13:42 Themen: Repression
Das Tüpfelchen auf dem i

Wir haben im laufenden Verfahren ja schon viel erlebt, befangene Richter, den Versuch des BKA Aussagen zu erpressen, Zeugenbeeinflussung und schließlich Beugehaft. Aber der heutige Prozesstag hat all dem die Krone aufgesetzt.
Die Reihen im Staatsschutzsaal des OLG Naumburg waren an diesem Morgen mit vielen ProzessbeobachterInnen gefüllt, unter ihnen auch der Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele, der angkündigt hatte, sich vom Verfahren ein eigenes Bild machen zu wollen. Mit einer viertel Stunde Verspätung begann der Verhandlungstag dann auch. Nachdem Richter Braun die Anwesenheit aller Beteiligten festgestellt hatte, teilte er mit, dass der für den heutigen Tag geladene Zeuge (der Großvater von B.) einen Krankenschein eingereicht hätte und dass auf Grund seines Alters wohl davon auszugehen wäre, dass er dem gesamten Verfahren nicht zur Verfügung stünde. Er regte deshalb an, auf ihn als Zeugen zu verzichten. Die Verteidigung betonte zum X-ten mal, dass er für dieses Verfahren nicht notwendig wäre und auch die Staatsanwaltschaft kam plötzlich zu dem Entschluss, auf den Zeugen verzichten zu können. Die Verteidigung fragte daraufhin wann genau der Krankenschein beim Senat eingegangen sei."Irgendwann letzte Woche.", sagte Braun und beendete damit das Thema. Desweiteren sollten noch ausstehende Urkunden verlesen werden. Da dies aber nach Brauns Einschätzung die Länge des Prozesstages überschritten hätte, wurde beschlossen, sich den Inhalt per Selbstleseverfahren anzueignen. "Damit sind wir mit dem Programm für heute am Ende.", stellte Braun dann nach sage und schreibe fünf Minuten fest. Die Verteidung hackte nach, wie sich denn der Senat vorstelle, weiter mit den Beugehäftlingen zu verfahren. Braun meinte, er wolle sie zum nächsten Prozesstag laden und noch einmal fragen, ob sie Aussagen machen wollen. Sollte dies nicht der Fall sein, werde der Senat keine weiteren Zwangsmaßnahmen gegen sie verhängen. Außerdem kündigte er überraschend an, die Beweisaufnahme am nächsten Prozesstag schließen zu wollen. Damit vertagte er den Prozess auf den 1. November.
In einer anschließenden Pressekonferenz äußerte auch Ströbele Unverständnis über derlei Verfahrenweise. Es sei vollkommen unklar, warum der Senat die beiden Beugehäftlinge nicht für den heutigen Tag geladen habe, wenn er schon wüßte, dass ein Zeuge verhindert wäre oder die Beweisaufnahme nicht gleich geschlossen habe. "Widerstand gegen ein solches Verhalten ist nicht nur rechtmäßig, sondern notwendig", so Ströbele weiter. Außerdem kündigte er an, sich auch zukünftig mit dem Prozess beschäftigen zu wollen und dessen Rechtmäßigkeit zu prüfen. "Die Zeugen sollen gebrochen werden!", stellte Ströbele zum Verhalten gegenüber den Beugehäftlingen abschließend fest.
Für uns ist dieser Prozesstag die Krönung des gesamten Verfahrens. Keiner von uns hätte erwartet, dass der Senat auch bei einer solchen medialen Öffentlichkeit und eines "prominten" Prozessbeobachters, weiterhin in solch undemokratischer und rechtswideriger Weise handelt. Nach Angaben eines Vertedigers wurde in den letzten 4 Monaten insgesamt nur 10 Stunden verhandelt. Und selbst die Möglichkeit, dass die Beugehäftlinge nach dem nächsten Prozesstag entlassen werden, nützt zum mindest Marco rein garnichts mehr, da seine Beugehaft am 26. Oktbober nach insgesamt 6 Monaten endet. Der Senat hätte ihn also so oder so nicht weiter in Haft behalten können.

Dennoch fordern wir weiterhin:

> * die Einhaltung der verfahrensrechtlichen Mindeststandards
> * die Zulassung neutraler Gutachter und Beobachter
> * die Unterbindung der staatsanwaltschaftlichen Beeinflussung von Zeugen
> * die Abschaffung der Beugehaft

und nicht zuletzt, die Freiheit für Marco und Carsten und Freispruch für Daniel!
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Ergänzungen

Solidaritätsaufruf

-- 05.10.2005 - 12:28
Solidaritätsaufruf

Bislang haben 116 Organisationen / Personen einen Solidaritätsaufruf für die Freiheit von Marco, Daniel & Carsten unterschrieben.

Auch ihr könnt Euch unter den Aufruf stellen:  http://www.gegeninformationsbuero.de