Anti-Deutschland-Demo in Potsdam

Tatjana Funke 03.10.2005 20:19 Themen: Antifa
Heute demonstrierten in Potsdam ca. 200 Leute gegen die dort stattfindenden Einheitsfeierlichkeiten. Die Route führte vom Louisenplatz bis direkt hin zum "Volksfest" am Platz der Einheit (sic!).
Die cops waren mit einem Großaufgebot vor Ort und nervten u.a. mit einem Doppelspalier massiv rum. Bereits bei den Vorkontrollen wurden hunderte Deutschland-Fähnchen mit dem Aufdruck "Deutschland denken, heißt Auschwitz denken!" beschagnahmt. Eine juristische Erklärung dafür blieben die cops weidermal schuldig. Die Demo war von einem Bündnis aus NATURFREUNDEJUGEND BERLIN, JungdemokratInnen/Junge Linke Brandenburg und ak antifa/Potsdam organisiert worden. Sie fand im Rahmen des Antinationalen Kongresses "NULL GRÜNDE ZU FEIERN" statt. Am Abend wird es noch eine Antiparty unter dem Motto "Wir feiern ohne Grund" (21 Uhr // Waschhaus) geben. Der Erlöß der von SuperU präsentierten Party geht in die Soliarbeit für die Antifaschistin Julia ( http://www.de.indymedia.org/2005/09/128820.shtml).

Aufruf zu den Gegenaktivitäten:

"Die Party beginnt im Kopf
15 Jahre deutsche Einheit. Nachdem Anfang Mai noch auf Anordnung getrauert und dem 60-jährigen Ende des 2. Weltkrieges gedacht wurde, wird nun kollektiv die "Wiedergeburt eines gewaltvoll getrennten Deutschlands gefeiert. Am 02. und 03. Oktober soll in Potsdam der angeblich wichtigste Feiertag der Republik alljährliches Nationalgefühl wecken. Die herbeiströmenden Massen sollen sich kuschelpartygleich als zusammengehörige Einheit fühlen und dabei schön Deutschlands massig vorhandenen Schattenseiten und all die abgerissenen und wieder aufgetürmten Mauern (in den Köpfen) vergessen. So ähnlich wird sie wohl aussehen, die Party vom Einheitsbrei.
Doch nicht nur die Leute, die auf Partys nichts trinken dürfen, weil sie noch fahren müssen und erst recht die, die gar nicht erst eingeladen wurden, wissen nur zu gut: Die Party beginnt im Kopf. Es feiert sich nun mal einfach besser, wenn sich so richtig drauf gefreut wird. Nur zu gut lässt sich das auch auf die Gastgeberin der nächsten Tage übertragen. Reicht euch die Hände, eine Nation feiert sich selbst!

Deutschland, einig bla bla bla
Schon unter Helmut -Kanzler der Einheit- Kohl konnte gemeinsam vergessen, verdrängt, verdreht und verschwiegen werden. Da dröhnte aus allen Ecken des Landes ein "Wir sind ein Volk" als Ausdruck eines geeinigten Nationalbewusstseins. Da wurde flott mal das Asylrecht abgeschafft und nebenbei brannten unter tosendem Beifall MigrantInnenwohnungen von Rostock bis Mölln. Doch erst unter der rot-grünen "Berliner Republik" wurde DIE politische und moralische Erneuerung Deutschlands möglich, auf all die gewartet zu haben schienen, die sich für ihre Deutschlandfeierei nicht mehr schämen wollten. Fleißig wurde nun aufgeräumt in den Köpfen, frei nach dem Motto "Ein anderes Deutschland ist möglich!". Beinahe stellt sich Mitleid ein, wenn man/frau Gerhard Schröder im August 2002 von "unserem deutschen Weg" reden hört. Nicht nur, dass Deutschland nun ein stolzes und solidarisches Land sei, dass sich "seine Leistungen nicht mehr mies machen lässt". Nein, es "genießt [auch] Respekt und Ansehen in der Welt", denn nun ist es ganz offiziell "Partner und Vorbild". Deshalb müssten nun "unsere nationalen Interessen nicht mehr versteckt werden".
Das Motto für die Party wurde spätestens jetzt klar und die Einladungskarten waren schon lange verschickt. Da sollte nun also gefeiert werden, dass wir ja alle so nett zueinander sind, es eigentlich auch immer waren und nun endlich volle Dröhnung stolz darauf sein durften. Ein neuer rot-grüner Zivilgesellschaftsnationalismus betrat die politische Bühne, zusammen mit 'ner ordentlichen Portion Geschichtsrevisionismus und den alten Bekannten Antiamerikanismus und Antisemitismus.

In ist, wer drin ist
Deutschland will sich mittlerweile gar nicht mehr zu erkennen geben, so viele neue Gesichter wurden ihm in den letzten sechs Jahren gegeben.
Nicht trotz, sondern gerade wegen Auschwitz fühlte sich Außenminister Fischer verpflichtet Deutschland 1999 am Kosovo Krieg zu beteiligen. Selbstverständlich konnten nun mit den gleichen Argumenten auch Kriege, wie 2002 der Irak Krieg, lauthals abgelehnt werden. Im tosenden Demotaumel wurde dann eben auch mal schnell US-Präsident Bush mit Hitler verglichen. Es war vollbracht, Deutschland konnte sich als "Friedensnation" endlich wieder sehen lassen.
Wer immer noch nicht bekehrt war, sollte schließlich durch die neue, unbefangene Popkultur begeistert werden. Egal ob Musik, Mode oder Film, wo jetzt "deutsch" draufsteht, ist auch wirklich "deutsch" drin. Der SPD-Pop war geboren! Ob nun unter schwarz-rot-goldenem Deckmäntelchen Radioquoten für deutsche Musik gefordert werden, fröhlich-flippige Bands wie MIA oder Sportfreunde Stiller in allerlei Wortspielen das "Projekt D" besingen, spätpupertäre Jungs mit Reichsadler um den Hals und Deutschlandfahne schwenkend irgendwas davon faseln, nun endlich Musik für deutsche Kids zu machen oder Techno-Opas wie Peter Heppner von Wolfsheim und Paul van Dyk gleich in offensiven "Wir sind wir" Stammtischparolen à la "Aufgeteilt, besiegt und doch schließlich gibt es uns ja immer noch" die historische "Opfergemeinschaft" Deutschland neu entdecken, sie alle schreiben ihre ganz persönlichen Heimatlieder und dürfen sich nun endlich so richtig "up to date" damit fühlen. Untermalt wird dieser ganze Freudentaumel durch die neuesten Deutschlandfilmchen im Kino. Bei den Bildern von "Das Wunder von Bern", "Napola" oder "Der Untergang" macht es keinen Unterschied, ob da nun um Fußballer, Jugenddramen im Nazieliteinternat oder alte senile Diktatoren geflennt wird, nun endlich traut sich das deutsche Kino seine Version der Geschichte dem Massenpublikum zu präsentieren.

Aufräumarbeiten
Doch was da mächtig gewaltig nach Verdrehung und Relativierung deutscher Geschichte stinkt, wird lediglich als neuer Blickwinkel verkauft. Es sei nun endlich an der Zeit diese dunkle Vergangenheit hinter sich zu lassen und frohen Mutes nach vorne zu schauen. Hin oder her, schuldig wären wir nun mal einfach nicht und nicht nur neu errichtete Mahnmäler erinnern, dass nun endgültig ein Schlussstrich unter allem gezogen werden soll. Alle wissen also bescheid, aber keiner hört zu. Lieber wird vom "Bombenkrieg" auf Deutschland gefaselt, werden fröhlich Opfervergleiche gemacht oder Geschichte so hingedreht, dass nun auch die letzten Großeltern eine weiße Weste haben. Wie unbefangen Deutschland seine Geschichte entsorgt, konnte wunderbar bei den Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus in Berlin beobachtet werden. Da wurde unentwegt beteuert so wunderbar aus der Geschichte gelernt zu haben, was wiederum in die Berechtigung umgedeutet wurde, nun endlich wieder selbstbewusst und großmachtstrebend wie eh und je auftreten zu dürfen.

Get the party started...
Hurra, mit all diesen guten Vorsätzen wird die Party sicher zu einem wahrhaftigen Saufgelage! Da ist es fast egal, welche deutsch-Fraktion die Bundestagswahl gewonnen hat, das neue deutsche Selbstbewusstsein ist bereits aufgetischt.

Es wird uns gar nichts anderes übrig bleiben, als die Party des geeinten Deutschlands am 3. Oktober zu stürmen. Denn die besten Partys sind stets die, zu denen man/frau nicht eingeladen wurde. Dort lässt es sich am besten pöbeln.

Deutschland - Nicht kleckern, kotzen!"
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Ergänzungen

was für ein tag..

autonomer 03.10.2005 - 23:19
ich kann nur sagen der tag war sch..
aber egal ,der protest war für mich ehr ein zeichen gegen dieses getue ,von wegen der staat hat kein geld ,aber für feste und sonstigen müll werden millarden verschossen ,die einheit war gut,aber sie war nicht zweckmässig ,von denn damaligen demonstranten gefordert ,sondern reise freiheit,demokratie ,aber die grenze abzuschaffen war nicht unbedingt das hauptinteresse .das system sollte überwunden werden .was ich heute mal wieder super daneben fand waren die sch...staatenfahnen,,ich bin und bleibe autonom,,und ich wehre mich entschlossen auch nur eine fahne egal welchen landes zutragen oder ihr hinterher zurennen ,,.auch ein grossteil der redebeiträge war schrott,,das verhalten der bullen war überzogen und stellenweise sehr agressiv..
was ichnocht kritisieren muss ,war ein termin der für heute morgen um zehn angesetzt war ,und auch bei inforiot gepostet war .
es kam kein mensch,wir waren zu viert unterwegs und konnten so keinen protest austragen ,sodass politiker ungestört ihren besuch in potsdam abhalten konnten .ich hab keinbock auf irgendwelche proll lügen sch....
wenn eine aktion angesagt ist ,kommt und sauft euch nicht denn vorabend die birne voll.ansonsten brauchen sich die leute dann nicht wundern wenn keiner kommt,

Fotos...

ag_antifa an der uni_potsdam 10.10.2005 - 12:24

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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antideutsche Unbildung — ...wie immer

@ ...wie immer — ich

Nicht gegen Gutes hetzen — einem deutschen linken

Flamewars abschalten. — Indyaner

System — Normalo

peace — Normalo

... — anormaler

@normal — vollnormal ey

Erklärung — isjanichwichtich

Seit 1992 — anonym

Fotos???? — critic yet

Hurra USA! — watsolls

Wer bejubelt hier die USA? — isjanichwichtig

? — verwirrt

bla bla — egal

Ich habs geahnt — Joe

oh gott — MATZ

Kotz, würgh — ich opfer

micku — monk

warum? — Engelbert

an antifa — verwirrt