Bespitzelung linker Veranstaltung in Potsdam

Rote Hilfe Potsdam 28.09.2005 01:21 Themen: Repression
An die Rote Hilfe Potsdam ist ein weiterer Fall von Bespitzelung linker Gruppen durch Staatsorgane herangetragen worden. Die Vorgehensweise ist dieses mal aber eine ganz andere, als gezielt Personen anzusprechen. In diesem Fall nutzen die Organe die finanzielle Not und die augenscheinliche Naivität von Jugendlichen aus.
27.09.2005

An die Rote Hilfe Potsdam ist ein weiterer Fall von Bespitzelung linker Gruppen durch Staatsorgane herangetragen worden. Die Vorgehensweise ist dieses mal aber eine ganz andere, als gezielt Personen anzusprechen. In diesem Fall nutzen die Organe die finanzielle Not und die augenscheinliche Naivität von Jugendlichen aus.

Der konkrete Fall:

Am Freitag den 26.08.2005 wurde der dritte Teil einer Kinoreihe aufgeführt - die Veranstaltung wurde ausschließlich auf linken Mailinglisten und Internetseiten beworben.

Gegen 21:00, dem offiziellen Beginn der Veranstaltung kamen 2 junge Frauen, (schätzungsweise 15-16 Jahre alt, ca. 1,60-1,70 m groß, in szeneuntypische Kleidung, blond bzw. schwarzhaarig) und guckten zaghaft in den Raum. Ein Anwe-sender Gast fragte sie, ob sie zu dieser Veranstaltung wollten. Daraufhin fragte die junge schwarzhaarige Frau, ob hier die Veranstaltung über „Arbeiter, die Fabriken kontrollieren“ stattfinden würde oder ob dies weiter hinten auf dem Gelände sei.

Die VeranstalterInnen bejahten und die beiden Frauen setzten sich. Da es mit dem Beginn der Veranstaltung dann doch noch etwas dauerte, fragte ein Gast, woher sie von der Veranstaltung wüssten. Daraufhin drucksten sie etwas herum und die schwarzhaarige (die auch im weiteren Verlauf sprach) antwortete, sie seien nicht ganz freiwillig hier und wären von „jemanden“ geschickt worden. Nach weiteren Fragen erzählten sie, sie seien von einer „Privatperson“, die sich für Politik und „rechts-links irgendwie“ interessiere beauftragt worden, sich die Veranstaltung und die Diskussion im Anschluss anzuhören. Sie erklärten auch, dass sie dafür Geld bekommen würden, aber nicht so viel, wie sie meinten. Auf die Frage, wie sie denn überhaupt an diese Person geraten seien, berichteten sie, sie hätten eine Anzeige in dem kostenlosen Potsdamer Jugendmagazin „Events“ geschaltet, in der sie nach Arbeit gesucht hätten. Jemand hätte sich dann daraufhin bei ihnen gemeldet. Auf Nachfrage, wer sie denn überhaupt beauftragt hätte, nannten sie etwas unsicher-zögernd eine gewisse „Frau Wegener“, die an der Steubenschule in Potsdam Lehrerin sei und deswegen an den Informationen interessiert, weil sie gerade einer Arbeit zu diesem „links-rechts“ Thema schreiben würde, aber zur Zeit sehr viel zu tun hätte und die beiden schicken würde.

Beide, vermittelten eher den Eindruck, das sie sich bis dato noch nicht mit linker Politik oder überhaupt mit Politik auseinandergesetzt hätten. Die beiden Frauen wirkten die gesamte Zeit sehr unsicher. Als ihnen versucht wurde zu erklären, dass es in Deutschland Geheimdienste gäbe und diese u.a. genauso vorgingen, um an Informationen zu kommen, taten sie sehr erstaunt und waren es wohl auch wirklich. Es wurde beiden erklärt, dass es wohl ihre Aufgabe sein soll linke Strukturen und Projekte auszuspionieren auch wenn es ihnen nicht so explizit erklärt worden ist.

Da absolut nicht klar war wo ihre Informationen schließlich landen würden, sind beide Frauen dann gebeten worden die Veranstaltung zu verlassen, was sie auch taten,

Bei der Recherche am folgenden Montag stellte sich heraus, dass es an der Friedrich-Wilhelm-Steuben-Gesamtschule in Potsdam keine Frau Wegener gibt.

Zwei Wochen später tauchten beiden Frauen erneut bei einer öffentlichen Podiumsdiskussion, auf. Sie beäugten die Sache durch die Tür und verließen fürs erste den Saal, kamen aber dann schnell wieder und schrieben während der Veranstaltung fleißig mit. Bei dieser Veranstaltung ist es leider nicht dazu ge-kommen, die beiden des Saales zu verweisen.

Wir empfinden es als notwendig und richtig diese Geschichte öffentlich zu machen. Es ist der zweite dokumentierte Versuch über solch eine Form der „Zuträgerschaft“ Infos über Strukturen abzugreifen. Konsequenterweise fordern wir alle auf ähnliche Begebenheiten bekannt zu machen und die entsprechenden Personen raus zu werfen.


Quelle: Rote Hilfe
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

bekannte Masche

28.09.2005 - 02:36
Sowas gab es auch schon in Göttingen. Dort waren es allerdings Aushänge am schwarzen Brett in der Uni. In den Aushängen wurde auch Arbeit versprochen. Einige die sich daraufhin gemeldet haben, hatten den Auftrag bei linken Veranstaltungen mitzuschreiben - gegen Aufwandsentschädigung. Ob einige auch den Auftrag hatten in eher linken Uniseminaren mitzuschreiben weiß ich nicht, das soll es aber auch gegeben haben, aber ist meines Wissens nach nicht bestätigt.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 8 Kommentare

Auch in Berlin lange bekannt

fight repression! 28.09.2005 - 04:12
Auch in Berlin ist die Methode länger bekannt. Es wurde z.B. eine Frau in eine Antifa-Gruppe gesetzt, nur mit einer Anzeige in einer Zeitung, für Forschungsarbeiten Geld zu bekommen. Ihr wurde erläutert, im rechten und im linken Milleu sollen Forschungen angestellt werden, und sie würde halt im linken Millieu eingesetzt werden.

Diese Methode wurde auch bekannt, als der VS gar eine Art Büro einrichtete um Leute (StudentInnen über Tusma o.a. studentische Arbeitsvermittlungen) im Internet über Radikale - dieses mal halt Indymedia - forschen zu lassen.

Solidarity is not a einbahnstraße - solidarität ist eine waffe!

Es muss ein Titel angegeben werden

antifascista 28.09.2005 - 18:47
Auf diese Weise sollte mensch doch mal gezielt falsche Informationen an unseren scheiß Staat geben...

Missbrauch

Blanziflor 28.09.2005 - 19:20
Der Verfassungsschutz verkommt bei der extremen Verfolgung harmloser Gruppen zum missbräuchlichen und undemokratischen Herrschaftsinstrument. Die Beobachtung der neuen Partei WASG mit ihrem größtenteils bei der SPD abgekupferten Wahlprogramm in die verfassungsfeindliche Ecke zu schieben, geht in die Ecke. Das Demokratieverständnis reduziert sich hier auf den Gedanken: Demokratie ist, wenn alle meine Partei wählen.
Anderen Gruppierungen, wie z. Bsp. der NPD werden selbst für den Landesvorsitz VerfassungsschützerInnen zur Mitarbeit gestellt. Freilich, die haben sich auf Vorsitz und stellvertretenden Vorsitz dann wohl kaum mit feinen demokratischen Methoden hochgearbeitet. Wenn die jetzt in die WASG als neue "Bedrohung" versetzt worden sind, werden die weiter ihre ultrarechten Sprüche klopfen, sobald sich die Gelegenheit ergibt. Da können die Verfassungsschützer nach alter Manier gegenseitig ihre verfassungsfeindlichen Äußerungen aufschreiben und die Grundlage für einen Verbotsantrag bilden.

verkommen?

Faust 28.09.2005 - 19:43
@Banziflor
Der sog. "Verfassungs"schutz kann zu nichts verkommen, das er schon in seiner Struktur immament ist. Besser ist es ohnehin, von Staats- oder meinetwegen Systemschutz zu reden, weil ja nicht die Verfassung per se, sondern ihre gegebene Ausprägung geschützt wird.
Eine Organisation, die auf geheimem Handeln beruht und Gesinnungen bewertet, kann nicht demokratisch sein. Für Straftaten, wie z.B. Volksverhetzung, gibt es Polizei und Justiz, was eigentlich genügen sollte.
Nähme der sog. Verfassungsschutz seine Aufgaben ernst, so müßte er - als amüsante Vorstellung - wohl eher auf so etwas wie investigativen Journalismus hinauslaufen und verfassungswidrige Politik, wie z.B. Waffenschiebereien, Kriegsvorbereitung und ähnliche Geschäfte besonders dann aufdecken, wenn Verfassungsorgane daran beteiligt sind. Aber auch das wäre ja eine Sache der Strafverfolgungsbhörden. Warum das eine getan wird und das andere nicht, und warum der sog. Verfassungsschutz das Volk vor der Verfassung schützt (Rolf Gössner)?
quot erat demonstrandum

Aufregung unbegründet

antifaschist 28.09.2005 - 19:52
Was soll denn daran so schlimm sein, wenn man eine ÖFFENTLICHE Veranstaltung protokolliert? Ich verstehe die Aufregung nicht. Wenn öffentliche Flugblätter von der Polizei gelesen werden, dann regt sich doch auch keiner auf.

Rauswurf bei einer öffentlichen Diskussion?!?

Jo 29.09.2005 - 00:14
Mal ´ne Frage: Wie wollt Ihr denn bei einer öffentlichen Podiumsdiskussion jemanden des Saales verweisen, der nicht randaliert? In einer öffentlichen Veranstaltung kann ich solange sitzen und mitschreiben, wie es mir passt - wer mich rauswerfen will, soll´s nur mal versuchen...

Wie bei der Stasi

lieber nicht 29.09.2005 - 02:10

So ähnlich hat die Stasi mich damals
als gerade 18-jährigen auch ködern wollen.
Details spare ich mir aus Gründen meiner Sicherheit.

Ich hatte keine Ahnung was läuft und unterschrieb
eher aus irgendeiner komischen Intuition nichts und
machte dann auch nicht mit.

Unglaublich das es solche Maschen, solch ein Verheizen
von Unbedarften für Spitzeleien noch gibt

Öffentliche Veranstaltung

Blanziflor 29.09.2005 - 10:00
Den "Verfassungsschutz" finde ich genau wie Faust überflüssig. Ich wüßte nicht, dass er bislang nachweisbar zu guten Zwecken getaugt hätte. Wenn jemand da etwas anders weiß, lasse ich mich gerne belehren.

Bei öffentlichen Veranstaltugen darf natürlich jedeR da sein und bleiben, wenn er/sie nicht randaliert. Meistens werden VerfassungsschützerInnen ja nicht randalieren.

Trotzdem finde ich es vermessen, wenn da ein Verfassungschützer seinen Notizblock zückt und jede soziale Forderung mit einem dicken Ausrufezeichen als verfassungswidrig markiert. Es sind ja wohl kaum Leuchten, die da beschäftigt werden, um soziale Bewegungen auszuspionieren und da ganz schlimme Sachen reinzugeheimsen.

Wie mensch beim NPD-Verbotsverfahren sehen konnte, strebt der Verfassungssschutz allerdings nicht lediglich nach öffentlichen Veranstaltungen. Die wollen am besten den Vorsitzenden und den Stellvertreter des Vorsitzenden stellen. Da fördern sie dann eine als verfassungsfeindlich angesehene und erkannte Gruppe. Mit ihren verfassungsfeindlichen Sprüchen und Eingriffen in die innerparteilichen Angelgenheiten sorgen sie für eskalierende Verfassungsfeindlichkeit. Das ist sogar extrem schädlich.