Krankfeier- Broschüre der Überflüssigen.

Familie Müller 27.09.2005 15:49 Themen: Soziale Kämpfe
Überflüssige wieder in Aktion. Diagnose Kapitalismus - Therapie Pause. Heute fand in Berlin eine Pressekonferenz der Überflüssigen statt. Es wurde die neu aufgelegte Broschüre mit Anleitungen zum Krankfeiern vorgestellt, die ab sofort in linken Buchläden und Infoläden ausliegt oder auf der Internetseite: www.krank-feiern.org nachzulesen ist.
Die Überflüssigen haben die Broschüre "Lieber krankfeiern als gesundschuften" aus dem Jahr 1980 jetzt neu aufgelegt und die zahlreichen Tipps und Tricks erneuert, verbessert und ergänzt. Zahlreiche "überflüssige" medizinische ExpertInnen haben daran mitgewirkt.
Die Broschüre gibt konkrete Krankschreib-Hilfen zum Verhalten beim Arzt, aber auch für diejenigen die keine Krankenversicherung haben oder illegalisiert in Deutschland leben.Von der klassischen Migräne, über die Nieren-Becken-Entzündung bis hin zur Depression sind detaillierte Verhaltensregeln beim Arztbesuch aufgelistet. Diese Tipps und Tricks sind von vielen Überflüssigen der Gesellschaft selbst getestet und helfen bei ausbeuterischer Lohnarbeit als auch beim Stress mit der Arbeitsagentur, z. B. bei 1-Euro-Jobs.
Mit der Broschüre rufen die Überflüssigen auf, bestehende Rechte (z. B. Recht auf Lohnfortzahlung, Recht auf medizinische Versorgung) in Anspruch zu nehmen. Aus diesen Freiräumen heraus, können so kollektive Ent-und Aneignungsprozessen von unten solidarisch entwickelt und umgesetzt werden.
Die Internetseite von www.krank-feiern.org gestaltet sich interaktiv, jeder und jede kann ihre persönlichen Erfahrungen mit noch nicht aufgelisteten Krankheitsbildern und die Erfahrungen beim Arzt einbringen.
Die Pressekonferenz begann um 11:00 Uhr und lief bis zum Ende ohne Störungen seitens der Staatsmacht ab. Es waren VertreterInnen der Print, Hörfunk und TV-Medien, sowie ca 15 Überflüssige mit ihren roten Pullis und weißen Gesichtsmasken anwesend. Nach der herzlichen Begrüßung und der Einführung in die Inhalte der Broschüre, vermittelten die Überflüssigen den MedienvertreterInnen sowohl die politischen Dimension dieser Aktion und die lange Geschichte der Kriminalisierung der Krank-Feier-Broschüren in der BRD. Anschließend hat der medizinische Experte Dr. med. Fabricius anhand von Krankheits-Statistiken und Armuts/Reichtums-Diagrammen auf den Zusammenhang zwischen Krankheitsentwicklungen und Armut und höherer Ausbeutung hingewiesen.
Der Mediziner im Ruhestand unterstützt ausdrücklich die Initiative der Überflüssigen und rät jedem gestresst und überarbeiteten Menschen aufmerksam die Boschüre zu lesen und sich eine Pause zu gönnen.
Im Krankfeiern sieht er eine notwendige präventive Notwehrmaßnnahme gegen eine kapitalistische Ausbeutungsgesellschaft.

Die Broschüre ist bundesweit in einschlägigen linken Buchläden und Infoläden zu erhalten und absolut umsonst. Bei größeren Bestellungen kann eine Anfrage per email an die unten aufgeführte Adresse gesendet werden.

Viele freie Krankheitstage wünschen
die Überflüssigen.
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Ergänzungen

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alödkjfas 27.09.2005 - 23:04

Cover

asd 27.09.2005 - 23:20
So sieht das Cover aus

Pressenews

ZeitungsleserIn 28.09.2005 - 01:17

pressesttimmen zur Neuauflage der Broschüre

pressebeobachterin 28.09.2005 - 02:07
Telepolis
 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21031/1.html

Mach mal Pause
Peter Nowak 28.09.2005

Die "Überflüssigen" veröffentlichen eine Broschüre mit "medizinischem Wissen" zum Krankfeiern
Die Presseeinladung hörte sich geheimnisvoll an. Die Pressekonferenz könne womöglich einen Polizeieinsatz provozieren, wurden die Journalisten gewarnt. Die Polizei ließ sich dann allerdings nicht blicken im Berliner "Haus der Demokratie". Dafür waren dort eine Menge Menschen mit weißen Masken und roten Kapuzenpullis mit der Aufschrift Die Überflüssigen. Das ist der Namen einer Gruppe, die sich erstmals bei den Sozialprotesten gegen Hartz IV mit spektakulären Aktionen zu Wort gemeldet hatte.


In dieser Tradition stand auch ihre jüngste Aktion. Sie haben ein Büchlein mit dem Titel Diagnose Kapitalismus - Therapie Pause vorgestellt, das "medizinisches Wissen zur Überwindung von Arbeitszwang und Behördendrangsal" weitergibt. Damit haben sie eine Broschüre wieder zugänglich gemacht, die 1980 unter dem Titel Wege zu Wissen und Wohlstand – lieber Krankfeiern als gesund schuften für Schlagzeilen sorgte. Dafür war aber hauptsächlich die Justiz verantwortlich.

Am 30.11.1980 wurde das Büchlein zum ersten Mal beschlagnahmt. Insgesamt gab es über 80 Hausdurchsuchungen bei Buchhändlern, Verlagen sowie alternativen Projekten, die die Handreichung für ein gesundes Leben angeblich verbreiteten. Begründet wurde die Polizeimaßnahme mit dem "Aufruf der Begehung von Straftaten", weil die Broschüre schließlich Tipps gibt, wie man eine Krankheit simuliert, um sich ein Attest zu besorgen.

Die Überflüssigen begründen die Wiederauflage der Broschüre mit politischen Gründen. Der Krankenstand sei heute so niedrig wie nie zuvor. Viele Arbeitnehmer würden sich trotz Fieber und Schmerzen zum Arbeitsplatz schleppen, weil sie Angst um ihren Job haben. Oft können sich die Menschen auch die Krankheit einfach nicht mehr leisten. Gerade für die wachsende Zahl von Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen, ohne Anspruch auf Krankengeld und Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle, bedeutet eine längere Arbeitsunfähigkeit oft Verschuldung und Angst ums Überleben.

Eine Entwicklung, die der Mediziner Wolfgang Fabricius vom Berliner Gesundheitsladen an Hand von Diagrammen untermauerte. Nicht das Krankfeiern sei das Problem, sondern die zunehmende Zahl von Menschen, die sich krank zur Arbeit quälen und damit ihre Gesundheit noch zusätzlich ruinieren. Daher könne er die Wiederauflage der Gesundheitsbroschüre nur begrüßen, bekräftigte Fabricius.

Die Auflage scheint mit 2000 Exemplaren recht begrenzt. Doch die Broschüre ist vollständig im Internet zu finden. Dort können auch Interessierte Erfahrungen austauschen, die sie mit dieser und jener Krankheit gemacht haben, sowie weitere Krankheitstipps vorschlagen. Anders als in den 80er Jahren würde eine Beschlagnahme so wohl eher zu einer stärkeren Verbreitung beitragen.








Tageszeitung
 http://www.taz.de/pt/2005/09/28/a0240.nf/text
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WAS MACHEN EIGENTLICH ... die Überflüssigen?
Blau
Eigentlich ist ihre Markenfarbe eine ganz andere. Verhüllt in rote Kapuzenshirts machen die "Überflüssigen" mit Aktionen gegen Lidl oder die Arbeiterwohlfahrt von sich reden. Rot gekleidet waren sie gestern bei der Präsentation ihrer Broschüre zwar auch. Doch ging es ihnen dieses Mal um die Farbe "blau".

"Diagnose Kapitalismus - medizinisches Wissen zur Überwindung von Arbeitszwang und Behördendrangsal" heißt der knapp 60-seitige Ratgeber zum Blaumachen, den sie gestern vorstellten. In den 80er-Jahren war das Heft schon einmal erschienen. Damals kam es deswegen bundesweit zu mehr als 100 Hausdurchsuchungen. Aufruf zur Straftat, lautete der Vorwurf.

Jetzt wurde der Ratgeber aktualisiert. "Zu fordistischen Zeiten konnte schon mal ein Schraubenschlüssel aufs Band geworfen werden", so die Broschüre. In Zeiten der Teamarbeit und Scheinselbstständigkeit funktionierten solche Maßnahmen nicht mehr. Die Alternative: Kollektiv gönnen sich alle häufiger eine Pause.

Lang ist die Liste der empfohlenen Krankheiten: Migräne und Depressionen seien vom Arzt schwer anzuzweifeln. Auch nächtliches Erbrechen habe sich bewährt. Wie "blühendes Leben" würden die meisten selbst im gesunden Zustand nicht aussehen.

Doch nicht nur auf die Krankheit kommt es an. Um vorm Arzt glaubwürdig zu bestehen, sollte der Blaumacher nicht bloß von typischen Symptomen erzählen. sondern auch von Wehwechen, die mit dem Kankheitsbild gar nichts zu tun haben. Dann kommt der Arzt auch nicht auf die Idee, man hätte alle Angaben aus dem Buch. FLEE FOTO: ARCHIV

taz Berlin lokal Nr. 7780 vom 28.9.2005, Seite 22, 60 Zeilen (TAZ-Bericht), FLEE

taz muss sein: Was ist Ihnen die Internetausgabe der taz wert?

Bild von PK

lkj 29.09.2005 - 17:00
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Weitere Pressestimmen

h 29.09.2005 - 18:56

------------BERLINER KURIER---------------

Krankfeiern und Abkassieren. Verschwörung der Drückeberger. Maskierte Heinis rufen zum Lügen und Betrügen beim Chef und Arzt auf

Berlin - Jaja, der böse "Lohnterror" des Kapitalismus: Eine Gruppe maskierter Linker hat zwecks Gegenwehr einen Leitfaden zum Krankfeiern herausgebracht.

Verborgen hinter roten Kapuzen-Shirts und weißen Masken stellten die "Überflüssigen", wie sie sich selbst nennen, ihre Broschüre vor. Sie heißt "Diagnose: Kapitalismus. Therapie: Pause" und verrät, wie ein Gesunder sich auf Kosten der Kollegen und der Firma krankschreiben lassen kann. Und zwar je länger je lieber.

Die Broschüre verrät zum Beispiel, wie man Migräne vortäuscht (Schmerz "dumpf drückend und pulsierend"), wie viel Blut man in eine Urinprobe geben muss, damit Blasenentzündung diagnostiziert wird ("allerhöchstens ein kleiner Tropfen auf elf Tropfen Urin"), wie sich eine kranke Halswirbelsäule äußert ("manchmal hast du auch ein leichtes Schwindelgefühl"). Und wie man es vor allem vermeidet, beim Arzt als Simulant enttarnt zu werden.

Medikamente, die verschrieben werden, soll man wegwerfen, rät das 66-Seiten-Heftchen. Es gibt auch Tipps für den Betrug mit Patienten-Chipkarten und Scheinehen.

Neu ist die Broschüre nicht: Eine Variante gab es schon 1980, sie war verboten.

von Gerhard Lehrke, Berliner Kurier, 28.9.05
mit Foto


----------BERLINER ZEITUNG---------------

Krankenschein gegen Ausbeuter (von Marlies Emmerich)

Wer sich heute unwohl fühlt, der sollte nicht gleich an einen grippalen Infekt denken. So banal ist das Leben nicht. Krank wird man von Neoliberalismus und Lohnausbeutung, von der Barbarei des Kapitalismus. Das hat die extrem alternative Anti-Hartz-Truppe "die Überflüssigen" am Dienstag Journalisten etwas langatmig und natürlich bierernst erklärt. Weil solche Thesen gefährlich sind, haben sich die stets rot gekleideten "Überflüssigen" bei der Präsentation ihrer Broschüre "Diagnose Kapitalismus - Therapie Pause" im Haus der Demokratie in der Greifswalder Straße wie gewohnt hinter weißen Masken versteckt. Die staatliche Repression, so die eindeutige Botschaft, wartet schon.

Dabei kennt doch jeder halbwegs Faule die beschriebenen Tricks: Migräne, Übelkeit, Magenschmerzen. Zur besten Waffe gegen den Kapitalismus gehört aber zweifelsohne die tiefe Depression wegen ihrer ungenauen Symptome. Fest steht eigentlich nur, dass dabei die große Lust auf Arbeit schwindet. Und: Die Krankheit zieht sich über Monate, wenn nicht länger hin. Und all die schönen Dinge des Lebens lassen sich währenddessen machen wie gewohnt, erklärte ein hilfsbereiter Arzt des Berliner Gesundheitsladens mit großem Ernst in der Stimme. Wozu braucht man für solche Erkenntnisse 66 Seiten?

mehr presse

nd 30.09.2005 - 02:59

--------------Neues Deutschland 28.9.05, Seite 11----------------

Beim Weißkittel den Blöden spielen
Gruppe »Die Überflüssigen« bietet Tipps zur Beschädigung des Kapitalismus
Von Peter Kirschey

Warum nicht dem Kapitalismus ein Schnippchen schlagen? Wenn er denn hier und heute nicht zu knacken ist, eine Revolution weit und breit nicht herannaht, so kann man ihn doch wenigstens ein wenig piesacken - zum Wohle der eigenen Gesundheit.

Wie das zu bewerkstelligen ist, zeigt eine kleine Broschüre mit dem schönen Titel: »Diagnose Kapitalismus - Therapie Pause«. Der Untertitel geht dann schon ins Detail: »Medizinisches 'Wissen zur Überwindung von Arbeitszwang und Behördendrangsal«.

Die, die jenes Werk der Öffentlichkeit unterbreiten, nennen sich »Die Überflüssigen«. Sie agieren europaweit mit weißer Gesichtsmaske und roter Kapuzenjacke, und sie wollen auf den alltäglichen kapitalistischen Wahnsinn aufmerksam machen: Auf der einen Seite eine kleiner werdende Gruppe von Berufstätigen, die bis zum Umfallen schuftet, ihre Gesundheit dem Stresswahn opfert. Auf der anderen Seite immer mehr Leute, denen das Menschenrecht auf Arbeit genommen wird, die überflüssig und nutzlos sind, Strandgut der Gesellschaft werden. Deshalb sollen Krankheiten gezielt im Kampf um soziale Gerechtigkeit eingesetzt werden. Tricks und Schummeleien sind erlaubt.

Der Krankenstand, konstatieren »Die Überflüssigen«, ist seit Jahrzehnten rückläufig. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass die Leute gesünder sind. Sie stecken nur mehr weg, ducken sich aus Angst vor beruflichen Repressalien. Warum sich also pausenlos der Ausbeutung hingeben?

Die Broschüre zeigt nun, wie man eine Migräne zeitweilig in den Mittelpunkt seiner Persönlichkeit stellen oder eine Nieren-BeckenEntzündung richtig ausleben kann. Magenschleimhautentzündungen, Lendenwirbelsyndrom, Depression - aus all den Krankheiten lässt sich viel mehr für sich und damit für die Gesellschaft herausholen. Als kleine Zugaben, um den Arzt restlos zu überzeugen, sind schlechter Schlaf, Appetitlosigkeit, Schlappheit, Haarausfall oder brüchige Fingernägel im Angebot. Für jede Krankheit wird aufgelistet, wie viele Tage man dabei zur eigenen Körperpflege nutzen kann.

Es werden Grundregeln im Umgang mit Ärzten formuliert, denn die sind von Berufs wegen misstrauisch und besserwisserisch. Niemals einem Arzt eine Diagnose vorgeben, dann hat man schon verloren. Es kann helfen, »wenn du vor deinem Weißkittel den Blöden spielst«.

Die Broschüre ist ausgesprochene Bückware, soll aber über Büchereien erhältlich sein. Wegen des Aufrufs zur Straftat - Betrug - auch nicht ganz unproblematisch, die »Überflüssigen« befürchten Repressalien. Doch wer sich erwischen lässt, ist selber schuld. Ansonsten sind alle Details unter »www.krank-feiern.org« im Internet zu finden.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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tolle sache — ist doch überflüssig

ppppppppppppppppppppppppppppp — paul der faule

Coole Sache — Jekell & Hyde