Berliner Polizei kocht vor Wut

X-Berger 16.09.2005 10:38 Themen: Antifa Repression
Heute abend soll im Staatthaus Böcklerpark eine große Anti-Nazi-Gala stattfinden. Mehr als 200 Gruppen und Personen, darunter mehrere Parlamentiarier, laden zur öffentlichen Nazimüllentsorgung. Das Berliner LKA kocht vor Wut, da mit dieser Gala ihre Aktion vor 14 Tagen ad absurdum geführt wird. Sollten Sie eingreifen, müssen sie dieses Mal auch regierende Senatsmitglieder und Bürgerrechtler festnehmen. In der Öffentlichkeit wurde die Polizeiaktion allemal als völlig verrückte Aktion für die NPD, ausgelöst von rechten Scharfmachern innerhalb des Polizeiapparats kritisiert. Aus internen Quellen war zu erfahren, dass die Verantwortlichen bei der Polizei wegen der Gala vor Wut kochen.
Fraglich ist, ob die Berliner Polizei in diesem Fall wieder ausser Kontrolle gerät, und in einem politischen Amoklauf die Gala mit voraussichtlich mehr als 800 Gästen stürmen wird.
Zwar dürfte die Wahlkampfhilfe für die NPD zu spät kommen, da die Plakate innerhalb eines Tages kaum wieder aufgehängt werden können. Doch: der Befriedigung übersteigerter Hassgefühle gegen Linke und AntifaschistInnen würde eine derartige Reaktion sicherlich dienen. Dass hier neben politisch eher rechter Gesinnung im Polizeiapparat, auch psychopathologische Probleme bestehen, ist evident.
Eine Behandlungsform dieser Probleme ist mit Sicherheit die von der Antifaschistischen Linken Berlin (ALB) angesetzte Gala, mit der das inkriminierte Fest vor 14 Tagen jetzt noch größer, noch breiter und ziemlich glamourös wiederholt werden soll. Konfrontation heisst die dahinterliegende psychotherapeutische Theorie.
Mit der offensiven und konfrontativen Aktion macht die ALB wahrscheinlich das einzig Richtige: Den Einschüchterungsversuchen muss mit Zivilcourage entgegen getreten werden. Der Angriff auf politische Räume, sich nämlich öffetnlich antirassistisch und antifaschistisch bewegen zu können, darf nicht hingenommen werden. Das ohne Reaktion zuzulassen, würde heissen, den gesellschaftlichen Kampf gegen Rechts auf dieser wichtigen Ebene aufzugeben. Mensch darf gespannt sein, was heute abend passiert. Die ALB, wie auch Rechtsanwälte betonten im Vorfeld nochmal:" Wer irgendwo Nazimüll im Strassengraben findet, und diesen zur Entsorgung zur Gala bringt, macht sich keinesfalls strafbar!". Und schließlich gilt auch weiterhin die alte gewerkschaftliche Parole: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.
Die Gala jedenfalls verspricht auch ohne Polizeieinsatz unterhaltsam zu werden. Das Programm ist unter www.antifa.de einzusehen.
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Ergänzungen

Presseschau

Andreas Gerstner 16.09.2005 - 12:57
Presseartikel aus der Jungen Welt:

Junge Welt, 29. Aug 2005
 http://www.jungewelt.de/2005/08-29/013.php

/Andreas Siegmund-Schultze/

*Polizeiaktion gegen Partygaeste*

Berlin: Durchsuchungen wegen Aufforderung zum Abhängen von Naziplakaten

Nach der brutalen Polizeiaktion gegen Fußballfans des BFC Dynamo am 21.
August in einer Diskothek in Berlin-Friedrichshain (jW berichtete), ging die Polizei am späten Samstag abend mit rund 300 Beamten gegen 100 Besucher eines Cafés in der Brunnenstraße vor. Zeitgleich fanden in mehreren Wohnungen und Büroräumen umfangreiche Hausdurchsuchungen von Sondereinsatzkommandos (SEK) statt. Nach Polizeiangaben gab es sechs Strafanzeigen wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittel-, das Waffen- und das Versammlungsgesetz. Offizieller Hintergrund dieses nächtlichen Großeinsatzes gegen die linke Szene war eine Ankündigung für eine Party im Café »Subversiv«. Besucher sollten für jedes mitgebrachte Plakat der rechtsextremen NPD einen freien Cocktail erhalten. Der Richter, der den Polizeieinsatz anordnete, wertete dies als »öffentliche Aufforderung zu Straftaten«. Rund 60 NPD-Plakate konnte die Polizei bei ihrem Coup sicherstellen.

Die Beamten waren gegen 22.45 Uhr im Café erschienen und führten die Gäste, in einem dreistündigen Einsatz, einzeln aus der Einrichtung.
Personalien wurden festgestellt, die Besucher mußten sich wie Schwerverbrecher von den Beamten fotografieren lassen. Im Gegensatz zum Einsatz am vorletzten Wochenende durften Pressevertreter »zur eigenen Sicherheit« die Räumlichkeiten der Einrichtung nicht betreten. Warum Gäste einer antifaschistischen Party allerdings gefährlicher sein sollen, als Fußballfans der angeblichen »Kategorien C (gewaltbereit) und B (gewaltsuchend)« im Friedrichshainer Club »Jeton«, ließ der zuständige Einsatzleiter gegenüber jW offen.

Während des Polizeieinsatzes im »Subversiv« sammelten sich Symphatisanten vor dem Café, gegen Mitternacht begannen Beamte der Polizeieinheiten 23 und
24 die etwa 200 Menschen brutal auseinanderzutreiben und mit Knüppeln gegen sie vorzugehen. Ein junger Mann erlitt am U-Bahnhof Rosenthaler Platz Knochenbrüche, weil bei seiner Festnahme drei korpulente Polizisten auf ihm saßen und ihn brutal mit Knüppeln malträtierten. Dienstnummern wollten die beteiligten Polizisten auf jW-Anfrage nicht nennen.

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Junge Welt, 28. Aug 2005
 http://www.jungewelt.de/2005/08-29/018.php

/Interview: Peter Wolter/

»Bei der Berliner Polizei ist alles Linke verhaßt«

Überfallkommando durchsuchte Wohnungen und Büros. Antifaschisten beklagen fehlende Unterstützung durch SPD und Linkspartei. Ein Gespräch mit Michael Kronewetter

* Dr. Michael Kronewetter ist Pressesprecher der Antifaschistischen Linken Berlin (ALB).

F: Die Polizeiübergriffe in Berlin häufen sich. Stichworte: Yorckstraße 59, Häuserparty in Prenzlauer Berg, Diskothek Jeton, Studentencamp ...
Wie kam es, daß auch Sie in der Nacht zum Sonntag Opfer wurden?

Offenbar geht die Polizei momentan in eigener Initiative vor. Anlaß war wohl, daß auf der Internetseite antifa.de dazu aufgerufen wurde, Nazipropaganda, rassistische Hetze und Nazidemonstrationen zu verhindern – also das, was die Zivilgesellschaft seit Jahren mit dem »Aufstand der Anständigen« fordert. Es wurden sieben Wohnungen, Büros und Läden des antifaschistischen Spektrums durchsucht. Das geschah überfallartig, durch SEK-Kommandos.

F: Was stand konkret auf der Internetseite?

Es ging der Polizei offenbar in erster Linie um die Ankündigung, daß bei einer Antifa-Fete am Samstag abend jeder einen Freicocktail bekommt, der ein Wahlplakat der NPD abliefert. Es wurde auch dazu aufgefordert, Propagandamaterial der Neonazis in blauen Müllsäcken zu entsorgen. Das sieht die Polizei als Aufruf zu einer Straftat.

F: Auch Ihre Wohnung wurde gestürmt ...

Die SEK-Beamten haben es nicht nötig zu klingeln, sie brechen normalerweise gleich die Wohnungstür auf. Ich hatte Glück, daß ich eine Sekunde vorher geöffnet hatte, dadurch bleiben mir die Reparaturkosten erspart. Vor mir standen Beamte mit gezückter Waffe, andere drückten mich mit ihren schußsicheren Schilden an die Wand. Der Rest des Überfallkommandos stürmte durch die Wohnung – wie man es eben aus der Terroristenfahndung kennt.

F: Sie sprachen von Eigeninitiative der Polizei. Wollen Sie damit andeuten, daß der von SPD und Linkspartei gestellte Senat möglicherweise nichts davon wußte?

Das kann ich schlecht sagen. Das Ganze wäre noch skandalöser, wenn der Auftrag zu dieser Aktion direkt vom Innensenator Ehrhart Körting (SPD) gekommen wäre.

F: Nach dem Polizeiüberfall auf die Diskothek Jeton berichteten Augenzeugen, sie hätten sich an Filme über das Wüten der chilenischen Militärjunta erinnert gefühlt. Ist dieser Vergleich überzogen?

Diese Assoziationen sind sicher verständlich, obwohl Chile eine ganz andere Qualität hatte. Ähnliche Vergleiche haben aktive Antifaschisten im Rahmen der Festnahmen am 1. Mai gezogen. Dort wurden Gefangene in Sammelstellen oder in Polizeiwagen brutal zusammengeschlagen.

F: Haben Sie eine Theorie, warum die Polizei immer häufiger die Muskeln spielen läßt?

Am 8. Mai, dem 60. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus, ging es noch darum, öffentlich zu zeigen, daß die Behörden gegen die Neofaschisten vorgehen. Mir scheint, daß seitdem der Druck aus der Öffentlichkeit und der Politik auf die Berliner Polizei nachgelassen hat.

In diesem Apparat war schon immer alles Linke verhaßt. Interessant ist, daß die Polizeiführung in den letzten Monaten versucht, alle Aktionen gegen Linke kleinzureden und sich damit mehr Spielraum zu verschaffen.
Und sie will nicht nur einschüchtern, sondern sich angesichts des zunehmenden sozialen Widerstands auch durch Beschlagnahme von Computern, Akten und Adressenlisten einen aktuellen Überblick über die linke Szene verschaffen.

F: Berlin wird von SPD und Linkspartei regiert – die eine Partei gibt sich einen halblinken und die andere einen linken Anspruch. Fühlen Sie sich von ihnen in Ihrem Kampf gegen Neonazis unterstützt?

Wenn man die Vorfälle der letzten Wochen betrachtet, kann man gewiß nicht von Unterstützung sprechen.

F: Wie geht es weiter? Wie reagieren Sie auf den Polizeiüberfall?

Erstens werden wir die üblichen rechtlichen Schritte ergreifen. Zweitens bestärkt uns die Aktion darin, jetzt erst recht die Propaganda von Neonazis zu verhindern. Wir zumindest nehmen den »Aufstand der Anständigen« ernst: In etwa zwei Wochen wollen wir eine Gala veranstalten, bei der die Zivilgesellschaft Gelegenheit hat, gegen einen kostenlosen Cocktail Nazipropaganda abzugeben. Wir hoffen, daß wir von Prominenten unterstützt werden, auch von Persönlichkeiten aus Politik, Film, Funk und Fernsehen.

* info: www.antifa.de

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Presseartikel aus der tageszeitung - taz:
Taz, 29.08.2005

 http://www.taz.de

Polizei sorgt sich um NPD

Großrazzia gegen Linke: 300 Polizisten durchsuchen eine Kneipe, ein Archiv sowie Wohnungen. Begründung: Antifas belohnen Partygäste, die NPD-Plakate abreißen, mit einem Gratiscocktail VON JÖRG MEYER

Bei einer Großrazzia am Samstagabend haben etwa 300 Polizeibeamte in Kreuzberg, Mitte und Wedding sieben Objekte durchsucht. Gegen 21.30 Uhr stürmten Beamte das Kneipenkollektiv "Subversiv" in der Brunnenstraße, riegelten den Hof ab und lösten eine Party auf. Wenig später drangen Einsatzkräfte in zwei Privatwohnungen ein und durchsuchten zeitgleich einen linken Stadtteilladen, in dem die Antifaschistische Linke Berlin (ALB) ihren Versand "Red Stuff" beherbergt. Auch das Antifaschistische Pressearchiv
(Apabiz) in der Lausitzer Straße und zwei Bürogemeinschaften waren von den Razzien betroffen.

Die Großrazzia richte sich gegen Personen, die öffentlich zu Straftaten aufgerufen hätten, begründete gestern ein Polizeisprecher die nächtliche Aktion. Angehörige der linken Szene hätten sowohl im Internet als auch auf einer Antifa-Party für jedes mitgebrachte NPD-Plakat einen Gratiscocktail in Aussicht gestellt. Die ALB hatte die Einladung für die Party im "Subversiv"
auf ihre Website gestellt. Daher waren ihre Angehörigen am stärksten von der Großrazzia betroffen.

Die Polizei sei "massiv, aber einigermaßen friedlich" vorgegangen, berichtet ein Augenzeuge, der auf der Party in der Brunnenstraße war. Alle Gästen hätten ihre Personalien angeben müssen und wurden fotografiert. Entgegen Augenzeugenberichten von zwei Festnahmen behauptet die Polizei, dass auf der Party niemand festgenommen wurde. Die Polizei hat jedoch sechs Strafanzeigen wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittel-, das Waffen- und das Versammlungsgesetz erstattet. In der Nähe der Kneipe versammelten sich nach Polizeiangaben daraufhin 100 Personen zu einer Spontandemo, die aber nicht stattfand.

Insgesamt beschlagnahmte die Polizei sieben Computer, über 200 CDs, mobile Festplatten und zahlreiche Unterlagen, die mit der NPD gar nichts zu tun haben, berichtet ein ALB-Vertreter. Ein Büro wurde nur deswegen durchsucht, weil an der Tür ein Aufkleber von Red Stuff klebte. Das habe die Polizei offensichtlich zum Anlass genommen, auch ohne Durchsuchungsbefehl dort vorbeizuschauen, vermutet der Nutzer des Büros.

Verhältnismäßig sei das jedenfalls nicht gewesen, bestätigt Rechtsanwalt Daniel Wölky, der bei der Durchsuchung des Ladens anwesend war. In einer Privatwohnung sei das SEK mit der Waffe im Anschlag eingedrungen, berichtet Wölky.

Einschüchtern lassen will sich die ALB von den Durchsuchungen nicht. In einer Erklärung verurteilte Berlins größte Antifa-Gruppe das "brutale Vorgehen der Polizei" und wertete die Großrazzia als "aktive Wahlkampfunterstützung für die NPD". Ein ALB-Vertreter kündigte an, die Aktion gegen NPD-Plakate auszuweiten. Er würde sich von der Polizei nicht verbieten lassen, gegen "rassistische Hetze" vorzugehen. Noch vor den Bundestagswahlen werde es eine große Galaveranstaltung geben, zu der erneut dazu aufgerufen wird, Plakate und Flugblätter der NPD zu entfernen. Für jedes mitgebrachte Plakat winkt zur Belohnung ein Cocktail.

taz Berlin lokal Nr. 7754 vom 29.8.2005, Seite 21, 104 Zeilen (TAZ-Bericht), JÖRG MEYER

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Ressort Berlin aus der Morgenpost vom Montag, 29 August 2005
Razzia in der linken Szene
300 Polizisten durchsuchen Lokale, Büros und Wohnungen - Antifa bezeichnet Einsatz als überzogen
Von Andrea Puppe
Mit 300 Beamten war die Polizei in der Nacht zum Sonntag gegen Lokale, zwei Wohnungen und Bürogemeinschaften aktiv, die der linken Szene zugeordnet werden. In der richterlichen Anordnung wurde die Aktion mit der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten begründet. "Sowohl im Internet als auch auf einer Demonstration war den Besuchern ein Freigetränk auf einer "Antifa-Party' für jedes abgerissene Plakat einer rechtsextremen Partei in Aussicht gestellt worden", erläutert ein Polizeisprecher.
Die Beamten hätten ab 22.15 Uhr in einem Lokal in der Brunnenstraße in Wedding 135 Personen angetroffen, deren Personalien überprüft worden seien. 53 Wahlplakate und mehrere Flaschen Reizspray wurden gefunden. Die Aktion endete um 2.50 Uhr, das Lokal wurde wegen unerlaubten Schankbetriebes geschlossen.
Insgesamt ergingen sechs Strafanzeigen wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittel-, das Waffen- und das Versammlungsgesetz. Festnahmen gab es in diesem Zusammenhang nicht. Allerdings wurden bei einer anschließenden Spontandemonstration in der Nähe der Torstraße in Mitte zwei Männer festgenommen, die Bierflaschen auf Polizisten warfen.
Bei den Bierflaschenwerfern handelt es sich um einen 25jährigen Neuköllner. Er warf aus fünf Metern Entfernung gezielt eine Flasche auf einen Polizisten. Ein 26jähriger, der in Deutschland ohne festen Wohnsitz ist, warf ebenfalls eine Bierflasche und traf einen Gruppenwagen der Polizei. Die beiden Männer sollten noch gestern einem Haftrichter vorgeführt werden. Der Tatvorwurf lautet gegen den jüngeren auf gefährliche Körperverletzung, schweren Widerstand, Landfriedensbruch und Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. Der 26jährige wurde wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr angezeigt.
"Wir haben nicht dazu aufgefordert, Plakate abzureißen", sagt Sebastian Schumann, einer der Sprecher der "Antifaschistischen Linke Berlin". Auf der Antifa-Hompage im Internet habe man Getränke für "mitgebrachte" NPD-Plakate versprochen. "Man kann sich die Poster auf ganz legalen Wegen besorgen", sagt er. Es seien zahlreiche Computer beschlagnahmt worden - unter anderem von anderen Mietern der Bürogemeinschaften, die nun in ihrer Arbeit behindert seien. "Es wurden Jugendliche abfotografiert, die noch nicht einmal strafmündig sind", berichtet Schumann.
Die Antifa bezeichnet den Polizeieinsatz als "völlig überzogen". Aus Gründen der "Extremistenbekämpfung" würden Grundrechte außer Kraft gesetzt, heißt es in einer Pressemitteilung der Linken, die sich in diesem Zusammenhang auf den Einsatz gegen Hooligans in der Disco "Jeton" an der Frankfurter Allee vom Wochenende zuvor bezieht.

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junge Welt, 30.08.2005

Interview
Interview: Peter Wolter

»Wir befürchten einen Rückfall der Berliner Polizei«

Berliner Grüne nennen Vorgehen gegen Antifaschisten absurd. Kritik an unangemessenen Einsätzen. Ein Gespräch mit Volker Ratzmann

* Volker Ratzmann ist Rechtsanwalt und Vorsitzender der Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus

F: Der Innenausschuß des Berliner Abgeordnetenhauses hat sich am Montag mit dem umstrittenen Polizeieinsatz in der Nacht vom 20. zum 21. August vor einem Fußballspiel des BFC Dynamo gegen den FC Union befaßt. Bei dem Vorgehen gegen angebliche Hooligans hatte es eine Menge Verletzte gegeben. Hat die Polizei richtig gehandelt?

Das konnten wir nicht klären, weil der Polizeipräsident auf unsere Fragen unzureichend geantwortet hat. Er verwies auf laufende Strafverfahren. Er hat z.B. keine Antwort darauf gegeben, ob diejenigen, die dabei verletzt wurden, tatsächlich beim Eindringen der Polizei Widerstand geleistet haben.

F: Bewohner aus Köpenick hatten sich beschwert, der gesamte Stadtteil sei fast im Belagerungszustand gewesen. Alles nur wegen einer Handvoll Fußball-Rowdys?

So einfach kann man es nicht machen. Es ist eine harte Szene, die Anlaß zu dem Polizeieinsatz gab, das muß man ernst nehmen. Die Frage ist allerdings, ob die Polizei darauf angemessen reagiert hat. Auch, ob sie ausreichend differenziert hat zwischen harmlosen Fans und denjenigen, die zur gewaltbereiten Szene gehören.

F: Auf den Köpenicker Straßen wurden von den Anwohnern keine Fans gesichtet. Dennoch hatte die Polizei ganze Straßen gesperrt und sogar alte Leute daran gehindert, in ihre Wohnungen zu gehen.

Das war kein Thema im Ausschuß. Es ging im wesentlichen um die von der Polizei gestürmte Diskothek Jeton, in der sich viele Fans versammelt hatten. Dort hatte es auch die vielen Verletzten gegeben. Die Frage ist nach wie vor nicht beantwortet, ob der Polizeieinsatz angemessen war.

F: Es gab Vermutungen, dieser Großeinsatz der Polizei sei eine Generalprobe für die Fußballweltmeisterschaft gewesen. Ist das plausibel?

Ich hoffe nicht. Wir wollen natürlich nicht, daß die Berliner Polizei bei der Weltmeisterschaft nach einem Einsatz ein Siebtel aller Festgenommenen als verletzt registriert. Wir wollen auch nicht, daß es danach über 70 Strafanzeigen gegen die Polizei gibt.

Die »Einsatzgruppe Hooligans« der Berliner Polizei war vorher nicht eingeschaltet worden. Die Beamten der Sondereinsatzkommandos (SEK), die zum Teil aus anderen Bundesländern kamen, waren daher wohl auch nicht richtig darüber informiert, wen sie in der Disko antreffen würden.

F: Stimmt etwas nicht mit der Berliner Polizei? In letzter Zeit gab es viele Beschwerden: Yorckstraße 59, Häuserparty Prenzlauer Berg, die erwähnte Aktion vor dem Fußballspiel, das Studentencamp. Am Samstag sprengte die Polizei eine Veranstaltung von Antifaschisten.

Wir waren davon ausgegangen, daß sich die Mentalität der Berliner Polizei geändert hat. Deswegen sind wir jetzt auch in Sorge, daß sie wieder in alte Verhaltensweisen zurückfällt. Wir drängen darauf, daß diese Vorfälle aufgeklärt werden.

Die Durchsuchungen vom letzten Wochenende sind da besonders mißlich. Man muß sich das mal vor Augen halten: Wenn man im Internet einen Cocktail für die Abgabe eines NPD-Wahlplakates verspricht, kommt die Polizei! Da gab es eine Riesenrazzia mit gezogener Waffe und schußsicheren Schutzschilden. Es ist einfach absurd, so gegen Antifaschisten vorzugehen.

F: Der Senat in Berlin wird von zwei Parteien gestellt, die sich beide als mehr oder weniger links verstehen. Lassen sich Linkspartei und SPD von einem verselbständigten Polizeiapparat vorführen?

Davon kann sicher keine Rede sein. Nach wie vor halte ich große Stücke auf den gegenwärtigen Polizeipräsidenten Dieter Glietsch. Ich glaube, daß er es mit der Umgestaltung seiner Behörde durchaus ernst meint. Allerdings habe ich den Eindruck, daß die SPD kein Interesse daran hat, kritische Fragen zu stellen.

Bei den Vertretern der Linkspartei schien es mir so, daß sie in Schlangenlinien aus dem Innenausschuß herauskamen. Sie lavieren zwischen der Frage nach der Verhältnismäßigkeit dieser Einsätze und ihrer grundsätzlichen Zustimmung z. B. zu den Aktivitäten der Antifaschisten. Ich bin gespannt, was die Linkspartei zu diesem Polizeieinsatz noch sagen wird.

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junge Welt, 31. Aug 2005
 http://www.jungewelt.de/2005/08-31/014.php

/Markus Bernhardt/

*Protest gegen Polizeiaktion*

Berlin: Durchsuchung antifaschistischer Büros ohne gesetzliche Grundlage

Über die polizeiliche Durchsuchung von verschiedenen Treffpunkten und Räumlichkeiten der linken Szene am vergangenen Sonnabend in Berlin kommen immer mehr Details ans Tageslicht. Hintergrund war die Ankündigung von Antifaschisten, Besuchern einer antifaschistischen Party für jedes mitgebrachte Plakat der rechtsextremen NPD einen Cocktail zu spendieren (jW berichtete).

Die Mitarbeiter vom Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin (Apabiz e.V.), die selbst »Besuch« von den sogenannten Ordnungshütern bekamen, wiesen jetzt auf die »illegale Durchsuchung« ihrer Büroräume hin. Die Beamten seien am vergangenen Sonnabend gegen 23 Uhr in die Räumlichkeiten des Apabiz eingedrungen, obwohl das antifaschistische Archiv weder mit der Party noch mit den diversen Veranstaltungsankündigungen in diesem Zusammenhang etwas zu tun hatte.
Auch hatte zu keinem Zeitpunkt ein Durchsuchungsbeschluß für die Räumlichkeiten der Antifaschisten vorgelegen. Obwohl ein anwesender Mitarbeiter die Beamten auf diese Umstände hinwies, hielten diese an »ihren falschen und widersprüchlichen Begründungen fest«, so eine Sprecherin des Apabiz gegenüber junge Welt.

Während die eingesetzten Beamten die Räumlichkeiten des antifaschistischen Archivs fotografierten und verschiedene Unterlagen in Augenschein nahmen, habe der leitende Polizeibeamte Stoevhase vom Polizeilichen Staatsschutz den Antifaschisten sowohl die Aushändigung des angeblich vorliegenden Durchsuchungsbeschlusses als auch das Heranziehen eines Rechtsanwaltes verweigert.

»Wir bewerten daher das Eindringen in unsere Büroräume als illegal und werden juristisch dagegen vorgehen«, erklärte das Apabiz auf Anfrage von jW.

Der Polizeieinsatz hinterlasse »den Eindruck, daß hier mit jedem Mittel die Kriminalisierung des gesamten antifaschistischen Spektrums erreicht werden soll«. Man solidarisiere sich daher »ausdrücklich mit allen Betroffenen« und fordere eine »politische Stellungnahme der rot-roten Regierung zu diesem Einsatz, der kein Einzelfall, sondern der vorläufige Höhepunkt einer ganzen Kette von fragwürdigen Einsätzen der Berliner Polizei« sei.

* www.apabiz.de

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12.09.05 – Neues Deutschland


Öffentliche Entsorgung braunen Mülls
Antifa-Szene mit Gala kurz vor dem Wahltag / Protest gegen Kriminalisierung von Nazi-Gegnern

Von Rainer Funke

Zu einer Anti-Nazi-Gala kurz vor dem Wahltag – nämlich am 16. oder 17. September – lädt Berlins Antifa-Szene ein. Dabei soll öffentlich Nazi-Müll aus dem Wahlkampf entsorgt werden. Genaueres sowie Ort und Uhrzeit sollen noch bekannt gegeben werden. Die Gala solidarisiert sich dabei mit einer Antifa-Gruppe, die im Internet angekündigt hatte, auf einer Party in der Kellerkneipe »subversiv« für eingesammelte Nazi-Plakate Cocktails zu spendieren.
Für Justiz und Polizei offenbar ein Anlass, in nächtlicher Aktion vor zwei Wochen Wohnungen, Büros, einen Vereinsladen, das Antifaschistische Pressearchiv sowie besagte Kneipe mit SEK-Kommandos zu stürmen. 150 Party-Gäste mussten sich registrieren und fotografieren lassen. Offenbar wollte die Polizei ihre Antifa-Verdachtskartei vervollständigen. Und die Gelegenheit nutzen, um Details über Antifa-Strukturen zu beschaffen. Es wurden Türen aufgebrochen, Computer, Datenträger und Dokumente beschlagnahmt. Laut Durchsuchungsbeschluss sollten sich Beweismittel finden, die »Auskunft über die politischen Aktivitäten außerhalb der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und den übersteigerten Hass der Beschuldigten auf die NPD geben«.
Justizsprecher Michael Grunwald bezeichnete die Passage auf ND-Nachfrage als zur Routine gehörend »bei Verfahren, bei denen letztendlich auch die Frage der politischen Motivation – politische Übermotivation – mit eine Rolle spielen kann«. Es handele sich im Großen und Ganzen um eine gängige Formulierung. Sie unterstelle nicht, dass die Betroffen einen übersteigerten Hass hätten. In einen Durchsuchungsbeschluss müsse aber konkret hineingeschrieben werden, was im Extremfall vorliegen könnte.
Bei einem Rechtsextremen beispielsweise, so Grunwald, mache es eben einen Unterschied, ob jemand aus purer Dummheit einmalig den Nazigruß zeige oder dies aus Überzeugung tue und daheim entsprechende Belege gefunden würden. Es komme also darauf an, »ob es sich um einen Aprilscherz im August oder September – Freibier für Plakat – handelt oder ob dahinter steckt, dass man im Zweifel auch willens und in der Lage ist, massiv unter Verstößen gegen die geltenden Gesetze gegen politisch Andersdenkende vorzugehen«.
VVN-BdA-Vorsitzender Hans Coppi sprach dennoch von faktischer Wahlkampfhilfe für die NPD und dem Versuch, zivilgesellschaftliches Engagement gegen die Verbreitung von Nazipropaganda zu kriminalisieren.
Hass gegen Nazis lässt auch der Bündnisgrünen-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus Volker Ratzmann nicht als juristische Begründung für die Razzia gelten. Er halte das Ganze nach jetzigem Kenntnisstand für eine Hochschaukelei zwischen Landeskriminalamt und Polizeidirektionen. »Offenbar versucht man, einen Gleichklang zwischen Antifa und Rechten zu stricken.« Das ermögliche wohl dann, mal etwas unverdächtiger in die Antifa-Szene hineinzugehen. Es liege nicht im Interesse der Stadt, auf diese Art die knappen Justizressourcen zu verschwenden. Deshalb hätten sich Sibyll Klotz und er als Fraktionsvorsitzende mit auf die Unterstützerliste für die Gala gesetzt.
Den Aufruf für die öffentliche Nazi-Müll-Entsorgung vor dem Wahltag haben inzwischen 120 Personen und Gruppen unterzeichnet (www.antifa.de). Sie ermuntern dazu, weiter »Nazipropaganda fantasievoll entgegenzutreten – in der Schule, am Arbeitsplatz und auf der Straße«. Auch auf der Gala-Party sollen »nachgewiesene Anti-Nazi-Aktivitäten mit einem Cocktail« gewürdigt werden.
Die Linkspartei.PDS will die Polizeiaktion am heutigen Montag zum Thema im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses machen. Laut MdA Steffen Zillich, der wie andere Linkspartei.PDS-Abgeord- nete zu den Unterstützern der Gala gehört, werde man nachfragen, ob die Razzia gegen die Antifa etwa auf einen neuen Kurs des Innensenates zurückzuführen ist.
Es könne nicht sein, dass Protest gegen Nazis in die Ecke von Schmuddeligem, Unerwünschtem oder Kriminellem gerückt werde, wie das durch die massive Polizeiaktion faktisch geschehen sei. Den Hass-Hinweis im Durchsuchungsbeschluss halte man für rechtswidrig und ein schädliches Signal in die Öffentlichkeit, sagt Zillich.

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12. Sep 2005 – Neues Deutschland

Übermotiviert?

Kann Mensch im Eintreten gegen braunen Ungeist und braune Untaten »übermotiviert« sein? Man mag es kaum glauben, doch es ist offenbar möglich. Jedenfalls dann, wenn es um die Begründung eines Durchsuchungsbeschlusses gegen Angehörige der linken Szene geht.
Was die Justiz als »gängige Formulierung« verharmlost, dürfte eine Denkweise sein. Was wäre wohl der unterstellte »übersteigerte Hass der Beschuldigten auf die NPD«, über deren Gegner von der Staatsmacht schnüffelnd Auskunft erlangt werden soll? Wie wird so etwas gemessen, bewertet, behandelt – schließlich vielleicht sogar ausgetrieben?
Der gestrige Tag der Erinnerung und Mahnung wäre für Schreibtischtheoretiker, die sich mit solchem zweifelhaften Vorgehen und nicht besseren Begründungen derartige Einblicke in ihre geschichtslose Gedankenwelt leisten, gute Gelegenheit zur Weiterbildung gewesen. Warum sollten sie nicht einmal jemanden wie Auschwitz-Häftling Nummer 58866 Kurt Goldstein fragen, ob er denn in seinem Eintreten gegen Faschismus, gegen alte und neue Nazis bis heute nicht etwas »übermotiviert« sei?
Wie wäre es schließlich mit einer kleinen Durchsuchung bei Überlebenden von Nazi-Konzentrationslagern? Könnten sich die alten Antifaschisten nicht auch mit »übersteigertem Hass« auf Nazi-Pest verdächtig – möglicherweise strafbar – gemacht haben?

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ak - analyse + kritik, 12.9.2005
 http://www.akweb.de/ak_s/ak498/38.htm

"Die Polizei betreibt aktiv Politik"

Interview mit der Antifaschistischen Linken Berlin (ALB)

Die Polizeiübergriffe gegen Strukturen der außerparlamentarischen und radikalen Linken häufen sich - seien es die Durchsuchungen bei Labournet oder der anti atom aktuell, der Polizeieinsatz auf dem Prekär Camp oder das §129-Verfahren im Zusammenhang mit den Protesten gegen den Hotelbau.
Auch in Berlin schlug die Polizei in den letzten Wochen zu - im Visier:
die Antifa-Szene der Hauptstadt.

ak: In der Nacht zum 28. August sprengte die Polizei eine Antifa-Party und durchsuchte Wohnungen und Büros. Was ist passiert?

ALB: Offiziell wurden die Durchsuchungen, an denen mehr als 300 Polizeibeamte beteiligt waren, mit der Einladung zu einer Antifa-Party begründet, die auf www.antifa.de veröffentlicht war. Die recht junge Berliner Gruppe Antifaschistische Brigaden Berlin hatte zu der Party eingeladen und jedem ein Freigetränk versprochen, der Nazi-Wahlkampf-Material mitbringt. Die Polizei bewertete dies als Aufruf zu Straftaten und besorgte sich Durchsuchungsbeschlüsse für die Wohn- und Büroräume der technischen Betreuer der Website und für die Partyräumlichkeiten selbst, um dann während Party, also am Wochenende und nachts, zeitgleich in die Objekte einzureiten. Letztlich waren von der Durchsuchung neben der Party zwei Privatwohnungen, zwei Büroetagen sowie der Laden "Fusion" betroffen, in dem der Antifa-Versand Red Stuff, das Musik-Kollektiv Lucha Armada und FelS residieren. Im Anschluss an die Polizeiaktionen hat es eine spontane Solidemo gegeben, bei der es auch zu Festnahmen kam. Einer der Betroffenen sitzt immer noch in U-Haft, ihm wird vorgeworfen, die Polizei mit einer Flasche beworfen zu haben.

Hattet ihr mit einer Polizeiaktion zu diesem Zeitpunkt gerechnet?

Wir wissen, dass sich Teile der Polizei mit uns beschäftigen. Vor allem nach den Hausdurchsuchungen am 6. Juli wussten wir, woher momentan der Wind weht. Damals wurden Wohnungen von aktiven Antifaschisten wegen einer angeblichen Schlägerei mit Nazis am Ostbahnhof durchsucht. Die Genossinnen und Genossen sind mit einem immensen Observations- und Ermittlungsaufwand überzogen worden. Auch wenn man gesehen hat, mit welchem martialischem Polizeiaufgebot der Wunsiedel-Ersatz-Aufmarsch in Berlin geleitet wurde, war das eine relativ klare Ansage.

Am 6. Juli die Durchsuchungen von 15 Wohnungen von Antifas in Berlin, Potsdam und Eisenhüttenstadt, jetzt die Aktion gegen die Jugendantifa-Party, das Antifaschistische Pressearchiv und Bildungszentrum (apabiz) und euren Laden . Wie erklärt ihr euch, dass die Berliner Polizei nun schon zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen so massiv gegen die Antifa-Szene der Hauptstadt vorgeht?

Diese Aktivitäten stehen unter anderem im Zusammenhang mit einer Umstrukturierung im Berliner Landeskriminalamt. Seit Mitte Juni gibt es dort eine neue Sonderkommission mit Namen AG Links-Rechts-Auseinandersetzungen, was Ausdruck der Tatsache ist, dass sich bei der Berliner Polizei die These der Gewaltaufschaukelung zwischen rechten und linken Gruppen erneuter Popularität erfreut. Eine Entwicklung, die allerdings nicht nur auf Berlin beschränkt ist. In Potsdam, wo in letzter Zeit die Zahl rechter Übergriffe massiv zugenommen hat, wird beispielsweise nach einem Überfall auf einen stadtbekannten Nazi gegen vier Antifas wegen Mordversuchs ermittelt. Die Polizei tut momentan alles, um die Auseinandersetzung zwischen Antifas und Nazis als eine Art Bandenkrieg erscheinen zu lassen. Auf einmal ist in den Medien - bis hin zur taz wurde diese Sichtweise vertreten - wieder ganz unreflektiert von der Spirale der Gewalt zwischen Rechts und Links die Rede.

Auf der einen Seite werden also auf diese Art die politischen Auseinandersetzungen entpolitisiert, auf der anderen Seite betreibt die Polizei selbst aktiv Politik. Die Durchsuchungen in der Nacht zum 28.
August sollten laut richterlichem Beschluss dem Auffinden von Unterlagen dienen, die "Auskunft über politische Aktivitäten außerhalb der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und den übersteigerten Hass der Beschuldigten auf die NPD geben" könnten. Diese Ausführungen zeigen doch deutlich, dass hier von polizeilicher Seite versucht wird, diejenigen, die Nazi-Plakate abreißen, außerhalb der demokratischen Grundordnung zu stellen, wodurch umgekehrt der Eindruck vermittelt wird, die Nazis seien Bestandteil dieser demokratischen Grundordnung. Man kommt nicht umhin, festzustellen, dass die Berliner Polizei wenn auch nicht aktive, dann doch passive Wahlkampfhilfe für die NPD geleistet hat. Gleichzeitig ist nun ein beträchtlicher Teil der Antifa-Szene in Berlin von Repression überzogen, und anstatt sich damit beschäftigen zu können, was anderer Orts Zivilcourage gegen Rechts heißt, und beispielsweise am 8. Mai von staatlicher Seite auch willkommen ist, wird nun kriminalisiert.

Vielleicht ist ja der diesjährige 8. Mai ein wichtiges Stichwort. Hängt die aktuelle Repression gegen die Antifa vielleicht mit ihrem erfolgreichem Agieren an diesem Tag zusammen?

Einen direkten Zusammenhang können wir nicht erkennen. Klar, der diesjährige 8. Mai in Berlin war ein politischer Erfolg. Sicherlich gab es den politischen Willen von Staatsseite aus, sich an diesem Tag möglichst zivilgesellschaftlich zu geben und den Nazi-Aufmarsch nicht stattfinden zu lassen, aber das traf sich an diesem Punkt mit unserem eigenen Interesse. Man darf sich seine eigenen politischen Erfolge nicht klein reden: Am 8. Mai gab es eine der größten linken, antifaschistischen Demonstrationen der letzten zehn bis 15 Jahre.

Aber auch wenn wir keinen direkten Zusammengang sehen, zielt die momentane Repression gleichwohl auf eine erfolgreiche Antifa-Politik. In diesem Fall trifft es vor allem den Jugendantifa-Bereich. Es ist der Polizei sicherlich nicht entgangen, dass sich in letzter Zeit neue Gruppen in Berlin gegründet haben. Das harte Eingreifen auch bei relativ geringfügigen Delikten ist aus polizeistrategischer Sicht Vorfeldbekämpfung militanter Antifapolitik.

Davon abgesehen, gibt es natürlich das Interesse, politische Strukturen, die eine gewisse Wirkung entfalten und wahrnehmbar sind, stärker unter die Lupe zu nehmen. Es geht nicht nur um Einschüchterung, sondern angesichts des zunehmenden sozialen Widerstands will man sich auch durch Beschlagnahme von Computern, Akten und Adressenlisten einen aktuellen Überblick über die linke Szene verschaffen. Das deckt sich momentan mit einer weiteren Entwicklung. Erst vor zwei Wochen gab es einen massiven SEK-Einsatz in der Berliner Diskothek Jeton, der sich angeblich gegen die Berliner Hooligan-Szene richtete. Die Polizei ist mit äußerster Brutalität vorgegangen und hat an die 150 Menschen stundenlang festgehalten. Dieser Einsatz, aber auch die ganze Diskussion um Überwachung und die Sicherheitslage im Vorfeld der Fußball-WM 2006, stehen für eine generelle Verschiebung in diesem Bereich. Die persönlichen Handlungsspielräume, aber auch die Spielräume politischer Artikulation und sozialer Organisierung, wie gering sie in Deutschland auch sein mag, sollen eingeschränkt werden.

Dass heute Plakateabreißen zu einer Straftat wird, die den Polizeieinsatz von 300 Beamten legitimiert, das ist doch relativ lächerlich. Weniger lächerlich ist, dass seit zehn Tagen einer der Party-Besucher wegen eines angeblichen Flaschenwurfs in U-Haft sitzt.

In NRW werden Antifas wegen Straßenblockade mit Verfahren überzogen, ebenso ergeht es Antifas z.B. aus Gera. Wir haben es also mit einem bundesweiten Trend zu tun?

Ja, das ist sicherlich ein bundesweiter Trend, aber mit ein paar Berliner Eigenheiten wie etwa der hohen Eigenständigkeit der Polizei.
Mit großer Kaltschnäuzigkeit wurde von Innensenator Körting der Einsatz gegen die Disko-Besucher gedeckt und als ganz normaler Polizeieinsatz verteidigt, obwohl er angeblich von dem Einsatz im Vorfeld nicht informiert worden war.

Ihr seht also Verselbstständigungstendenzen innerhalb der Berliner Polizei?

Das wäre ja in Berlin nicht das erste Mal. In der Stadt gab es immer wieder Teile der Polizei, die auf eigene Faust gehandelt haben, oder ihrem übersteigerten Hass gegen die Linke nachgegangen sind. Wenn nicht mal mehr große SEK-Einsätze mit dem Innensenator abgesprochen werden, muss das sicherlich als Indiz gewertet werden, dass es Kräfte innerhalb der Polizei gibt, die eigenständige Interessen verfolgen. Zumal aus dem Abgeordnetenhaus zu hören ist, das, was gewisse Polizeieinsätze angeht, absolute Intransparenz herrscht, und selbst Parlamentarier der Regierungsfraktionen anscheinend keine Informationen mehr erhalten.

Auf der einen Seite haben wir es also mit solchen Verselbstständigungstendenzen zu tun, auf der anderen Seite erleben wir die Renaissance dieser Rechts-Links-Gewaltspirale-Ideologie und all dem, was totalitarismus-theoretisch dahinter steht und die politisch-ideologisch eine solche Polizeipraktik flankiert.

Wie fällt eure vorläufige politische Bewertung der Polizeiaktion aus?

Seit der Durchsuchungsaktion erfahren wir eine große solidarische Resonanz und spüren viel politischen Rückhalt. Bei all dem Stress, den die Durchsuchungen für die Betroffenen bedeuten, politisch waren sie für die Polizei sicherlich nicht erfolgreich. Im Endeffekt beschäftigen sich jetzt viel mehr Leute mit dem Thema, wie man sich aktiv gegen NPD-Wahlpropaganda wehren kann - und zwar auch ein Teil der zivilgesellschaftlichen, bürgerlichen Öffentlichkeit, also genau der Teil, der am 8. Mai mit uns auf die Straße gegangen war. Mit ihrer Unterstützung wird nun eine große Gala am 16. September stattfinden, auf der das Konzept der Jugendantifa-Party im großen Stil noch einmal wiederholt werden soll.

Interview: mb., Berlin

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Junge Welt, 13. Sep 2005
 http://www.jungewelt.de/2005/09-13/016.php

/Wera Richter/

*Antifa lädt zur Mitbringparty*

Berlin: 180 Gruppen und Personen unterstützen Aktion gegen Neonazipropaganda

Am Freitag findet der zweite Versuch statt, das Einsammeln von Neonazipropaganda mit einem Cocktail zu belohnen. Im Berliner Statthaus Böcklerpark gibt es auf einer Anti-Nazi-Gala für mitgebrachte NPD-Plakate und eingesammelte neofaschistische »Schulhof-CDs« je ein Freigetränk. Mehr als 180 Gruppen und Personen rufen inzwischen zu der Party auf, um gegen die Kriminialisierung antifaschistischer Müllentsorgung zu protestieren.

Hintergrund der Solidaritätsaktion ist die gewaltsame Auflösung einer Party am 27. August im Café Subversiv in Berlin-Mitte sowie die Durchsuchung von sechs Büroräumen und Privatwohnungen durch mehr als 300 Einsatzkräfte der Polizei. SEK-Beamte hatten zum Teil mit vorgehaltener Waffe Wohnungen gestürmt, Einrichtungsgegenstände zerstört, Computer, CDs und persönliche Unterlagen beschlagnahmt. Anlaß waren versprochene Cocktails für mitgebrachte NPD- und REP-Propaganda und die Aufforderung, rechtsextreme Propaganda »in Müllsäcken« zu entsorgen.

Neben zahlreichen Antifagruppen rufen für den zweiten Versuch unter anderem der Bundesvorstand der Roten Hilfe, Gliederungen von Einzelgewerkschaften, JungdemokratInnen, SDAJ- und DKP-Gruppen sowie der Berliner WASG-Landesvorstand zur Teilnahme auf. Zu den Einladern gehören auch Tobias Pflüger, Mitglied des Europäischen Parlaments, Katja Kipping, stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei.PDS, Jens Prietzel, Jugendsekretär der IG Metall und die Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses für die Linkspartei Steffen Zillich, Udo Wolf und Marion Seelig. Während sich auch der Fraktionsvorsitzende der Berliner Grünen, Volker Ratzmann, mit den Antifaschisten solidarisiert, konnte sich Hans-Christian Ströbele nach jW-Informationen noch nicht dazu durchringen, die Einladung zu unterzeichnen.

* »Gala gegen Rechts«: 16. September, ab 21 Uhr im »Statthaus Böcklerpark«, Prinzenstraße 1, U-Bahnhof Prinzenstraße

Weitere Infos www.antifa.de
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Berliner Zeitung, 13. Sep 2005
 http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/482539.html

*Kritik an Razzia von 350 Polizisten gegen Antifas*

Körting verteidigt Einsatz

/jan/

Erneut sorgt ein massiver Einsatz der Polizei für politischen Streit: Im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses warf die Linkspartei-Fraktion Polizeipräsident Dieter Glietsch vor, er habe einen unverhältnismäßig harten Einsatz von 300 Beamten gegen Antifa-Aktivisten zu verantworten.
Die Durchsuchung von Wohnungen, Büroräumen, einem Laden und dem Szenelokal Café Subversiv in der Brunnenstraße am 26. August sei "rechtsstaatlich höchst bedenklich" begründet, sagte Linkspartei-Innenpolitiker Udo Wolf. Mitte August hatte die Polizei eine Razzia in der Diskothek Jeton gegen Hooligans durchgeführt, bei der offenbar auch Unbeteiligte zu Schaden kamen.

Polizeipräsident Glietsch und Innensenator Ehrhart Körting (SPD) verteidigten den Einsatz gegen die Antifa-Szene. Körting sagte, im Internet (www.antifa.de) sei dazu aufgerufen worden, NPD-Plakate "abzureißen". Im Café Subversiv sollten dann gegen die Ablieferung von Plakaten und anderer NPD-Devotionalien Freigetränke ausgeschenkt werden.
Die Polizei beschlagnahmte 49 NPD-Plakate. Körting: "Wie man auch immer zur NPD steht, es gibt in der Demokratie keine straffreie Zerstörung von Wahlkampfmaterial." Er habe jedoch Bedenken gegen Formulierungen im Durchsuchungsbeschluss. Dort hieß es, es sei nach Hinweisen auf "Aktivitäten außerhalb der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und den übersteigerten Hass der Beschuldigten auf die NPD" zu suchen.

Die Antifa-Aktivisten planen am Freitag in Kreuzberg eine weitere "Antifa-Gala", auf der NPD-Material gegen Frei-Cocktails getauscht werden kann. "Wir verurteilen die Kriminalisierung von Zivilcourage", heißt es im Internet. (jan.)
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 http://www.taz.de/pt/2005/09/16/a0319.nf/textdruck (16.09.2005)

wahlkampfabschluss

Antifa goes Gala
Die Antifa wird festlich: Heute Abend laden über 200 Gruppen, Initiativen und Einzelpersonen zu einer Gala. Dort soll neben einem breiten Kulturprogramm mit Bands, Vorträgen und Theater auch eine öffentliche "Nazimüll-Entsorgung" stattfinden. Die Veranstaltung ist eine Reaktion auf eine groß angelegte Durchsuchungsaktion der Polizei. Hauptbetroffene davon: die Antifaschistische Linke Berlin (ALB).

Am 27. August hatte die Polizei eine Jugend-Antifa-Party aufgelöst, mehrere Bürogemeinschaften und Vereinsräume teilweise ohne Durchsuchungsbeschluss durchstöbert und die Privatwohnungen der Betreiber des Internetauftritts der ALB mit SEK und vorgehaltener Schusswaffe aufgesucht (die taz berichtete). Von den mehr als 150 meist jugendlichen Gästen der Party in einer Kneipe in Mitte wurden Videoaufnahmen gemacht und die Personalien aufgenommen. Computer und Dokumente wurden beschlagnahmt. Rund 300 Beamte waren im Einsatz.

Anlass für die Aktion war laut Polizei der dringende Tatverdacht der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten: Auf der Homepage der ALB und auf einem Einladungsflyer wurden Freigetränke für das Mitbringen von NPD-Wahlplakaten versprochen und dazu aufgerufen, "Nazi-Material von Infotischen in blauen Müllsäcken entsorgen".

In einem Protestschreiben, das von Abgeordneten, Mitgliedern der Linkspartei und der Grünen sowie Bürgerrechtlern unterzeichnet wurde, heißt es: "Als unverhältnismäßig und grundrechtswidrig verurteilen die Unterzeichner die auf Betreiben der Staatsanwaltschaft vom Amtsgericht Tiergarten angeordneten Hausdurchsuchungen." Das Vorgehen der Polizei wird als skandalös bezeichnet: Es sei ein Versuch, das Recht auf freie Meinungsäußerung zu beschneiden.

Einschüchtern lässt sich die Antifa davon anscheinend nicht. Im Aufruf zur heutigen Gala heißt es: "Wir laden gemeinsam zu einer großen Gala, auf der alle nachgewiesenen Anti-Nazi-Aktivitäten mit einem Cocktail prämiert werden." Johannes Reyersbach, ein ALB-Sprecher, glaubt, dass die Polizei sich zurückhalten werde. Schließlich sei bekannt, dass mehrere Abgeordnete der Linkspartei die Gala unterstützen. Zudem würden Mitglieder menschenrechtspolitischer Initiativen anwesend sein, um darauf zu achten, dass es seitens der Polizei nicht zu Übergriffen kommt. Erwartet werden bis zu 800 BesucherInnen.

In welcher Form die Polizei heute Abend präsent sein wird, bleibt abzuwarten. Bernhard Schodrowski, ein Sprecher der Polizei, sagt dazu: "Wenn wir von Straftaten Kenntnis bekommen, werden wir tätig. Es gibt keine Lauer, auf der wir nicht liegen." JÖRG MEYER


Die Gala beginnt heute um 21 Uhr im Statthaus Böcklerpark (U1 Prinzenstraße), Eintritt gegen Spende. Weitere Infos unter www.antifa.de

taz Berlin lokal Nr. 7770 vom 16.9.2005, Seite 28, 88 Kommentar JÖRG MEYER , Kolumne


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 http://www.nd-online.de/funkprint.asp?AID=78125&IDC=5&DB=



16.09.05 - ND
Entsorgung von Nazi-Müll

(ND-Funke). Die angekündigte Antifa-Gala, bei der eine erhebliche Menge neonazistischer Plakate, Flyer und CDs entsorgt werden soll, beginnt am heutigen Freitag um 21 Uhr im »Statthaus Böcklerpark« (U-Bhf. Prinzenstraße). Es werden nach Angaben der »Antifaschistischen Linken Berlin« (ALB) etwa 800 Gäste erwartet, darunter 200 Vertreter von Antifa-Gruppen sowie Personen aus vielen Bundesländern, die in einem Aufruf die Aktion unterstützt haben. Ein Programm mit Bandauftritten, Vorträgen und Satire richte sich an alle, »die sich von der Polizei nicht verbieten lassen wollen, gegen die Verbreitung rassistischer und nationalistischer Hetze vorzugehen«, hieß es. Für braunen Müll gibt es Freigetränke – wie zur Antifa-Party am 27. August im »Café Subversiv« (Mitte). Dies war auch Anlass einer Polizei-Razzia in Büroräumen und Wohnungen. Die Staatsanwaltschaft wollte Beweismittel »für übersteigerten Hass gegen die NPD« finden.

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junge Welt vom 16.09.2005

Adresse:  http://www.jungewelt.de/2005/09-16/023.php

Interview

»Wir werden von vielen Prominenten unterstützt« Antifaschistische Gala in Berlin. Ein Gratiscocktail pro mitgebrachtem NPD-Plakat. Polizei wird herausgefordert. Ein Gespräch mit Michael Kronewetter
Interview: Lars Jeschonnek



* Dr. Michael Kronewetter ist Pressesprecher der Antifaschistischen Linken Berlin (ALB). Informationen: www.antifa.de

F: Ende August ist die Berliner Polizei gegen eine Veranstaltung der Antifa vorgegangen, weil dort gegen Abgabe eines abgerissenen NPD-Plakates ein Gratiscocktail ausgeschenkt wurde. Heute abend wollen Sie die Polizei erneut herausfordern – und zwar mit einem antifaschistischen Gala-Abend. Mit wieviel Leuten rechnen Sie? Bekommen Sie Unterstützung?

Wir rechnen mit einem vollen Saal. Das Statthaus Böcklerpark in Berlin-Kreuzberg faßt 800 Menschen, und ich denke, wir werden den Laden voll bekommen. Inzwischen laden mehr als 200 Gruppen und Einzelpersonen zu dieser Veranstaltung ein. Darunter sind Persönlichkeiten wie der Europa-Abgeordnete Tobias Pflüger, die stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, oder der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Berliner Abgeordetenhaus, Volker Ratzmann. Auch der Bundestagsabgeordnete der Grünen, Hans-Christian Ströbele, hat sein Kommen angekündigt. Angesichts so vieler Prominenter glaube ich, daß sich die Polizei fragt, ob sie es sich leisten kann, eine so große Gruppe von Menschen zu kriminalisieren.

F: Sie rechnen also damit, daß die Polizei Ihre Veranstaltung nicht besucht?

Wir wissen es nicht genau. Die Hatz auf Antifaschisten geht offensichtlich weiter, erst am Donnerstag gab es wieder eine Hausdurchsuchung, bei der sich ein Beamter des Landeskriminalamtes für unsere Gala ankündigte. Wir rechnen aber eher nicht damit, daß der SPD-Innensenator Ehrhart Körting die Polizei einsetzt. Er würde sich politisch lächerlich machen.

F: Waren Sie selbst Vorbild und haben Nazimüll eingesammelt?

Eigentlich habe ich schon immer Nazimüll unschädlich gemacht, wo ich ihn gefunden habe. Und zwar, seitdem ich politisch denken kann.

F: Wo in Berlin findet man Nazimaterial, mit dem man sich einen Freicocktail verdienen kann?

Nazimüll ist nicht nur in Form von Wahlplakaten zu finden, sondern auch als Aufkleber. Wenn man aufmerksam ist, wird man sicher einiges finden, gerade in den Berliner Ostbezirken, in denen die Zusammensetzung der Bevölkerung weniger von linker Subkultur geprägt ist. Wer ein herrenloses Plakat auf dem Pflaster oder im Straßengraben findet, kann es gefahrlos mitnehmen, um es zu entsorgen. Das ist nicht strafbar.

F: Die Linkspartei stellt in Berlin gemeinsam mit der SPD den Senat. Enttäuscht es Sie, daß sie die polizeifreundliche Haltung der Sozialdemokraten teilt?

Die Enttäuschung hält sich bei uns in Grenzen, wir erwarten nämlich nicht mehr mehr allzuviel von ihr. Die pragmatische Politik der Linkspartei hat ein erbärmliches Ergebnis gebracht.

F: Auch einige Vertreter der Linkspartei im Berliner Abgeordnetenhaus laden zu der Gala ein. Kann man von denen nicht erwarten, daß sie etwas mehr Druck auf den Koalitionspartner SPD ausüben?

Die Ausflüchte sind immer dieselben. Da heißt es dann, der Spielraum sei begrenzt, es sei nur wenig möglich, der Koalitionspartner sperre sich. Es sind halt die üblichen Sprüche, die gebraucht werden, um zu verdecken, daß die Regierungsarbeit in Berlin neoliberale Politik ist. Das Erbärmliche ist, daß kein Profil mehr erkennbar ist. Es gibt bisher keinen einzigen Knackpunkt, an dem sich die Linkspartei durchgesetzt hätte.

F: Am Sonntag wird ein neuer Bundestag gewählt – für wen sollte man sich angesichts der von Ihnen geschilderten Erfahrungen entscheiden?

Radikale Linke tun sich immer schwer mit Wahlempfehlungen. Heimlich wählen sie natürlich trotzdem – und zwar die Linkspartei. Ich persönlich mache das natürlich auch. Das ändert aber nichts daran, daß unsere Skepsis gegenüber dem Parlamentarismus nach wie vor existiert.

* Antifa-Gala, heute, 21 Uhr, Berlin-Kreuzberg, Statthaus Böcklerpark, U-Bahnhof Prinzenstraße

-> weitere Infos:  http://www.antifa.de

Senat nur bedingt handlungsfähig

... 16.09.2005 - 15:47
Daß Körting den Rechtsstaat nicht unbedingt verteidigenswert findet, hat er ja schon 2001 nach den Ereignissen in Genua durchblicken lassen. Auch sämtliche illegalen Aktionen der Berliner Polizei werden von ihm und dem Senat gedeckt. Allerdings sind die Handlungsmöglichkeiten des Senats auch begrenzt und er kann nicht anderers. Die Berliner Polizei hat Körting in der Hand, sie hat sich längst verselbstständigt. Das ist nichts Neues. 1981 eskalierte die Polizeiführung nach einem Streit mit dem damaligen SPD-Senat die Situation soweit, daß die SPD schliesslich entmachtet wurde und die CDU an die Macht kam. Dasselbe geschah 1990 nach der Mainzer Straße. Die SPD musste sich damals hinter die Polizei stellen, weil ihnen nichts anderes übrig blieb, schon allein um das Gesicht zu wahren (hinzu kommt noch, daß sonst Momper und Co ihre wichtigen Positionen innerhalb der Baumafia gefährdet hätten).
Bleibt zu hoffen, daß sich die ALB auf Racheaktionen der Polizei gut vorbereitet. Die werden nämlich kommen.

@brandsatz

tagmata 16.09.2005 - 17:25
yo, aber ich wär da etwas vorsichtig mit öffentlichen aufrufen, das kann auch ganz schnell nach hinten losgehen: formaljuristisch ist das ein aufruf zu straftaten, und solange väterchen staat den dickeren knüppel schwingen kann, ist streß vorprogrammiert.

ist ja nicht so, daß derlei maßnahmen nicht auch publik gemacht werden können to whom it may concern, ohne daß es jeder innensenator und sein hund mitbekommt.

@14:47 - damals waren ja dann lummer und dann kewenig die checker, und irgendwie ists schon so, daß man bei schillchens kokserparanoias um bambule und co sich massiv an diese beiden strammen jungs erinnert fühlte.

Poser posting

egal 16.09.2005 - 17:30
Aha,
"Berliner Polizei kocht vor Wut"
"Das Berliner LKA kocht vor Wut"
habt ihr neuerdings Informanten im LKA, oder woher wißt ihr das ?

Bin gespannt wie die Bullerei auf die Pop/Poser-Antifa Show, reagieren wird ?
Mit Verheizen von Jung Antifas hat die ALB ja langjährige Erfahrung.
(1.Mai Ritual)
Was nicht heißen soll, daß ich die Schweinerei der Bullerei/Staatsanwaltschaft gutheiße.
Ich kritisiere, daß die ALB nicht die Verantwortlichen der Befehls-Struktur/Hierachie recherchiert, benennt und politisch angeht.
Das sie keinen Wert auf Genauigkeit und Transparenz legt, sondern stattdessen die Bullenaktion populistisch ausschlachtet.

Deshalb bin ich genauso gespannt, ob jemals eine Antwort/Klarstellung bezüglich der
"Pressemitteilung zu den Razzien am 28.08.2005 in Berlin."
kommen wird, denn dort heißt es gleich am Anfang:
"Polizei stürmte im Auftrag der NPD sieben Wohnungen, Büros und Läden von Antifaschisten."

IM AUFTRAG DER NPD !?

Nachdem ich einen Hauptbetroffenen der Razzia getroffen hatte, der meinte die Initative ging von Bullen/Staatsanwaltschaft aus, schickte ich eine Kurzmail mit Bitte um Aufklärung/Klarstellung
an  info@antifaschistische-aktion.com
Meine Frage:
"Ist eure Überschrift im übertragenen Sinne gemeint und somit populistisch aufgepeppt oder was meint ihr mit im Auftrag der NPD ???"

Reaktion: Keine Antwort !

Was Partys betrifft, mit Nazi Wahl Material Sammlungen, gabs mindestens eine weitere, die im Stressfaktor online, wie auch print angekündigt war.
Von Bullenangriff auf diese Party ist mir nichts bekannt!

Hier der inhaltliche Teil der Ankündigung:

Freitag, 09.09.2005
22.00 Uhr Kato: Fiesta Lucha Amada
...
Neonazis aus der gesamten BRD sind zur Zeit im Wahlkampf aktiv: wir auch!
NPD-Plakate einsammeln, Kundgebungen blockieren oder Nazi-Material von
Infotischen in blauen Müllsäcken entsorgen. Andere machten es vor, wir
ziehen mit: bei der Fiesta Lucha Amada gibt es für jedes abgerissene und
mitgebrachte NPD-Plakat einen Longdrink gratis! ama la musica - odia el
fascismo!

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xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

@ Andreas Gerstner

Die Medien die du dokumentiert hast sind dauerhaft freigeschaltet, so das die Links gereicht hätten.
Wenn es nicht nötig ist, wie z.B. bei SZ oder FR Artikel, die meist nur kurzzeitig freigeschaltet sind, ist das Copieren der kompletten Artikel kontraproduktiv, da sie anderweitige Ergänzungen durch ihr Übergewicht "erdrücken".

@ egal 16:30

Red 16.09.2005 - 17:49
öhhm, ich würde auch nicht auf deine mail antworten, wenn ich gar nichts mit ihr anfangen könnte...also info[at]antifaschistische-aktion.com ist die adresse der [F] aus frankfurt...

wenn du die alb meinst dann schreib doch einfach mal an: mail[at]antifa.de

@Red

egal 16.09.2005 - 23:47
Es war die mail Adresse, die bis vor kurzen noch auf antifa.de angegeben war.
Gib mal "antifaschistische-aktion.com" ein und schau wo du landest, bei
 http://www.antifa.de/cms/.
Also richtig.
Nur hat es da einige Änderungen gegeben, was von dem Hauptbetroffenen auch erwähnt wurde und nun durch ein neues Layout auch sichtbar wird.

Na ja, vielleicht kommt ja noch ne Antwort als Reaktion auf diese Ergänzungen.

Nette Party - voller Erfolg

Maxe 17.09.2005 - 02:32
Hab grad mit jemanden telefoniert, der da ist: sind bestimmt 600 bis 800 Leute da. Vielleicht auch mehr. Wer will das so genau schätzen? Ist bis jetzt friedlich. Wenn sich die Polizei nicht noch eine Racheaktion einfallen lässt, dann wirds hoffentlich auch so bleiben. Viel Politprominenz und "Zivilgesellschaft" ist da. Endlich kommt Antifa mal wieder aus dem selbstgeschaffenen Szeneghetto raus..

PS: die Naziwerbung wurde übrigens früher am Abend für ein kleines Lagerfeuer verwendet.

gute party

... 17.09.2005 - 05:48
schön wars. viele leute, gute musik, coole show. good job!

@warum nicht

machtlos 17.09.2005 - 06:16
Die Bullen haben es richtig gut drauf, zu zeigen, wo es lang geht: sie schlagen zu, wenn sie wollen... sie lassen es aber auch sein, wenn sie wollen...

diesmal also keine Schlagzeile für die ALB!

naja

Partygast 17.09.2005 - 06:38
"Berliner Polizei kocht vor Wut". naja. das hätten die Partyveranstalter gerne gehabt. Ich war auf der Party. Alle haben auf den Weihnachtsmann gewartet, der nicht gekommen ist. Die Bullen haben wahrscheinlich fest geschlafen.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Großartig! — Berliner

vielleicht — brian jones

paaaddy! fiestaa! — daddel

Nachahmungseffekt deluxe — Brandsatz

Nachahmungswert? — exploited

Alter Meckerkopp — Genervter

Party — warum nicht

Aufgemerkt — Kb/Fh

@ Hüttenmann — ...

@... — Zweifler

@ zweifelnder Polizist — v.i.s.d.p

witzig — lustig