Hamburg: "Rechten Lifestyle abschalten"

Wolfram Siede 11.09.2005 17:40 Themen: Antifa Kultur
Gut 2.000 Teilnehmer zogen nach Zählung der Veranstalter am 10. September nach der gewonnenen Partie gegen Bayer 04 Leverkusen Amateure über den Hamburger Kiez. Der Protest der antifaschistischen Fans richtet sich gegen einen Laden in unmittelbarer Nähe zur Reeperbahn. Neben der Heilsarmee, umgeben von schwulen Bars und diversen Kneipen hat sich seit Mai dieses Jahres ein kleines Ladengeschäft mit dem Namen »elite-style« festgesetzt. Der Naziladen, der Anfang September nach dem obersten germanischen Kriegsgott und der »schönen« Anführerin der Walküren in »Odin & Freya« umbenannt wurde, verkauft Produkte rund um die nordische Mythologie und gewaltverherrlichende Marken wie »Pro Violence« und »Sportfrei«.
Rechten Lifestyle abschalten
2.000 Demonstranten fordern die Schließung des Naziladens auf Hamburg-St. Pauli

In der Regel ist die Verbindung von Fußball und Politik problematisch. In den Fußballverbänden und Vereinsvorständen regiert das Geld und der heimische Fernsehsessel verkörpert geradezu das gesellschaftliche Ressentiment. Das es auch anders geht, beweist der FC St. Pauli.
Gut 2.000 Teilnehmer zogen nach Zählung der Veranstalter am 10. September nach der gewonnenen Partie gegen Bayer 04 Leverkusen Amateure über den Hamburger Kiez. Vor dem St. Pauli-Spiel wurde über den Lautsprecher auf die Demo hingewiesen, und auch Transparente »Kommt zur Demo« gezeigt. Der Protest der antifaschistischen Fans richtet sich gegen einen Laden in unmittelbarer Nähe zur Reeperbahn. Neben der Heilsarmee, umgeben von schwulen Bars und diversen Kneipen hat sich seit Mai dieses Jahres ein kleines Ladengeschäft mit dem Namen »elite-style« festgesetzt. Der Naziladen, der Anfang September nach dem obersten germanischen Kriegsgott und der »schönen« Anführerin der Walküren in »Odin & Freya« umbenannt wurde, verkauft Produkte rund um die nordische Mythologie und gewaltverherrlichende Marken wie »Pro Violence« und »Sportfrei«.
In der rechten Hooliganszene, als auch unter Neonazis besonders beliebt ist allerdings die Marke »Thor Steinar«, welche das Rechtsrockmagazin »RockNord« als »Bekleidungsartikel mit patriotischer Auslegung« und »nordischer Attitüde« beschreibt. Im November 2004 erklärte das Landgericht Neuruppin das Tragen des Logos von Thor Steinar zu einem Straftatbestand, weil es in der Kombination zweier Runen dem von der Führungsakademie der Hitlerjugend im Nationalsozialismus getragenen Symbol zum Verwechseln ähnlich sieht. Daraus resultierte eine bundesweite Beschlagnahmung des Warenbestandes. Nachdem die Marke derart eingeführt ist, funktioniert das Zurschaustellen rassistischer und faschistischer Identität und Zugehörigkeit inzwischen auch ohne die sichtbare Anlehnung an NS-Symbolik. Seit Anfang des Jahres wird das Sortiment nun mit neuer Rune vertrieben, die der Verfassungsschutz als »unbedenklich« bezeichnet. Die Rednerin von Avanti-Projekt undogmatische Linke erklärte in Ruf- und Sichtweite zu dem Laden in der Talstraße 17, dass strategische Vorhaben von Kleidungsmarken wie Thor Steinar damit, »vom traditionellen Skinheadlook wegzukommen und das ramponierte Image der Naziszene aufzubessern.« Das, was diese Marken so gefährlich mache, sei ihre starke Codierung, weshalb die Klamotten für Außenstehende nur schwer als Nazimarken zu erkennen sind. In der Stadienordnung des FC. St. Pauli wird übrigens das Tragen von Thor Steinar wie auch sexistische, rassistische und andere diskriminierenden Äußerungen mit einem Stadionverbot geahndet.
Von der Kritik am seinem Laden und dessen Sortiment unbeeindruckt zeigen sich die beiden Inhaber von »Odin & Freya«. Deshalb, so Roger Hasenbein, der Sprecher der Fanprojekte beim FC St. Pauli, ist die Demonstration als Auftakt und Signal zu verstehen, dass das »Bündnis gegen Naziläden« weiter gefragt bleibt, bis der Laden für den rechten Lifestyle dicht macht. Eine gute Ausgangsbasis dafür liefert die Unterstützung der Demonstration durch 200 namentlich genannte Unterstützer, vornehmlich Fangruppen und Gewerbetreibende auf St. Pauli.
Nach den Zeiten der Hafenstraßensolidarität Anfang der 80er Jahre war es in den 90er Jahren um die linken Fanprojekte vergleichsweise ruhig geworden. Seit geraumer Zeit aber ist wieder eine stärkere Politisierung zu beobachten. Diese drückt sich in Demonstrationen zur dritten Halbzeit zur Unterstützung von Bauwagenplätzen und »Bambule« aus. Besonders bemerkenswert ist das Angebot der »Ultras St. Pauli« an Flüchtlinge auf dem Aufnahmelagerschiff »Bibi Altona«. Bei Heimspielen laden die Ultras, die sich an der proletarischen italienischen Fankultur orientieren und jede Kooperation mit der Polizei ablehnen, eine Gruppe von bis zu zehn Flüchtlingen zum gemeinsamen Besuch des Spiels ein und setzten der gesellschaftlichen Isolation und Langeweile in den Unterkünften gelebte Solidarität entgegen. Ganz toll auch die Initiative »U16«, die beim Auswärtsspiel gegen die Amateure von Hertha mit den unter 16-Jährigen (ohne Tabak und Alkohol) bereits um 6.15 Uhr in Hamburg losfahren, um das Holocaust-Mahnmal in Berlin zu besuchen.
Im November letzten Jahres weihte der FC St. Pauli, Fanclubs und die VVN-BdA eine Gedenktafel für die Opfer der Nazidiktatur im Millerntorstadion ein. In der Pressemitteilung hieß es, man wolle mit dieser Aktion den Opfern der Nazidiktatur gedenken, aber auch aktuell ein deutliches Zeichen gegen Rassismus und Diskriminierung setzen. »Der FC St. Pauli und seine Fans engagieren sich seit Ende der 80er Jahre gegen Rassismus und Diskriminierung im Fußball. Als einziger Verein in Deutschland hat der FC St. Pauli eine dauerhafte Bande im Stadion mit dem Text "Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen" installiert und sich am Fonds für die Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter beteiligt. Mit Errichtung der Gedenktafel ist der FC St. Pauli wieder einmal der erste Verein, der öffentlich und in seinem Stadion den Verfolgten und Opfern der Nazizeit gedenkt.«
- Wolfram Siede

------ Der Kleidercode der Rechten --------------------------
Die Marke „Pro Violence" ist im Onlineshop und in Geschäften erhältlich, in denen zumeist auch die Marken „H8-Wear" und „SportFrei" verkauft werden. H8-Wear ist markenrechtlich auf den Hamburger Neonazi Lars Georgie angemeldet während SportFrei dem Magdeburger Hooligan Christoph Herpich die Taschen füllt. Die Kombination H8 steht zum einen für Hate (Hass) mit Zielrichtung auf Fans der rechtsextremen Hatecore-Musik, auf der anderen Seite natürlich als simple Abwandlung des Zahlensymbos 88 (Heil Hitler). Zielgruppe sind Hooligans mit rechter Orientierung. Pro Violence zielt mehr auf die Mischszene von Rocker-Milieu und Nazihools. Auf dem Modell „Hooligans Heaven", der Marke Pro Violence prangt der Schriftzug „Open season - 88" (offene Saison - 88). 88 steht in der rechten Szene als Abkürzung für „Heil Hitler". Der Magdeburger Hooligan Christoph Herpich wollte sich das Label Pro Violence markenrechtlich schützen lassen, was ihm das deutsche Patentamt jedoch verwerte, da es sich bei dem Namen um die Verwendung eines „gewaltverherrlichenden Slogans" handelt. Für sich spricht der T-Shirt-Slogan „drink, fuck, fight" mit dem Pro Violence Käufer anspricht, deren Horizont nicht über saufen, ficken, und Heil Hitler hinaus reicht.
„RIZIST" ist eine relativ neue Marke, die gerade durch ihr schwer zu entzifferndes Design schwer zu entschlüsseln ist. Graffitischriftzüge wie „Action Department" oder Aufdrucke, die Männer mit Sturmhauben zeigen und auf denen eine durchkreuzte 23 zu sehen ist, weisen darauf hin, dass es sich hier nur der äußerlich um Hip-Hop-Klamotten handelt. Die Ausdeutung der durchgestrichenen 23 kann sich der Käufer gar aussuchen: Wahlweise handelt es sich um die bei den Kameradschaft Thor verhaßte 23. Hundertschaft der Berliner Polizei, oder um das Symbol einer angeblichen Verschwörung der Illuminaten, die in Nazikreisen zur jüdischen Weltverschwörung stilisiert werden. Der Look von RIZIST kostet den autonomen Nationalisten (schwarze Windbreaker mit kleinen Applikationen und einem eingenähtem Tuch zur Vermummung) 100 € und ist mit den Preisen von Thor Steinar verglichen ein regelrechtes Schnäpchen.

Weitere Infos zu den Kampagnen „gegen Naziläden“ unter Schöner leben ohne Naziläden:  http://www.stoppnazilaeden.de.vu (Sachsen), We will Rock you:  http://www.we-will-rock-you.tk (Berlin und Brandenburg),Turn it down:  http://www.turnitdown.de/410.html und 98.html (bundesweites Forum für Musik/Kultur/gegen Rechtrock).
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Ergänzungen

Am 15.9.

Dein Name 11.09.2005 - 18:40
Nazikundgebung auf dem Gänsemarkt (HH) verhindern!

wir sehen euch

paul peter 12.09.2005 - 00:42
C. OttO aus neumünster war gestern auch aufn Kiez und hatte ganz schön die Hosen voll als wir ihn erkannten , naja das Ende vom Lied er ist Richtung Hammaburg abgehauen! Es sie so aus als sei der Spinner auch wieder aktiv!

Den Nazi Laden Red Corner aufmischen , denn der Laden beliefert die Hammaburg mit t Shirt´s und anderen Sachen! Der dicke Falk von der Hammaburg geht ständig zu REd Corner , bestimmt um sich aus zu heulen wie schlecht die Welt doch ist.



Die Tankstelle war gestern auch recht gut besucht ,
die Nazi Ultra-Spinner (so einer wie Andy Losche - Karsten Ronnau)hatten wohl angst das wir ihnen den Scheiß Laden platt machen aber keine Angst Jungs wir kriegen euch auch noch!

Hammaburg - Red Corner - Tankstelle - elite styl und alle anderen Nazi Läden Dicht machen !
Lassen wir uns etwas ein fallen

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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