Hartz-Schluss in Hanau

für die 5 std/wo 05.09.2005 18:57 Themen: Soziale Kämpfe
... 05. Sept. 2005 bundesweiter Aktionstag „Hartz-Schluss“ in Hanau ...
Um 7:30 Uhr, pünktlich zum Schulbeginn, versammelten sich mehrere Personen aus verschiedenen Hanauer Gruppen, um sich im Rahmen des „Hartz-Schluss“-Aktionstages mit einer Aktion gegen Ein-Euro-Jobs zu beteiligen. Da heute der erste Schultag im neuen Schuljahr war, nutzen wir die Gelegenheit, an insgesamt fünf Hanauer Schulen gegen den dortigen Einsatz von Ein-Euro-Jobs zu protestieren.

Meist kam auch ein mitgebrachtes Transparent zum Einsatz, ansonsten wurden Flugblätter verteilt und Gespräche mit SchülerInnen, LehrerInnen und der jeweiligen Schulleitung geführt. Die Resonanz unter den SchülerInnen reichte von Ignoranz bis starkes Interesse. Die LehrerInnen waren überwiegend eingeschüchtert und trauten sich kaum eine eigene Meinung zu haben, oder gar überhaupt ein Flugblatt zu nehmen. Die Schulleitungen waren meist sehr ablehnend uns gegenüber und verwiesen hauptsächlich auf ihr Hausrecht und das Verbot von Flugblättern mit politischen Inhalt zu verteilen. Ein Schulleiter allerdings war überaus freundlich, hat sich mit uns solidarisch erklärt und die Flugblätter im Lehrerzimmer für das ganze Kollegium ausgelegt. Dies war überaus erfreulich.

Heute Abend zeigen wir im DGB-Jugendheim den Film „neue wut“ und erhoffen uns anschließend noch eine spannende Diskussion.

Beteiligte und unterstützende Hanauer Gruppen waren: Sozialforum, Erwerbslosenkreis, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft - Hanau, Basta-Cafe (und StadtschüllerInnen-Rat war angefragt, wegen der Ferien nicht rechtzeitig erreicht).

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Text des Flugblatts:

... 5. September: Bundesweiter Aktionstag gegen Hartz-Zumutungen ...

Ein-Euro-Jobs stoppen -
in Schulen und anderswo,
in Hanau und überall!

Heute, am 5. September 05, protestieren soziale Initiativen bundesweit in etwa 50 Städten und in verschiedensten Formen gegen die Hartz-Gesetze und die gesamte Agenda 2010. "Wir wollen uns noch vor den Bundestagswahlen mit einem unübersehbaren Zeichen zurückmelden. Und wir wollen zeigen, dass wir menschenwürdige gesellschaftliche Perspektiven kennen und diese einfordern", heißt es dazu im gemeinsamen Aufruf.
(www.die-soziale-bewegung.de)

Heute, am 5. September, beginnt in Hessen das neue Schuljahr und wir haben dies zum Anlaß genommen, vor einigen Schulen in Hanau mit Flugblättern und Transparenten gegen einen der zentralen Aspekte von Hartz IV zu protestieren: gegen die Ein-Euro-Jobs.

Warum gegen Ein-Euro-Jobs?
Politiker versuchen zwar immer noch, Ein-Euro-Jobs als neue Chance für Arbeitslose zum Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt zu verkaufen. Doch offensichtlich geht es vor allem darum, Sozialausgaben zu senken und Menschen in Niedriglohnverhältnisse zu zwingen. Denn wer Arbeitslosengeld II bezieht und Ein-Euro-Jobs ablehnt, bekommt das Geld gekürzt bzw. gestrichen. Nicht nur Arbeitslose sollen damit gegängelt, kontrolliert und diszipliniert werden. Die Ein Euro-Jobs fügen sich ein in die allgemeine Verunsicherung und die ständigen Verschlechterungen der Lebens- und Arbeitsbedingungen. Die Löcher, die bei den Kommunen, in sozialen Einrichtungen und eben auch im Bildungsbereich durch Mittel-kürzungen und Stellenabbau in den letzten Jahren bewußt gerissen wurden, sollen nun mit Ein-Euro-Jobbern billig gestopft werden.


Warum gegen Ein-Euro-Jobs in Schulen?
Auch an den Schulen wurden in den vergangenen Jahren systematisch die Mittel zusammengestrichen. Und nun werden sowohl im pädagogischen wie auch im verwaltungstechnischen Bereich Ein-Euro-Jobber eingesetzt, um die Lücken zu füllen oder gar weiteren Stellenabbau zu ermöglichen: als Hausaufgabenhilfen oder für "zusätzliche" oder "unterrichtsergänzende" Angebote, für die Bibliothek, Hausmeistertätigkeiten oder in der Küche. Folgende Schlagzeile ist längst kein schlechter Witz mehr: "Bremens Bildungssenator Willi Lemke (SPD) ... will den Schuldienst mit zwei Dritteln Pädagogen und einem Drittel Arbeitslose bestreiten". Soziale und tarifliche Standards geraten also auch an den Schulen unter Druck, und qualifizierte BewerberInnen, die Stellen suchen und brauchen, haben kaum mehr Chancen. Denn Ein-Euro-Jobber sind in jedem Fall billiger.


Und darum auch gegen Ein-Euro-Jobs in Hanauer Schulen!
Hessisches Kultusministerium und staatliches Schulamt im Main-Kinzig-Kreis haben sich bislang in ihrem Verantwortungsbereich, der das Lehrpersonal betrifft, gegen Ein-Euro-Jobs ausgesprochen. Landrat Pipa stellt sich gegen diesen Kurs und die von ihm geschaffene kreiseigene Vermittlungsstelle für Arbeitslose (AQA) wirbt auch in Hanauer Schulen tatkräftig für die "kostengünstigen Aushilfskräfte". Es liegt also zur Zeit an den Schulträgern und Schulleitungen sowie den jeweiligen Personalräten, wenn die miesen Ein-Euro-Jobs angeboten werden - und damit auch im direkten Einflussbereich aller Lehrer und Schüler, genug Druck zu machen und zu protestieren, dass es nicht passiert bzw. sofort wieder
gestoppt wird.

Zur Zeit werden mindestens an folgenden Hanauer Schulen Ein-Euro-JobberInnen in den Bereichen Hausaufgabenhilfe, Bibliothek, Hausmeistertätigkeiten und Küche eingesetzt:
In der Tümpelgartenschule, in der Karl-Rehbein- und in der Lindenauschule sowie in der Eugen-Kaiser und in den Kaufmännischen Schulen. Deshalb haben wir unsere Proteste heute auch an einigen dieser Schulen gestartet.


Bereits im Februar dieses Jahres hatten die Kreisverbände der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) aus Hanau, Gelnhausen und Schlüchtern in einer ausführlichen Stellungnahme die Ein-Euro-Jobs in Schulen entschieden abgelehnt. Im Juli hatten SchülerInnen der Beruflichen Schulen in Gelnhausen eine kritische Podiumsdiskussion organisiert.


Wir fordern insbesondere SchülerInnen und LehrerInnen auf, die Ein-Euro-Jobs verstärkt und überall zum Thema zu machen: im Unterricht, im Lehrerzimmer oder auf dem Pausenhof. An allen Schulen sollte nachgefragt werden, ob dort Ein-Euro-Jobs eingerichtet wurden oder ob dies geplant ist. Und das Ergebnis sollte im gegebenen Fall sofort öffentlich gemacht werden.
Bitte auch an uns unter der unten angegebenen Kontaktadresse alle diesbezüglichen Informationen und Initiativen weiterleiten, wir sind auch gerne zur Unterstützung von weiteren Protesten bereit.


P.S.: Einladung zur Filmveranstaltung!

Anläßlich des Aktionstages zeigen wir außerdem heute Abend, am 5. September, den aktuell erschienenen Film mit dem Titel "Neue Wut". Der Film dokumentiert die Entwicklung der Proteste gegen Hartz IV oder auch den Arbeitskampf bei Opel, eben die "neue Wut" über die schamlose Bereicherung "bei denen da oben" und über immer neue Einsparungen "bei denen da unten".
Beginn heute Abend, um 19.30 Uhr im DGB-Jugendheim in Hanau, am Freiheitsplatz 6, Eingang über Hinterhof, anschließend Diskussion.
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Ergänzungen

Proteste gegen Hartz in über 50 Städten

..schreibt Reuters 06.09.2005 - 01:48
Mehrere tausend Menschen haben am Montag in weit über 50 Städten gegen die Arbeitsmarktreformen und Sozialabbau demonstriert.
Das veranstaltende Aktionsbündnis Sozialproteste sprach am Abend von 5000 bis 6000 Menschen, die sich über den Tag verteilt an verschiedenen Protestaktionen beteiligt hätten. Nach der Bundestagswahl werde eine mögliche schwarz-gelbe Regierung mit weiteren Protesten sozialer Initiativen, der Linkspartei und Teilen der Gewerkschaft rechnen müssen. Ende November werde das Bündnis auf einer Strategiekonferenz über weitere Vorhaben beraten.

 http://de.today.reuters.com/news/newsArticle.aspx?type=topNews&storyID=2005-09-05T173914Z_01_DEO563549_RTRDEOC_0_DEUTSCHLAND-ARBEIT-PROTESTE-ZF-20050905.xml