Naziladen in St. Pauli dichtmachen!

Wolfram Siede 30.08.2005 21:06
Anfang Juli informierte die Antifa die Nachbarschaft über einen Laden, der in Hamburg/St. Pauli Naziklamotten verkauft und als rechter Szenetreff dient. Zusammen mit der beachtlichen Zahl von knapp 200 Unterstützern unter den Aufruf von Fanclubs, Gruppen, Einrichtungen, Kneipen, Läden und Einzelpersonen sowie der Mannschaft des FC St. Pauli wird jetzt bnach dem Spiel am 10. September demonstriert. Den Aufruf, den beispielsweise die Alten Herren des FC St. Pauli, dem Argument Verlag, Da Ruffneck Streetwear und dem Karolinengrill unterzeichnet haben, heißt es: "St. Pauli ist unser Viertel und wir dulden hier keine Nazis. Es muss unser aller Anliegen sein, aktiv zu werden und vehement gegen Nazistrukturen vorzugehen.“ Kommt zur Demonstration: Samstag, 10. September, 16.30 Uhr nach dem St.Pauli-Spiel (Budapester Str.), Abschlußkundgebung: Bühne Straßenfest Brigittenstraße
Naziladen in der Talstraße 17 dichtmachen!
Wir sagen Nein zu Rassismus und Rechtsradikalismus!
Nein zu rechtem Lifestyle! Nein zu Naziläden!

Anfang Juli informierte die Antifa die Nachbarschaft über einen Laden, der auf St. Pauli Naziklamotten verkauft und als rechter Szenetreff dient. In dem zweiseitigen Flugblatt, welches auf Deutsch und Türkisch verfasst ist, heißt es: "Anfang Mai 2005 eröffnete in der Talstraße 17, direkt neben der Heilsarmee, der Klamottenladen ,elite-style'.Hier werden neben Produkten rund um die nordische Mythologie die Marken ,Thor Steinar', ,Walhall', ,Pro Violence' und ,Sportfrei' verkauft. Alle vier Marken werden von Neonazis für Neonazis produziert". Zudem berichtete die Anwohnerinformation, die mit einer Auflage von 1500 Exemplaren im Stadtteil verteilt und in die Briefkästen gesteckt wurde, über die Einbindung der Betreiber in die Naziszene und schließlich spricht deren "Verhalten PassantInnen gegenüber deutliche Worte. Seit der Eröffnung kam es wiederholt zu Übergriffen und Androhung von Gewalt gegenüber Menschen, die dem linken Spektrum zuzuordnen seien."
Johannes Kahrst, Spitzenkandidat der SPD im Bezirk Hamburg-Mitte und Mitglied des rechten Seeheimer Kreises, griff das Thema im Vorwahlkampf auf. In einer - in Tonlage der Antifa entlehnten - Postkartenaktion ("St. Pauli wehrt sich!") fordert Kahrst CDU-Justizsenator Roger Kusch und den parteilosen Innensenator Udo Nagel auf "etwas gegen den Klamottenladen [zu] unternehmen." Da aber der Laden weder juristisch, noch verwaltungsrechtlich einfach dicht gemacht werden kann, setzt die Kampagne zur Schließung des Ladens, die von Fanprojekten des FC-St. Pauli zusammen mit dem Antifaschistischen Bündnis Hamburg getragen wird, eher auf das politische Klima und die Entschlossenheit der Anwohner. Zusammen mit der beachtlichen Zahl von knapp 200 Unterstützern unter den Aufruf von Fanclubs, Gruppen, Einrichtungen, Kneipen, Läden und Einzelpersonen sowie der Mannschaft des FC St. Pauli wird nach dem Spiel am 10. September jetzt demonstriert.
In der Beschreibung des Lagers der extremen Rechten unterscheiden sozialwissenschaftliche Untersuchungen zwischen parteipolitisch orientierten Formationen auf der einen und einer rechten Alltagskultur auf der anderen Seite. Während sich soziale Gruppen zumeist über kulturelle Zugehörigkeit definieren, ist beim Parteiaufbau vor allem die ideologische Orientierungen ausschlaggebend. In der Wirklichkeit ist das Wechselverhältnis von Weltanschauungs-und Kulturbewegung natürlich komplizierter als das Modell.
Anhand der Auseinandersetzung um den Naziladen "elite-style" in der Talstraße haben Antifaschisten im besagten Anwohnerflugblatt das Zusammenwirken der beiden Momente konkret herausgearbeitet. Denn, ob Rechtsrockvertrieb oder die Herstellung und der Vertrieb von Nazimode, die meisten der Initiatoren und Produzenten kommen aus der Naziszene. Zum anderen bedienen sich die Freien Kameradschaften - zunehmend auch die NPD - der kulturellen Ansprache. Erinnert sei hier an die beiden so genannten "Schulhof-CD'S", mit denen die Nazis ihre faschistische Weltanschauung über Freizeitgestaltung, Musik und kulturelle Codes an die Zielgruppe der 13 bis 16 Jährigen transportieren. Der Sozialwissenschaftler Bernd Wagner (1) spricht in diesem Zusammenhang von "kultureller Subversion", mit der die Nazis vor allem in den neuen Bundesländern sehr erfolgreich agieren. Deswegen hält er den modernen Rechtsextremismus als "erweitert reproduktionsfähig, weil er eine Kulturbewegung mit der Tendenz zum sozialen Bewegungsmilieu und politischer Implikation und nicht politische Bewegung mit kultureller Implikation ist." Ob man dabei seiner Einschätzung der Dominanz des Kulturellen folgt, oder aber ein Wechselverhältnis ideologischer und kultureller Orientierungsprozesse ausmacht, ist an dieser Stelle erst einmal uninteressant. Wichtig wäre die Bedeutung "kultureller Codes und Orientierungen" für die Herausbildung von politischen Weltanschauungen und Werten überhaupt wahrzunehmen.
Noch ist in Hamburg die Naziszene - was schlimm genug ist - eins unter mehreren Angeboten an jugendliche Sinnsucher. Von einer rechten Dominanzkultur wie sie in einigen Gegenden in Sachsen und Thüringens bereits bittere Realität ist, kann man in keinem der Hamburger Stadtteile, und wohl auch nicht auf der Ebene einzelner Schulen, sprechen. Trotzdem geht es bei der Auseinandersetzung um den Vertrieb von Nazimode um mehr, als um schlechte Pullis und blöde Typen. Denn nicht nur die Betreiber, sondern auch die Kunden sind das Problem. "Es handelt sich eben nicht um eine interkulturelle Verirrung junger, erst noch nach politischer Orientierung suchender Jugendlicher, sondern um das eigene Selbstverständnis, um Lebensstile um tief greifende identitätsbildende Prozesse."(2) Deshalb ist die linke Wertorientierung, die das Fanprojekt des FC. St.-Pauli nicht zuletzt mit der Initiative für die Demo am 10. September auf die Anhänger abstrahlt, und die sich in der Unterstützung der Demonstration durch Clubs, Bars, Musikprojekte, Klamottenläden und Gewerbetreibende ausdrückt, wichtig.
Im Aufruf, der beispielsweise von den Alten Herren des FC St. Pauli, dem Argument Verlag, Da Ruffneck Streetwear und dem Karolinengrill unterzeichnet wurde, heißt es: "St. Pauli ist unser Viertel und wir dulden hier keine Nazis. Es muss unser aller Anliegen sein, aktiv zu werden und vehement gegen Nazistrukturen vorzugehen. Ein Anfang ist gemacht, so ging zum Beispiel der FC St.Pauli mit gutem Beispiel voran und nahm das Tragen von "Thor Steinar" in seine Stadionordnung auf, wo es gleichberechtigt neben sexistischen, rassistischen und anderen diskriminierenden Äußerungen mit einem Stadionverbot geahndet wird. Doch damit ist noch lange nicht Schluss. Lasst uns laut und entschlossen sein und unseren Protest auf die Straße tragen.

Demonstration: Samstag, 10. September, 16.30 Uhr
nach dem St.Pauli-Spiel (Budapester Str.)
Abschlußkundgebung: Bühne Straßenfest Brigittenstraße

- Wolfram Siede
[(1) Bernd Wagner: Rechtsextremismus und kulturelle Subversion in den neuen Ländern, 1998, Berlin; (2) Mathias Brodkorb: Metamrphosen von rechts, 2003, Münster](3) Der vollständige Aufruftext, die Unterstützerleiste und weitere Informationen finden sich unter:  http://www.antifainfo.de/elitestyle.htm
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Ergänzungen

Route der Demonstration?

ANTIFA SUPERSTAR! 31.08.2005 - 11:59
Wie sieht die genaue Route der Demo aus?

Naziladen dichtmachen!

klignt jetzt vielleicht doof,

jadksf 31.08.2005 - 15:20
aber gibt es irgendwelche beweise dafür, daß der laden wirklich faschistisches gedankengut unterstützt bzw. der betreiber ein nazi ist? nur weil er diese scheiße verkauft muß er noch kein nazi sein.

gut informiert!

Lord Chaos 31.08.2005 - 16:13
@lolo
laut denic eintrag der webseite www elite- style de ist "Elite Style" auch der Name des Ladens. Das ab und an mal ein Schild "Thor + Freyja" dort baumelt und dieses vielleicht der richtige name ist, ist für das thema völlig irrelevant.
Daß die Anwohner und Ladenbesitzer nichts gegen den Laden haben ist eine schlichte Lüge. Einige der Auseinandersetzungen sind mit Anwohnern gewesen und es gibt mehrere Geschäfte, die sowohl das erste Flugblatt als auch den Demo-Aufruf öffentlich aushängen. Daß der Verkauf von rechtssymbolischer Mode im Sinne der Linken ist, ist IMO erklärungsbedürftig.

@jadksf
natürlich kann niemand in den kopf von herrn fuchs (den betreiber) schauen. da er jedoch inzwischen zumindest von der fragwürdigkeit seines Sortiments informiert worden sein müsste, wäre es ein leichtes, sich zu distanzieren. Aber im Gegenteil trägt er selbst gern das alte Thor Steinar Logo auf seiner Brust zur Schau. Viele seiner Freunde tun dieses ebenso. Natürlich ist auch dieses kein Beweis, aber wie ich finde immerhin ein Indiz. Gegenfrage: Kann sich der Betreiber eines Headshops davon lossagen, die Kiffer-Szene zu unterstützen?

Weiter Demonstrieren!

trotzdem schlecht infomiert

dacampo 04.09.2005 - 11:42
Naja, wenn alle Infos im Artikel so gut recherchiert sind, wie der Name des Bundestagsabgeordneten - dann gute Nacht:

Der Mann heisst mit Nachnamen "Kahrs" - nicht Kahrst. Das könnte man/frau wissen, immerhin hängen genug Plakate mit seinem Gesicht herum, zudem gibts ja nicht so viele MdBs in Hamburg und letztlich nimmst Du ja Bezug auf Aktionen von ihm, solltest also irgendetwas schriftliches gesehen haben...

Seis drum: So verliert man/frau schnell Glaubwürdigkeit - selbst wenns nur Schlamperei ist.

alles korrekt

hamburger jung 04.09.2005 - 21:41
moinsen,

also der laden ist durch und durch faschistisch.... ich habe, nach erhalt des flugblattes, selber mal einen blick reingeworfen. brauchte mir das sortiment gar nicht näher angucken. es hat mit gereicht, dass "friese" und klemens otto (dachte immer, der sei wegen seines verrates beim c18-prozess bei den braunen in ungnade gefallen) sich höchst freundschaftlich mit dem betreiber unterhalten haben. otto und friese sind in diesen kreisen nicht als einfache patrioten unterwegs, sondern gehören zum "harten kern"...... man sollte mal bei klemens laden gleich als nächstes reinsehen. er arbeitet beim tattoo point in neumünster....siehe homepage!!!!! und laut gästebuch der seite pro violence ist er jetzt auch wieder im braunen textilgeschäft tätig. er ist norddeutscher verkaufsleiter bei der rechten hool-marke proviolence aus magdeburg. kann man übrigends auch bei elite-style kaufen.....

@ANTIFA SUPERSTAR!

Stefan 06.09.2005 - 03:37
Demoroute ist die folgende:
16:30 Uhr Budapester Straße -> Reeperbahn -> Hamburger Berg oder Große Freiheit -> Simon-von-Utrecht-Straße -> Detlev-Bremer-Straße -> Annenstraße -> Brigittenstraße mit dortiger Endkundgebung (Zwischenkundgebungen nicht inbegriffen)

Änderung Demorute

Lord Chaos 09.09.2005 - 11:18
btw: Demoroute ist auf Anordnung von Team Grün (blau) geändert worden. Reeperbahn ist nicht mehr...

@lolo
In nem andren Forum hast du noch deine Homepage-URL (Die Uniform) angegeben. Erklärt natürlich deinen Kommentar...

@hamburger Jung
Kann deine Beobachtung bestätigen. KO war neulich wieder da, Neumünsteraner Kennzeichen.

noch zur Info:
Die Betreiber des Ladens haben den Unterschriftensammlern für den Demoflyern einen Dankesbesuch abgestattet. Mafiamethoden...

war wieder drinne...

hamburger jung 09.09.2005 - 19:15
@lord chaos

was war das für ein fabrikat, geländewagen oder mercedes?

also, ich war wieder drinne. diesmal niemand da ausser mir. es liegen flyer von den rot-weissen dort aus und er macht jetzt einen auf supporter. kann mir schon denken, wer die dort deponiert hat. in übrigen ist der brauen teil der hamburger hool-szene sehr angetan von der demo. sie wollen die möglichkeit zum stören nutzen und sich in lokalen um die talstraße herum aufhalten...... na da bin ich ja mal gespannt.

die info stammt übrigends aus dem laden direkt. wie sie einzuordnen ist, muß jeder selber entscheiden......

küßchen.....

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