SPD-Wahlveranstaltung ein Flopp

Birgit Kühr 26.08.2005 18:27 Themen: Soziale Kämpfe
Keine Stimme für die SPD, dachte ich mir und ging zur Wahlveranstaltung von Markus Meckel und Wolfgang Birthler. Diese Politiker wollten in Angermünde ihren Wahlkampf starten. Für die SPD war diese Veranstaltung ein Flopp.
Die Veranstaltung sollte in Angermünde um 15,00 Uhr beginnen. Wie üblich kam Herr Markus Meckel wieder viel zu spät. Aber das machte auch nichts, denn niemand war da der die SPD wählen möchte.
Aber wir waren da, eine Gruppe von ca. 15 Personen erwarteten die Politiker. Herr Birthler war ja pünktlich, deshalb stürzte ich mich zuerst auf diesen Politiker. Zwei Demonstrantinnen begleiteten mich und eine sprach schon ihm. Ich hörte wie die Frau sagte, wenn die CDU gewinnt das wird eine Katastrophe. Ich kannte diese Frau und wusste sie ist auf unsere Seite und mischte mich ein. Da hast du Recht, sagte ich. Aber die SPD hat schon die Wahl verloren, als sie die Reformen durchsetzten. Im ganzen Land wird bestimmt die CDU gewinnen, dass können wir nicht aufhalten aber in Brandenburg wird die neue Linkspartei gewinnen. Herr Birthler schaute mich entsetzt an und sagte, so kann man das nicht sehen. Was bieten sie uns an, fragte ich? Sollen wir bis zu unserem 70 Lebensjahr für 1,- Euro arbeiten gehen? Er konnte mir keine Antwort geben und lief weg.
Unser Bürgermeister (SPD) hat sich stillschweigend ins Rathaus zurückgezogen und kam gar nicht mehr zu dieser Veranstaltung. Aber Herr Meckel war jetzt auch eingetroffen.
Ich erblickte einen Bratwurststand und steuerte auf diesen zu. Den Verkäufer kannte ich ein SPD-Mitglied und noch sehr jung. Ich sagte zu Ihm, gibt es hier etwas umsonst? Aber nein, eine Bratwurst zum Unkostenpreis kostet 0,80 Cent. Ich sagte die Partei ist aber arm und meine Mitstreiterin kaute neben mir auf ihr trockenes Brötchen rum.
Was fällt dir denn ein, hast du dir hier etwa ein Brötchen gekauft, davon wird die bloß schlecht. Du spinnst wohl bekam ich zur Antwort, das Brötchen ist vom Bäcker.
Dann sah ich noch einen Demonstranten, er saß am Tisch der SPD. Ich sagte sie sind auf der falschen Seite. Das sieht nur so aus und er packte seinen Zettel aus. Auf diesen Zettel stand ganz groß CDU. Ich bin in der CDU, sitze bei der SPD und wähle die PDS kam die Antwort. Na dann ist ja alles in Ordnung sagte ich und ich ging weiter zu den Demonstranten die Abseits standen. Ein Reporter rief mich und ich dachte er hat eine Frage. Nein er wollte mich mit Herrn Meckel fotografieren und dieser war ganz begeistert. Aber ich nicht, lautstark rief ich quer über den Markt, das fällt mir nicht im Traum ein. Alle lachten, bloß Herr Meckel nicht.
Der Reporter ging und ich beschwerte mich über sein Verhalten. Aber dann steuerte ich auf Herrn Meckel zu. Über eine halbe Stunde, musste er für mich seine Zeit opfern. Na ja er hatte ja Zeit, denn es war ja niemand weiter da der was von ihm wissen wollte. Ich beschwerte mich am laufenden Band bis er sagte, das sind Kommunen- Angelegenheiten. Er schob den SPD-Vorsitzenden von Angermünde in meine Richtung. Dieser sagte ich bin gar kein Vorsitzender mehr, das macht jetzt mein Sohn.
Ich sagte, schon wieder ein Wechsel. Ich wusste, dass der andere Vorsitzende gleich ganz aus der Partei ausgetreten ist.
Zum Abschluss betrachteten wir den Wahlstand. Meine Mitstreiterin fragte, Birgit was ist das in der Mitte vom Tisch? Die andere Frau neben ihr sagte, na Kondome. Ich lachte und sagte nimm zwei. Sie erwiderte wofür? Ich sagte für den Bratwurstverkäufer, der hat so fürchterliche Ansichten und ist noch so jung. Aber vermehren darf er sich nicht.
Das war ein Flopp für die SPD und für uns ein Erfolg. In Angermünde konnten sie keine Wähler überzeugen, weil niemand da war. Es gab nur Gegner, die Politiker zogen es vor die Veranstaltung ohne Wahlwerbung abzubrechen.

Birgit Kühr
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Ergänzungen

Solidarität aus Jüterbog

Michael Maurer 26.08.2005 - 19:58
Liebe Birgit

Danke Dir und Deinen Mitstreitern für Eure Aktion.
Gerade bei Euch in der Uckermark, in der nordostdeutschen Provinz, ist Mut und Standhaftigkeit mehr denn je gefragt.
Weder Euer Grundsicherungsamt, noch die Stadtverwaltung, noch der Kreistag halten sich an Recht und Gesetz, wenn es um die "Ein-Euro-Jobber" geht.
Sie werden wie Sklaven "be-," und gehandelt.
Keinen Menschen scheint dies zu interressieren.
Lass Dich nicht unterkriegen, Du bist nicht alleine.
Sagt Euren Politikern, Meckel, Birthler und wie sie alle heissen, besonders Euren PDS'lern: "Keine Zukunft ohne uns!"

Den ÜBERFLÜSSIGEN gehört die Zukunft!

Ihr anderen alle, die Ihr das lest. Birgit hat kein Geld. Sie kann sich keine Digitalkamera leisten.

Wenn sie es könnte gäbe es hier Bilder von den ÜBERFLÜSSIGEN.

Mit solidarischen Grüßen

Michael Maurer (Jüterbog)

Anschrift etc.

,, 26.08.2005 - 20:13
Ist es ratsam Adresse und vollen Namen usw. hier stehen zu lassen? Vor allem wo sie nun ja auch 'geoutet' wurde?

gut, daß es sowas gibt

tagmata 26.08.2005 - 20:48
Ist mal schön, so was zu lesen, auch wenn der Anlaß beschissen ist. Hebt sich inhaltlich und stilistisch angenehm ab vom üblichen Szenegezänk, und es ist unbedingt wichtig, daß ein Medium wie indy auch über die 'üblichen verdächtigen' Kreise hinaus genutzt wird. Gerade in den theoriefokussierten akademielinken Kreisen kommt viel zu kurz, was wirklich auf der Straße so abgeht (wenns nicht irgendeine Straßenschlacht ist) - die wirklichen Gemeinheiten des Alltags sind halt leider unterschwellig brutal.

Wer nicht selbst betroffen ist oder es anderweitig aus dem persönlichen Erleben kennt, kann Marx auswendig können bis zum Umkippen, er/sie hat halt trotzdem keine Ahnung, was im Hier und Jetzt wichtig ist: nicht mehr der Proletarier, sondern der allgemein prekarisierte Mensch ist die linke 'Zielgruppe'! Materiell ist der Unterschied nicht ganz so groß - ein bißchen besser geht es den Armen schon morgens halb 10 in Deutschland, als dem Äquivalent vor 100 Jahren (jetzt sterben sie mit 50 an Krebs oder so, nicht mehr mit 30 an Tuberkulose oder Cholera). Aber während dem engagierten Proletarier vor 100 Jahren die Hoffnung auf eine bessere Zukunft Kraft gab, sieht es heutzutage eben ganz anders aus. Und das Sein bestimmt zwar teilweise das Bewußtsein, aber das Bewußtsein bestimmt, wie mensch mit einer Situation umgeht, also das zukünftige Sein.

Auf mittelfristige Sicht scheint kein anderer Weg möglich zu sein, als Solidarität zu leben, so leer das jetzt klingt: allein machen sie dich ein, und vor dem Protest muß halt das (Über)Leben einigermaßen in trockenen Tüchern sein. Die Law & Order-Fetischisten kämpfen da zum Glück auf verlorenem Posten - in einer Gesellschaft, in der mehr und mehr Menschen alles außer dem Nötigsten genommen wird, ist die Bereitschaft, dem Gesetz zu dienen anstatt das Gesetz für sich selbst auszulegen, herzlich gering, und das ist sehr gut so. Respekt vor der Obrigkeit ist selten eine gute Sache, aber Respekt gegenüber einer gierigen, vollgefressenen, verlogenen, korrupten, herz- und anstandslosen Obrigkeit ist krankhafter Wahnsinn, der in Deutschland noch viel zu populär ist. Ich geh jetzt nicht ins Detail, aber die rechtliche Grauzone hat sich nach dem, was ich so mitbekommen habe, de facto enorm ausgeweitet in den letzten Jahren. Mensch muß jetzt nicht so weit gehen, die sprichwörtlichen Banden zu bilden, aber die Richtung ist jedenfalls nicht verkehrt:
"Geld gibts ja in Hüll und Fülle
all's zu nehmen ist unser Wille
mags verwehren wer da kann"
(Solidaritätslied deutscher Lehrlinge für die Commune, 1870)

Denn wer es geschafft hat, auf informelle Weise ein Auskommen in der offiziellen Arbeitslosigkeit zu finden (das geht letztlich nur für junge, ungebundene Leute), mag sich glücklich schätzen: der Motor der Veränderung waren immer diejenigen Leute, die nichts mehr zu verlieren hatten außer ihrem Leben - und die, die so frei waren von Zwang und Lohnarbeitsdruck, daß sie ihren Geist befreien konnten.

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