19.Prozeßtag in Aachen

UnterstützerInnen 25.08.2005 11:26 Themen: Repression
der 19. prozeßtag in aachen gegen bart, jose, begonia und gabriel
19.Tag im Prozeß gegen Jose, Bart, Gabriel und Begonia


Heute war der 19. Prozeßtag in Aachen. Er war auf 10 Uhr angesetzt und begann auch etwa um die Zeit. Am Tag zuvor hatten die drei Gefangenen von verschiedenen Leuten Besuch gehabt und die Stimmung war im allgemeinen sehr frisch.
Andererseits war zu merken, daß die Kammer etwas ermüdet ist und auch die anwesenden Sicherheitsbeamten machten den Eindruck von Verbissenheit und "schon wieder".

Zunächst erklärte der Vorsitzende Nohl, daß die Anwohnerinnenbefragung noch nicht abgeschlossen werden konnte. Hierbei geht es darum die Zeugin zu finden, die an dem Punkt wo der Wechsel der Fluchtautos stattfand, mitbekam, daß Bart nicht von sich aus in das Fluchtauto, den Mercedes S-Klasse) stieg.

Staatsanwalt Geimer ließ einen Vermerk austeilen, welcher sich auf ein Gespräch bezog, daß zwischen ihm und dem Mercedesfahrer, dessen Auto zum weiteren Fluchtverlauf benutzt wurde, stattgefunden hatte. In diesem Gespräch gab der Fahrer eine wage Personenbeschreibung der Frau ab, die er an der Strassenecke hat stehen sehen.

RA Pusch, der Verteidiger von Begonia beantragte dann, daß er aus seiner Verteidigerposition entlassen werden möge, da daß Vertrauensverhältnis zwischen ihm und seiner Mandantin erheblich gestört sei.
Diesen Antrag wies Geimer zurück, da er keine ausreichende Begründung dafür sah.
Pusch stellte den Antrag erneut, indem er die Begründung erweiterte. Er sprach von "nachhaltigen Differenzen" die "unüberbrückbar" wären. Weitergehende Ausführungen könne er nicht machen, da ansonsten seine Verschwiegenheitspflicht gebrochen wäre.

Daraufhin zog sich das Gericht zur Beratung zurück, dessen Resultat die Zurückweisung des Antrages war.
Nohl verlas einen Artikel der "Aachener Zeitung" vom 13.8.05 in dem es um die AnwohnerInnenermittlung ging, um so einer eventuellen Rüge der Verteidigung, die Ermittlungen wären nicht ausreichend, mit vorzubeugen.
Desweiteren verlas er einen Bericht vom BKA dessen Inhalt sich auf die Auswertung der Videoaufnahmen, nach denen Jose als Bankräuber identifiziert wurde, bezog und besagte, daß die technischen Möglichkeiten des BKA nicht besser wären als die, durch die das Video ausgewertet wurde. Damit zog Nohl den Beschluß zurück Herrn Rieger vom BKA zu laden und als Zeugen zur Auswertung zu vernehmen.

Martin Poell, der Anwalt von Gabriel verlas dann eine Stellungnahme zu dem abgelehnten Antrag, dass Gabriel bezüglich der Folgen der jahrenlangen Isolationshaft und Folter in spanischen Knästen von einem Gutachter untersucht werden solle, der sich auf diesem Gebiet auch auskennt. Darin wies er u.a. nochmals daraufhin, daß bei der Begutachtung "von Probanden, bei denen eine Traumastörung in Rede steht" besondere Fachkenntnis erforderlich ist. (die Stellungnahme ist auf www.escapeintorebellion.info zu lesen).
RA`in Pusch und Israel, die Verteidigung von Jose schloß sich dieser Stellungnahme an.

Daraufhin gab es eine Pause, da die erste Zeugin noch nicht eingetroffen war. Als die Pause dem Ende zuging und die UntestützerInnen wieder in den Saal wollte, sollten alle Ausweise nocheinmal kopiert werden. Andere Besucher des Prozesses waren davon ausgenommen. Es kam zu Diskussionen in denen eine Erklärung der Sonderbehandlung gefordert wurde, aber außer "ich kann mir ihr Gesicht nicht merken"(obwohl einzelne UnterstützerInnen mittlerweile namentlich begrüßt werden), "das ist Vorschrift" und ähnliche Argumente war nichts zu holen.

Die erste Zeugin, die in dem Bereich, wo das Fluchtauto gewechselt wurde gestanden haben soll, wurde dann befragt. Sie sagte aus zu dem Zeitpunkt des Geschehenen weder auf der Strasse, noch zu Hause gewesen zu sein. Sie erzählte aber von einem älteren Mann den sie traf an jenem Abend, während sie gucken wollte, wie so Spurensicherung gemacht wird. Dieser Mann hatte erzählt, daß seine Nachbarin den Vorfall mitbekommen hätte. Leider kannte sie den Mann nicht und konnte daher nichts zu seiner Identität sagen.
Pusch ließ vermerken, er könne der Zeugin keine Fragen stellen, die ihm als sinnvoll erschienen, da das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und seiner Mandantin gestört sei. Er beantragte die sofortige Beiordnung von RA Schäfer aus Aachen. Dieser Antrag wurde attoc von Nohl zurückgewiesen, woraufhin Pusch einen Kammerentscheid einforderte, doch dieser Entscheid, nach ca. 10 Sekunden gefallen, bestätigte die Zurückweisung.

Nohl verkündete die Mittagspause und da sich sofort wieder zwischen UnterstützerInnen und den Angeklagten die Sicherheit aufbaute um Körperkontakt o.ä. zu vermeiden wurde gerufen. Gabriel sagte noch:"Die schlimmsten Mauern sind die von den dummen Menschen!"

Da die UnterstützerInnen nach der Mittagspause damit rechneten, daß die Ausweise wiederum kontrolliert und kopiert wurden, wurden die Ausweise und Pässe kurzerhand untereinander ausgetauscht. Für die Justizangestellten stellte das eine enorme Überforderung dar, der Spaß war auf der richtigen Seite. Doch der Anfang der zweiten Zeuginnenvernehmung für diesen Tag wurde verpaßt. Die Zeugin wußte jedoch auch nichts zu sagen zu den Ereignissen des 28.Juni 2004, geanuso die dritte Zeugin.
RA Pusch erklärte wieder nicht fragen zu können aufgrund des entzogenen Vertrauens seiner Mandantin. Er beantragte RA Schäfer als zweiten Pflichtverteidiger beizuordnen und fügte hinzu, daß er bereits beim Festlegen der weitergehenden Termine nach der letzten Verhandlung angekündigt zu haben. ab dem 5.9.05 nicht mehr beim Prozeß dabeisein zu können und ein anderer Anwalt beigeordnet werden wird.
Es gab eine weitere Unterbrechung, da sich die Kammer zur Beratung zurückzog und der Saal wurde von den Angeklagten und BesucherInnen geleert.
Als die Kontrolle für die BesucherInnen beim Betreten wollen des Saales nachdem die Aufforderung dazu kam, wieder losging, wurden zwar die Ausweise in Ruhe gelassen, nur sollte gleich der Erste der kontrolliert wurde (es geht nicht um alle BesucherInnen, lediglich die UnterstützerInnen sind gemeint), bestand die Sicherheit auf das Ausziehen der Schuhe, woraufhin gleich alle die Schuhe auszogen, sich barfuß weiterbewegten und die Schuhe demonstrativ auf der Absperrung zwischen den UnterstützerInnen und der anderen BesucherInnenabteilung abstellten.

Der Antrag von Pusch wurde abgelehnt.
RA Lindemann, Bart´s Verteidiger beantragte den letzten Band der Ermittlungen zu den AnwohnerInnenbefragungen einzusehen, was dann erfolgte.
Lindemann wollte dann wissen, wie die Ermittlungsvorgabe an die Polizei aussah, denn offensichtlich wären nicht korrekte Fragebögen an die AnwohnerInnen rausgegangen, die nicht konkret genug wären, um auf die Ergebnisse zu kommen, die eingefordert wären.

RA Olaf FRANKE, der zweite Verteidiger von Bart stellte den Antrag eine namentlich genannte Frau als Zeugin zu vernehmen, da sie bezeugen könne, daß Bart nicht von sich aus die Initiative ergriff in das zweite Fluchtauto zu steigen, sondern dazu aufgefordert werden mußte. Bart hätte stattdessen versucht sich zu orientieren, um sich von den anderen entferenen zu können.Er wisse, das diese Frau die Gesuchte wäre.
Geimer lehnte den Antrag wegen "Prozeßverschleppung" ab und unterstellte, die Verteidigung wolle darauf hinaus ganz Aachen nach einer Frau absuchen zu wollen, auf die die ungefähre Beschreibung des Mercedesfahrers passen könne.

Der Antrag wurde von Nohl ebenfalls abgelehnt, da es nicht genügend Anhaltspunkte gäbe, daß SIE die gesuchte Frau sei und der "Aufklärungspflicht" sei genüge getan worden.

Ein weiterer Antrag Bart´s Verteidigung forderte die Ergebnisse der Befragung zu den Akten zu nehmen, Einsicht zu bekommen und die Befragung zu wiederholen, da die Fragen auf den ausgeteilten Fragebögen falsch gestellt worden wären.
Geimer kam mit "Prozeßverschleppung" worauf die Verteidigung meinte, er soll sich eine neue Begründung zur Ablehnung ausdenken und nicht nur "reflexartig" wiederholen.

Zwischenzeitlich ließ Nohl zu Protokoll nehmen, daß die Zuschauer der linken Zuschauerseite ermahnt wurden bei weiteren "Störungen" wie Kommentaren, Zwischenrufen, Lachen mit Konsequenzen zu rechnen hätten, er ließe den Saal sonst räumen.
Als sich die Kammer nach den letzten Anträgen zur Beratung zurückzog, wechselte die UnterstützerInnengruppe die Seite und setzte sich in den rechten Bereich. Dort saß bereits eine Gruppe von jungen Frauen, die von Geimer aufgefordert wurden, sich von den UnterstützerInnen wegzusetzen, was sie sofort taten, bis auf eine.
Als die Kammer beraten hatte und in den Saal zurückkehrte, ließ Nohl protokollieren, daß "festzustellen sei", daß die entsprechenden Zuschauer sich von links nach rechts gesetzt hätten und nun auch für diese Seite gelte, daß Ruhe zu sein hat.

Auf den Antrag sagte er, daß die Fragebögen am Folgetag im Sitzungssaal von den Anwälten eingesehen werden können, da sie noch nicht bei den Akten wären.

Die Sitzung wurde geschlossen.
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Ergänzungen

Pigs - Bildung : Anarchie statt Schmiere

Bessere Welt 25.08.2005 - 23:46
Zu der vom Aachener Landgericht als irrelevant angesehenen, psychischen Belastung eines Menschen durch traumatisierende Foltererfahrungen, äussert sich Gabriel ( prozessunabhängig; will heissen, mit dieser "Irrelevanz" auch "zwischendurch" befasst; nicht nur aufgrund des Prozesses, sondern auch wegen seines unablässigen Engagements zu erklären ( zu übersetzen ) um anzuklagen; zu kämpfen ) :
27.Juli 05
Die Erinnerung an die Vergangenheit greift mich psychisch sehr an. Die Konfrontation mit Dingen, die dir solch enorme Schmerzen zugefügt haben, verursacht und wiederverursacht Attacken innerer Unruhe, Konzentrations-und Schlaflosigkeit ...
Trotzdem ist es unsere Pflicht ( diese Dinge ) anzuklagen, auch um die "sekundären Effekte" ( wie die PsychologInnen sagen ) dessen zu besiegen, was uns im Innern, wie ein Krebsgeschwür, zerfrisst und uns zwingt, das zu leben und wieder zu erleben, was die Erschütterung und Verwandlung unserer Exsistenz bedeutet hat ...
Kämpfen oder sterben, das ist der Zustand, in dem wir Opfer der Gewalt ( sei sie staatlich; institutionell; sexuell; patriarchalisch etc.) uns befinden, wenn wir damit aufhören wollen, Opfer zu sein und schweigend zu leiden ....
In diesem Kampf gibt es weder Sieger noch Besiegte; sondern nur Leben und Tod, die zum Ausdruck kommen, gestaltet werden, aufgezeichnet und ausgetragen mit anderen Wesen, in den Formen von Wort und Kampf ... Wir schreiben mit der Absicht, dies den anderen, welche leiden und die noch nicht gewagt haben, einen Schritt an diese Front zu tun, bewusst zu machen. Wir schreiben um anzuzeigen, dass wir ungeachtet des Leidens und des Horrors, immer dazu fähig sind, uns zu erheben. Wir schreiben aus Liebe zu dem Wesen Mensch und der Freiheit und gegen jede Autorität und jeglichen Autorismus. Wir schreiben, weil wir fürchten, an unseren eigenen Monstern und an unseren Leiden verrückt zu werden.
Ganz sicher auch, ist das Gefängnis in sich/an sich Folter. Aber es ist MEHR als sie ... Gefängnis ist ein Instrument zur Zähmung und Ausbeutung; es ist eine Fabrik die Monster und Verbrecher produziert; ein Zentrum der Aussonderung; eine Universität der Kriminalität; ein Spiegelbild des Staates; ein Damoklesschwert, das über dem Kopf jeder X-Beliebigen schwebt, die nicht zum Club der Privilegierten gehören; es ist ein rentables Geschäft; ein Sadismus ... etc.etc.
Leider gibt es in diesem Land keine Anti-Gefängnis "Arbeit", kein Bewusstsein, in dem Maße, wie wir es im spanischen Staat erreich haben ... es muss damit begonnen werden, hierin die ersten Schritte zu tun...

Gabriel, im April 2005
" Stell`dir vor, die mit der Ordnung Beauftragten ( Polizei ), bringen dein ganzes Leben durcheinander, seit du ein Kind warst ... und die Gesetzesbeauftragten ( Richter ) rauben dir ( als Jugendlicher und ohne, dass es reale Beweise gegen dich gibt ) deine Freiheit und werfen dich in die Hölle bzw., was dasselbe ist, ins Gefängnis. Und dort dann, wo deine Besserung stattfinden soll, wird alles zerstört, was dein Menschsein bedeutet ...

Damit die vom Aachener Landgericht defininitv bestimmte "Irrelevanz" des Foltergeschehens in einem "anderen europäischen Staat" vorstellbarer wird: Unter folgendem Link sind die Bilder der zuletzt bekannt gewordenen Fälle schwerer Misshandlungen anJugendlichen in spanischen Institutionen zu sehen. Der Text beschreibt die Verletzungen im Detaill und nennt die involvierten und zu bewaffenten Interventionen autorisierten Sicherheitsfirmen “Fundación Grupo Norte” und “Grupo Norte”, die bereits schon im Februar 2002 wegen sieser Art von Menschenrechtsverletzungen auffielen und bekannt gemacht wurde; sowie die Schwierigkeiten Informationen über diese, häufigen, Misshandlungen zu erhalten und öffentlich anklagen zu können. Der Link führt auf eine Pdf.; am Textende erscheinen dann die Bilder:
 http://www.coordinadoradebarrios.org/documentos/Nota%20de%20Prensa.%20Fotos%20incluidas.pdf.
Und wer denkt, das könne ihm/ihr "spanisch" vorkommen, möge sich folgenden Artikel über dieses Land hier ansehen:  http://www.de.indymedia.org/2005/08/124988.shtml
Informationen zum Thema Folter im Staat Spanien ( aus der Infoschrift: Bericht 2001-2004, von der Pro-Gefangenen Organisation SalHaketa, die ebenfalls in Aachen nicht zu Wort kommen DARF ) :
www.unhchr.ch
www.cpt.coe.int
www.hrw.org

Antiterrorismusmassnahmen.
www.hrw.org/spanish/informes/2005/spain0105

FIES EN LUCHA
www.vivelsmotines.freeservers.com

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