Prozess wegen Anschlag auf Gericht in Gießen

AbwehrspielerIn der Ordnung 13.08.2005 23:48 Themen: Repression
Es ist soweit: Der (inzwischen von etlichen Strafverfahren überzogene) Aktivist aus der Projektwerkstatt in Saasen erhielt die Anklageschrift für einen neuen Prozess. Der aber hat es in sich: Vor dem Amtsgericht Gießen soll über einen Anschlag auf das Amtsgericht Gießen verhandelt werden. Der Anschlag galt der politischen Justiz in Gießen – und genau die will wieder hart durchgreifen. Aktuelle Infos zu diesem neuen Verfahren und News zum Stand der Repression in Gießen in anderen Verfahren ...
Am 11.8.2005 erhielt ein Projektwerkstättler eine Anklageschrift - Staatsanwalt Vaupel ( http://www.staatsanwalt-vaupel.de.vu), Oberverfolger politischer Opposition und Schutzengel prügelnder Polizisten, lügender PolitikerInnen & Co. ( http://www.projektwerkstatt.de/polizeidoku/anzeigen.html, ist wieder mal tätig. Zielobjekt ist wieder mal ein ohnehin schon in mehreren skandalösen Verfahren ( http://www.projektwerkstatt.de/antirepression/prozesse/haupt_2instanz2.html) verurteilte Aktivist. Aus dessen 8 Monaten Haft ohne Bewährung soll offenbar mehr werden, damit die Einsatzhundertschaften den Knast noch ein bisschen länger bewachen müssen. Der nun anrollende Prozess kommt nicht überraschend, in dieser Sache hat es schon Hausdurchsuchungen ( http://www.projektwerkstatt.de/antirepression/prozesse/durchsuchung.html), rechtswidrige DNA-Tests ( http://www.projektwerkstatt.de/antirepression/prozesse/dna_vorladung.html) und mehr gegeben. Der neue Prozess ist einer von vielen Prozessen, die zur Zeit gegen Personen aus dem Umfeld der Projektwerkstatt laufen ( http://www.projektwerkstatt.de/prozess) - und einer von vielen absurden Handlungen der Gießener Justiz ( http://www.justiz-giessen.de.vu).

Politisch betrachtet wird dieser Prozess aber besonders spannend. Zum ersten ist anzumerken, dass die Tat, die zur Anklage kommt, immerhin überhaupt stattgefunden hat (siehe Bericht unter  http://www.de.indymedia.org/2003/12/68907.shtml). Das ist bei Verfahren in Gießen eher die Ausnahme. Meistens denken sich Polizei, Staatsanwalt und Gerichte die Anklagen einfach aus ( http://www.projektwerkstatt.de/antirepression/prozesse/ausgedacht.html). Als Belege gibt es denn auch regelmäßig keine Beweise oder ZeugInnen, sondern Logiken wie die im Fall der prügelnden Grünen-Politikerin Gülle, wo der Geprügelte verurteilt wurde mit der Beweisführung, dass er die Politikerin beleidigt haben müsse, weil sie ja sonst nicht zugeschlagen hätte mitten in der FussgängerInnenzone. Weitere Belege gab es nicht ... Wenn nötig, bastelt die Polizei auch schon mal selbst einen Brandsatz ( http://www.projektwerkstatt.de/gav/texte/0912doku.html), um ihn dann irgendwelchen Festgenommenen unterzuschieben. Oder ein Bürgermeister erfindet eine Bombendrohung ( http://www.bomben-haumann.de.vu). Usw. Diesmal gilt: Amtsgericht und Staatsanwaltschaft wurden tatsächlich getroffenen - von Farbe (das war offen sichtbar) und möglicherweise auch, wie in der Anklage beschrieben, von anderen Aktionen (Schlösser unbrauchbar ...). Der Rest ist aber mehr die Phantasie der Polizei im Wahn, den jetzt Angeklagten immer länger hinter Gitter zu bringen ...
Spannend aber wird das Politische: Es war ein Angriff auf Amtsgericht und Staatsanwaltschaft. Der Hintergrund dürfte den dort hinterlassenen Parolen nach genau das Treiben in diesen beiden widerlichen Einrichtungen der Durchsetzung von Herrschaftsinteressen sein. Will heißen: Der Prozess im Amtsgericht thematisiert einen Angriff auf das Amtsgericht und die Staatsanwaltschaft - und genau diese beiden werden, sicherlich in gewohnter und durch diesen Anschlag kritisierter Manier, den Prozess auch durchziehen. Damit thematisiert der Prozess sich selbst - eine spannende Konfrontationsstellung im Gerichtssaal. Und eine Absurdität: Nicht nur die herrschaftsorientierten, verfilzten Gießener Staatsanwalte und RichterInnen werden durch wieder die Messer wetzen, sondern die Betroffenen des Anschlag. Diejenigen, denen die Attacke galt, treten an Anklage und "neutrale" RichterInnen auf. Niemand muss groß Prophet sein, um Befangenheitsanträge in dieser Sache vorherzusehen. Über solche Anträge entscheiden in diesem Herrschaftssystem namens "Rechtsstaat" die betroffenen RichterInnen selbst. Das Ergebnis ist als vorher klar. Wie sie begründen, warum sie unbefangen sind, obwohl sie die Angegriffenen sind - das allerdings darf mit Spannung erwartet werden.

Der politische Konfliktstoff des Prozesses ist also sichtbar. Bei diesem Prozess geht es ums Prinzip - Kriminalisierte politische Opposition gegen die Handlanger der Interessen von Innenminister Bouffier, Law-and-Order-Bürgermeister Haumann, die Gießener Polizeiführung und weitere Scharfmacher der Region.


Zum Stand in weiteren Verfahren

Kein Rechtsschutz gegen Polizeigewalt: Zum zweiten hat das Verwaltungsgericht Gießen sich geweigert, Polizeiübergriffe rechtlich zu überprüfen. Offensichtlich in der klaren Erwartung, dass ein Verfahren nur eklige Hintergründe zum Polizeihandeln in Gießen ans Tageslicht bringen würde, lehnte das Verwaltungsgericht Gießen erneut ab, überhaupt dazu zu verhandeln. Geklagt hatte der von der Polizei am 11.4.2005 vor dem Landgericht Gießen verprügelte Angeklagte im Prozess gegen Projektwerkstättler. Mehr unter  http://www.projektwerkstatt.de/polizeidoku/beispiele/11_4_05landgericht.html. Kurz zuvor hatte das Verwaltungsgericht in einem anderen Fall schon ähnlich agiert:  http://www.projektwerkstatt.de/10_7_04.

Am 28.9.2004 steht ein weiteres Verfahren in Halle wegen Widerstand und Beleidigung an:  http://www.projektwerkstatt.de/antirepression/prozesse/halle.html.

Im großen Verfahren gegen Projektwerkstättler läuft demnächst die Revisionsfrist ab. Danach kann das Oberlandesgericht jederzeit entscheiden. Lehnt es ab, ist das Urteil rechtkräftig und ein Projektwerkstättler hinter Gittern, der andere muss zahlen:  http://www.projektwerkstatt.de/antirepression/prozesse/haupt_2instanz2.html. Nachwievor hoffen die Verurteilten, dass es von RechtsanwältInnen, ProfessorInnen, StudentInnen der Jura und anderen Interessierten endlich mehr Unterstützung gegen die Justiz- und Polizeimachenschaften in Gießen gibt.
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Ergänzungen

Anschlag?

Paul 16.08.2005 - 14:15
Seit wann verübt man mit Farbbeuteln und ähnlichem Anschläge? Wie wäre es die Sprache den Begebenheiten anzupassen. Selbst Attacke wäre ohne Farbe davor noch ziemlich überzogen.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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erstmal — sprechenlernen

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