Genfelder über Nacht weitgehend zerstört
In diesem Jahren werden in Brandenburg erstmals gentechnisch veränderte Pflanzen kommerziell und grossflächig angebaut. Die vielen Proteste dagegen fanden am 31. Juli ihren bisherigen Höhepunkt (vgl Berichterstattung auf indymedia.) In Brandenburg gab es ein Aktionscamp und den Versuch einer öffentlich angekündigten "Aktion Zivilen Ungehorsams": Ein Gen-Mais-Acker sollte "freiwillig selbst befreit" werden. Selbst ein von massiven Übergriffen überschatteter Polizeieinsatz (mehr als 80 Gewahrsamnahmen, Hundebiß, Gefangennahme eines Journalisten) konnte die teilweise Zerstörung des Ackers nicht verhindern.
Angesichts von Polizeigewalt und Repression haben einige der Gen-GegnerInnen jetzt offensichtlich ihre Strategie geändert. Das legt jedenfalls die Form der Aktion "Bio für alle statt Gendreck-Profite für Wenige" nahe, wie sie in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag stattfand. Ein 7,5 Hektar großes Feld im Oderbruch mit genmanipuliertem Mais des Monsanto-Konzerns wurde weitgehend zerstört. Schon in der darauffolgenden Nacht nahmen sich AktivistInnen ein weiteres Genmaisfeld vor. [Bericht im Tagesspiegel | ND]
Gegner der Freisetzung von GMO kritisieren die Profitmaximierungsstrategien der Agro-Konzerne. Sie lassen ihr patentiertes Gensaatgut anpflanzen und verklagen dann benachbarte Bauern, auf deren Felder sich das manipulierte Erbgut ausgebreitet hat, auf Lizenzzahlungen. Wenn dann in ganzen Regionen keine verunreinigungsfreie Landwirtschaft mehr möglich ist, müssen alle die Lizenzgebühren für die Genmanipulation bezahlen, ob sie es wollen oder nicht. So wollen die Global Players des Agro-Business (z.B. Monsanto) über die Etablierung ihrer patentgeschützten Sorten ihre Kontrolle auf die gesamte Landwirtschaft ausdehnen.
Bio-Bauern stört die technische Logik der Gen-Industrie. Sie sehen Käfer wie den Maiszünsler, den das manipulierte Gen im Brandenburgischen Genmais bekämpfen soll, nicht als Schädlinge sondern als Indikatoren. Hat ein Landwirt Probleme mit dem Maiszünsler, dann hat er in ihren Augen handwerkliche Fehler gemacht. Pestizideinsatz hingegen - ob als Chemikalie von aussen oder per Genmanipulation von innen - führt mittelfristig nur zur Immunisierung der "Schädlinge" und damit entweder zu immer höheren Ernteverlusten oder zur Notwendigkeit immer mehr Gift auf der Fläche auszubringen.
Dann gibt es die unerwarteten Seiteneffekte: Honigproduzenten verweisen auf die negativen Erfahrungen im Ausland: Langnese kann keinen GMO-freien Rapshonig mehr aus Kanada importieren, weil dort - selbst wenn es ein Bauer wollte - kein GMO-freier Raps mehr geerntet werden kann. Auch im Inland gibt es erste vergleichbar negative Auswirkungen: Brandenburgische Imker können ihren Honig nicht mehr verkaufen, weil sie ihn auf grund der Verunreinigung durch GMO deklarieren müßten und die Kunden keinen genmanipulierten Honig kaufen wollen.
Soviel zum Hintergrund der Gentechnik in der Landwirtschaft, vor der die nächtliche "Feldbefreiung" stattfand. Der folgende Abschnitt dokumentiert ein Schriftstück, in dem sich die für die Aktion verantwortliche Gruppe erklärt:
--------Dokumentation Anfang-------
Bio für alle statt Gendreck-Profite für Wenige
Wir haben heute in den frühen Morgenstunden vollendet, was am Aktionstag "Gendreck weg" am 31. Juli von einigen Hunderten Aktivisten trotz massiver Bullenpräsenz begonnen wurde: In der Nähe des Brandenburgischen Örtchens Gusow im Landkreis Märkisch Oderland gab es bis gestern einen Acker mit gen-manipuliertem Mais. Dort wurden von uns heute Nacht mit bloßen Händen und Füßen einige nicht zu übersehende Schneisen in die Pflanzung gelegt. Damit haben wir eines der gemeinsamen Ziele erreicht, um die es der Bewegung für menschengemäße Landwirtschaft und Ernährung und gegen Gen-Manipulation geht: Wir haben das Propaganda-Experiment verunmöglicht, mit dem die Agro-Industrie der Bevölkerung weismachen will, wie toll ihr Gendreck doch ist.
Für uns ist es unerträglich, dass unter dem Vorwand der Wissenschaftlichkeit Fakten geschaffen werden: Durch die Genfelder wird eine Risikotechnik gegen den Willen der überwiegenden Bevölkerung etabliert. Pollen fliegen überall hin, Bienen lassen sich weder durch Selbstverpflichtungen noch durch Gesetze kontrollieren.
Wir wissen nicht alles über Gene, ihre Manipulation im Labor und die Folgen der Freisetzung manipulierter Organismen in die Natur - aber das behaupten wir auch gar nicht. Die Gegenseite hingegen lügt, wenn sie sagt, sie wisse und könne kontrolieren, was sie tue.
Wir finden es unerträglich, dass die Gen-Industrie Fakten schafft, ohne über die mittel- und langfristigen Auswirkungen der Genmanipulationen in Natur und Menschen zweifelsfrei Rechnung ablegen zu können. An dieser Unverantwortlichkeit für die Folgen des eigenen Tuns entpuppt sich das eigentliche Interesse: Es geht ihnen um die Umstrukturierung der Landwirtschaft, damit sie auch auf diesem Feld ohne Einschränkung (etwa durch Gesundheits- oder Arbeitsstandards) Profite machen können.
Die Ergebnisse dieser Profitmaximierungspolitik von Monsanto und Konsorten sind aus einigen Ländern des Trikont (Stichwort Mais aus Mexiko oder Reis aus Indien), aber auch aus den USA und Kanada (Raps) bekannt. Dennoch machen sie weiter mit ihrer menschen- und naturverachtenden Praxis. Dieser Praxis haben wir heute Nacht einen kleinen aber mehr als symbolischen Knüppel zwischen die Beine geworfen.
Wir grüßen alle die mit der offen angekündigten und mutig durchgeführten Aktion "Gendreck weg" unterwegs waren - aber auch alle anderen Gen-Technik-Gegner, die mit allen bürokratischen, legalen und legitimen Mitteln gegen die Gen-Konzerne und ihren Manipulationsdreck in der Landwirtschaft vorgehen. Offener ziviler Ungehorsam mit all der Bullen- aber auch Medienpräsenz ist ebenso wichtig wie ungestörte nächtliche Aktionen. Diskussionsveranstaltungen auf den Dörfern mit den Genbauern sind genauso wichtig wie permanente schriftliche Beschwerden bei allen Behörden und Verantwortlichen. Nur ein vielfältiger und vielförmiger Widerstand bleibt unberechenbar und stark. Das alles war erst der Anfang, wir kommen wieder - keine Frage.
Aktionsgruppe "Karl, der Käfer", 11.8.05
------Dokumentation Ende----------
Zum Weiterlesen:
- Gen-ethisches Netzwerk
- Fakten gegen Gentechnik von Greenpeace
- Gentechnikfreie Landwirtschaft
- Barnimer Aktionsbündnis gegen Gentechnik
- Informationsdienst Gentechnik
Weitere Beiträge:
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
Ergänzungen
aktuell dazu
Ist aber fraglich, ums mal vorsichtig auszudrücken, inwieweit eine Politik, die darauf zugeschnitten ist, den unbeabsichtigen Anbau von transgenem Mais durch Subsistenzlandwirte im Bergland von Oaxaca zu verhindern, in Mitteleuropa Sinn macht... ;-) Trotzdem sind die Ergebnisse interessant, denn sie zeigen, daß zumindest unter bestimmten Umständen eine Transgen-Kontamination in der kleinbäuerlichen Subsistenzlandwirtschaft im Trikont fürs Erste nicht sein *muß* - wenn entschieden genug informiert wird, und die politische Seite nicht der Agrogentechlobby in den Arsch kriecht.
May the farm be with you...
http://www.storewars.org/
Weida so!!!
weiterer Text dazu
Aktion Gendreck weg war erst der Anfang:
http://de.indymedia.org/2005/08/124319.shtml
Bullenterror jetzt auch auf dem Acker?
Natürlich werden Monsanto und CDU/FDP bei den Genfeldzerstörungen voll auf Kriminalisierung setzen. Da muss man sich schon entscheiden, ob man sich bloß ganz toll bullenterrorwiderständig fühlen oder lieber was erreichen will.
Kaefer oder Kerfe
Neuerdings gibt es auch eine importierte Kaefer-Art, die als Mais-Schaedling behandelt wird. Was jetzt kein Thema sein soll...
leben ausser kontrolle
http://indypeer.org/show_file_page.php?file_id=266
Sehr schön....
Nieder mit den Leuten, die härter als so ziemlich jede Berufssparte arbeiten müssen, um ihr Brot auf den Tisch zu bekommen.
Nieder mit den Leuten, die vielleicht in verzweifelter Notlage ihre letzten Ersparnisse in den Ankauf der GenSamen investiert haben, um sich vielleicht die dringend benötigten Reperaturen für ihre Maschinen von dem Ertrag der Ernte leisten zu können, ohne die sie bankrott gehen würden.
Nieder mit den Leuten, die jetzt wohlmöglich vor dem wirtschaftlichen Ruin stehen, weil ihre gesamte Ernte vernichtet wurde.
Nieder mit den Leuten, die für die Entwicklung des GenMais nicht die Verantwortung tragen und diese nur aus wirtschaftlichen Gründen nutzen, sich dabei aber mehr als unwohl fühlen.
Aber ein hoch auf die Leute, die genug Zeit in ihrem Leben haben, um GenMaisfelder aufzuspüren und diese dann nachts zu vernichten.
Ein Hoch auf die Leute, die unbedachten Aktionismus an den Tag legen und anstatt gegen die wahren Verursacher des Problems vorzugehen, mal wieder den einfachen Weg gehen.
Ein Hoch auf die Leute, denen es gut genug geht, dass sie nicht auf das Geld achten müssen und daher immer die, leider deutlich teureren, Bioprodukte im Supermarkt kaufen können und dabei noch abfällig nach den Leuten schauen, die die billigeren nicht-bioprodukte kaufen müssen.
Ein Hoch auf die Leute, denen es gut genug geht, dass sie sich nicht mit den wahren Problemen des Lebens beschäftigen müssen.
Wirklich.... eine gute Aktion.
@Hauke: Weniger schön
Wenn diese und ähnliche Aktionen jetzt nicht stattfinden, dann werden bald noch viel mehr Bauern bankrott sein. Nämlich zuerst die Biobauern, die ihre Ware nicht mehr loswerden, weil sie gentechnisch kontaminiert ist. Und dann nach ein paar Jahren auch die Gentechnik-Bauern, weil das Gentech-Saatgut die versprochenen Ziele nicht dauerhaft erfüllen kann - siehe USA und Indien.
Unter den Leuten in Hohenstein waren übrigens viele, die sehr wohl aufs Geld achten müssen, die sich aber einen Kopf machen über grundlegende Sachen. Und wo soll denn ein existenzsicherndes Einkommen für die Bauern herkommen, wenn keiner so viel für gute Lebensmittel bezahlen will, wie für ihre Produktion nötig ist? In keinem anderen Land Europas geben die Leute einen so geringen Anteil für Grundnahrungsmittel aus wie in Deutschland. Es ist richtig, dass man sich als Stützeempfänger nur sehr schwer bio ernähren kann. Aber es gibt viel mehr Leute, die es könnten und nicht tun. Ich glaube sogar, dass die meisten von denen wissen oder ahnen: Die industrielle Landwirtschaft - und die Gentechnik als ihre nächste Steigerung - untergräbt ihre eigenen Grundlagen. Das kann nicht mehr lange so weiter gehen.
Ich stimme insofern zu, dass es in Bioläden viele Lebensmittel gibt, die entweder lifestylemäßiger Unsinn oder gar nicht öko sind (weil Tausende Kilometer herangekarrt) oder beides. Es ist aber wohl so, dass ein Bioladen heute nicht überleben kann, wenn er hauptsächlich saisonale, regionale Sachen zum kleinen Preis anbieten will.
Um "gegen die wahren Verursacher des Problems vorzugehen", wäre vielleicht ein Ausweg, in die Monsanto-Chefetagen und Gentechnik-Labore statt auf die Felder zu gehen. Herauszufinden, wo das ist, hilft vielleicht ein aktueller Katalog: http://www.dekalb.de/pdf/Sortenprogramm2005.pdf
Verstrahltes Saatgut nicht vergessen
Allerdings sollte mensch im Hinterkopfbehalten, dass bereits jetzt das meiste Saatgut genetisch verändert ist. Zum Teil leider auch das der Bio-BäuerInnen...
Saatgut wird häufig radioaktiv bestrahlt (bereits seit den 60ern oder 70ern) dadurch entstehen zufällige genetische Mutationen. Meist entsteht ziemlich Mist, der für überhauptnix taugt. Ein paar der Mutationen haben allerdings "erwünschte" Eigenschaften und werden zur Zucht verwand.
Deshalb: Genfelder umpflügen UND Verbot der Saatgutbestrahlung!
Saatgutbestrahlung
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
ihrseid — diegrössten!!!!!!!
Gut so! — naturfreund