Coup d'etat in Mauretanien

Fusa 04.08.2005 14:30 Themen: Weltweit
In Mauretanien ist es am Mittwoch (03.08.05) zu einem vermeintlichen coup d`etat durch Teile des Militärs gekommen. Strategisch wichtige Punkte des Landes wurden besetzt. Die Absetzung des Präsidenten Taya über die staatliche Nachrichtenagentur durch die so genannte Gruppe„Militärischer Rat für Gerechtigkeit und Demokratie“wurde sodann verkündet.
Coup d`etat in Mauretanien

In Mauretanien ist es am Mittwoch (03.08.05) zu einem vermeintlichen coup d`etat durch Teile des Militärs gekommen. Strategisch wichtige Punkte des Landes wurden besetzt. Die Absetzung des Präsidenten Maaouya Taya über die staatliche Nachrichtenagentur durch die so genannte Gruppe „Militärischer Rat für Gerechtigkeit und Demokratie“ wurde sodann verkündet.


Die Gruppe (MRGD) hatte am Morgen in der Hauptstadt Nouakchott wichtige Punkte der Stadt besetzt. Unter Führung des Anführers der MRGD Colonel Ely Ould Mohammed Vall sollen sogar Armeestützpunkte „erobert“ worden sein. Laut Augenzeugenberichten halten Grenzposten Personen vom Ausreisen ab. Der Flughafen der Hauptstadt sei geschlossen worden, das staatliche Radio umstellt und wichtige Hauptverkehrsachsen in der Hauptstadt blockiert. Mehrere Augenzeugen berichteten von Schusswechseln bei der Einnahme des Präsidentensitzes.

Bereits im Jahre 2003 kam es zu einem Putschversuch durch Militärs, der erst nach 2 Tagen durch loyale Truppen niedergeschlagen werden konnte. Regierungsberichten zu Folge kam es 2004 zu zwei weiteren Putschversuchen. Dieses mal jedoch warteten die rebellischen Militärs den richtigen Zeitpunkt ab. Präsident Taya hatte kurzzeitig das Land verlassen um an der Beerdigungsfeier für den verstorbenen König Fahd in Saudi-Arabien teil zu nehmen. Zwischenzeitlich ist er in Niamey der Hauptstadt Nigers empfangen worden.

Präsident Taya war 1984 an die Macht gekommen und seitdem drei mal wieder gewählt worden. Das Land ist politisch betrachtet ein Einparteienstaat. In den neunziger Jahren, so werfen es Kritiker Taya vor, habe er sich einseitig auf die Seite von Israel und den USA gestellt. Das Land ist eines von dreien der arabischen Liga, das Israel als Staat anerkennt. Die aktive Teilnahme Mauretaniens am „Krieg gegen den Terror“ wurde durch die USA unterstützt. Die USA entsendete so z.B. Militärexperten um mauretanische Soldaten zu trainieren.

Kritiker im In- und Ausland sahen in dem vermeintlichen Kampf gegen den Terror, den Präsident Taya sich auf die Fahnen geschrieben hatte, nur eine pragmatische Lösung der Probleme im Innern. So wurde in der Vergangenheit bewusst gegen unterschiedliche Oppositionsgruppen militärisch vorgegangen, die zuvor kurzerhand als Terroristen bezeichnet wurden. Der Kampf gegen den Terror, wurde von Taya instrumentalisiert um unbequeme, jedoch auch gemäßigte islamische Bewegungen im Land kontrollieren zu können.

Die israelische Botschaft in Nouakchott beobachtet die Ereignisse gespannt, hat zurzeit auch noch keinen Kontakt zu der MRGD, bezweifelt jedoch, das der Putsch im Zusammenhang mit den Beziehungen Mauretaniens zu Israel steht. Die Haltung des neuen Führers Mauretaniens Colonel Ely Ould Mohammed Vall zu Israel ist bisher nicht bekannt.
Jedoch kam es laut Al-Dschasira in der Westbank und im Gaza-Streifen zu spontanen Feiern, als die Menschen von dem Putsch erfuhren. Präsident Taya hatte auch während der zweiten Intifada zu Israel gestanden, so der israelische Botschafter. Ein Cartoon in der Donnerstag Ausgabe der „Ram aAlah“ zeigt einen mauretanischen Soldaten wie er den Ex-Präsidenten Taya zusammen mit dem Davidstern wegtritt.

Die MRGD hat erklärt, dass sie erst einmal für zwei Jahre regieren will. Dann sollen Wahlen organisiert werden.

Quellen:
1. http://de.wikinews.org/wiki/Milit%C3%A4r_%C3%BCbernimmt_die_Macht_in_Mauretanien

2.  http://news.bbc.co.uk/1/hi/world/africa/4741243.stm

3. http://english.aljazeera.net/NR/exeres/78C66FE2-9C69-44BF-BF1F-F256F68E90E9.htm

4. http://english.aljazeera.net/NR/exeres/6C66EF9A-6240-4BC8-B434-E2737FF34D7B.htm

5. http://english.aljazeera.net/NR/exeres/4250B9BF-07D5-4EA3-9911-33A6A378E976.htm
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Ergänzungen

lustiges detail am rande

tagmata 04.08.2005 - 16:01
Die Putschoffiziere wurden unlängst in den USA geschult (Antiterrorkrieg - also was da Standard ist: Einsätze 'innerhalb' der Gesellschaft). Dubya ist gar nicht entzückt, daß die Typen das erworbene Wissen in die Praxis umsetzten...

Jedenfalls scheinen die Leute in Nouakchott nicht gerade unglücklich zu sein, das autoritäre Arschloch Taya los zu sein... was halt so berichtet wird. Gibt's unabhängige Quellen?

Unabhängige Quellen

Fusa 04.08.2005 - 16:16
Naja welche Quellen sind schon unabhängig.

So hundertprozentig gefreut stimmt nicht. Da gibt es widersprüchliche Meldungen. ZUm einen Feiern, zum anderen auch verängstigte Menschen die Angst vor Willkür in der HAuptstadt haben. Zudem sind die Grenzen dicht gemacht. Stellt sich die Frage warum? So wirklich einmütige Freude wird wohl nicht vorhanden sein.

Interessen des Westens

sandankoro 04.08.2005 - 20:47
Aktuell spielen sich in mehreren afrikanischen Ländern extreme Konflikte ab, vor allem zwischen Regierungen die pro-westlich sind wie in Mauretanien und einer Bevölkerung bzw. Teilen der Bevölkerung, die den "Westen" als Ursache für die lokalen Probleme ansieht. Verstärkt werden diese Konflikte durch die wachsende Konkurrenz insbesonderen Chinas, der USA und Europas um die Nutzungsrechte für Bodenschätze.
Während z.B. Frankreich die ehemaligen Kolonien in Westafrika als traditionelles Einflußgebiet ansieht, sind die USA und auch China massiv dabei, sich eigene Positionen aufzubauen.
Während viele westliche Länder das wachsende chinesische Engagement noch nicht sonderlich ernst nehmen (wie auch die Bevölkerung die Chinesen meist nur belächelt), zeigt sich im Rohstoffbereich sowie bei Waffenlieferungen bereits eine extreme Zunahme chinesischer Aktivitäten.
Während Frankreich aufgrund fehlender Finanzmittel immer weniger Einfluß ausüben kann, sind US Militärs und Firmen aus den USA und Canada massiv präsent.
Gerade Mauretanien spielt aufgrund der geplanten Erdölpipeline vom Tschad über Niger, Mali bis an die mauretanische Atlantikküste eine wichtige Rolle, was auch das massive Auftreten der USA in dieser Region erklärt. Auch andere Länder wie z.B. Guinea sind durch ihre Bodenschätze interessant (Eisenerz, Uran, Bauxit, vermutete Erdölvorkommen,..), so haben sich z.B. im Jahre 2001 US-Amerikanische Kampfhubschrauber direkt an Kampfhandlungen bei Rebellenangriffen aus den Nachbarländern beteiligt. Wobei die lokalen Armeen meist nicht direkt von US Soldaten ausgebildet werden, sondern von Söldnern wie z.B. der PAE (Pacific Architects and Engineering), die z.B. auch die Versorgung der UNAMSIL Mission in Sierra Leone organisiert hat.

@fusa

tagmata 04.08.2005 - 23:02
unabhängig gibts nicht, läßt sich aber durch schiere masse an diversität gut simulieren ;-)

was ich gehört habe, ist jedenfalls nicht eitel sonnenschein und party on, sondern daß, was es an öffentlichen reaktionen *überhaupt* gibt, eher positiv ist - natürlich sitzen die meisten erst mal zu hause und warten ab. würd ich in einer solchen situation auch machen, wenn panzerfahrzeuge und soldaten frei rumlaufen (bzw -fahren)... vielleicht in einem höheren stockwerk mit unauffälligem blick auf die straße, man kann ja nie wissen, wann es mal wichtig wird, zu wissen, mit welchem schußwinkel man die motorabdeckung ab besten knackt, aber erstmal ist bei so einem putsch kopf unten halten angesagt, das braucht man glaub ich keinem menschen groß beizubringen.

was mich konkret interessierte, wären statements von graswurzel-gruppen gewesen, von unabhängigen gewerkschaften vielleicht, kenn mich in bezug auf mauretanien da nicht aus, aber irgendwelche community-aktivistInnen gibts dort sicher auch... daß ein land superarm ist, heißt ja zum glück nicht mehr, daß die leute dort komplett (bis auf die elite) außen vorgehalten werden können.

btw wichtige EUropäische interessen an mauretanien sind auf einem gebiet, das so nicht unbedingt auf der hand liegt: die band d'arguin, das ist auf der karte der küstenabschnitt gegenüber von 'atlantic ocean', ist DER zentrale fischbrutplatz der region. und das ist big big business; mauretanien wird seitens der eu-fischereiindustrie massiv unter druck gesetzt, das mit dem dortigen nationalpark nicht so streng zu sehen. die lokale industrie und private fischersleute, die die mauretanische bevölkerung versorgen, geraten immer stärker ins hintertreffen, und generell ist das mit dem fisch so 'ne sache... was heutzutage in der kühltheke liegt, hätt keiner essen wollen, als ich noch 'n kind war. aber von dem, was damals standardfisch war, gibts einfach nicht mehr genug, um den bedarf zu decken (50-70% der globalen bestände von kabeljau, seelachs, rotbarsch und atlantischem hering sind kommerziell 'ausgestorben', dh die fang- und verarbeitungskosten liegen ein vielfaches über dem verkaufswert. ever wondered warum seelachs heutzutage von alaska eingeflogen werden muß? vor 20 jahren kam das zeug noch aus dem nordatlantik, dann war da ende, und sie sind zwischenzeitlich auf blauwittling umgestiegen, bis davon auch nicht mehr genug da war).

ach ja: arguin

tagmata 04.08.2005 - 23:10
das war mal 'ne kolonie von... kein scheiß, brandenburg! bei allen göttern! hieß ursprünglich (als unabhängiges mauretanisches fürstentum) argien. 1721 haben sichs dann die franzosen gecasht.

@tagmata: gibts auch quellen?

concat 06.08.2005 - 13:58
@ tagmata:

ist ja schön was du alles weisst und so gehört hast, wie wäre es wenn du auch verrätst wo und am besten noch eine Quelle angibst (die Fischzahlen und die Schulung durch amerikanisch beeinflusste Verbände würden mich persönlich sehr interesssieren) , die ganzen Zahlen hattest du doch bestimmt nicht im Kopf ...
Ich würds ja gerne glauben aber dein lockerpupertärer Schreibstil machts mir persönlich unmöglich...

Reich und schön

leburg 07.08.2005 - 00:39
Das Land hat im Jahr 1982 die Sklaverei zum letzten Mal per Dekret abgeschafft. Bin mir sicher, dass sich an den Zuständen bis heute nicht viel verbessert hat. Haidhala, der Vorgänger von Taya, hatte ein angeblich linkes Militärregime geleitet, das von China unterstützt wurde (Tiefseehafen nahe Nouakchott). Es ist ein verdammt armes Land, mit einer phantastischen Kultur und wunderbaren Menschen. Die "Weißen" (Araberstämme, Mauren) halten die "Schwarzen" als ihre Sklaven.
Bis vor einiger Zeit interessierte sich niemand in Washington für das Land , auch nicht im Pentagon, bis zu dem Tag als Öl vor der Küste gefunden wurde. Jetzt sehen die Bushisten das anders. Und dann gibt es noch ein Pipeline-Projekt usw.
Übrigens zählt(e) die Küste Mauretaniens zu den fischreichsten der Welt. Damit könnte sich die Bevölkerung ernähren. Doch nur ein kleiner Teil der Menschen ißt Fisch. Auch verständlich, weil es keine Kühlanlagen und entsprechenden Transport gibt.

Die Einschätzung was die Junta bringen wird ist einfach: Nichts ändert sich für das Leben der Armen in den Slums und in den Dürreregionen! Die schmale Herrenkaste schichtet sich neu...

Oel in Mauritanien & SOS Esclaves

maat 02.09.2005 - 12:03
2001 wurde vor der mauritanischen Kueste Oel entdeckt, in etwa 1300 bis 1900m Tiefe. Die Reserven werden auf ungefaehr 120bbl (19 millionen kubikmeterO geschaetzt, das "development" kann etwa 500 millionen Dollar kosten.

Das Chinguetti Feld ungefaehr 80km westlich der mauritanianischen Kueste coastline, 90km vor Nouakchott. Es wird ausgebeutet durch Woodside Mauritania fuer AGIP, Hardman Petroleum, Fusion Oil sowie Gas and Roc Oil.

Im uebrigen ist in Mauritanien SOS Esclaves sehr aktiv, hauptsaechlich von US-amerikanischen Schwarzen unterstuetzt. Die Sklaverei wurde faktisch durch Schuldknechtschaft ersetzt.

oelfelder

maat2 02.09.2005 - 12:18
das oel liegt angeblich vor der gesamten kuestenlinie,
west-sahara, senegal, gambia, guinea-bissau mit eingeschlossen;
die kapverden haben bereits mit mauritanien ueber ein
abkommen verhandelt, wie die offshoreproduktion genau geschehen
soll und wer werlche anteile bekommt (offshore produktion
ist typischer weise in internationalen oder halb-internationalen
gewaessern). solch ein abkommen bzw. aehnliche abkommen gibt
es v.a. im golf von guinea.

quelle  http://www.gtp.com.au/gtp/inews/getstory.jsp?owner=hardman&disp=37&id=1302

tanker auf schwarzer liste

oelmaat 02.09.2005 - 13:16
Die Erdoelvorkommen sollen - gemaess offshore-technology.com - abtransportiert werden mit dem tanker "berge helene", baujahr 1976, auf der schwarzen liste von greenpeace. das unternehmen dahinter ist hartman aus perth, australien.

 http://www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/oel/schwarzetankerliste2003.pdf

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