Caballito-Arbeiter: Voller Erfolg beim Deutschlandbesuch

Ralf Streck 25.07.2005 22:09 Themen: Soziale Kämpfe Weltweit
Begeistert waren die seit fast 21 Monaten streikenden Arbeiter in der baskischen Stadt Gasteiz (span. Vitoria) über die Solidarität linker Gruppen in Deutschland. Entsetzt waren sie von der IG-Metall, die sich praktisch, wie der Betriebsrat von Pferd-Rüggeberg hinter die Firmenleitung gestellt hat. Ein Armutszeugnis, aber sie sind das ja von den großen spanischen Gewerkschaften gewohnt. Die Mehrheit der 200 Arbeiter der Firma Caballito streikt seit fast 21 Monaten. Der längste baskische Streik und wohl im gesamten spanischen Staat, hat die Belegschaft zum Besuch bei der deutschen Mutterfirma getrieben.

Caballito Arbeiter resümieren | Erster Bericht Caballito Besuch | 17 Monate Streik bei deutscher Tochterfirma
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Das kleine Marienheide im Bergischen Land war im Aufruhr. Das Motto hätte lauten können: "Die Basken kommen" und die Kleinstadt in der Nähe von Gummersbach in Schutt und Asche legen. In die Richtung hatte die Geschäftsleitung des Schleifmittelherstellers August Rüggeberg GmbH die Propagandatrommel gerührt. Von einem "politischen Konflikt", von "einem Exempel", das die Gewerkschaft ELA statuieren wolle, wurde geredet, als hätte die baskische Untergrundorganisation ETA ein Großkommando in die Gegend um Köln geschickt. Noch dazu, so die regionale Zeitung Oberberg Aktuell [www.oberberg-aktuell.de/show-article.php?iRubrikID=1&iArticleID=45806], würde ELA von der Anarchosyndikalistischen FAU http://www.fau.org/caballito unterstützt, weshalb man um den Frieden in der Region besorgt sei, die in 40 Jahren nicht einmal von einem Streik erlebt habe.

Statt militanter Horden, kamen 60 friedliche Arbeiter der Firma Caballito aus der baskischen Stadt Gasteiz (spanisch Vitoria) nach Marienheide, die sich seit fast 21 Monaten im Streik befanden und inzwischen wieder ins Baskenland zurückgekehrt sind. Probleme habe es keine gegeben, sagte der Betriebsratschef Joseba Leza Indymedia. Um authentisch über ihren Konflikt aufzuklären, waren etwa die hälfte der Streikenden für eine Woche zum deutschen Mutterunternehmen gereist. Im Gepäck hatten sie 30.000 Flugblätter, die sie verteilten und in alle Briefkästen warfen. [de.indymedia.org//2005/07/122845.shtml] Sie machten klar, dass es sich nicht um einen politischen Konflikt handelt, sondern die Firma sogar Frauen kündigt, die schwanger werden. de.indymedia.org//2005/06/85272.shtml] In Deutschland behauptet Pferd-Rüggeberg, die monatelang nicht einmal einen Tarifvertrag verhandeln wollte und mehrfach wegen Verstößen gegen das Streikrecht verurteilt wurde [de.indymedia.org//2005/07/123114.shtml], die Belegschaft würde exorbitante Lohnerhöhungen und Abfindungen fordern.

"Zahlreiche Blasen habe ich mir gelaufen" sagte der Betriebsratschef. Marienheide erstrecke sich über ein riesiges Gebiet. In Einfamilienhäuschen wohnen hier die 15.000 Einwohner meist. Auf die Aktion der Arbeiter reagierte die Firma mit einer ganzseitigen Anzeige in der örtlichen Gratiszeitung. Darin wird viel behauptet, was der Realität nicht immer nahe kommt. Ungeprüft gibt auch die örtliche Zeitung die Version des Geschäftsführers Jörn Bielenberg wieder. Um ELA zu diskreditieren, stilisiert der die Arbeiterunion (UGT) zur größten Gewerkschaft Spaniens. Mit der habe man ein Abkommen geschlossen, suggeriert Bielenberg, es handele sich bei den Streikenden um eine Minderheit.

Doch die UGT ist, im Vergleich zu den Arbeiterkommissionen (CCOO), eher klein. Bei Caballito vertritt sie nur ein paar Beschäftigte . Nachdem die UGT der Belegschaft ein Abkommen aufdrücken wollte, gegen die übrigen Gewerkschaften, fungieren die als Streikbrecher. [de.indymedia.org//2005/04/111701.shtml] Tatsächlich ist ELA die größte baskische Gewerkschaft und hat es nicht nötig, sich mit einem derart langen Streik zu profilieren, der viel Geld kostet.

Die Reisenden sind nach der Rückkehr müde, aber begeistert. Eine gemeinsame Auswertung werden morgen alle Gewerkschaften gemeinsam auf einer Pressekonferenz präsentieren. Von kleinen linken Gruppen sei man gut aufgenommen und unterstützt worden, erkläre Leza. Eine örtliche Gruppe Jugendlicher habe sich täglich mit den Arbeitern vor dem Werk versammelt, um die vierseitigen Flugblätter zu verteilen. "Wir haben unser Hauptziel erreicht, den Konflikt zu sozialisieren" erklärte Leza. Das die Firmenleitung die Arbeiter nicht empfangen habe, sei nach so langer Zeit ohne einen Dialog zu erwarten gewesen. "Die wollten uns nur schnell wieder loswerden", sagte Leza. In drei Schreiben wurde stets betont, "wir sollten nach Spanien zurückkehren". Doch man sie nach Marienheide gefahren, weil die lokale Geschäftsführung nicht verhandelt.

Es schmerzt den Betriebsratschef, dass auch der Betriebsrat der IG-Metall sich hinter die Geschäftsführung stellte [de.indymedia.org//2005/07/123240.shtml] und nicht einmal bereit war, die Version der Kollegen zu hören. Der Betriebsratsvorsitzende Rolf Meurer erklärte: Wir haben entschieden, den Streikenden keinerlei Unterstützung zukommen zu lassen". Die Angelegenheit könne nur mit der Geschäftsleitung und den Verhandlungsführern in Spanien geklärt werden, betete Meurer die Chefs nach.

Verhindert hat das den Kontakt mit Arbeitern aus dem Stammwerk nicht. Die Treffen mussten aber fern von Marienheide abgehalten werden. Man hatte Angst gesehen und repressiven Maßnahmen ausgesetzt zu sein. Klar wurde, dass es auch im Stammwerk brodelt, weil überall gekürzt wird und auch hier Kündigungen in der Luft hängen. Eine weitere Reise, vielleicht zur Unterstützung der Proteste deutscher Kollegen, schloss man bei Caballito nicht aus. Dann so eine Arbeiter, der namentlich nicht genannt werden wollte, werde man nicht mehr versuchen das über die IG-Metall zu organisieren. Wirkliche Solidarität hätten nur Gruppen wie die FAU und andere gezeigt, auf die man sich verlassen könne. Außer einer Pressekonferenz habe die große Gewerkschaft nichts getan.

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastian den 25.07.2005
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Ergänzungen

Da sind sie

Miltante 25.07.2005 - 22:26

Ein System. Eine Qualität. Eine Lösung.

Als Premiumhersteller mit einer jahrhundertealten Unternehmenskultur setzt PFERD auf den service- und markenbewussten Anwender, der qualitäts- und leistungsorientiert entscheidet und gleichzeitig die optimale Problemlösung wünscht. Dieser Herausforderung stellt sich das Unternehmen mit der ernsten und offenen Absicht, die Kunden zufrieden zu stellen.

So die Eigenwerbung der Pferde-Schweine

Tatsächlich: Kein System. Kein Qualiät. Keine Lösung

Mal schauen, wenn es dem Laden mal heiß unterm Arsch wird.

Die IGM -Metall verbietet Fahnen

FAU-Duisburg 26.07.2005 - 00:02
Bei der ach so netten "Unterstützung" durch die IGM wurden allen beteiligten anderen Gewerkschaften (insbesonders der FAU) das tragen/zeigen von Fahnen verboten
Obwohl die Unterstützung sich, wie obenbeschrieben, auf einen Raum für die Pressekonferenz zur Verfügung stellte.
Das unsere FAU-T-Shirts nicht entfernt wurden ist wahrscheinlich Zufall
Das kann nur heißen.... die Kämpfe selbst organiesieren und nicht mehr in die alten, Staats-und Kapitaltragenden Gewerkschaften vertrauen
! Schluss mit allen! autoritären Experimenten !
! Für den libertären Kommunismus ---- Die freie Assoziation der INDIVIDUEN !

Noch ein Artikel in der Presse

Karottenwerferin 26.07.2005 - 21:58

In "Oberberg aktuell": "Spanische Rüggeberg-Arbeiter Streiker geben nicht auf - Gewerkschaft FAU kritisiert IG Metall"
 http://www.oberberg-aktuell.de/show-article.php?iRubrikID=3&iArticleID=45862

Noch einer

Ralf 27.07.2005 - 13:46
Dort zeigt sich ganz gut, wie die Berichterstattung sich verändert hat. Statt politischem Konflikt und Besorgnis über den Frieden in Marienheide, das 40 Jahre nicht mal einen Streik erlebt hat, wird Friedfertigkeit heraus gestellt. Plötzlich wird über Kündigungen, Sozialplan und Frühverrentung geredet, worum sich der Konflikt dreht. Knackpunkt sei, dass die Firma die Mitarbeiter 140 Stunden pro Jahr mehr arbeiten und auf 1.200 € Lohn im Jahr verzichten lassen wolle. Gleichzeitig sollen Stellen abgebaut werden. Der Betriebsrat will statt dessen die vorhandene Arbeit auf alle verteilen und Kündigungen sozialverträglich nach geltenden Gesetzen regeln.
 http://www.oberberg-aktuell.de/show-article.php?iRubrikID=29&iArticleID=45830