Barbarische Abschiebungen in NRW

muss ausgefüllt werden 20.07.2005 00:00 Themen: Antirassismus Repression
Flüchtlingsrat NRW interveniert beim Innenminister und fordert Aufklärung und menschenwürdigen Umgang mit Flüchtlingen

Pressemitteilung des Flüchtlingsrates NRW vom 8. Juli 2005:

"Mit den Worten "barbarisch" und "unmenschlich" sind die Ereignisse, die sich in der Nacht vom 27. auf den 28. Juni 2005 ereignet haben, nur unzureichend zu beschreiben", so Andrea Genten, Geschäftführerin des Flüchtlingsrates NRW. In einer länderübergreifenden Nacht- und Nebelaktion wurden Flüchtlinge im Morgenrauen aus ihren Unterkünften geholt und abtransportiert zum Düsseldorfer Flughafen. Von dort aus wurden ca. 70 kurdische und libanesische Flüchtlinge gegen 9.00 Uhr via Sammelflug nach Istanbul abgeschoben.
Gefunden auf der Seitge des Flüchtlingsrats NRW
 http://www.fluechtlingsrat-nrw.de/2167/index.html

Der Flüchtlingsrat NRW hat die Schicksale von sechs betroffenen Familien recherchiert und dokumentiert (s. auf unserer Homepage unter Aktuelles - Stellungnahmen / Pressemitteilungen). Die Recherche stützt sich auf die Aussagen und Unterlagen von Rechtsanwälten, Ärzten und Flüchtlingsberatern und "Die dargelegten Fälle werfen ein erschütterndes Schlaglicht auf eine barbarische Abschiebepraxis und einen unmenschlichen Umgang deutscher Behörden mit Flüchtlingen", so Genten weiter. "Wir werden diese Praxis nicht stillschweigend hinnehmen und haben uns daher schriftlich an den neuen Innenminister in NRW, Dr. Ingo Wolf, und an die Landtagsfraktionen gewandt. Der Flüchtlingsrat NRW verurteilt die brachiale Abschiebepraxis deutscher Behörden und fordert Aufklärung und einen menschenwürdigen Umgang mit Flüchtlingen.



In allen sechs hier exemplarisch dokumentierten Fällen wurden die Flüchtlinge im Morgengrauen im Schlaf überrascht, Kinder wurden aus ihren Betten geholt und z. T. ohne Schuhe und Wäsche abtransportiert. In einem Fall erhielt die Mutter noch nicht einmal Gelegenheit, Windeln für ihr Kleinkind einzupacken. Mindestens drei Familien wurden bewusst und gewaltsam von den staatlichen Stellen durch Abschiebung auseinander gerissen. Psychisch schwer erkrankte Menschen, die in ihren Herkunftsländern Folter und schwerste Menschenrechtsverletzungen erlitten haben, wurden mit einer beispiellosen brutalen Ignoranz behandelt: So wurde Herr S. aus Segeberg, der sich wegen erlittener Folter in türkischer Haft in stationärer Behandlung befand, bei Nacht und Nebel aus einer psychiatrischen Klinik abgeholt und abgeschoben. Zurück blieben seine Frau und seine beiden hier geborenen Kinder. Frau T. aus Lotte im Kreis Steinfurt, die bei Erscheinen des Sondereinsatzkommandos so extrem heftig reagierte, wie es bereits in einer umfangreichen fachärztlichen Stellungnahme prognostiziert worden war, wurde stationär in eine psychiatrische Klinik eingewiesen, ihr Mann und ihre drei minderjährigen Kinder wurden ohne sie abgeschoben. Frau B. aus Herne, der in umfangreichen fachärztlichen Stellungnahmen eine schwere seelische Erkrankung mit Selbstmordgefährdung attestiert worden war, wurde nach Aussagen von Nachbarn noch in der Wohnung durch eine Spritze ruhig gestellt. Ihr Mann, der sich zur Wehr setzte, wurde überwältigt und in Hand- und Fußschellen mit Verletzungen im Gesicht und an der Schulter abtransportiert und abgeschoben. Einer Rechtsanwältin, die in den frühen Morgenstunden informiert, direkt um 4.00 Uhr morgens zum Flughafen geeilt war, wurde vom Bundesgrenzschutz der Kontakt zu ihren Mandanten verweigert. Der Eilantrag eines anderen Anwaltes, der "erst" gegen 8.30 Uhr bei Gericht gestellt wurde, wurde abgewiesen mit dem Hinweis, dass es dafür bereits zu spät sei, seine Mandanten säßen bereits im Flugzeug.



Die hier dokumentierten Fälle sind leider keine bedauerlichen Einzelfälle, sondern das Spiegelbild einer menschenverachtenden Flüchtlingspolitik, die die Abwehr von Flüchtlingen in den Mittelpunkt stellt. Nahezu jede Woche starten Flugzeuge mit Sammelabschiebungen vom Düsseldorfer Frachtflughafen aus nach Istanbul, Belgrad oder Pristina. Nur selten gelingt es, wie im Fall der Sammelabschiebung nach Istanbul, die unmenschliche deutsche Abschiebpraxis zumindest in einigen Fällen zu dokumentieren. "Es ist uns wichtig, diese Fälle öffentlich zu machen. Niemand soll sagen, er habe nichts gewusst!"



1. Abschiebung der Eheleute B. aus Herne - Frau B. bekommt Beruhigungsspritze, Herr B. verletzt

2. Abschiebung der fünfköpfigen Familie T. aus Lotte/Kreis Steinfurt - Mutter in Psychiatrie, Vater mit drei Kindern alleine abgeschoben

3. Abschiebung der Familie S. aus Unna

4. versuchte Abschiebung der fünfköpfigen Familie E. aus Bestwig (Hochsauerlandkreis)

5. Abschiebung des Herrn S. aus Segeberg (Schleswig-Holstein) aus der Psychiatrie heraus, getrennt von seiner Familie

6. Abschiebung der Familie Ö. aus Schellerten, Landkreis Hildesheim (Niedersachsen), - Mutter und 3 minderjährige Kinder allein abgeschoben, kranker Vater und minderjährige Tochter in Jugendpsychiatrie bleiben allein zurück



Die Dokumentation der recherchierten Fälle finden Sie auf unserer Homepage unter: Aktuelles > Stellungnahmen / Pressemitteilungen.
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Ergänzungen

Wenn Nazis bei Polizei und BGS arbeiten...

Pessimist 20.07.2005 - 00:44
Schon zu Beginn der 90er ermittelte CILIP, daß rund 1/3 der BGSler und Polizisten im Bundesland rechtsextremen Überzeugungen anhängen. Es ist gut denkbar, daß sich die Zahl in NRW verdoppelt hat, zumal Nazis teilweise gezielt bei Polizei und BGS anfangen, da Polzisten in der Regel keine rechtlichen Konsequenzen für ihr Handeln befürchten müssen. Müsste man also mal wieder Untersuchungen starten. Die Aktionen der Polizei in Dortmund gegen die Mahnwache nach dem Mord an den einen Punk oder bei der Nazidemo in Essen, wo hunderte (auch ältere) friedliche Demonstranten extrem brutal zusammengeschlagen wurden, sind nur einige Beispiele. Dazu kommen dann rechtsextreme "Einzelzwischenfälle", wie Polizisten, die Naziparolen von sich geben.

Wenn das kein Crossposting ist...

pio 20.07.2005 - 12:47
...dann weiß ich es auch nicht. Das Ganze ist einen Monat her, der Artikel steht auch schon seit damals auf der HP des FR-NRW und ist auch nicht sonderlich schwer zu finden.
Nicht, dass ich es nicht gut fände, dass das thematisiert wird, das mediale Interesse war damals ja doch recht gering, aber irgendwie ist es doch etwas spät und Crossposting bleibt nunmal auch Crossposting...

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Daß die Nazis gezielt — Dillinger

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