Erster Bericht Caballito Besuch

Solidario 15.07.2005 10:55 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe
Gestern sind sie nach 24 Stunden Busfahrt in Marienheide angekommen: Mehr als 50 ArbeiterInnen der Firma Caballito in Gasteiz (spanisch Vitoria) besuchen den Stammsitz des Multis, zu dem ihr Werk gehört – die Firma Pferd-Rüggeberg im bergischen Kleinstädtchen Marienheide. Von hier aus dirigiert die Familie Rüggeberg ihr Firmen-Imperium, das in Produktionsstätten auf allen Kontinenten Schleifmittel herstellen lässt.
Die ArbeiterInnen der Firma Caballito im spanischen Baskenland streiken seit 20 Monaten. "600 Tage Arbeitskampf" lautet die Überschrift des Flugblattes, das sie in 30 000er Auflage mitgebracht haben, um ihre KollegInnen im Stammwerk und die Bevölkerung von Marienheide über ihre Situation zu informieren. Mit diesem Schritt vor die Haustür des Unternehmers wollen sie endlich eine Lösung in dem festgefahrenen Konflikt erreichen.

2003 hat die Firma Pferd-Rüggeberg ein neues Werk in der Nähe von Vitoria gebaut. Eine große Investition mit den üblichen Folgen: weniger ArbeiterInnen sollten mehr produzieren, mit längeren Arbeitszeiten und weniger Lohn. 25 ArbeiterInnen sollten auf der Strecke bleiben, und es kam zu willkürlichen Entlassungen. Zwei Arbeiterinnen wurden wegen angeblicher 'Minderleistung' gefeuert; die eine war schwanger, die andere wegen einer Operation krankgeschrieben. In Bezug auf die Arbeitsbedingungen ist es mittlerweile zu einer Einigung gekommen, bei der die ArbeiterInnen erheblicher Zugeständnisse gemacht haben. Sie fordern aber Beschäftigungsgarantien und die Rücknahme sowie ein Ende der Einzelkündigungen, mit denen auf willkürliche Weise Arbeitsplätze vernichtet werden, ohne die üblichen Sozialpläne und Abfindungen. Wenn schon Entlassungen, dann doch bitte wenigstens nach den allgemein anerkannten Spielregeln…

Ohne die Wiedereinstellung ihrer entlassenen KollegInnen und eine Beschäftigungsgarantie sind die Streikenden nicht bereit, an die Arbeit zurückzukehren. Denn ohne eine solche Zusicherung wären die StreikaktivistInnen garantiert die nächsten auf der Kündigungsliste. Von den 200 Beschäftigten streiken zwei Drittel. Getragen wird der Streik von der baskischen Gewerkschaft ELA. Die hat bei der IGM um Unterstützung ihrer Aktion gebeten. Die IGM Gummersbach erklärte sich großzügig bereit, ihr Lokal für eine Pressekonferenz zur Verfügung zu stellen. Mehr Internationalismus scheint aber von dieser Gewerkschaft nicht zu erwarten zu sein.

Die ArbeiterInnen von Caballito werden ab heute bis auf Weiteres täglich von 10 bis 17 Uhr vor der Firma präsent sein: Pferd-Rüggeberg, Hauptstr. 13, 51709 Marienheide (an der B 256, am Ortsausgang im Norden, Zentrumsnähe)

Am Samstag wollen sie sich aufteilen; die Hälfte wird durch Marienheide ziehen und Flugblätter verteilen. Dabei können sie Unterstützung gebrauchen. Treffpunkt ist um 10 Uhr vor der Fabrik.

Am Dienstag wird das baskische Fernsehen für eine Reportage kommen. Soli-Delegationen sind hier (wie selbstverständliuch auch an allen anderen Tagen) gerne gesehen. Uhrzeit steht noch nicht fest.

Die Streikenden sind per e-mail zu erreichen:
 rueggeberg-streik@elasind.org
und per Handy: 0034-665724588 (Pablo Gutierrez)

Zum Konflikt um Caballito siehe auch frühere Berichte auf Labournet,  http://www.fau.org/caballito/ und das Interview mit dem BR-Vorsitzenden von Caballito  http://de.indymedia.org/2005/07/123114.shtml und dazu noch einen Hintergrundtext  http://de.indymedia.org/2005/07/123181.shtml
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Ergänzungen

Presseerklärung - 18.07.05 von FAU Frankfurt/

einer 18.07.2005 - 20:15
Presseerklärung - 18.07.05 von FAU Frankfurt/M
Offener Brief an die IG Metall Frankfurt, - Gummersbach, Betriebsrat Pferd Marienheide

Seit Oktober 2003 wird Caballito, die spanische Niederlassung von Pferd-Rüggeberg in Vitoria, bestreikt. Mitte letzten Jahres einigte sich die UGT, die spanische Schwestergewerkschaft des DGB, mit der Geschäftsleitung. Mitglieder der baskischen Gewerkschaft ELA und der CNT setzen den Streik bis heute fort. Nach Angaben des Betriebsratsvorsitzenden Joseba Leza betätigen sich die UGT Mitglieder, illegal verstärkt durch Beschäftigte von Subunternehmen, als Streikbrecher.

Seit Donnerstag, dem 14. Juli demonstrieren etwa 60 Streikende in Marienheide vor dem Stammwerk für ihre Forderungen. Die ELA, in der die meisten Streikenden organisiert sind, hatte im Vorfeld lange vergeblich versucht, zur IG-Metall Kontakt aufzunehmen. Irgendjemand in der IGM-Zentrale in Frankfurt war dann immerhin so hilfsbereit, für den heutigen Montag einen Raum für eine Pressekonferenz im Gebäude der IGM in Gummersbach zur Verfügung zu stellen.

Der 1. Bevollmächtigte der IGM Gummersbach, Norbert Kemper, wird in der Onlineausgabe der Kölnischen Rundschau zitiert: "Das ist über die IG-Metall-Zentrale in Frankfurt gelaufen, der die Räume gehören". Kemper betonte, mit der Sache nichts zu tun haben zu wollen.

Noch deutlicher wurde der IGM-Betriebsratsvorsitzende Rolf Meurer von Pferd. Nach einer Betriebsversammlung erklärte er gegenüber www.oberberg-aktuell.de, "Wir haben entschieden, den Streikenden keinerlei Unterstützung zukommen zu lassen".

Die gleiche Quelle meldete, daß Geschäftsleitung und Behörden sich Sorgen machen, weil die anarcho-syndikalistische Gewerkschaft FAU die Unterstützung der Delegation der Streikenden angekündigt hat.

Daß die Unternehmer es nicht schätzen, wenn ArbeiterInnen Solidarität praktizieren, ist uns bekannt. Jetzt hat offensichtlich auch die IG-Metall den Schulterschluß mit der Pferd-Geschäftsleitung vollzogen.

Nachdem der IGM-Betriebsrat zugab, daß der Streik in Vitoria durch Sonderschichten in den Werken in Deutschland und Süd-Afrika sabotiert würde, die IGM Gummersbach von allem nichts wissen will und die IGM-Zentrale in Frankfurt gerade mal einen Raum zur Verfügung gestellt hatte, wurde der ELA die Rechnung für diese grandiose Solidaritätsleistung gestellt.

Die IGM drohte der ELA vergangene Woche, die Pressekonferenz abzusagen und die dafür reservierten Räume zu kündigen, falls während der Demonstrationen vor den Pferd Werkstoren auch nur eine Fahne der FAU zu sehen wäre.

Wir werten diese Drohung als einen Erpressungsversuch und verurteilen ihn auf`s Schärfste.
Wir fordern Sie auf, alle streikbrecherischen Aktivitäten zu unterlassen und dementsprechend dafür zu sorgen, dass die in Marienheide geleisteten Sonderschichten sofort eingestellt werden.

Wir verurteilen diese Erpressung durch die IG-Metall aufs schärfste.
Wir werfen der IG-Metall und ihren Gliederungen vor, durch die Sonderschichten in Marienheide Streikbruch zu begehen.

Von allen Gewerkschaften außerhalb Spaniens, die um Unterstützung gebeten wurden, ist die FAU die einzige, die Solidaritätsaktionen für die Streikenden durchgeführt hat. Den Versuch, die Streikenden von ihren Unterstützern zu isolieren, werten wir als weiteren Versuch, den Streik bei Caballito zu sabotieren.

Wir fordern Sie auf, sich endlich mit den Streikenden und nicht mit der Geschäftsleitung von Pferd zu solidarisieren, den Streik zu unterstützen und andere Gewerkschaften nicht bei Solidaritätsaktionen zu behindern.

Rolf Schneider

FAU - Gewerkschaft für alle Berufe, Lokalföderation Rhein/Main
Mühlgasse 13
60486 Frankfurt/M

Mail:  fauffm@fau.org
Web:  http://www.fau.org