Caballito Arbeiter aufm Weg nach Deutschland

Ralf Streck 14.07.2005 10:46
Seit mehr als 20 Monaten sind die Arbeiter der Firma Caballito im baskischen Gasteiz (span. Vitoria) im Streik. 60 Arbeiter haben sich nun auf den Weg gemacht, um in Marienheide bei Gummersbach vor dem Mutterunternehmen Pferd Rüggeberg zu demonstrieren. Wir sprachen mit Joseba Leza, Betriebsratsvorsitzender und Mitglied der großen baskischen Gewerkschaft ELA.
F: Nach zwei Jahren im Streik hat sich die Belegschaft gestern auf den Weg nach Marienheide gemacht. Was haben sie dort vor?

Mit etwa 60 Arbeitern, die Hälfte der Streikenden, wollen wir die Bevölkerung um das Stammwerk auf den Streik hinweisen und sie aus erster Hand unterrichten. Bis auf eine Verhandlung Anfang 2004 ignorieren uns die deutschen Chefs. Wenn die nicht zu uns kommen, gehen wir halt zu ihnen.

F: Was haben Sie vor?

Wir werden ab Donnerstag 30.000 Flugblätter verteilen und auch in alle Briefkästen des Orts werfen, damit die Leute wissen, was die Brüder Rüggeberg bei uns tun. Die beiden leben auch in Marienheide. Wir protestieren auch in Gummersbach, Köln, Düsseldorf und machen mit der IG-Metall eine Pressekonferenz, damit die Leute erfahren, was hier läuft. Wir reffen uns mit Parteien, der SPD, der WASG, der PDS und mit sozialen und politischen Organisationen wie Attac, dem Sozialforum etc. Wir hoffen, das es in Deutschland endlich zu einem Dialog zur Lösung des Konflikt kommt und sie uns empfangen.

F: Worum dreht sich der Konflikt?

Er begann, als die Firma neun Monate nicht über einen Tarifvertrag verhandeln wollte. Mit der Verlagerung der Produktion in eine neue Fabrik sollten zudem 25 Leute gekündigt werden. Wir schlugen vor, die vorhandene Arbeit zu verteilen. Das Gegenteil hatte die Direktion vor. Im neuen Werk sollten mehr als die doppelte Zahl der Schleifscheiben mit weniger Personal produziert werden. Wir sollten 100 Stunden im Jahr mehr arbeiten und 3000 Euro weniger verdienen. Über einen Sozialplan wollten sie nicht reden. Als wir mit den ersten Warnstreiks begannen, legten sie einen Tarifvertrag vor, der vier Jahre keine Lohnsteigerung vorsah und weitere zwei Jahre nur einen Inflationsausgleich. Sind denn 25 Arbeiter zu viel oder sollten nur Löhne gedrückt werden. Sie machen sich über uns lustig und glaubten, die Leute in der neuen Fabrik würden nicht streiken. Das war falsch.

F: Dazu kamen Kündigungen?

Das war eine Rache des lokalen Chefs. Zuvor hatten 25 Arbeiterinnen für ein Subunternehmen gearbeitet. Es war eine illegale Überlassung und sie mussten in die Belegschaft übernommen werden. Durch Mobbing wurden alle bis auf fünf Frauen rausgeekelt. Zwei von ihnen waren krank oder schwanger und wurden dann wegen „Unproduktivität“ gekündigt. In der ersten Instanz wurde die Kündigung aufgehoben, in der zweiten Caballito frei gestellt, sie zu entschädigen oder wieder einzustellen. Das wiederholte sich im Laufe des Streiks, als neun Personen unter Vorwänden gekündigt wurden, dabei auch ich. Wir haben alle Prozesse gewonnen, aber wegen der Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses muss niemand wieder eingestellt werden. Die Ausnahme bin ich, weil ich als Betriebsrat besonders geschützt bin. Wir fordern also einen Tarifvertrag und die Wiedereinstellung aller Gekündigten. Es kann nicht sein, dass man Leute willkürlich über den Umweg rauswirft.

F: Warum wurde die Firma mehrfach verurteilt?

Wegen Verletzung des Streikrechts wurde sie im Frühjahr erneut zur Zahlung von 6000 Euro an jeden Streikenden verurteilt. Sie hatte immer gedroht, die Produktion nach Polen zu verlagern und alle zu entlassen. Das hat das Sozialgericht als Drohung gewertet, weil die Firma keine Produktionsverlagerung nachweisen konnte. Zuvor gab es schon andere Urteile, wegen Behinderung des Betriebsrats, etc. Mitglieder des Betriebsrats wurden sogar von vermummten Polizisten aus dem Betrieb geworfen.

F: Wie sieht es mit der Produktion aus?

Nachdem im letzten Jahr die spanische Gewerkschaft UGT aus der Front gebrochen ist, sind neben den Verwaltungsangestellten nun auch wieder ein paar Leute in der Produktion tätig. Die werden illegal mit Beschäftigten von Subunternehmen verstärkt. Auch dafür wurde Caballito schon verurteilt. Mit Sonderschichten in den Werken in Südafrika und Marienheide können sie die Produktion knapp auf dem Niveau halten, wie sie vor dem Streik war. Die vorgesehene Ausweitung, vor allem in den US-Markt, können sie nicht umsetzen. Dabei hätten unsere Scheiben, die von höchster Qualität sind, dort gute Absatzchancen. Viele der Scheiben die jetzt ausgeliefert werden, haben leider nicht die Qualität wie früher.

© Ralf Streck, Gasteiz den 13.07.2005
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Ergänzungen

weiterer Artikel zum Thema

muss ausgefüllt werden 14.07.2005 - 17:34
weiterer, etwas älterer Artikel zum Caballito-Streik
 http://anarchosyndikalismus.org/caballito.htm
(allerdings OHNE Kopierrechtsschutz!)

Sonderseite

~~~~~ 14.07.2005 - 18:07
Auf  http://www.fau.org/caballito wurde eine weitere Sonderseite eingerichtet.
Auf dieser Seite wird zu einer Aktion in Marienheide (zwischen Köln und Gummersbach) mobilisiert!

Ohne

Ralf 15.07.2005 - 00:15
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