Aktionen in Hannover - akt. Stand

ß 04.07.2005 19:16 Themen: Bildung Soziale Kämpfe
Heute fanden und finden in Hannover verschiedene Aktionen gegen die herrschende Bildungspolitik statt. Ein Zwischenbericht.
Alles begann mit der Besetzung des Unipräsidiums durch Studierende (indy berichtete:  http://www.de.indymedia.org/2005/07/122277.shtml).
Dies endete für die Beteiligten überraschend schnell durch einen von Unipräsident Schätzl forcierten Polizeieinsatz. Als nach Androhung von Anzeigen die BesetzerInnen freiwillig gehen wollten, versuchte die Polizei widersprüchlicherweise aber, sie daran zu hindern - sie wollte ihre Datenlust befgriedigen und zunächst die Personalien feststellen.
Bei den folgenden Schiebereien mit den freiheitsliebenden Studis gelang es der Polizei, zwei Personen festzusetzen - ihnen wurden Anzeigen wegen "Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte" angedroht.
In Flugblättern erklärten sich andere Studis unmittelbar im Anschluss solidarisch und zeigten sich empört über die Kriminalisierung des Protestes: "Wenn Schätzl meint, die Umstrukturierungen der Hochschule mit Repression über die Interessen der StudentInnen hinweg durchsetzen zu können, soll er wissen, dass wir dies nicht widerstandslos hinnehmen werden!"

Um 15 Uhr begann dann in der Innenstadt eine spontane Demonstration, zu der auch die Studis, vor allem aber knapp 100 SchülerInnen aus hannoverschen Schulen sich einfanden.
Auch hier ging´s um Bildungspolitik - heute beginnt eine Tagung des niedersächsischen Kabinetts in Hildesheim, bei der umfangreiche Kürzungen zu befürchten sind.
Die Menge zog in den Stadtteil Linden zur dortigen Integrierten Gesamtschule.
Dort wiederum sollte um 16 Uhr eine Podiumsdiskussion mit PolitikerInnen zum Thema Bildungspolitik stattfinden.
Diese Podiumsdiskussion, die von der SchülerInnenvertretung organisiert war, wurde aber von der Schulleitung abgesagt, die Schule blieb verschlossen. Es waren nämlich weitere Aktionspläne zur Schulleitung durchgesickert: Die Schule sollte ebenfalls besetzt werden. Ein ganzes Festival mit Workshops, Konzerten, Filmen und weiteren Angeboten war mit verschiedenen Leuten, vor allem aber SchülerInnen, vorbereitet worden. SchülerInnen brachten Schlafsäcke mit in ihre Schule.
Nun diente bizarrer Weise die Besetzung des Unibüros als Vorwand für das Untersagen der Podiumsdiskussion - der Schulleiter zeichnete in seiner Begründung ein Bild von gefährlichen Studierenden: Die Auseinandersetzungen mit der Polizei am Vormittag ließen Böses für den Verlauf einer Besetzung befürchten. Außerdem warb der Schulleiter per Megaphon um Verständnis dafür, dass er Unterrichtsausfall nicht dulden könne.
Nun wollten die Leute aber sich nicht einfach abbringen lassen: Ermuntert durch das hervorragende Wetter, die Anwesenheit interessierter Lokaljournalisten und die eigenen Möglichkeiten entschloss mensch sich, dann halt die Nacht draußen vor der Schule zu verbringen - morgen ist ja auch noch ein Tag und dann ist die Schule auch offen...
...daraufhin gab der Schulleiter etwas nach und bot neue "Verhandlungen" an. Die Studis, so seine Forderung, müssten sich aber "zurückziehen"...
Diese behielten sich zunächst das Recht vor, auf einem öffentlichen Gehweg zu verweilen.
Soweit der aktuelle Stand - weitere Infos folgen.

Alles für Alle! Gegen Bildungs- und Sozialabbau!
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Ergänzungen

Update 18:23 Uhr

ß 04.07.2005 - 19:25
Die Verhandlungen ergaben nichts handfestes - der Schulleiter will nur Aktionen zulassen, über die er volle Kontrolle hat.

Die Leute ziehen jetzt mit einer Spontandemo zum FAUST-Gelände in Linden und beratschlagen dort Weiteres...

Update abends

ß 04.07.2005 - 22:49
Die heutige Nacht werden einige der SchülerInnen nun im UJZ Korn verbringen, wo sie von VoKü-Gästen empfangen wurden. Es sind viele jüngere Leute aus der Sek I dabei.
Indem sie nicht nach Hause gehen, drücken sie ihre Entschlossenheit aus, weiter zu machen. Also: Watch this space!
Auf jeden Fall wird am Mittwoch um 17:30 Uhr an der IGS Linden das "Autonome Golfen" aus Anlass des im Golfhotel Gleneagles beginnenden G8-Gipfels stattfinden. Natürlich sind auch weitere Aktionen geplant.

Solidarische Gruesse aus Schottland!!!

setyar 05.07.2005 - 18:34
Hallo Hannover! Wir wollten nur mal eben loswerden, dass wir es super finden, dass ihr euch bemueht den summer of resistance heiss zu halten. Daher erklaeren wir uns solidarisch mit allen die in diesen tagen den kampf gegen studiengebueuren und sozialabbau in hannover und anderswo unterstuetzen, mitgestalten und mit ihm sympathisieren!!!

Aufgepasst von uns an euch: morgen ist Direct Action Day!!!
make capitalism history!!!
smash g8!!!

Genossin wurde festgehalten

Roter Robert 05.07.2005 - 23:12
Als es die Aktion an der IGS gab wurde eine Genossin aus Bremen in die Schule vom Hausmeister hereingezert. Dort wurde sie mindesten 20 Minuten lang festgehalten und unter Druck gesetzt. Sie wurde dann aber wieder freigelassen.

Auswirkungen

Rote Zora 07.07.2005 - 16:41
Gestern morgen bekam eine Schülervertreterin der IGS Linden besuch von der Polizei.
Die Bullen schauten so gegen 11.00Uhr zum Frühstück vorbei.
die Schülerin wurde zu Strukturen und Namen befragt. Sie verweigerte jedoch jede Aussage. Die beiden Polizisten wurden zunehmend aggresiver und zogen nach einer halben Stunde entnervt ab. Einer der beiden hat die Schülervertreterin schon am Dienstag mit Billigung der Schulleitung in der Schule abgefangen.

Denkt dran, keine Aussage bei der Polizei!!

Autonomes Politfestival

Für Freiheit und Bildung

Aktueller stand an der IGS Linden

Ro. Ro. 13.07.2005 - 16:51
Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Genossinnen und Genossen,

ich möchte mich für die Anteilnahme und Solidarität bedanken, die mir in der letzten Woche zuteil wurde. Sowohl von SchülerInnen, wie auch von StudentInnen habe ich in letzter Zeit viel Unterstützung erfahren. Ich möchte an dieser Stelle das Engagement des Schulelternrates der IGS Linden ganz besonders hervorheben. Doch auch die verschiedenen politischen AktivistInnen, die mich von Anfang an unterstützt haben, sollen an dieser Stelle erwähnt werden.
Ich persönlich durfte mich gestern über einen kleinen Etappensieg freuen.
Während AktivistInnen vor dem Schulgebäude ihre Solidarität ausdrückten, konnte die Konferenz, die über meinen Rausschmiss verhandeln sollte, nicht wie geplant stattfinden. Die Schulleitung hatte drastische Formfehler gemacht und eine Einladungsfrist von weniger als vierundzwanzig stunden angesetzt.
Doch der im Moment stattfindende Kleinkrieg um Paragrafen und Formalien, sollte uns nicht daran hindern zu sehen, welchen Zweck derartige Repressionen haben und welche Wirkung sie erzielen können.
Wir leben in einem Staat, der sich nicht davor scheut, seine Polizei auf 14jährige Schülerinnen loszulassen. Es scheint in diesem Land Normalität zu sein, dass Beamte bei 16 Jährigen Hausbesuche abhalten und diese zu Strukturen und Namen befragen.
SchülerInnen müssen ihre Personalien angeben bevor sie ihre Schule besuchen.
Schulleitung und Polizei arbeiten hervorragend zusammen. Denunzieren und spitzeln sind zum alltäglichen Aufgabenbereich der Schule geworden.
Nein, wir befinden uns hier nicht in irgendeiner Militärdiktatur in Lateinamerika, sondern in der Bundesrepublik Deutschland.
Schülerinnen und Schüler, die ihren Unterricht selbst in die Hand nehmen wollen, scheinen die staatliche Sicherheit ja ernstlich zu gefährden. Emanzipiertes denken und handeln, nimmt der Staat als Angriff war und reagiert dementsprechend.
Wir sollten uns trotz aller Repressionsmaßnahmen nicht einschüchtern lassen und weiter mit Nachdruck für unsere Ziele kämpfen. Die Aktionsmöglichkeiten sind vielfältig...
Das Bildungssystem lässt sich nicht vom politischen System trennen. Die Schule ist eines der mächtigsten staatlichen Instrumente. Unbefangene, wissbegierige Kinder werden darauf gedrillt 45 Minuten ruhig und unauffällig zu sein. Ohne Rücksicht auf ihre Individualität werden sie eingeordnet, kategorisiert und bewertet. Das kindliche Wesen nimmt dabei fast zwangsläufig Schaden. Natürlich hat sich in den letzten 50 Jahren vieles verändert. Es gibt engagierte Pädagogen, die Gruppenarbeit in den Unterricht integrieren und sich nach den Interessen der SchülerInnen richten. In den Schulen werden interessante AGs angeboten und sogar hin und wieder Projektwochen durchgeführt. Doch auch von den liberalsten Lehrkräften werden Noten und Examen nicht kritisiert, sondern exekutiert.
Die Marschrichtung bleibt klar. Die Schule soll möglichst viel anpassungsfähiges Humankapital „produzieren“. Je nach Konjunkturlage sind die unterschiedlichsten Fähigkeiten gefragt.

Die Schule in ihrer jetzigen Form ist ein Verrat an der Kindheit.

Ob das Autonome Politfestival noch im Summer of Resistance oder erst im Spring of Revolution;-) stattfindet, bleibt abzuwarten...