"Summer of Resistance" in Essen

IMC-NRW/ Fusa 03.07.2005 18:07 Themen: Bildung
Nach der Räumung der Rektorate in Duisburg und Essen durch die Polizei herrscht Ratlosigkeit unter den StudentInnen. Die CamperInnen in Essen wollen noch mindestens bis zum Ende des Semesters bleiben, die Zahl der Unterstützer ist jedoch gesunken. Weitere Zeltstädte in Wuppertal, Dortmund und Bochum sind dazugekommen.
Die Polizei löste in Essen die Besetzung mit etwa einem Dutzend Zivilbeamten auf. In Duisburg kam es zu einer Räumung durch ein größeres Aufgebot der Polizei - hier auch in grün und mit voller Ausrüstung. Gegen einige der BesetzerInnen wurde Anzeige erstattet, obwohl die Räumungen als solche vollkommen friedlich verlaufen waren.

Die Pressestelle des Rektorats, sowie 2 Büros an der Essener Uni waren seit dem 23.06.05 dem Tag der Demo besetzt. Dies geschah zunächst mit der Duldung des Rektors Lothar Zechlin. Ebenso wurden die Gänge des Rekorats beziehungsweise der Verwaltung in Duisburg besetzt. Das folgende Wochenende verlief ruhig. Soli-party`s, Konzerte - sogar von Rantanplan -und Grillabende verschafften den BesetzterInnen Abwechslung.

Die Besetzungen entstanden als Folge der Demonstration. Als radikalere Aktionsform wollten die BesetzerInnen ihre Bereit-schaft zum Widerstand zeigen.
War die landesweite Demo mit etwa 6-7.000 Menschen ein relativer Erfolg, so ist die Bilanz der Besetzungen jedoch kritischer zu betrachten. Die StudentInnen in Essen setzen ihre Priorität auf eine gute Publicity in den Medien. Eine breite Unterstützung in der Bevölkerung soll so erreicht werden. Von Seiten der Demoleitung wurde jegliche Konfrontation bzw. Meinungsverschiedenheit bezüglich des Demoverlaufs mit der Polizei vermieden. Im Nachhinein waren einige Teilnehmer enttäuscht. "Die Kooperation mit der Polizei war übertrieben und in diesem Ausmaß nicht notwendig", sagte ein Teilnehmer. "Wir wollen keine Krawalle, aber auch keine Latschdemo ohne jede Spontanität."
Zu einem ähnlichen Vorfall kam es am Montag, als ein Reporter der Bildzeitung im Rektorat auftauchte und dies vermutlich auf Einladung eines/r BesetzerIn. Eine Diskussion über das Verhalten gegenüber den Medien, insbesondere der Bildzeitung folgte. Unter anderem brachten die Befürworter dieser Medienstrategie folgende Argumente vor: "Die Bildzeitung ist eine ganz normale Zeitung wie jede andere. Jede Nachricht ist eine gute Nachricht"
Die Gegner einer solchen Medienstrategie argumentierten prinzipiell. Sie verwiesen auf die populistische Art der Berichterstattung und auf die absolute Willkür der Berichte in der Bildzeitung.

Die Mehrheit der BesetzerInnen sprach sich für die Berichterstattung in der Bild aus. So veröffentlichte die Bildzeitung einen Artikel am nächsten Tag. Die Besetzungen wurden in den Medien positiv aufgenommen und auch die Bildzeitung schrieb etwas positives.

Nachdem die Besetzungen aufgelöst sind und wieder Normalität in den Alltag der Campusbesetzer eingekehrt ist, stellt sich nun die Frage was jetzt als nächstes passiert. Fragt man die CamperInnen so ist zunächst nur geplant: "das Camp wird bis zum Ende des Semesters aufrecht erhalten." Das Camp hatte sich als Ausgangspunkt von Aktionen definiert. Eine breite UnterstützerInnenbasis sollte entstehen. So verteilten die BesetzerInnen zu Beginn des Camps ein Flugblatt: "wir brauchen noch deutlich mehr Leute, die ihren Unmut über die Bildungspolitik zusammen mit uns lautstark der Öffentlichkeit zum Ausdruck bringen!" Dieses Ziel ist allerdings schon vor der Demo verfehlt gewesen. War das Interesse der übrigen Studenten am Anfang noch recht hoch, so herrscht jetzt großes Desinteresse.

Es bleibt abzuwarten, wie die nächsten Monate gestaltet werden: Die Fertigstellung der Collage mit dem Schriftzug "Summer of Resistance" fand schon ohne die Beteiligung der Essener oder Duisburger StudentInnen statt.

Der folgende Film soll nur einen kurzen Eindruck vom Camp und der Demo in Essen geben. Das Küchenzelt, das Vorlesungszelt und die Zelte der Besetzer sind zu sehen. Die Demo wird nur kurz gezeigt, da Jede/r weiß wie so etwas ausschaut.

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Ergänzungen

Senatsbeschluss

egal 03.07.2005 - 20:14
Naja ganz so ist es ja nicht. Letzten Freitag hat der Senat der Universität Duisburg-Essen folgende Resolution die von den RektoratsbesetzterInnen und Asta eingebracht wurde beschlossen:

Senat beschließt Resolution gegen Studiengebühren

Auf seiner Sitzung vom 01.07.2005 hat der Senat der Universität Duisburg-Essen folgende vom AStA vorgelegte Resolution beschlossen.

Resolution gegen die Gebührenpläne von CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen

"Hochschulausbildung [ist] ein öffentliches Gut und eine vom Staat wahrzunehmende Verpflichtung" (Präambel Berlin Kommunique 2003).
Der Senat der Universität Duisburg-Essen spricht sich gegen die Einführung von allgemeinen Studiengebühren ab dem ersten Semester aus. Bereits ab dem Sommersemester 2006 soll den Hochschulen die Möglichkeit eingeräumt werden, von den Studierenden einen "Studienbeitrag" von zunächst 500 Euro pro Semester zu erheben.
Der Senat befürchtet, dass die Einführung von Studiengebühren zu einem dauerhaften Rückzug der öffentlichen Hand aus der Hochschulfinanzierung führen wird. Zwar weisen die Regierungsparteien in ihren Verlautbarungen darauf hin, dass die "Einnahmen der Hochschulen nicht mit den staatlichen Zuwendungen verrechnet werden". Der Senat hält aber diese Aussage mit Hinblick auf den Landeshaushalt nicht für dauerhaft durchsetzbar, wie die Beispiele anderer Staaten (z.B. Australien) eindrücklich belegen.
"Eine Verbreiterung der Finanzlage der Hochschulen durch Studiengebühren konnte in den untersuchten Staaten nicht festgestellt werden, da sich die öffentliche Hand in diesen Staaten jeweils in gleichem Maße aus ihrer finanziellen Beteiligung zurückzog", so das Ergebnis einer vom Deutschen Bundestag in Auftrag gegebenen Studie (Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Februar 2004). Die Gewährleistung und Planungssicherheit von Forschung und Lehre würde in einem solchen Fall noch stärker von ihrer wirtschaftlichen Rentabilität abhängig gemacht. Im Zusammenhang mit der geplanten Änderung der Struktur und der Rechtsform der Hochschulen ergibt sich ein bildungspolitisches Szenario, dass der Senat nicht unterstützen kann.
Das angedachte Tempo der Einführung lässt darauf schließen, dass die Landesregierung keinen Wert auf eine angemessene Einbeziehung der Hochschulen und Studierenden in den Gesetzgebungsprozess legt. Der Senat fordert die Landesregierung auf, bei allen Gesetzesänderungen, die das Hochschulwesen betreffen, Hochschulen, Angestellten und Studierenden ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Beratung mit dem Gesetzgeber einzuräumen. Bevor die Hochschulen Stellungnahmen abgeben, sind in jedem Fall ihre Gremien zu hören. Eine Hochschulpolitik, ohne ausreichende Debatte mit den Hochshculen und deren Mitglieder muss ihr Ziel verfehlen und schadet der Hochschullandschaft NRW nachhaltig.
Laut der CDU, dürfen sozial Benachteiligte durch die Einführung der Gebühren nicht von der Aufnahme eines Studiums abgehalten werden; jedoch fehlt in den Planungen die Benennung konkreter Maßnahmen zur Gewährleistung dieser vom Bundesverfassungsgericht geforderten Notwendigkeiten. Die vage Forderung nach sozial gerechter Ausgestaltung des Gebührenmodells steht im Gegensatz zu den vorgetragenen Gestaltungsplänen und zum angedachten Zeitpunkt ihrer Umsetzung. Der Koalitionspartner macht hierzu ebenfalls keine Angaben, er schließt vielmehr einen Erlass der Gebühren für BAFöG-Emfpfängerinnen und -Empfänger kategorisch aus.
Staatliche und private Kreditsicherungs- und/oder Stipendiensysteme hält der Senat für unzureichend und undifferenziert. Einerseits bleibt die Frage offen, wie das Land, ohne die öffentliche Finanzierung der Hochschulen zu reduzieren, die notwendigen Mittel für Stipendien aufbringen soll (bei staatlichen Stipendien müssten diese zusätzlich zum BAföG erfolgen), und wie andererseits ein privatwirtschaftliches Kreditsystem mit entsprechenden Zinssätzen die Abschreckungswirkung von Studiengebühren verhindern kann.
Der Zugang zu Bildung hängt in Deutschland bereits jetzt mehr als in anderen Ländern maßgeblich von der sozialen Herkunft ab, wie die 17. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks und weitere sozialwissenschaftliche Studien eindrücklich darlegen. Lediglich 11% der Studierenden an deutschen Hochschulen stammen aus bildungsfernen Schichten - halb so viele wie noch 1982 (23%). Hinzu kommt, dass die Bildungsbeteiligung der "mittleren Schichten" ebenfalls von 49% auf 29% gesunken ist. Die Bereitschaft, sich zu verschulden, ist, wie empirisch vielfach belegt wurde, bei sozial schwächer gestellten Menschen wesentlich geringer. Studiengebühren und die damit einhergehende Verschuldung erhöhen somit die Selektivität des deutschen Bildungssystems und wirken nicht nur der langfristig angestrebeten Erhöhung der Studierquote, sondern durch die zusätzliche entstehende Arbeitslast zur Finanzierung des Lebensunterhalts auch der Verrringerung der Studiendauern diametral entgegen.