Kriminalisierung der Mfs-Proteste in Marburg

Kai Neburschen 29.06.2005 12:21 Themen: Antifa Repression
In diesem Jahr erreicht die Kriminalisierung des Widerstandes gegen den Marburger Marktfrühschoppen eine neue Form, die sonst nur bekannt ist von Großevents und Gipfeltreffen. Anstatt Ausreiseverboten spricht die Marburger Ordnungsbehörde neuerdings - schon Tage vor dem Ereignis selbst - Verbote für Einzelne aus, den Marburger Marktplatz zu betreten. Diese erreichten einige Betroffene per Post.
Nicht neu ist, dass in Marburg alljährlich am ersten Juni-Wochenende der Marktfrühschoppen als "Kürzestes Volksfest Deutschlands" zelebriert wird. Nicht neu ist, dass es sich dabei, um eine reaktionäre, elitäre und völkisch-nationale Veranstaltung handelt, gegen die seit Jahren lautstark protestiert wird. Auch nicht neu ist, die Kriminalisierung des Widerstandes einerseits und die polizeiliche Abriegelung des Marktplatzes andererseits. Diesen dürfen jene nicht betreten, die ihrem Protest vor Ort Ausdruck geben wollen und jene denen dies anhand von willkürlich gewählten äußerlich Kriterien bloß unterstellt wird. Dabei bleibt festzustellen, dass die dabei von PolizistInnen und Korporierten ausgehende Gewalt, alljährlich dem Widerstand angelastet wird.

In diesem Jahr erreicht die Kriminalisierung des Widerstandes eine neue Form, die sonst nur bekannt ist von Großevents und Gipfeltreffen. Anstatt Ausreiseverboten spricht die Marburger Ordnungsbehörde neuerdings - schon Tage vor dem Marktfrühschoppen selbst - Verbote für Einzelne aus, den Marktplatz zu betreten. Diese erreichten einige Betroffene per Post. Hierin wurde ihnen eine Beteiligung bei "polizeibekannten Vorfällen beim Marktfrühschoppen 2004" unterstellt sowie die Vermutung geäußert, dass sie in diesem Jahr gegen den Marktfrühschoppen zu protestieren beabsichtigen. Hiermit wird nicht nur wie bisher das Grundrecht auf Meinungsfreiheit, sondern nun auch das Grundrecht auf Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Diese neue Qualität der Kriminalisierung von GegenerInnen des Marktfrühschoppens darf nicht hingenommen werden. Deshalb kommt massenhaft am 03.07.2005 um 11.00 Uhr zum Marburger Marktplatz und protestiert gegen den Marktfrühschoppen.

fight völkische feste
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

stellung nehmen?

antifa kop. 29.06.2005 - 13:57
bringt es überhaupt was gegen so ein verbot, den platz zu betreten, einspruch einzulegen? das ist auf jeden fall ein neues instrument in sachen repression, ohne ihre eigenen rechtsstaatlichen grundlagen.

null toleranz für marburg!
marktfrühshoppen verhindern!

Widerspruch

egal 29.06.2005 - 15:59
Ein Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung.
Also kann man ihn auch sein lassen.

Ein Platzverweis ist ein rechtstaatliches Mittel, warum sollte dies nicht so sein?

.....

..... 29.06.2005 - 16:30
natürlich lässt man den widerspruch NICHT sein! und stellt auch noch einen eilantrag beim verwaltungsgericht (auf anordnung/feststellung der aufschiebenden wirkung). und macht hinterher baldigst eine fortsetzungsfeststellungklage anhängig!
aufenthaltsverbote in anderen bundesländern sind "umfangreich" begründet. ml war da mal wieder zu blöde, trotz neuem juristen ex-asta bürgermeister oder was?

Widerspruch!

lea 29.06.2005 - 16:42
Mensch kann aber Widerspruch gegen den sofortigen Vollzug, also die 'nicht aufschiebende Wirkung' einlegen (und gleichzeitig gegen die Sache selbst). Contact your local Rechtshilfegruppe!

im Falle eines Platzverweises

sancho pansa 29.06.2005 - 18:17
Falls das ganze nicht von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich gehandhabt wird ist hier ein nützlicher Link für den Fall von ungerechtfertigten Platzverweisen incl. pdf-Formularen für einen Widerspruch gegenüber dem/der verweisendenN BeamtIn und der polizeilichen Rechtsabteilung.
www.schanzenturm.de dann auf den Button "Platzverweise".

und noch was krasses...

abd 29.06.2005 - 22:11
gestern gelesen, [siehe link]
völlig krass. unglaublich sozusagen. marburger presse...

etwas ähnlich

30.06.2005 - 01:03
auch wenn nicht direkt vergleichbar, aber vielleicht beim juristischen vorgehen gegen diese neuen "gefährderanschreiben" nützliche erfahrungen aus göttingen:

gefährderanschreiben war rechtswidrig

Vor dem EU-Gipfel 2001 in Brüssel hat der Göttinger Staatsschutz an 13 Personen sogenannte Gefährderanschreiben verschickt. Ziel: die Leute sollten mit Drohungen von der Teilnahme an den Demos abgehalten werden. Heute hat einer der damals Betroffenen einen juristischen Erfolg erzielt: das Verwaltungsgericht Göttingen erklärte das an ihn gerichtete Schreiben für rechtswidrig. Vor gut zwei Jahren sorgte eine ungewöhnliche polizeiliche Maßnahme in Göttingen bundesweit für Schlagzeilen. Die Staatsschutzabteilung der Polizeiinspektion hatte an 13 Personen sogenannte "Gefährderanschreiben" verschickt. Ihnen wurde abgeraten, an einer Demonstration in Brüssel teilzunehmen, sonst drohten ihnen "polizeiliche Maßnahmen" oder die Zurückweisung an der belgischen Grenze. Begründet wurde diese Maßnahme damit, dass die Betroffenen auf Demonstrationen polizeilich in Erscheinung getreten seien. Jan Steyer, einer der Angeschriebenen hat jetzt gegen die Staatsschutzmaßnahme geklagt. Er sah sich in seinen Grundrechten eingeschränkt und wollte das Gefährderanschreiben vom Verwaltungsgericht für rechtswidrig erklären lassen - überraschenderweise hatte er damit Erfolg.

Die Bezirksregierung Braunschweig -Aufsichtsbehörde der Göttinger Bullen - war als Beklagte gar nicht erst zu dem heutigen Termin erschienen. Bereits im Vorfeld hatte die Behörde keinen Sinn in einer Hauptverhandlung gesehen und der zuständige Vertreter ließ der Vorsitzenden Richterin heute auf Anfrage erklären, er habe andere Termine. Jan Steyer, zum Zeitpunkt der Gefährderanschreiben Student in Göttingen, nutzte als Kläger die Hauptverhandlung dennoch dazu, seine Sicht der Dinge vorzutragen.

Das Anschreiben habe ihn von der Teilnahme an der Demonstration abgehalten. Er sei nicht nach Brüssel gefahren, weil er sich keinen polizeilichen Maßnahmen aussetzen wollte, die als ?subtile Drohung" in dem Schreiben enthalten seien. Damit sei sein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit sowie sein von der Verfassung garantiertes Recht auf Freizügigkeit verletzt.

Johannes Hentschel, Anwalt des Klägers, hielt das Anschreiben deshalb für rechtswidrig. Eine Einschränkung der Grundrechte sei rechtlich nur zulässig, wenn von seinem Mandanten tatsächlich eine Gefahr für die öffentliche Ordnung ausgehe. Steyer sei jedoch niemals verurteilt worden. Die Verfahren, wegen denen er in einer sogenannten Gewalttäterdatei geführt werde, seien alle mittlerweile eingestellt.

Das Gericht schloss sich in seinem Urteil der Argumentation von Steyer und Hentschel weitgehend an. Tatsächlich erklärte es das Gefährderanschreiben für rechtswidrig. Es habe einen Eingriff in Steyers Grundrechte dargestellt, der nicht gerechtfertigt war, weil es für ein Gefährderpotential keine ausreichenden Hinweise gebe.

Interessant sind die möglichen Auswirkungen des heutigen Urteils auf die Datei "politisch motivierte Straftäter links". Immerhin hat heute ein deutsches Gericht festgestellt, dass dort auch nicht-Gewalt- oder Straftäter geführt werden. Die Implikationen dieser Entscheidung wären aber Gegenstand eines anderen Prozesses.

[indymedia.de, von prozessbeobachter - 27.01.2004 17:16]

Nein, du bist nicht mein Vater!

. 01.07.2005 - 20:18
1. Welches Geschichtsverständnis ist denn hier zu erkennen? Ich kann mir höchstens vorstellen, dass mangelnde Auseinandersetzung mit dem NS gemeint sein könnte. Dazu: ja, der Stil des plakates könnte besser sein. NS-Vergleiche sind aber Quatsch. Ein Fest als Scheiße zu bezeichnen (und mehr ist nicht geschehen) und zu sagen, dass es weg muss, hat mit NS eher weniger zu tun. (Zumal es um ein Fest geht, auf dem gegnerInnen tatsächlich bedroht werden und sich Sprüche anhören müssen wie "Dir sollte man den kopf rasieren und dich ins Lager stecken!")

2. Was ist schlimm am Häuserbesetzen?

3. Mir egal, ob "mensch" formal Sinn macht oder nicht. Der Zweck einer solchen Wortwahl ist, mit Sprache zu verwirren und so einen Denkprozess einzuleiten und auf unhinterfragte Grundannahmen des politischen und Alltagsdenkens hinzuweisen, eben die Setzung des sog. "Menschen an sich" als Mann.

4. Mir ist kein Fall bekannt (mag sein, dass es die gibt, aber das ist wohl nicht die Regel), in dem ein Korporierter von Linken ernsthaft bedroht wurde. Mensch demonstriert gegen sie, schmeißt sie auch mal aus einer linken Kneipe, versucht sie lächerlich zu machen und zeigt ihnen, was mensch von ihnen hält, aber eine ernsthafte Bedrohung kommt doch nun wirklich nicht vor!

5. Wer zwingt dir denn eine Meinung auf? Der MFS ist de facto ein politikum. Wo politisch gehandelt wird, da gibt es auch Protest. Dazu magst du stehen, wie du willst. Aber protest ist etwas anderes als das Aufzwingen von Meinungen. Ja, ich heiße es gut, korporiertes Denken zurückzudrängen und fordere die Auflösung der Verbindungen. Aber dir meinen Standpunkt aufzwingen zu wollen, wäre lächerlich, das versucht doch auch niemand.

6. Das standhafte Aushalten von Schmerz, verbunden mit einer spezifischen Vorstellung von Männlichkeit, das System von Unterordnung und das "Sich unterwerfen, um andere zu unterwerfen" ist keineswegs rein individuell zu betrachten. In welchem Kontext handeln Menschen denn so? Wie kommt es, dass sie sich so etwas freiwillig antun? Die Antworten sind zwangsläufig politisch. Und wenn die Vorstellung einer besseren Welt eben unter Anderem bedeutet, dass Menschen frei sind von Schmerz, von dem Zwang nach eiserner Disziplin, wenn das Ziel eine Welt ohne Gewalt ist, dann sind solche Rituale scharf zu kritisieren; in Korporationen, im Militär und im Kleingärtner-Verein (und sonst überall).

So wird friedlicher Protest gemacht!

Dr. Arnold 06.07.2005 - 15:32
So sieht also Eure "besser Welt aus...


POL-MR: Marburger Marktfrühschoppen

03.07.2005 - 16:15 Uhr
Marburg-Biedenkopf (ots) - Marburger Marktfrühschoppen

Marburg: Nach polizeilichen Schätzungen besuchten etwa 1200 Gäste
den diesjährigen Marktfrühschoppen. Darunter befanden sich gut 200
Veranstaltungsgegner, die ihren Unmut über das zwischen 11 und 14 Uhr
stattfindende kürzeste Volksfest Deutschlands durch rhythmisches
Klatschen, lautes Zwischenrufen und wiederholtes, anhaltendes Pfeifen
mit und ohne Hilfsmittel äußerten.
Diese Meinungsäußerung bei dem für jeden öffentlichen Fest erforderte
keine über die nach aktuellen Vorfällen im Vorfeld notwendigen,
selektiv durchgeführten Vorkontrollen hinausgehenden polizeilichen
Maßnahmen.
Zwischendurch zeigen die Kritiker neben ihren bedruckten T-Shirts und
Regenschirmen große Transparente, die sie nach entsprechender
polizeilicher Aufforderung sofort wieder einrollten. Nichts von
alledem enthielt einen strafbaren Inhalt.
Am Rand des Marktes versammelten sich zwei kleinere Gruppen, die
Plakate, Fahnen und zusätzliche Transparente - auch hier ohne
strafrechtliche Relevanz -trugen.
Die Spontandemonstranten erhielten und befolgten die von der
Versammlungsbehörde der Stadt Marburg erteilte Auflage, den
Marktplatz als Versammlungsort zu meiden und die Marktgasse oder die
Reitgasse zu nutzen.
Um 13.15 Uhr schlossen sich die Veranstaltungsgegner zusammen und
verließen gemeinschaftlich den Festplatz. Der Aufzug zog über die
Barfüßer Straße, Am Plan und die Gutenbergstraße hinunter zum
Collegium Gentium und löste sich dort langsam auf.
Insgesamt führte die Polizei etwas über 200 Personenüberprüfungen
durch.
Sie erteilte 13 Platzverweise und stellte aus gefahrenabwehrenden
Gründen 12 Trillerpfeifen, 2 Trikots, 1 Plakat und einmal Reizgas
sicher.
Bis 16 Uhr ereigneten sich keine anschließenden Auseinandersetzungen
zwischen den Befürworten und Gegnern des Marktfrühschoppens.

Im Vorfeld des Marktfrühschoppens kam es zu mehreren Übergriffen
auf Verbindungshäuser und deren Mitglieder. Neben verschiedenen
Sachbeschädigungen durch Farbschmierereien ermittelt die Polizei nach
der Nacht zum Samstag, dem 02. Juli wegen mehrerer
Körperverletzungen.
So fahndet die Polizei nach einem etwa 25 - 30-jährigen 180 bis 190
cm großen Mann mit kräftiger Statur. Der Gesuchte und ein nicht
beschriebener Begleiter griffen gegen 00.45 Uhr unvermittelt von
hinten zwei Männer im Alter von 63 und 64 Jahren an.
Die Besucher aus Achim bzw. Kierspe erhielten jeweils einen Schlag
gegen den Kopf bzw. gegen die Schulter. Einer büßte dabei die Mütze
seiner Studentenverbindung ein.
Zwischen 03 und 04 Uhr gab es vier weitere Vorfälle im Bereich
Ritterstraße/ Barfüßer Tor.
Zunächst klingelten vermummte, mit einem Stock ausgerüstete Gestalten
an einer Haustür. Später traktierten sie diese Tür, die man ihnen vor
der Nase wieder zuschlug, sodass dabei eine Glasscheibe zu Bruch
ging.
Zehn Minuten danach löste sich in der Ritterstraße ein ca. 20 Jahre
alter, 180 cm großer Mann mit sportlicher Figur, blonden Haaren und
schwarzem Kapuzenpulli aus einer Gruppe von etwa sechs Personen, ging
auf ein 23-jähriges Mitglied einer Verbindung zu, trat ihn und
flüchtete danach.
An der Ritterstraße/ Landgraf- Philipp- Straße auf sein Taxi wartend,
kam gegen vier Uhr ein Mann vom Kalbstor auf das 30-jähriges Mitglied
einer Verbindung zu und forderte ihn auf zu verschwinden. Das
Unterlassen, dem Ansinnen zu folgen, quittierte der unbekannte ca.
190 bis 195 große, sportlich schlanke, nicht älter als 30 Jahre alte,
dunkel gekleidete Mann mit dem Diebstahl der Mütze und einem Schlag
ins Gesicht.
Dazwischen, gegen 03.30 Uhr passierte die schwerwiegendste
Körperverletzung.
Ein 29-jähriger Mann aus Wetter erhielt während einer
Auseinandersetzung mit zwei bis drei Personen vor einem
Gastronomiebetrieb an der Schlosstreppe mit einer Bierflasche einen
Schlag gegen den Kopf. Die erhaltenen Verletzungen erforderten eine
medizinische Versorgung im Krankenhaus.
Eine Personenbeschreibung dieser Täter liegt nicht vor.

Die Ermittlungen in diesen Fällen dauern alle an.
Ob es sich in allen Fällen um den bzw. die gleichen Täter handelt,
steht zur Zeit nicht fest. Die Opfer gehörten verschiedenen
Verbindungshäusern an.
Hinweise nimmt die Polizei Marburg; Tel.: 06421/406-0 entgegen.

Martin Ahlich


ots Originaltext: Polizeipräsidium Mittelhessen

Digitale Pressemappe:
 http://www.polizeipresse.de/p_story.htx?firmaid=43648

Rückfragen bitte an:

Polizeipräsidium Mittelhessen
Polizeidirektion Marburg-Biedenkopf
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Telefon: 06421-40 61 20
Fax: 06421-40 64 53
E-Mail:  pressestelle@pp-mh-pd-marburg-biedenk.de

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 7 Kommentare an

RE abd — Klatschmohn

@. — Anakin

Des Weiteren... — Anakin

Achso — Anakin