US-Tierrechtler wegen Terrorismus vor Gericht

SHAC 28.06.2005 19:23
In den USA begann am 1. Juni der Prozess gegen sieben Tierrechtler der globalen Kampagne SHAC gegen das zweitgrößte Tierversuchsauftragslabor der Welt, Huntingdon Life Sciences HLS. Zum ersten Mal wird in den USA das Terrorismusgesetz "animal enterprise terrorism act" von 1992 angewandt. Den Tierrechtsaktivisten wird vorgeworfen, auf der Website www.shacamerica.net zu Protesten gegen das Tierversuchsauftragslabor HLS aufgerufen zu haben. US-Behörden erklärten nach einigen Erfolgen der Tierrechtsbewegung diese mittlerweile zur "größten terroristischen Bedrohung Amerikas". Die SHAC-Aktivisten sehen die Meinungsfreiheit in den USA eklatant verletzt und rufen zu globalen Protesten auf.
Die US-Regierung und ihr "Krieg gegen politisch Andersdenkende"

Die USA stellt sechs Tierrechtler unter
Terrorismusverdacht und vor Gericht

Tierrechts- und Bürgerrechtsorganisationen rufen weltweit zum Protest auf -
Demos in Deutschland angekündigt


28. Juni 2005

Was hätte die Umweltschutzbewegung in der BRD erreicht ohne Ankettungsaktionen vor atomaren Wiederaufbereitungsanlagen, was die Frauenwahlrechtskampagne in England ohne die Stürmung des Parlaments, was die Sklavenbefreiung in den USA ohne das Underground Railroad-System. Jede soziale Bewegung, die gegen existentielle Gefahren und gegen schweres Unrecht kämpfte, hat einst Druck gegen die institutionelle Gewalt ausüben müssen, hat eigene Methoden entwickelt, um erfolgreich soziale und politische Gerechtigkeit herzustellen.
In den USA gelten oben genannte Protestformen – obwohl von den dort lebenden Menschen als selbstverständlich anerkannt – als "innerstaatlicher Terrorismus", als einen "Angriff auf den Staat". Jedenfalls dann, wenn sich die Proteste gegen Unternehmen richten, die Tiere quälen, foltern, umbringen. In den USA wurde am 26. August 1992 von der Öffentlichkeit unbemerkt ein Bundesgesetz erlassen, das den Titel "Animal Enterprise Protection of 1992" (Public Law 102-346) trägt (s. z.B  http://www.nal.usda.gov/awic/legislat/pl102346.htm). Ein "Animal Enterprise", so verrät das Gesetz, ist jedes Wirtschaftsunternehmen und jede wissenschaftliche Einrichtung und jede Messe und vergleichbares, die Tiere als 'Wirtschaftsgüter' und 'Versuchsmodell' benutzt, also Tierversuchslabore, Zirkusse, Schlachthöfe, Mastanlagen usf. Nach § 43. "Animal enterprise terrorism", macht sich jeder des Terrorismus schuldig, der erfolgreich oder erfolglos versucht, den reibungslosen Betrieb des Unternehmens oder der Einrichtung physisch zu stören und diesem Unternehmen oder dieser Einrichtung wirtschaftlichen Schaden zuzufügen. Jeder Mensch, der sich für Tiere engagiert und sie vor Gewalt – meist ausgeübt durch Unternehmen und Labore – schützen möchte, wird in den USA folglich als Terrorist verfolgt. Denn was bedeutet 'Schutz' sonst, als die Beendigung der Gefahren, die für Leib und Leben – hier tierlicher Lebewesen – ausgehen? Und da alle Demonstrationsmittel – immer – physische Erscheinung haben (so etwa ein Plakat in seiner physischen Gestalt als das, was wir als 'Plakat' bezeichnen) und auch physische Auswirkung auf die Umwelt haben (indem es z.B. getragen wird, angelehnt wird etc.), sind hier alle Demonstrationsmittel als geeignet zu bezeichnen, "physical disruption" zu bewirken, auch wenn das Gesetz hier jene ausnimmt, die gesetzesmäßig sind, was jedoch hiermit Auslegungssache der Gerichte wird.

Die Tierausbeutungsindustrie ist die umsatzstärkste Industrie weltweit. Wie in allen Ländern, so hat der Schutz der Wirtschaft Priorität bei den staatlichen politischen Akteuren und genießt immer mehr uneingeschränkten Schutz durch die Gesetzgebung und Rechtsprechung. Die politische Ausschaltung der Gegner der Tierausbeutung in den USA über die "War against Terror"-Kampagne ist jedoch eine Entwicklung, die in den USA nicht nur die Tierrechtsbewegung, sondern auch Bürgerrechtsgruppierungen alarmiert. Gegen fünf Tierrechtler und eine Tierrechtlerin führt die Staatsanwaltschaft in Trenton, New Jersey, seit dem 1. Juni einen Prozess unter Berufung auf "Animal Enterprise Terrorism". Den jungen TierrechtlerInnen wird vorgeworfen, auf der Website www.shacamerica.net dazu aufgerufen zu haben, Emails und Faxe (!) an solche Unternehmen zu schicken und gegen solche Unternehmen zu protestieren, die mit dem zweitgrößten Tierversuchsauftragslabor der Welt, Huntingdon Life Sciences HLS, Geschäfte machen. Ihnen drohen bis zu 23 Jahre Haft und ein Bußgeld in Höhe von US$ 1,250,000.

SHAC steht für Stop Huntingdon Animal Cruelty und ist der Name einer globalen Tierrechtskampagne gegen das Tierversuchsauftragslabor Huntingdon Life Sciences HLS, in dem täglich etwa 500 Tiere in Versuchen umgebracht werden und 70.000 Tiere – aller Arten – gefangen gehalten werden (Infos siehe  http://www.shac.net/HLS/index.html). Seit dem Start der Kampagne in England 1999 erreichte die Kampagne, dass zahlreiche Geschäftskunden von HLS ihre Geschäftsbeziehungen abbrachen und die Aktie des Tierfolterlabors in den Keller sank. HLS arbeitete – mehr als zuvor – unwirtschaftlich, stand vor dem Aus. Dies rief weltweit Tierausbeutungsunternehmen auf den Plan. Sollte die Kampagne SHAC Erfolg haben, so sahen sie auch ihr Unternehmen als gefährdet an. Der Druck auf die Regierungen wuchs, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Nachdem jedoch alle Bemühungen, die Kampagne zu stoppen, ohne Erfolg blieben, zog Huntingdon Life Sciences mit seinem Geschäftssitz (ehemals UK) um in die USA, um dort anlässlich des besseren Schutzes vor Protest, zukünftig reibungslos ihren Geschäften nachgehen zu können. Doch die SHAC Kampagne nahm an Zahl der Unterstützer und Aktionen in den USA seit diesem Umzug zu. Kaum ein Tag verging, an dem nicht Demonstranten ihre Transparente vor Kunden von HLS ausrollten, Flugblätter in den Geschäftsräumen auslegten oder Protestmails, -faxe, -briefe schrieben. Warum nicht das gleiche Mittel gegen Abweichler und Unbeugsame und lästige Kritiker im eigenen Land einsetzen, das doch schon im Kampf gegen politische Gegner aus anderen Ländern wirkte, mag sich da wohl die Bush-Regierung gedacht haben und erklärte prompt die Tierrechtsbewegung zu "America's most dangerous terrorist threat".

Zugegeben, wäre die Tierrechtsbewegung erfolgreich, Amerika – wie auch alle anderen Staaten - würde anders aussehen: anstatt tierlicher Körper zwischen dem Big Mac nunmehr pflanzliches Protein; in den ehemaligen Tierfabriken finden emanzipatorische Gruppen Raum zur Vorbereitung ihrer politischen Kampagnen; in die alten Zirkuszelte ziehen Kulturcafes ein; dort, wo täglich Millionen von Tieren die Kehle durchtrennt oder der Kopf zertrümmert wurde, … nein, manche Orte müssen wohl später als Gedenkstätten uns an den Terror gegen Tiere erinnern. Aber ist die Tierrechtsbewegung eine Bedrohung von Staaten? Sie 'bedroht' Institutionen, die Gewalt gegen Tiere ausüben oder diese unterstützen in ihrer Existenz und in dem Sinne, dass sie für ein Ende dieser Gewalthandlungen kämpft – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und nicht mehr, aber auch nicht weniger, als alle anderen emanzipatorischen Bewegungen zuvor legitimen Widerstand gegen Unrecht ausübten, das von der Gesellschaft zu bestimmten Zeiten und unter bestimmten Umständen einfach nicht mehr zu übersehen war. Spätestens seitdem Videoaufnahmen aus Undercoverrecherchen bei HLS sichtbar machten, dass Beagleswelpen von HLS-Mitarbeitern verprügelt wurden, wenn sie in Versuchen schrieen und sich zu wehren versuchten, war dieses von HLS begangene Unrecht nicht mehr übersehbar. Wenn eine Regierung dieses Unrecht deckt und einen bestimmten Wirtschaftszweig – hier: die Tiernutzungsbetriebe – vor legitimen Protesten schützt und dieses Vorgehen als "Staatsschutz" bezeichnet, stellt sie die Legitimität ihres eigenen Handelns in Frage und bedroht damit die Grundsätze, auf denen die staatliche Gemeinschaft gründet.
Meinungsfreiheit, Demonstrationsfreiheit sind kein lästiges Relikt vergangener sozialer und politischer Kämpfe. Die Tierrechtsbewegung macht deutlich, dass die tierlichen Opfer im Kampf um Rechte und Freiheit vergessen wurden; und aktuelle Probleme um soziale Gerechtigkeit in anderen Bereichen bedrohen einst errungene Rechte und Freiheiten. Ein so weit reichendes Protestverbot für die Tierrechtsbewegung wie in den USA ist Teil eines generellen Angriffs auf die Bürgerrechte in den USA.

Aus Solidarität mit der Tierrechtsbewegung in den USA und insbesondere mit SHAC7 sind vom 26. Juni bis 3. Juli weltweit Proteste angekündigt. In der BRD finden ebenfalls Demonstrationen statt.

Weitere Infos unter:
www.shac7.com und www.shacamerica.net und www.shac.net
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Ergänzungen

Demotermine

VeganWarrior 28.06.2005 - 21:17
donnerstag 30. juni
10:30-13:00 uhr, Willi-Becker-Allee 10
hinter dem Hauptbahnhof Düsseldorf, Ausgang Bertha-von-Suttner-Platz (vor der Stadtbücherei den rechten Ausgang nehmen; Generalkonsulat ist in Nähe der Justizbehörden)

 http://www.tierrechtstermine.de/modules.php?op=modload&name=Kalender&file=index&type=view&eid=1252


 http://www.tierrechtstermine.de/modules.php?op=modload&name=Kalender&file=index&type=view&eid=1253


kommt alle zahlreich!!!!

und natürlich auch am 9.juli nach münster auf die demo gegen das Tierversuchslabor Covance...

freut euch es wird wohl einen Antikapitalistischen Block geben!!!

Wann?

Z-A-KENTIER 29.06.2005 - 12:08
So n scum, ist am 9.Juli nicht auch Gera?!
Da kann man sich ja kaum entscheiden!

weiterer Demotermin

shac 29.06.2005 - 15:36
Demotermin in München zur SHAC7-Soliwoche:

Freitag, 01.07.2005
15.00 Uhr bis 18.00 Uhr
beim HLS-Kunden GlaxoSmithKline
Theresienhöhe 11
80339 München
Tel. 089/360 44-0
Fax 089/360 44-8000

Die globalen Demotermine erhält man, wenn man den newsletter von SHAC7 abboniert unter  http://www.shac7.com

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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YEAH! — liberal animation

shac germany — wurzel

upsala — VeganWarrior