Nazis unter lautstarker Begleitung in Erfurt

Black Red Press 26.06.2005 00:17 Themen: Antifa Medien
(brp) Am 25.06.05 stellten sich über 1000 Menschen gegen den Aufmarsch von etwa 250 Neonazis in Erfurt.
Bereits um 8:00 Uhr begann der Tag mit einem „Frühstück gegen rechts“ auf dem Anger. Ca. gegen 11:30 Uhr begab sich eine Spontandemonstration von ca. 300 Leuten auf die Route der Nazis und blockierte sie. Die Neonazis mussten über 2 ½ Stunden auf ihrem Startpunkt warten. Später entschloss sich die Polizei die Neonazidemo über eine Nebenstraße umzuleiten, um die angemeldete Route noch einigermaßen umzusetzen.
Auf dem Domplatz besetzten einige Antifaschisten den eingezäunten Platz der Nazis, was eine sehr unsanfte Räumung zur Folge hatte. Insgesamt fanden sich auf dem Domplatz über 1000 Menschen ein um die Abschlusskundgebung von allen Seiten zu übertönen
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Ergänzungen

Pressemeldungen

Zeitungsleser 26.06.2005 - 00:44
 http://derstandard.at/?url=/?id=2091664

Erfurter Bürger wehren sich gegen NPD-Aufmarsch
Mit Trillerpfeifen, Trommeln und einer Menschenkette um die Synagoge

Erfurt - Mit Trillerpfeifen, Trommeln und einer Menschenkette um die jüdische Synagoge haben am Samstag Erfurter Bürger - nach Schätzung der Polizei waren es 1.000 - gegen einen Aufmarsch der rechtsextremistischen NPD protestiert. Nach Polizeiangaben zogen 241 NPD-Anhänger durch die Stadt; angemeldet waren 400. Fünf Gegendemonstranten wurden wegen Beleidigung von Polizeibeamten vorläufig festgenommen; die Polizei sprach elf Platzverweise gegen Vertreter der linken Szene aus. Im rechten Spektrum gab es eine vorläufige Festnahme wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz.

Der Aufmarsch war durch ein enormes Polizeiaufgebot von Beamten aus Bayern, Nordrhein Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen geschützt worden. Ein Polizeihubschrauber kreiste über der Stadt.

Eierwürfe

Wie Polizeisprecherin Heike Langguth mitteilte, war der Zug, der sich wegen einer Blockade erst mit knapp zwei Stunden Verspätung nach 14.00 Uhr in Bewegung setzen konnte, mehrmals ins Stocken geraten. Eine zweite Blockade durch Vertreter der Erfurter Bürgerschaft und Anhänger des linken Spektrums sei umgangen worden, indem man die geplante Route verlassen und einen anderen Weg genommen habe, sagte Langguth. Während einer Kundgebung auf dem Theaterplatz seien aus einer Gruppe von etwa 50 jugendlichen Gegendemonstranten Eier auf die NPD-Anhänger geworfen worden, hieß es.

Der Aufmarsch war von der Stadt zunächst verboten worden. Das Verwaltungsgericht Weimar hatte das Verbot mit Auflagen wieder aufgehoben und der Stadt Mangel an Neutralität gegenüber den Anmeldern der Demonstration vorgeworfen. Zu den Auflagen zählte eine geänderte Route, die den Kern der Innenstadt auslassen musste.

Auf dem Fischmarkt vor dem Rathaus tagte der Erfurter Stadtrat gegen Mittag öffentlich. Danach beteiligten sich Oberbürgermeister Manfred Ruge (CDU) und die Mitglieder des Stadtrates an einer Menschenkette um die Synagoge. Gewerkschaften, der DGB und die in Erfurt erscheinende Zeitung "Thüringer Allgemeine" hatten zuvor aufgerufen, "die Nazis mit Trillerpfeifen aus der Stadt zu pfeifen". (APA/AP)

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 http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1119547132092&openMenu=101%203016724320&calledPageId=1013016724320&listid=1018881%20578370

Extremismus

Hunderte Erfurter protestieren gegen Rechts
Zahlreiche Aktionen Bis zu 300 Menschen beteiligen sich an einer Sitzblockade

erstellt 25.06.05, 18:13h

Protest gegen einen NPD-Aufmarsch
Polizisten halten am Samstag (25.06.2005) in Erfurt eine junge Frau zurück, die lautstark ihren Protest gegen einen NPD-Aufmarsch bekundet. (Foto: dpa)

Erfurt/dpa. Hunderte von Erfurtern haben am Samstag mit vielfältigen Aktionen in der Thüringer Landeshauptstadt gegen einen NPD-Aufmarsch von rund 200 Anhängern demonstriert. Die Proteste verliefen nach Angaben der Polizei, die mit einem Großaufgebot im Einsatz ist, bis zum Nachmittag friedlich. Bis zu 300 Menschen beteiligten sich an einer Sitzblockade. Vor der Erfurter Synagoge bildete sich symbolisch eine Menschenkette. Gegendemonstranten brachten mit Trillerpfeifen und Sambatrommeln lautstark ihren Protest gegen den Marsch der NPD-Anhänger durch Erfurt zum Ausdruck.

Der Erfurter Stadtrat kam unter freiem Himmel zu einer öffentlichen Sitzung zusammen. Am Rathaus wurde ein großes Transparent mit der Aufschrift «Erfurt zeigt dem Schmutz die Rote Karte» entrollt. Auch zahlreiche Kirchen, darunter der Dom, waren mit weißen Fahnen behängt, die ein NS-Hakenkreuz im Papierkorb zeigten. Auf zentralen Plätzen in der Innenstadt wurde mit einem bunten Straßenfest, Infoständen und einem Frühstückspicknick gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit mobil gemacht.

Das Verwaltungsgericht hatte das Verbot der NPD-Kundgebung in Erfurt aufgehoben, jedoch eine Route außerhalb der Innenstadt festgelegt.

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 http://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/2020753.html

Proteste
Friedliche Blockade behindert NPD-Demo in Erfurt

Rund 1.000 Menschen haben am Sonnabend gegen eine Demonstration der rechtsextremistischen NPD protestiert. Mit zwei Blockaden verzögerten sie den Zug der rund 240 NPD-Anhänger und verhinderten, dass sie die ursprüngliche Route an der Synagoge vorbei nehmen konnten. Fünf Gegendemonstranten und ein Rechtsextremist wurden festgenommen.

Polizisten bremsen eine junge Frau, die den NPD-Anhängern ihren Unmut entgegenruft; Rechte: dpa

Bildansicht
Polizisten bremsen eine junge Frau, die den NPD-Anhängern ihren Unmut entgegenruft

Gegendemonstranten mit Phantasie und weitgehend friedlich
Ein großes Aufgebot von Polizisten aus mehreren Bundesländern begleitete den NPD-Zug, der sich aufgrund einer Blockade von 300 Gegnern erst mit zweistündiger Verspätung nach 14 Uhr in Bewegung setzen konnte. Wie Polizeisprecher Heike Langguth sagte, wurden die Rechtsextremisten dann einen anderen Weg entlanggeführt, weil es vor der Synagoge zu einer Menschenkette von Erfurter Bürgern kam.

Bei der NPD-Kundgebung auf dem Domplatz flogen Eier und Flaschen auf die Rechten. Sie kamen nach Polizeiangaben aus einer Gruppe von 50 jungen Gegendemonstranten, die alkoholisiert gewesen seien. Die Polizei nahm fünf von ihnen wegen Beamtenbeleidigung fest und erteilte elf Platzverweise. In Polizeigewahrsam kam auch ein NPD-Anhänger - wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz.

Die Aktionen der NPD-Gegner waren sehr vielfältig. Mit Trillerpfeifen und Sambatrommeln protestierten Hunderte lautstark entlang der Demonstrationsstrecke. Der Stadtrat tagte am Mittag unter freiem Himmel auf dem Fischmarkt. Auch Oberbürgermeister Manfred Ruge (CDU) beteiligte sich. Am Rathaus hing ein großes Transparent mit der Aufschrift "Erfurt zeigt dem Schmutz die Rote Karte". Am Dom hingen weiße Fahnen, die ein Hakenkreuz im Papierkorb zeigten.

Richter hoben Demo-Verbot der Stadt auf
Das Verwaltungsgericht Weimar hatte das ursprüngliche Verbot der NPD-Demonstration durch die Stadt aufgehoben. Die Richter warfen der Kommune Mangel an Neutralität vor, legten aber auch eine geänderte Route fest, so dass die Rechtsextremisten nicht durch den Innenstadtkern laufen durften. Bei einer NPD-Kundgebung Mitte April in Erfurt war die Polizei mit Wasserwerfern gegen Gegendemonstranten vorgegangen. Sie hatten Eier und Flaschen geworfen. Zur Zeit untersucht der Innenausschuss des Landtages, ob der Polizeieinsatz unverhältnismäßig war.

zuletzt aktualisiert: 25. Juni 2005 | 19:50

nazibulle

egal 26.06.2005 - 13:02
der bulle auf dem letzten photo links(verhaftungsszene)ist definitiv der jenaer kameradschaftsszene zuzuordnen!

Bürgerschaft?

Hansel 26.06.2005 - 13:37
Zitat:
"Eine zweite Blockade durch Vertreter der Erfurter Bürgerschaft und Anhänger des linken Spektrums sei umgangen worden, indem man die geplante Route verlassen und einen anderen Weg genommen habe, sagte Langguth."

Kann jemand bestätigen, dass ernsthaft Mitglieder der Erfurter Bürgerschaft an einer Blockade teilnahmen?
Sind die nicht Angehörige der Legislatur und müssen somit für die freiheitlich demokratische Grundordnung eintreten?

@ egal

Ungläubiger 26.06.2005 - 13:55
Wenn Du weitere Hinweise oder gar Belege wie Namen oder Fotos für Deine Behauptung bringen könntest, wäre das sehr hilfreich. Dafür würde sich sicher auch die lokale Antifa interessieren.

 http://www.storz-jena.de.vu/
 http://www.nazis-stoppen.tk/
 http://www.voelkerball.de.vu/

Widerstandsrecht

Verfassungstreuer 26.06.2005 - 14:10
Das deutsche Grundgesetz kennt das Widerstandsrecht (Artikel 20 GG)
 http://de.wikipedia.org/wiki/Artikel_20_GG
 http://de.wikipedia.org/wiki/Widerstandsrecht#Widerstandsrecht_in_Deutschland

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.


Da Neonazis offen zum Kampf gegen die bestehende Verfassung und den Staat aufrufen ("BRD abschalten" etc. auf Aufklebern der Veranstalter, des "Nationalen Widerstands Jena" und des "Thüringer Heimatschutzes"), kann und muss Widerstand gegen Neonazis geleistet werden.

Vor 14 Tagen in Jena hatten ebenfalls einige Mitglieder des Stadtrats an der Blockade des Platzes teilgenommen:
 http://www2.igmetall.de/homepages/jena-saalfeld/rechts.html

"Schützend in eine Kette vor die Blockierer stellten sich Stadtpolitiker wie Dr. Karin Kaschuba und Dr. Gudrun Lukin von der PDS, Marco Schrul und Jennifer Schubert von den Grünen, Dezernent Dr. Albrecht Schröter von der SPD und Wenigenjenas Ortsbürgermeisterin Rosa-Marias Haschke (CDU)."
 http://www.nazis-stoppen.tk/ --> Presse

"Etwa 6 Uhr ist es, da stehen die Barrikaden der Protestierer an den Zufahrten nördlich und südlich vom Gries. An der Fußgängerbrücke hat sich die Polizei positioniert. 6.20 Uhr: Wenn die nördliche Barrikade nicht geräumt wird, muss die Polizei einschreiten, heißt es. Denn die eigentliche Einsatzgruppe aus Brandenburg soll anrücken. Kurze Absprache unter den Blockierern. Nach wenigen Minuten ist die Blockade aus Schutt und Müllcontainern beiseite geräumt. Die Brandenburger Polizeibeamten rücken ein und fahren auf den Gries. Neben Stadträten wie Marco Schrul (Grüne), Karin Kaschuba, Reinhard Wöckel, Gudrun Lukin (alle PDS) und dem Jugenddezernenten Albrecht Schröter (SPD) ist auch Rosa Maria Haschke, die Ortsbürgermeisterin vor Ort. "Ziviler Ungehorsam ist immer eine akzeptable Variante, so lange es gewaltlos bleibt", sagt die Ortsbürgermeisterin."
 http://antifajena2.freespaces.com/Pres.html

Zeugen/innen und Betroffene gesucht

Rote Hilfe (Erfurt) 26.06.2005 - 15:36
Wir bitten alle Betroffenen und Zeugen polizeilicher Übergriffe und Maßnahmen (Festnahmen, Platzverweise,...), sich in der kommenden Woche im offenen Jugendbüro RedRoxx (Pilse 29, Erfurt)oder direkt bei der Roten Hilfe Erfurt, Schmidtstedter Ufer 14, 99084 Erfurt Tel/Ab: 0361/ 6023834, Email: erfurt@rote-hilfe.de (Bürozeit: jeden Sonntag ab 18.00 Uhr)zu melden.

Personen die durch den Polizeieinsatz verletzt wurden, empfehlen wir dringend, sich ihre Verletzungen vom Arzt des Vertrauens attestieren zu lassen und sich ebenso bei der Roten Hilfe zu melden.

Für alle, denen demnächst Vorladungen ins Haus flattern: Keine Aussagen zur Sache! Soweit nicht schon durch Personalienfeststellung geschehen, seid ihr nur verplichtet Angaben zur Person zu machen. Das sind: NAME, VORNAME, GEB.-DATUM/ORT und UNGEFÄHRE BERUFSBEZEICHNUNG wie Schüler/in, Azubi, Arbeiter/in. Sonst nichts!! Meldet euch bei uns, damit wir ein weitere Schritte beraten können.

Weitere Infos hierzu:  http://www.aussageverweigerung.info/

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Schwere Übergriffe durch Polizei auf Antifaschisten/innen:

Besonders bei der Räumung des Karl-Marx-Platz und des Domplatz ist es zu Übergriffen der Polizei auf Antifaschisten/innen gekommen. Dabei wurden mehrere Personen durch Faustschläge und Fußtritte und zum Teil auch Schlagstockeinsätze verletzt. Schon im Vorfeld hatte Einsatzleiter Grube (der auch für den Wasserwerfereinsatz am 16.04.05 gegen "militante Bürger/innen", bestehend aus CDU,-SPD,-Grünen,-PDS und Gewerkschaftsleuten, verantwortlich war --> siehe hierzu Indy Erfurt  http://erfurt.staughton.indypgh.org/news/2005/04/30.php) ein hartes Vorgehen gegen "Störer" angekündigt, was einen unverhältnismäßigen Polizeieinsatz bedeuten sollte. Diese Einschätzung wird von der Initiative "Bürger/innen beobachten die Polizei", bestehend aus MdL von SPD und PDS sowie mehreren Gewerkschaftsmitgliedern/innen, bestätigt. (Siehe hierzu Newsticker Radio F.R.E.I.  http://www.radio-frei.de/index.php?iid=7&fk7_artsubmit_kontext=public_einer&fk7_artartikel_id=617)

Nach vorläufigen Einschätzungen wurden ca. 30 Antifaschisten/innen festgenommen oder kamen in Unterbindungsgewahrsam. Unter ihnen befinden sich auch Personen, denen Straftaten im Zusammenhang mit den Aktivitäten gegen die Nazikundgebung am 16.04.05 in Erfurt, vorgeworfen werden.
Bis zum Abend waren alle wieder auf freien Fuß.

Ein abschließender Bericht folgt.

Rote Hilfe Erfurt





Fragen

Anwesend 26.06.2005 - 17:38
Zur Sitzblockade in Erfurt muss eines nachgefragt/überdacht werden: Wie konnte es passieren, dass die Polizei während der Aktion wiederholt seelenruhig durch die Reihen spaziert und einzelne Menschen zur Identitätsüberprüfung herausführt, die offensichtlich nicht im Zusammenhang mit der gestrigen Blockade, sondern mit dem 16. April steht? Was hat die Erfurter Antifa bewegt, hier NICHT einzugreifen bzw. die Blockade besser zu organisieren?

9. Juli 2005 Desaster Area in Gera

- 26.06.2005 - 23:09
Die Thüringer NPD will am 09.07.2005 um 12 Uhr im "Park der Jugend" zum dritten Mal in Folge ein Nazikonzert in der Geraer Innenstadt veranstalten. Das Konzert steht dieses Jahr unter dem Motto "Rock für Deutschland". Bereits in den vergangenen zwei Jahren veranstaltete die Thüringer NPD dort ihre Nazikonzerte in unittelbarer Nähe zum AsylbewerberInnenheim. Letztes Jahr kamen etwa 150 Nazis, um sich fünf Nazibands mit Namen wie "Eugenik" oder "Blood Revenge" anzuhören. Der NPD-Kadern und Nazis aus dem in Deutschland verbotenen "Blood & Honour"-Umfeld gelang es bislang, die Konzerte unter dem Deckmantel einer politischen Versammlung durchzusetzen.
Solange Nazikonzerte in der Innenstadt toleriert werden, werden wir antifaschistischen Widerstand leisten.

Auf zu antifaschistischen Aktionen im Park der Jugend und der gesamten Innenstadt!
Nazikonzert am 9. Juli in Gera zum Desaster werden lassen!

Mehr Informationen unter
 http://www.provinz-einheizen.tk
 http://gera.antifa.de

Artikel aus TA 27.06.05

antifaEF 27.06.2005 - 10:13
Wie Erfurter ihre Stadt sauber halten

Mehrere Tausend Bürger haben am Samstag ein klares Bekenntnis abgelegt: In dieser Stadt ist kein Platz für Nazis. Mit Pfeifkonzerten, einer Menschenkette und spontanen Blockaden einer Straße und des Domplatzes demonstrierten sie gegen den Aufzug der NPD. Mehr als 400 Anhänger wollte die rechtsradikale Partei aus dem gesamten Bundesgebiet zusammentrommeln. Tatsächlich kam kaum mehr als die Hälfte. Die anderen blieben auch deshalb daheim, da sich seit Tagen abzeichnete, wie Erfurt reagieren würde. Mit Pfiffen.

ERFURT.

8 Uhr / Anger Der DGB eröffnet seinen Stand und verteilt Trillerpfeien. Die 1500 Stück sind im Nu weg.

8.45 / Anger Linksautonome führen zwei Kampfhunde am Straßenbahnkreuz Gassi. Sie schlendern an Polizeistreifen vorbei. Die Beamten schauen interessiert, reagieren aber nicht. Die Hunde tragen keine Beißkörbe.

8.50 / Anger Zwischen Hugendubel und Hauptpost decken Akteure vom "Bürgertisch für Demokratie einen Frühstückstisch": Brötchen, Kaffee, Marmelade. Jeder kann zugreifen. Die Menschen sitzen auf dem Pflaster und stärken sich für einen langen Tag. Der DGB dreht im Musikwagen auf, die Trillerpfeifen werden getestet.

9.45 / Anger Bridge C. Vargo bezieht Posten am Stand der Frauengruppen. Die 70-jährige Amerikanerin, die seit einigen Jahren in Erfurt lebt, ist empört, dass die NPD durch Erfurt marschieren darf. 1945 ging die Wiesbadenerin in die USA. "Nachdem ich den ersten Auschwitz-Film gesehen hatte, wollte ich keine Deutsche mehr sein."

10.37 / Bahnhof Eine Oldtimer-Straßenbahn rollt Richtung Anger. Es sind nicht die gründerzeitlichen Fassaden, die den Blick der Touristen in der Bahn fesseln. Es ist die Präsenz der Polizei. Allein im Bahnhofstunnel stehen 24 grüne Minnas. Vor der Reglerkirche und am Angereck parken zehn weitere Transporter. Die Oldie-Bahn ist eine der letzten, die pasieren darf. Wenig später wird der Bahnhofstunnel gesperrt.

10.50 / Anger Steffen Lemme, DGB-Chef von Mittelthüringen, verhandelt mit der Einsatzleitung der Polizei. Er will eine spontane Demonstration zur Synagoge anmelden. Die Beamten sagen Nein, verweisen ans Ordnungsamt. Das genehmigt ebenfalls nicht, meint aber: "Wenn Sie sich in kleinen Gruppen in Bewegung setzen, ist das kein Problem."

11.07 / Windthorststraße Die ersten NPD-Anhänger treffen an ihrem polizeilich abgeriegelten Sammelpunkt ein - in der Windthorststraße, direkt am Stadtpark. Die Jugendlichen tragen Shirts und luftige Hosen. Ihr Wortführer trägt zum Anzug ein weißes Hemd nebst Krawatte. Ein zumindest dem Alter nach reiferer Herr.

11.07 / Löberstraße Die Grüppchen der Spontandemonstration biegen vor der Synagoge ab und besetzen die Löberstraße unter der Bahnunterführung. Sie wollen die NPD aufhalten, damit sie nicht an der Synagoge vorbei kommt.

11.45 / Synagoge Richter Martin Borowski, stellvertretender Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, wird von einer Dame der Jüdischen Gemeinde angesprochen. Sie hat die Reichspogromnacht erlebt und ist entsetzt darüber, dass die NPD per Gerichtsbeschluss an der Synagoge vorbei marschieren darf.

11.52 / Löberstraße Polizei baut sich vor und hinter den Demonstranten auf. Einige junge Leute werden herausgegriffen und erkennungsdienstlich behandelt. Rolf Düber vom Zusammenschluss "Bürger beobachten die Polizei" verhandelt mit dem Polizeipsychologen. Die Aktion wird beendet.

12.10 / Bahnhofstunnel "Was für eine Katastrophe", stöhnt Volker Krebs, Marketing-Chef der EVAG. Der öffentliche Nahverkehr südlich des Bahnhofs ist seit einer guten Stunde nahezu zum Erliegen gekommen. Eine Schülergruppe hastet mit Reisetaschen und Rollkoffern quer durch den Stadtpark zum Bahnhof. Sie kommen vom Herrenberg. Nazi-Sympathisanten huschen vorüber. Auf ihren Hemden stehen Sprüche wie "Terror-Crew", "Kraft durch Freude" und "Ein Volk kann sich nur selbst helfen". Eine 77-jährige Erfurterin läuft an Krücken auf die Absperrgitter am Tunnel zu. Ein Nazi johlt: "Wo will die denn hin?" Eine junge Beamtin führt die Oma auf anrührende Weise durch das Gatter bis auf die andere Seite des Bahnhofs.

12.15 / Löberstraße Rund 300 Erfurter blockieren die Brücke in Richtung Juri-Gagarin-Ring. Es herrscht volksfestartige Stimmung. Unter den Demonstranten sind Ratsherren und -damen von PDS, SPD und den Grünen. Eine viertel Stunde später will der Stadtrat auf dem Fischmarkt tagen. "Ich habe seit 1990 keine einzige Sitzung geschwänzt", gesteht Wolfgang Metz, Fraktionsvorsitzender der (SPD). "Aber das hier, das ist wichtiger als heute auf dem Fischmarkt zu sein." Die Demonstranten fordern den Oberbürgermeister auf, zur Löberstraße zu kommen.

12.30 / Fischmarkt Auf Klappstühlen beginnt der Stadtrat seine Sondersitzung. Etwa 30 Abgeordnete sind vertreten, nahezu geschlossen die CDU-Fraktion. Die Schwänzer aus den Reihen der anderen Parteien werden vom Oberbürgermeister entschuldigt. Erster Tagesordnungspunkt: die Verhüllung des Rathauses. Eine Plane rauscht herab, bedruckt mit dem Slogan "Erfurt zeigt dem Schmutz die Rote Karte".

13.07 / Fischmarkt Der Stadtrat beschließt einstimmig, jedes Jahr ehemalige Zwangsarbeiter nach Erfurt einzuladen. Nach dem Votum fahren die Räte zur Synagoge.

13.35 / Windthorststraße Die NPD-Anhänger intonieren Liedgut: "Links, zwo, drei vier." Dann greift ihr Bundesgeschäftsführer zum Mikrofon. Das Kennzeichen jenes Kombi, auf dem die Lautsprecher montiert sind, beginnt mit HH. Das Kürzel steht für Hamburg. Und für einen verbotenen Gruß.

13.42 / Synagoge Eine Menschenkette baut sich vor dem jüdischen Gotteshaus auf. In der Mitte Oberbürgermeister Manfred Ruge und der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde, Wolfgang Nossen. Die Beteiligten fassen sich an den Händen und singen "We shall over come".

13.53 / Löberstraße OB Ruge spricht aus dem Lautsprecherwagen der Gewerkschaft zu den Demonstranten. Er sei stolz auf sie.

14.17 / Windthorststraße Eine Mauer aus Polizisten bildet sich um die NPD-Anhänger. Niemand kann hinein, keiner heraus. Der Aufzug setzt sich in Bewegung. "Was für ein jämmerlicher Haufen", sagt Bürgermeister Dietrich Hagemann nicht ohne Erleichterung. Gemeinsam mit dem OB und Kämmerin Karola Pablich beobachtet er direkt vor Ort.

14.34 / Kaffeetrichter Der NPD-Aufmarsch stockt. Normalerweise müsste man jetzt nach rechts abbiegen, in die Löberstraße. Der Weg ist nachwievor durch Hunderte Bürger blockiert. Die Polizei leitet die NPD-Anhänger entlang einer Alternatrivstrecke geradeaus weiter.

14.55 / Puschkinstraße Etwa 60 Mitarbeiter des Lebenshilfe e.V. stehen vor ihrer Niederlassung. Nahezu jeder hat eine Trillerpfeife im Mund. Zwischendurch rufen alle gemeinsam "Nazis raus!"

15.01/ Karl-Marx-Platz Hunderte stehen an angrenzenden Straßen und pfeifen den passierenden Aufmarsch aus.

15.11 / Theaterplatz Schüler des Königin-Luise-Gymnasiums erteilen NPD-Sympathisanten symbolisch Geschichtsunterricht. Auf dem Platz haben sich hunderte Menschen versammelt. Sie stehen an den Info-Ständen aller Stadtratsfraktionen, tanzen zur Musik aus Lautsprecherwagen und baden im Springbrunnen.

15.27 / Benary-Platz Der NPD-Aufmarsch verharrt für eine Zwischenkundgebung. Einige Reden werden gehalten. Normalerweise soll es nach rund 15 Minuten weitergehen. Da der nahegelegene Domplatz aber inzwischen durch Gegner blockiert ist, müssen die Nazis ausharren. Die Lautsprecher verstummen.

15.42 / Domplatz In einem durch Gitter abgesperrten Areal setzen sich Demonstranten aufs Pflaster. Durch eine Sitzblockade in dem der NPD offiziell zugebilligten Bereich wollen sie erreichen, dass die Rechten keinesfalls auf den Domplatz dürfen.

16.04 / Domplatz Die Polizei fordert die rund 80 Blockierer auf, den Platz zu verlassen. Als keiner sich erhebt, räumen die Uniformierten mit hartem Griff die Versammlungsfläche. Einige Akteure werden zeitweise in Gewahrsam genommen, unter ihnen DGB-Chef Frank Spieth sowie Wolfgang Musigmann. Für den Kirchenmitarbeiter und früheren DDR-Bürgerrechtler ein schockierendes Erlebnis. Die Polizei nimmt elf Personen in Gewahrsam.

16.25 / Benary-Platz Die NPD-Anhänger ziehen weiter in Richtung Domplatz. Viele sehen konsterniert aus. Es gibt kaum noch Parolen.

16.31 / Theaterplatz Ein Pfeifkonzert gellt der NPD entgegen. Die Polizei hat Mühe, rund 300 Erfurter vom Stürmen des Aufzuges abzuhalten. An der Glasfassade der Oper prangt ein riesiges Transparent "Kein Sex mit Nazis".

16.40 / Brühl Kurz vor Erreichen des Domplatz ergeht an alle Polizisten das Kommando "Helme". Einsatzgrupen rennen in Richtung Lauentor und Petersberg. Hunderte Demonstranten werden rabiat zurückgedrängt. Grünen-Politikerin Astrid Rothe und andere Protestierer stürzen zu Boden. Direkt vor der Tiefgarage parkt ein mit Lautsprechern vollgepackter Transporter der AWO. Michael und Denny öffnen die Türen und beschallen von hier aus den Platz mit Deutschrock. Die Parolen der Nazis sind so kaum noch zu verstehen. Götz-Reinhard Heierberg aus Hannover bläst in seine Trillerpfeife. "So haben wir schon 1969 die Nazis verjagt." Martina Schlisio vom ADFC positioniert ihr Opel-Transportfahrrad aus den 30er Jahren. Statt Brötchen befördert sie einen Aufsteller mit der TA-Titelseite.

16.53 / Domplatz Die Abschlusskundgebung der Nazis hat begonnen. Umgeben von Personenschützern steht Wolfgang Nossen unter den Demonstranten. Der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde ist empört und glücklich zugleich. Empört, dass die Nazis aufmarschieren dürfen. Glücklich, dass und wie die Erfurter darauf reagieren. Man versteht vor lauter Protestpfiffen udn Musik kein Wort.

17.32 / Lauentor "Sonderfahrt" steht an den Windschutzscheiben. Drei Busse der EVAG rollen langsam zum Domplatz. Mit ihnen sollen die Nazis zum Bahnhof gebracht werden. Den ursprünglich geplanten Rückmarsch durch das Stadtgebiet lassen Polizeiführung und Stadtverwaltung nicht mehr zu.

17.47 / Domplatz Die Türen der Busse schließen sich. Hagen Vetter und andere Stadtwirtschaftler kehren den Dreck weg. Erfurt hat die Nazis aus der Stadt gepfiffen.

Angelika HAUBNER Mirko KRÜGER

Presseschau

Bornholm 27.06.2005 - 17:40
Einfach mal die folgenden Seiten öffnen und lesen!

www.weltexpress.info (Titelseite 27.06.05 unten)
www.kalaschnikow.net (Titelseite 27.06.05 oben)

@Bornholm

AR 28.06.2005 - 03:13
Also diese beiden verlinkten "Netzzeitungen" sind ja wohl aus rein fachlicher Sicht betrachtet das Letzte.
Wertende Aussagen ohne Ende, keinerlei Hintergrund-Info, etc.
Normalerweise heißt "Journalismus" ja, das Mensch probiert etwas zu berichten.
Hier wird etwas "weggekotzt" - und ob das Sinn einer Seite ist, die wie der Internetauftritt einer Zeitung gestaltet ist und vermutlich auch diesen Anspruch hat, weiß ich nicht...
Ich sag mal was fehlte: Motto der NPD-Demo; Beschreibung des Gegendemo-Bündnisses und seiner vielfältigen Aktionen; Hintergrundinfos zur NPD-Veranstltung am 16.04. (das waren nicht, wie weltexpress schreibt 300 sondern ca. 65 Nazis) - die Bullen haben auch wegen Flaschenwürfen und nicht einfach so die Wasserwerfer eingesetzt; Infos zur eigentlichen NPD-Demo ("schwarzer BMW mit Hamburger Kennzeichen" - es war ein silbergrauer Opel-Kombi!).
Zudem sind beide Seiten vom gleichen "Anbieter" und meiner Meinung nach nicht für eine realistische Infobeschaffung zur Demo in EF geeignet!

Zu den beiden Zeitungen

schusswaffe 28.06.2005 - 15:58
Die beiden Berichte sind zwar ziemlich subjektiv geschrieben, aber mit meinen Beobachtungen über die Thüringer Polizei und dem, was mir von anderen Beteiligten geschildert wurde, deckt sich das Ganze weitgehend. Mehrere Leute, die zum Einkaufen oder einfach nur nach Hause wollen, sind rabiat angepöbelt worden durch die Polizei.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Fotos von Nazis — Wurmloch

@Anwesend — war auch da

Der Anmelder der Nazidemo..... — Rainer Randale