Lautstarke Demo gegen Studigebühren in Essen

imc-nrw 24.06.2005 00:50 Themen: Bildung
Etwa 5000 Studierende gingen in Essen gegen Studiengebühren auf die Straße.
Anschließend wurden die Rektorate in Duisburg und Essen besetzt.
Der Beginn des "heißen Sommers" gegen Studiengebühren wurde am vergangenen Donnerstag in Essen bei brütender Hitze passend eingeleutet. Eine Demo von etwa 5000 Studierenden zog vom Campus durch die Innenstadt. Die Reaktionen der AnwohnerInnen gingen von Belächeln bis Klatschen. Auch wenn die große Anzahl von Studierenden für viel Krach sorgte und gut gelaunt war: vor allem die von ABS-Sprecher Sascha Vogt eingeforderte Solidarisierung mit Arbeitslosen und Kindern war nicht spürbar.

Die Auftaktkundgebung fand auf der zentralen Wiese auf dem Essener Campus statt. Um 12 Uhr war eine beeindruckende Masse Studierender versammelt, mit der wohl keiner gerechnet hatte. AStA-Öffentlichkeitsreferent Thomas Falk hatte noch eine Stunde zuvor mit einer Zahl von 3000 gerechnet.
Als sich noch alle versammelten, spielten sich die Mitglieder der MLPD-Jugendorganisation "Rebell" mit einem Anti-Gebühren-Rap und Mikrophon-Ansprachen in den Vordergrund. Bekenntnisse zum Sozialismus führten zu lautem Applaus. Ein Ordner erinnerte aber eilig daran, dass Parteiflaggen auf der Demo nichts zu suchen hätten.

Um 13 Uhr trat Sascha Vogt vom Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) ans Mikrophon. "So einen schlechten Start hatte noch keine Landesregierung" schrie er laut und energisch in die Menge. Er sagte, die Einführung von allgemeinen Gebühren wiederspreche einer sozialer Verträglichkeit. Der Redner betonte, dass auch die geplante Kürzung von Frauenförderungsmitteln durch die Landesregierung einen "konservativen Rollback" bedeute. Deshalb sollen sich die Studierenden auch solidarisch zeigen mit den Frauen, aber auch mit SchülerInnen, Kindern und Arbeitslosen, die ebenfalls von finanziellen Kürzungen und Sozialabbau betroffen sind. Nach Vogt kam ein Sprecher der Essener Campus-Zeltstadt ans Mikro. Er versprach: "Wir fangen gerade erst an, warm zu werden" und trug mit Verweis auf Douglas Adams ein Handtuch mit der Aufschrift "Keine Panik" auf der Schulter.

Laustark startete die Demo nach dem Auftakt in Richtung Innenstadt. Eine erste Überraschung gab es, als die etwa 5000 DemonstrantInnen auf ein großes Transparent gegen Gebühren auf dem Dach des Karstadt aufmerksam wurden. In der Innenstadt lockte die Demo viele KonsumentInnen aus den Geschäften. Die meisten lasen neugierig die verteilten Flyer. Eine Deichmann-Filiale lieferte durch eine sirrende Alarmanlage ungewollte Unterstützung für die besorgten Studis.

"Ich finde auch, das ist eine Sauerei.", zeigte eine Passantin Verständnis für den Protest. Eine andere Frau meinte: "Es gibt genug Leute mit mehreren Kindern." Kleidung und Nahrung müssten bezahlt werden, wobei Familien häufig an finanzielle Grenzen stießen. Wenn dann auch noch die Studiengebühren oder Kredite und Zinsen hinzu kämen: "Das kann kein Normalverdiener aufbringen." So politisch unkonform mit der schwarz-gelben Politik zeigten sich aber nicht alle: "Jedes Gut hat seinen Preis.", gab sich ein Konsument vor einem Klamottenladen marktgetreu.

Die Parolen waren überwiegend bekannt, erfreuten sich aber trotzdem großer Beliebtheit. Der Ruf "Solidarisieren! Mitmarschieren!" lenkte aber ein wenig von der eigenen Inkonsequenz der DemonstrantInnen ab. So beschwerte sich ein Demonstrant, er würde sich auch mal ein paar Studierende auf Arbeitslosen-Demos wünschen. Vor einer Gesamtschule forderten die ersten Reihen der Demo "Hitzefrei für die Polizei".

Auf der Abschlusskundgebung forderte ABS-Geschäftsführer Vogt, dass der Druck der StudentInnen aufrecht erhalten werden müsse. Diese Aufforderung kam nicht bei allen so recht an: "Ich warte darauf, dass uns die politisch engagierten Leute gute Pläne basteln.", bekundete ein Demonstrant. Eine andere sagte hingegen: "Ich hoffe, dass der Funke auch auf weitere Studierende überspringt." Dazu sollten sich ihrer Meinung nach die Asten in starken Bündnissen zusammenschließen, wie die in Essen und Duisburg. Zum Abschluss, gegen 15 Uhr, wurde die zweite große Überraschung verkündet: Die Rektorate in Essen und Duisburg seien parallel von Studis besetzt worden, wurde verkündet.

Im Duisburger Campus hatten sich um 16 Uhr etwa hundert Menschen im Rektoratsgebäude eingefunden. Ein Forderungskatalog wurde dem Rektor der Uni. Essen/Duisburg, Lothar Zechlin, übermittelt. Dieser soll sich zu einer Ablehnung von Studiengebühren bekennen, so die Hauptforderung. Zechlin habe das Schreiben zur Kenntnis genommen, so ein Sprecher der BesetzerInnen. Morgen und am Samstag werden Partys von ihnen organisiert. Das Prüfungsamt bleibt weiterhin für die Studierenden geöffnet. Davon unabhängig ist das Ziel aber, die Rektoratsarbeit zeitweise lahm zu legen.
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Ergänzungen

Kleine Verbesserung

imc-nrw 24.06.2005 - 01:16
Weniger die Asten aus Duisburg und Essen, als aktive Studierenden-Gruppen sorgten für funktionierende Bündnisse, z.B. bei der parallelen Besetzung der Rektorate.

in köln währenddessen...

studi 24.06.2005 - 03:23
ist die Studierendenschaft tief gespalten, zumindest was den Streik als Protestform angeht.
Hier die Seite der Leute, die gegen Gebühren UND gegen den Streik sind. eine Mischung aus guten Argumenten und erschreckend naivem Vertrauen in die 'große' Poltik:
 http://www.studierenjetzt.de/

(muss ausgefüllt werden)

(muss ausgefüllt werden) 24.06.2005 - 09:21
Wo habt ihr denn diese Ordner her gehabt? Die kamen scheinbar direkt aus der Polizeiausbildung und glänzten mit autoritärem Gehabe: "Los jetzt,weitergehen!" "Aufstehen!" etc. bis zu Handgreiflichkeiten...

Wir lehnen uns gegen Herrschaftsverhältnisse auf und gegen fehlende Mitbestimmung und im gleichen Zug diktiert ihr auf aggressivste und autoritärste Weise den Demoablauf. Dabei wurden gerade die angegangen, die für ein bißchen Bewegung und Aktivität der Demo sorgen wollten.

Also entweder ich war auf der falschen Demo (NPD?) oder ihr müsst noch viel lernen...

anmerkung zu "muss ausgefüllt werden"

egal 24.06.2005 - 12:19
ichb sehe es auch so, dass mehr bewbegung auf der demo schön gewesen wär. nur sollte man nicht vergessen, dass es keine antifa demo war, wo sich die teilnehmer meist einig sind bei den aktionsformen. auch in den vorderen reihen gab es menschen, die keiner konfrontation standgehalten hätten. zumal auch ne menge kinder dabei waren... die ordner waren teilweise echt kacke und unfähig ihren job auszführen. aufgabe eines ordners ist es nicht die marionette der cops zu sein, sondern das mögliche zu erwägen und die leute dazu anzuregen. dies sollte bei den orgas mal debatiert werden. desweiteren finde ich den vergleich mit einer npd demo ziemlich ...... vielleicht hat der autor des artikels ja noch andere vergleiche? also spinn nicht rum und lass solche dummen und hetzerischen anmerkungen!

sei konstruktiv kritisch!

Studiengebühren Stoppen!

Es ist erst der Anfang

Pallor 24.06.2005 - 13:00
Der Punkt ist und das muss immer bedacht werden, bis vor ein paar Monaten war die Studentische Bewegung faktisch fast tot.

Das diesesmal mehr als 5000 Studenten und Sympathisanten erstmals wieder auf einer Demo zusammen fanden ist ein Novum.
Imoment und das ist der Punkt müssen die Studenten lernen wieder zu Demonstrieren und sich Gedanken zu machen, für viele mit dennen ich gestern sprach war es die erste oder maximal zweite Demo in ihrem Leben.

Daher sollten wir dies als Wiedergeburt sehen, und dem "Kind" auch etwas Zeit geben sich zu ordnen und zu wachsen.

Was ich aber ebenfalls bemegle ist die zentriertheit einiger Studenten auf ihre "kleinen" Sorgen mit den Studiengebühren. Mehr Solidarität mit anderen Gruppen in Deutschland die unter dem Neoliberalenkurs leiden, ABER auch Global sollten selbstverständlich sein.
Aber auch das ist wohl eher ein Zeichen der ungeübtheit und der Resignation die langsam erst durchbrochen wird, z.b. ist lobent zu erwähnen das an der Essener Uni in der Zeltstadt versucht wird jeden Tag mehrere Seminare und Vorlesung(BasisDemokratisch, jeder darf sein Wissen weiter geben ob Student, Gewerkschaftler, Doktor/Prof oder auch einfacher Aktivist) zum Aufwecken und zum realisieren unserer Probleme veranstalltet.

Falls jemand intresse hat dort mal eine Stunde zu geben, ist herzlich eingeladen. Ob es Emanzipation, Ökologie oder Sozial Themen behandelt, alles ist erlaubt(Bitte beachtet das es RechtsstaatlichKonform sein sollte, und es vorkommen kann das dort Politisch wenig INtressierte und Konservative sein können).
Plan B hat z.b. bei der letzten "Voll"Versammlung um Solidarität gebeten.

 http://campcampus.ca.ohost.de/

Solidarische Grüße,

Paul

nochmal beweisfotos für etwa 10000 leute

paul 24.06.2005 - 16:54
bild1

bild2

p 24.06.2005 - 16:55
2

Rektorat besetzt

egal 24.06.2005 - 17:49
Das Rektorat an beiden Standorten in Duisburg und Essen sind immer noch besetzt und die Leute werden auch nicht gehn bevor Raktor Zechlin schriftlich erklärt das die Universität Duisburg-Essen keine Studiengebühren erheben wird.
Heute (Freitag) wird es eine Soli Grillparty vor dem Rektorat geben. Kommt vorbei und macht mit.