Regensburg demonstriert gegen Studiengebühren

Gabriel Deutscher - Stud. Sprecherrat Rgb. 20.06.2005 01:13 Themen: Bildung
3500 Menschen demonstrierten am 15.06.2005 in Regensburg demonstrierte gegen Studiengebühren
Studenten, Schüler, Eltern und Lehrer demonstrierten am Mittwoch, den 15.06.2005 in Regensburg gemeinsam unter dem Motto „Freie Bildung für alle“ gegen die Einführung von Studiengebühren. Nachdem sich der Protestzug bis 16.00 Uhr auf dem Campus der Universität formiert hatte, zogen mehr als 3000 Menschen den Galgenberg hinunter in die Innenstadt und weiter am Dom vorbei zum Haidplatz. Der Verkehr auf wichtigen Ausfallstraßen kam ebenso wie der ÖPNV zeitweise zum Erliegen, die betroffenen Bürger zeigten aber meist großes Verständnis.

Mit Sprechchören wie „ Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut“ und „Edmund Stoiber – Bildungsräuber“, trommeln und wildem Gepfeife machten sie ihrem Unmut über die geplanten Einschnitte im Bildungswesen Luft. Über 30 Transparente kündeten: „Wahltag ist Zahltag“, „Büchergeld nein Danke“ oder fragten „Lernst du noch – oder zahlst du schon“. Bildung, und insbesondere ein Hochschulstudium dürfe nicht vom Geldbeutel der Familien abhängen, ansonsten gäbe es nur gerechte Chancen, wenn alle reiche Eltern hätten, so ein weiteres Spruchband
Thema waren nicht nur die Studiengebühren, die in Bayern ab Sommer 2007 in der Höhe von 500 Euro angeblich „sozialverträglich“ erhoben werden sollen, sondern auch das Büchergeld, das de facto einer Abschaffung der Lehrmittelfreiheit gleichkommt und das Familien schon ab dem nächsten Schuljahr belasten wird.

Auch wenn der CSU-Fraktionsvorsitzende Hermann unlängst in einer Sendung des Bayrischen Rundfunks die Bildungspolitik als „Ländersache“ für Bundespolitisch irrelevant zu erklären versuchte, bewiesen die Regensburger Demonstranten das Gegenteil: Der Widerstand richtete sich nicht alleine gegen die Pläne der CSU-Regierung in Bayern, sondern deutschlandweit gegen alle Pläne zur Einführung von Studiengebühren. Dies kam auch dadurch zum Ausdruck, dass der Studentische Sprecherrat als Veranstalter zur Abschlusskundgebung Redner aus dem ganzen Bundesgebiet eingeladen hatte, die den Haidplatz nach Angaben der „Mittelbayrischen Zeitung“ in einen Hexenkessel verwandelten
Sascha Vogt, der Geschäftsführer des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren (ABS) war eigens aus Münster gekommen, um den jubelnden DemonstrantInnen solidarische Grüße aus allen protestierenden Bundesländern zu überbringen. Er betonte, dass es nicht nur um Studiengebühren, sondern um grundlegende Fragen in der Gesellschaft gehe, um die Alternative zwischen einem offenen Bildungssystem oder der Förderung von Eliten.
„Bayern hat eines der sozial selektivsten Bildungssysteme und Studiengebühren werden diese Situation noch verstärken“, mahnte Irmgard Freihoffer von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Bildung sei keine Ware, sondern der Weg zur Emanzipation, sie sei Angebot zur Selbstveränderung und Chance zum Bestehen in der Welt und zur Veränderung der Welt.
Sabine Bruckmeier vom Bayerischen Elternverband machte deutlich, dass gerade Familien durch die aktuelle Politik finanziell enorm belastet werden. Ferner betonte sie, dass „unser Bildungssystem, dessen Kostenfreiheit durch mehrere Generationen erkämpft wurde und das in aller Welt als vorbildlich galt, immer mehr ausgehöhlt wird.“ Studiengebühren seien daher kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt.
„Mir gibt es zu viele Verlierer bei dem, was derzeit abläuft. Und wir werden davon alle betroffen sein. Wir alle! Wir als Studenten, Schüler, Eltern und viele, die es leider noch gar nicht ahnen!“ warnte Benedikt Suttner, der als Redner für die Studierenden auftrat. Immer wieder von tosendem Beifall und Sprechchören unterbrochen, machte er deutlich, dass Studiengebühren vor allem sozial Schwache benachteiligen werden und dass es sich lohnt, gegen diese Ungerechtigkeit zu kämpfen: „Wir haben eine Chance, also nutzen wir sie! Lasst uns unsere Demokratie verteidigen, lasst uns unsere Demokratie leben! Gegen Studiengebühren! Gegen weitere Mittelkürzungen! Für das Grundrecht auf Bildung für alle!“
Thomas Goppel, der bayerische Wissenschaftsminister war aus terminlichen Gründen leider verhindert und konnte nicht kommen.

Die Demonstration war nach verschiedenen kleineren Aktionen, wie zum Beispiel „Hupen gegen Studiengebühren“ in den vergangenen Wochen, um die größte Demonstration der Studenten in Regensburg seit den Protesten gegen den 10%-Kahlschlag der Bayrischen Staatsregierung vor zwei Jahren, sie stellen aber keinen Schlussstrich unter dem Protest gegen Studiengebühren dar. So soll von heute an eine „Zeltstadt“ auf dem Campus auf die angespannte Finanzlage von Studenten Hinweisen und auch für die Großdemonstration in Eichstätt nächsten Samstag, den 25.06.2005 wird mobil gemacht.

Autor: Gabriel Deutscher
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Ergänzungen

Volksbegehren gegen G8

egal 20.06.2005 - 14:15
Warum wird dann nicht das Volksbegehren gegen das 8-stufige Gymnasium thematisiert und unterstützt? Derzeit soll mensch sich bei den Gemeinden in den Listen eintragen. Die Kampagne rollt - halt bloß nicht in den Köpfen von Leuten, die bloß auf die Straße gehen, weil sie sich nicht die Rosinen aus dem Studentenfutter klauen lassen wollen. Daß es in der Studentenschaft auch fitte Leute gibt, beweisen wenigstens manche Transparente.

Info:
Die Initiative Volksbegehren G 9 ist eine Gruppe von Eltern aus dem Landkreis Kitzingen, deren Kinder die Grundschule bzw. das Gymnasium besuchen. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, das in Bayern gegen den Willen der Eltern, Schüler und Lehrer eingeführte G 8 mit Hilfe eines Volksbegehrens zum nächsten Schuljahr zu beenden.  http://www.volksbegehrenbayerng9.de/10509.html

Das "Bündnis für Bildung in Bayern" will im Zusammenwirken aller Betroffenen dazu beitragen, ein vernünftiges Konzept zur Bildung in Bayern zu entwickeln. Aktueller Schwerpunkt ist zurzeit die kaum erträgliche Situation am neu eingeführten 8-jährigem Gymnasium.  http://www.biba-online.net/

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köhler yeah — freund der verkürzung