Die ETA macht Wahlkampf ín Galicien

Ralf Streck 19.06.2005 21:19 Themen: Weltweit
Die baskische Untergrundorganisation ETA hat am Samstag einseitig abgerüstet, um einen Friedensprozess voran zu bringen. Sie gab ihren Verzicht auf Attentate gegen spanische Politiker bekannt. „Ab dem 1. Juni haben wir die Front gegen Politiker spanischer Parteien geschlossen“, Damit hat sie am Samstag dem Wahlkampf in der Region Galicien eine Wendung gegeben. Der PP Demo gegen die Homoehe hat sie Protagonismus geraubt und eine Message an die Welt ausgesangt. Denn im Baskenland tagte gleichzeitig ein internationaler Kongress von Batasuna, um über Schritte gegen die neoliberale Formierung der EU zu debattieren.
Wie eine Bombe schlug die Erklärung der baskischen Untergrundorganisation ETA ein, keine Attentate mehr gegen spanische Politiker auszuführen. Damit hat sie am Samstag dem Wahlkampf in der Region Galicien eine Wendung gegeben. In einer zweiten Erklärung in nur 48 Stunden hat die ETA einen weiteren Schritt zur einseitigen Abrüstung bekannt gegeben, um einen Friedensprozess voran zu bringen, den sie seit Jahren fordert. Im Frühjahr 2004 hatte sie eine Waffenruhe für Katalonien erklärt, nachdem dort die PSOE und Linksnationalisten die Regionalregierung übernommen hatten. Seit zwei Jahren hat die sie keine tödlichen Anschläge mehr ausgeführt.

„Ab dem 1. Juni haben wir die Front gegen Politiker spanischer Parteien geschlossen“, heißt es in einer auf baskisch verfassten Erklärung, die in zwei baskischen Tageszeitungen veröffentlich wurden. Der Entschluss habe mit dem Ende des sogenannten Anti-Terror Pakts zu tun, welchen die regierenden Sozialisten (PSOE) 2000 mit der damals regierenden ultrarechten Volkspartei (PP) geschlossen hatten. „Die Veränderungen“ in der letzten Zeit hätten „zu einer neuen Situation“ geführt, die diesen Schritt ermögliche. Damit bezog sich die ETA auf den Entschluss des spanischen Parlaments, der PSOE-Regierung das Plazet für Verhandlungen mit ihr und der linken Unabhängigkeitsbewegung. Wegen des Antrags der Sozialisten an das Parlament hatte der PP-Chef Mariano Rajoy den sozialistischen Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero einen „Verräter“ genannt und den Pakt praktisch für tot erklärt.

Das zweite Kommunique der ETA fiel auf den Reflektionstag vor den Wahlen gestern (heute) in der Hochburg der ultrarechten PP. Schon am Donnerstag hatte die ETA in einem Kommunique vorgelegt, die Verantwortung für neun Anschläge übernommen, die erheblichen Sachschaden angerichtet hatten. Darunter war auch eine Bombe im „Valle de los Caidos“ bei Madrid, über deren Urheber bisher Unklarheit herrschte. Der Ort, an dem der Ex-Diktator Franco beerdigt ist, ist Wallfahrtsort für Faschisten aus der gesamten Welt. Schon darin hatte die ETA bekräftigte erneut die „totale Bereitschaft“ bekräftigt, sich in einen „demokratischen Prozess“ zur Lösung des Konflikts zu integrieren.
Der kommt näher, wenn die jahrzehntelange Herrschaft der PP in Galicien erstmals seit 1936 gebrochen wird. Dann hat Zapatero den nötigen Spielraum für einen Dialog mit der ETA. Um das zu verhindern hielt sich die PP nicht an die demokratischen Spielregeln. Statt den Wählern Zeit zu geben, am Reflektionstag ihre Entscheidung zu überdenken, mobilisierte sie die erneut. So demonstrierten am Samstag mehrere Hunderttausend Menschen in der Hauptstadt gegen die gerade von der PSOE eingeführte Ehe homosexueller Paare, die erstmals in Europa auch ein Adoptionsrecht vorsieht. Dazu hatte ein erzkonservatives Bündnis aus Kirche und fundamentalistischen Gruppen aufgerufen, dem sich die PP angeschlossen hat. Nach der Ernennung von Papst Benedikt XVI hatte auch der Vatikan die Gläubigen zum Widerstand gegen die Homoehe aufgerufen.
Mit ihren Erklärungen hatte die ETA auch eine Botschaft an die gesamte Welt ausgesandt. Denn bis zum Wochenende fand auf Einladung der verbotenen Partei Batasuna (Einheit) ein internationaler Kongress in Etxarri-Aranatz statt. Trotz Verbot hatte die Partei, die der ETA politisch nahe steht, linke Parteien und -Organisationen aus Europa eingeladen, um im spanischen Baskenland erneut über gemeinsame gegen die Formierung einer neoliberalen EU zu diskutieren. Allein die Tatsache, dass Batasuna den Kongress im spanischen Staat abhalten konnte zeigt, dass eine illegale Partei faktisch legal ist. Dass dies noch dazu in der Provinz Navarra möglich war, die nicht von den moderaten Nationalisten regiert wird, sondern von der Schwesterpartei PP dort (UPN) zeigt die Stärke und die Verankerung von Batasuna. Bis auf Schikanen bei der An- und Abreise der Teilnehmer durch die Guardia Civil konnte der Kongress ohne weitere Probleme durchgeführt werden. Gleichzeitige hatte auch die Jugendorganisation Segi Jugendliche aus ganz Europa geladen und auf Einladung von LAB kamen Gewerkschaftsvertreter zusammen. Auf dem Batasuna-Kongress wurden über den Widerstand gegen ein neoliberales Europa gesprochen und wie der weiter entwickelt werden kann. Siehe  http://de.indymedia.org//2005/06/120650.shtml
Die etwa 100 Anweseden, die auch von Vertretern von Organisationen aus Südamerika, Afrika unterstützt wurden, haben in einer gemeinsamen Erklärung auch eine friedliche Lösung des Konflikts und die Aufhebung des Batasuna-Verbots gefordert.

Hier www.ezkerraeuropan.com können die Ergebnisse des ersten Kongresses eingesehen werden. Hier werden dann auch die Erklärungen des neuen Kongresses veröffentlicht.

© Ralf Streck, Etxarri-Aranatz den 19.06.2005
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Ergänzungen

aupa!

............ 21.06.2005 - 00:35
die leute von segi sind ab heute wieder freie menschen!

Waren sie vorher schon

Ralf 22.06.2005 - 10:53
mussten ja nach vier Jahren (Höchstbegrenzung für U-Haft) rausgelassen werden. Siehe auch Artikel  http://de.indymedia.org/2005/06/121223.shtml

Baskenland-Feature

egal 26.06.2005 - 20:11
Eine Übersicht von Artikeln zur Situation im Baskenland gibt es im Baskenland-Feature:
 http://de.indymedia.org//2005/06/119234.shtml