Studiproteste zur Eröffnung der Kieler Woche

HoPo-Referat des AStA 19.06.2005 14:05 Themen: Bildung
Am Samstag den 18.6. demonstrierten Kieler Studierende auf der offiziellen Kieler Woche Eröffnung "Für Studiengebühren, gegen Bafög, für mehr Elite an der Uni".
Am Samstag den 18.6. wurde die Kieler Woche (größtes Segelereignis weltweit, größtes Volksfest Norddeutschlands oder so) festlich eröffnet.
Neben Ministerpräsident Peter Harry Carstensen kam auch die Oberbürgermeisterin Volquartz und der Bundespräsident (zufällig alle CDU oder CDU-nah).

Aber auch 50 Kieler Studierende wollten den sonnigen tralala-Tag nutzen, um mal bei der Eröffnung vorbeizuschauen.
Mit einer Jubeldemo sollten - passend zum Anlaß - die Studiengebühren gefeiert werden. In schicker Kleidung, z.T. sogar Anzug und Krawatte, und mit Transparenten bewaffnet mischte man sich unauffällig in Kleingruppen unter die 10.000 Leute.

Zu Redebeginn der Politiker wurde dann gejubelt was das Zeug hält. Immer wieder begann eine Kleingruppe mit Klatschanfällen und die anderen stiegen mit ein.

Der Ministerpräsident war dann auch gar nicht schüchtern und erzählte, wie lustig und spaßig die Kieler Woche doch immer wieder sei.
"Ja, Spaß! Spaß!" schallte es (zugegeben etwas leise) aus den Reihen der Zuschauer. Immer wieder wurden seine Worte begeistert wiederholt und Transparente gewedelt, die die Einführung von 5000 Euro Studiengebühren minimum forderte oder sich ganz einfach glücklich zeigte, dass Arme bald keine Chance mehr auf Bildung haben und die Bildungselite unter sich bleiben kann.

Zusammenfassen kann man Carstensens Rede mit: "Viel Spaß bei der Kieler TraLaLa-Woche und ich habe das gute Wetter gemacht!"

Das konnte Horst Köhler natürlich nicht so stehen lassen und meinte, dass bereits früher bekannt war, dass es gutes Wetter gab, wenn der KAISER durch's Land gereist ist. Nicht unbedingt schüchtern der Mann. Das löste natürlich weitere begeisterte Zwischenrufe aus.
Köhler ging dann auch direkt darauf ein und meinte, er würde sich auch gerne hinterher mal mit den Zwischenrufern unterhalten.

Die gesamte Zeit über reagierten die umstehenden Menschen z.T. äußerst aggresiv, rissen Transpis runter und pöbelten, weil sie ein Blick auf die Regenten werfen wollten...!
Die Polizei hat eines unserer Transpis brutal eingezogen, ein anderer Polizist meinte, er hätte gar keine rechtliche Handhabe, uns die Transpis abzunehmen. Da wir aber in der Menschenmasse verteilt waren, gab es auch kaum Chancen für die Grünen, einzugreifen.

Nach der Rede hatten wohl alle Kleingruppen die gleiche Idee - wir nehmen Köhlers Angebot war und man kämpfte sich nach vorne durch. Nach einem 10 minütigen Interview und vielen Pressephotos machte sich unser Bundespräsident dann wirklich noch auf den Weg, in der Menge zu baden.

Als er die Studies entdeckte kam er auf uns zu und unterhielt sich immerhin 1 1/2 Minuten oder so mit einigen von uns (kam mir recht lange vor). Er versprach uns, sich für eine bessere Bildung in Deutschland einzusetzen. *haha*

Im Anschluß trafen wir uns am Ausgangspunkt und viele gingen nach Hause.
Allerdings wollte auch Peter Harry nochmal seine Nähe zum gemeinen Volk beweisen und spazierte (mit seinen Bodyguards und 10 Polizisten) über die Kieler Woche. Sein Weg führte ihn dabei genau an unserem Sammelpunkt vorbei.
"Peter! Peter!" Rufe zogen seine Aufmerksamkeit auf uns und er kamm grinsend auf uns zu. Die Polizei schien etwas nervös, hielt sich aber auf der Strasse im Hintergrund (filmend). Auch hier hatten wir die Gelegenheit, mit unserem großen neuen Herrscher zu sprechen.
Besonders schön war der Spruch:"Abgesehen von den Studiengebühren bin ich einer von Euch!"
"Ja, einer von uns - einer von uns!"
Nach ein paar netten Worten und vielen Pressephotos verabschiedete er sich und zog von dannen. Allerdings sicherte er uns zu, sich mal mit uns zusammenzusetzen und über Studiengebühren etc zu diskutieren. Wir sollten ihn mal schreiben und er gucke mal, wann er Zeit hätte (meinte gleich, dass dies in den nächsten 3 Monaten schwierig werden dürfte). Er würde sich sowohl einer Podiumsdiskussion stellen ("eher ein Gladiatorenkampf"), aber auch in einer kleineren Runde diskutieren.

Wir sind gespannt.

Insgesamt kann man die Aktion mit gemischten Gefühlen sehen. 50 Studies waren (Mobilisierung lief ausschließlich über die Fachschaften - keine öffentlichen Aushänge o.ä.) zwar nicht so viel und für die Menschenmasse definitiv zu wenig, aber trotzdem sind wir aufgefallen. Die Transpis waren zu groß, so dass man sie kaum lesen konnte (auf Stöcke haben wir verzichtet, um unauffällig in die Menge zu kommen). 1-Person-Pappschilder sind dabei eine bessere Idee und wird in der Zukunft in die Tat umgesetzt.
Die Menschen reagierte aggressiv und z.T. handgreiflich - aber wen interessieren schon die 50 Leute um uns herum, die unbedingt unserem Landesherrn lauschen wollen?
Unser Protest wurde erkannt und sogar auf der Bühne erwähnt, die Gespräche hinterher führten zu Interesse der Medien und wenigstens einem Interview mit den "Kieler Nachrichten" (unsere lokale Zeitung).
Da niemand verhaftet wurde etc. war es eigentlich ein lustiger und erfolgreicher Auftakt.
Jetzt heißt es, die Kieler Woche weiter zu nutzen mit vielfältigen und kreativen Aktionen.

Viel Erfolg allen anderen Unis - vielleicht läßt sich die Stimmung ja noch kippen - die Hoffnung, sollte man nicht aufgeben.
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Ergänzungen

Warum...

HH_rocks 21.06.2005 - 21:27
...wurde auf eine breite Mobilisierung verzichtet? Die stärkste Waffe im kampf gegen Gebühren ist Solidarität untereinander. Und die kann kaum entstehen, wenn man derartige Aktionen nur innerhalb der Fachschaften durchführt. Die Mobilisierungserfolge der basisdemokratischen Proteste hier in HH sollten für sich sprechen...