Vor 15 Jahren: Häuserkampf in Ostberlin

Kubat 17.06.2005 02:34 Themen: Freiräume
Am 23. Juni ist es 15 Jahre her, das zum Grossangriff auf die von Neonazis besetzten Häuser in der Ost-Berliner Weitlingstraße geblasen wurde. Der Höhepunkt eines monatelangen Straßenkampfes zwischen Linken und Rechten auf Ostberliner Territorium, in dem die DDR-Polizei meist zum Zuschauen verdammt war. Ein Stimmungsbild der damaligen Hausbesetzer- und Autonomenscene vor anderthalb Jahrzehnten wenige Monate vor der Räumung der Mainzer Straße...vielleicht gerade angesichts der aktuellen Ereignisse um die Yorckstraße interessant - und ein wenig nostalgisch...
Der Mauerfall im November 1989 und die damit verbundene schlagartige Öffnung aller Grenzen in den Ostteil Berlins boten weiten Teilen der alteingesessenen Kreuzberger Szene in den Monaten danach ungeachtet aller Ablehnung der "Wende" und der damit verbundenen Angst vor einem neuen Grossdeutschland ein unerwartet neues Betätigungsfeld:
die heruntergekommenen Wohnquartiere in den Ost-Berliner Stadtbezirken, insbesondere in Prenzlauer Berg und Friedrichshain, aber auch in Lichtenberg und Mitte. Insbesondere erfahrene Häuserkampfstrategen aus Kreuzberg (zu denen ich mich zählen durfte) sahen in Besetzungen auf Ostberliner Territorium vielseitige Perspektiven.
Warum?
Dies hatte folgende Gründe:
Die politische Großwetterlage war in den Monaten nach dem Mauerfall im Ostteil der Stadt dermaßen chaotisch (schließlich war ein System an der Macht, das kurz vor dem Untergang stand!), so dass sich niemand dafür interessierte, ob irgendwelche Gruppierungen nun abbruchreife Häuser besetzten. Es nahm schlichtweg niemand Notiz von uns, als wir im Frühjahr 1990 die ersten Häuser in o. g. Bezirken besetzten.
Die damalige Volkspolizei der DDR war in einem technischen und ausrüstungsmässigen Zustand, der als erbärmlich, wenn nicht gar als lächerlich zu bezeichnen war. Die kamen nicht in Wannen, sondern teilweise in offenen LKWs angefahren, von Demo-Montur wie ihre Westberliner Kollegen konnte keinerlei Rede sein. Somit zog die Volkspolizei es vor, von den besetzten Häusern die Finger zu lassen und gar nicht erst zu erscheinen, zumal der damalige DDR-Innenminister in den letzten Monaten vor der Wiedervereinigung (3.Okt.90) einen Teufel tat, um sich noch um derlei "Banalitäten" zu kümmern.
Im Klartext: Der Osten Berlins war ein freier Raum für uns.

Leider nicht nur für uns als radikale Linke, sondern auch für Faschos, Skinheads und Neonazis aller Coleur, die angesichts der quasi rechtsfreien Zustände im Ostteil ab der Jahreswende 1989/90 immer brutaler, frecher und offensiver agierten. Auf dem Alexanderplatz wurden besonders vietnamesische Gastarbeiter immer häufiger Zielscheiber der Gewaltexzesse junger Ostberliner Glatzen. Die Volkspolizei zog es vor, dem Treiben meist tatenlos zuzusehen, war nicht selten auch froh, nicht selber verprügelt zu werden.
Im Frühjahr 1990 war für uns erstmals erkennbar, das erfahrene westdeutsche Neonazi-Kader wie Michael Kühnen, Friedhelm Busse, Heinz Reisz und Christian Worch mit Erfolg versuchten, die Ostberliner Neonazi-Szene gezielt zu fördern und zu organisieren.
Nach dem Vorbild der Kreuzberger Szene kam es in diesen Monaten zu der ersten - und bis heute einzigen - Besetzung eines Gebäudekomplexes durch Neonazis: die Weitlingstraße in Lichtenberg.

Alle größeren Gewaltaktionen der Faschos wurden in den Folgemonaten von der Weitlingstraße aus geplant und gesteuert, so beispielsweise die Überfälle auf Ausländer am 20. April 1990 auf dem Alexanderplatz, die Angriffe auf Linke etc. im bereich des Bahnhofs Lichtenberg, aber auch die Mobilisierung für bundesweite Neonazi-Events wie den großen Aufmarsch im August 1990 in Wunsiedel.
Viele später bundesweit bekannte Fascho-Gesichter wie Ingo Hasselbach (der später ausstieg), Oliver Schweigert, Kay Diesner (der Jahre später einen Polizisten erschoss) u.a. waren Besetzer der Weitlingstr.

Natürlich rief das massive Auftreten der Neonazis Gegenaktionen von uns auf den Plan. Wir - das waren zahlreiche autonome Gruppen aus Kreuzberg, die in den meisten besetzten Ostberliner Häusern sich einquartiert hatten, oft gemeinsam mit einheimischen Linken, denen der Straßenkampf nach unserer Manier eher fremd war. Es gab auch immer wieder Probleme, die Ostberliner Besetzerszene in die Militanz der West-Autonomen einzubinden bzw. diese Form der Politik für sie transparent zu machen. Darauf aber im Detail einzugehen, würde den Rahmen sprengen.

In den Monaten Februar und März gab es erstmals organisierte Angriffe von Neonazis gegen unsere besetzten Häuser, bei denen hunderte gut bewaffneter Faschos meist im Morgengrauen aufkreuzten und unsere Häuser mit Pyro und Steinen eindeckten. Diese Angriffe konnten alle durch Entschlossenheit erfolgreich zurückgeschlagen werden.
Auf derartige Kriegserklärungen folgten unsererseits in schöner Regelmässigkeit Gegenaktionen, so daß es zeitweise vorkam, das alle paar Tage ein riesiger Pulk von Autonomen sich aufmachte, gegen Faschos zu kämpfen und umgekehrt. Überraschend war für uns nach wie vor die völlige Passivität der Volkspolizei, so dass es passieren konnte, das sich einige hundert Leute am hellichten Tag auf offener Straße prügelten - und die Ordnungsmacht der DDR am Rande stand und zusah.

Für den 23. Juni 1990 war eine große Demo gegen Rechts in Ost-Berlin vorgesehen, an der sich schließlich mehrere tausend Menschen aus vielen linken und liberalen Gruppierungen beteiligten. Im Anschluss an diese Demo war geplant, den besetzten Gebäudekomplex der Rechten an der Weitlingstr. ultimativ plattzumachen.
Wir wussten, das wir bei diesem "Grossangriff" auf organisierte und heftige Gegenwehr der Faschos in der Weitlingstr stossen würden und hatten dementsprechend gut vorgesorgt: Wir waren an die 500 Mann, komplett in Schutzmontur - Hassmaske, Helme, Knie- und Beinschützer - und hatten uns ausgiebig mit Schlagwerkzeugen, Mollies und Signalmunition eingedeckt. Vor der Weitlingstr versperrte uns schließlich ein großes Aufgebot der DDR-Volkspolizei den Weg; wir aber waren entschlossen, uns den Weg freizukämpfen. Es kam zu einer mehrstündigen heftigen Straßenschlacht, bei der es der Volkspolizei nur unter grosser Mühe und mit erheblichen Verlusten (ausgebrannte Bullenkarren etc.) gelang, unseren Angriff auf die Weitling abzuwehren.
Die Medien berichteten in den Folgetagen ausführlich über die "Schlacht brutaler Chaoten" (Springer-Presse). Es wurde im nachhinein bekannt, das die Faschos auf dem Dach des Gebäudes mehrere hundert Liter Benzin bereithatten und diese im Fall eines Sturms der Autonomen auf uns herabgegossen und angezündet hätten.
Ob dies durch die Presse aufgebauscht wurde oder nun wirklich so war, kann ich im nachhinein nicht beurteilen. Fest stand, das die Neonazis in dieser Zentrale über scharfe Schusswaffen aus NVA-Beständen verfügten, die sie auch bedenkenlos eingesetzt hätten.

Man kann sagen, das es an diesem 23. Juni vor 15 Jahren nur durch Zufall keine Toten sowohl auf unserer als auch auf der Gegenseite gab.

Die weiteren ständigen Auseinandersetzungen mit den Ost-Faschos zogen sich den gesamten Sommer 1990 hin, bis zum Tage der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990.
An diesem Tag übernahm die schlachtenerprobte Westberliner Polizei die Hoheit über das gesamte neue Groß-Berlin und innerhalb weniger Wochen war die kurze Zeit der Anarchie vorbei.

Nicht ganz vorbei....es gab schließlich noch die Mainzer Straße, an der sich dann die West-Berliner Polizei mit ihrem gesamten militärischen Apparat dann fast die Zähne ausgebissen hat.
Doch dazu mehr anlässlich des 15. Jahrestags im November...

An dieser Stelle noch viele Grüsse an alle, die damals dabeigewesen sind in diesen heissen Monaten im Frühjahr und Sommer 1990, die dabei waren, als in grosser Mühe Häuser besetzt wurden, als neue Kontakte zu Ostberliner Genossinnen und Genossen geknüpft wurden.
Und last but not least:

SOLIDARISCHE GRÜSSE AN DIE BEWOHNER DER YORCKSTR IM BETHANIEN!
LASST EUCH NICHT UNTERKRIEGEN!
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Ergänzungen

Hierzu kan ich nur

Berliner 17.06.2005 - 09:43
das nette Video "Sag niemals nie" empfehlen! :)

schön!

xyz 17.06.2005 - 10:25
kannst du nicht noch ein bißchen mehr erzählen? ist echt interessant. die zustände zum ende des ddr-systems konnte man in zahlreichen grösseren ost-städten entdecken bspw. leipzig, erfurt, dresden - wo es zu riesigen strassenschlachten zwischen nazis und autonomen/hausbesetzerInnen kam. in erfurt griffen damals ca. 100 nazis das besetzte haus ("banane") auf der krämerbrücke an. die besetzerInnen hatten sich drinnen verschanzt. die nazis zündeten (ausversehen - glücklicherweise) das nachbarhaus an. der angriff konnte aber abgewehrt wrden und schlimmeres verhindert werden. am nächsten morgen wurden aus einschusslöchern in der hauswand projektile entfernt.

Kleine Ergänzung

nur am Rande 17.06.2005 - 12:18
War zu der Zeit auch schon aktiv und meines Wissens hatten Neonazis auch kurze Zeit ein Haus in der Nöldnerstrasse in Berlin-Lichtenberg besetzt. Es gab also doch mehr als nur die Weitlingstrasse. Probleme gab es auch oft in der Pfarrstrasse. Dort gab es auf einer Strassenseite ca. 15 besetzte Häuser und auf der anderen Seite ein Projekt eines Pfarrers, wo er mit jungen Faschos ein Haus ausbaute. Das es da öfter knallte, ist verständlich...

Die Gegend um den Bahnhof Lichtenberg ist jetzt allerdings auch wieder massiv verseucht von braunem Gesox...

Na ja

Dabeigewesener 17.06.2005 - 12:32
Ist ja eigentlich ein ganz interessanter Bericht, aber:
"Wir waren an die 500 Mann, komplett in Schutzmontur - Hassmaske, Helme, Knie- und Beinschützer".
Die Frauen, die dabei waren, hast du wohl vergessen oder was?
Außerdem hast du wohl vergessen, dass es nach der Demo auch innerhalb der radikalen Linken Berlins heftige Kritik an dem Auftreten gab.
Viele sind in voller Kampfmontur schon lange vor der Weitlingstraße rumgelaufen. Das hat die Menschen in Ostberlin eher abgeschreckt.

Und dann der Angriff auf die Bullensperre. der wurde doch recht halbherzig geführt. Es wäre damals recht locker gewesen, durchzubrechen. Auch wegen der Ausrüstung der DDR-Volspolizei.
Das haben wir aber nicht gemacht. Wir haben die Faschohorde und deren Bewaffnung auf dem Dach der Weitlingstraße gesehen.
Falls wir näher an das Haus rangekommen wären, hätten die uns gut vom Dach aus eindecken können.
Stattdessen wurde sich mit den Ostbullen rumgeprügelt, die auch wirklich gut was abbekommen haben. Mehrere Stunden ging das aber auch nicht und so richtig sinnvoll... na ja.
Mal davon abgesehen, dass die Faschos auf dem Dach von unserer Militanz sehr beindruckt waren und wohl richtig Angst bekommen haben, als die Bullen-Lkws (die aber viel zu nah an Wohnhäusern standen) brannten.

Ebenfalls:
SOLIDARISCHE GRÜSSE AN DIE BEWOHNER DER YORCKSTR IM BETHANIEN

Weitlingstr

dabeiner 17.06.2005 - 13:52
Bei dem Angriff auf die Weitlingstr. war ich auch dabei, relativ in der Mitte, wo ich keine Kampfmonturen auf unserer Seite gesehen habe. Auch später beim Flüchten (die VoPo hatte einen Krankenwagen durch die Masse geschickt und stürmte hinterher - eine Taktik, die nur einmal aufgeht; denn in Folge würden die Rettungskräfte nicht mehr als neutral behandelt) sah ich keinerlei passive Bewaffnung (Hassis/Tücher na klar). Ich streite nicht ab, dass manche Gruppen sich ausgerüstet haben, ich sah aber definitiv keine.

video

[indypeer] 17.06.2005 - 20:21

westarrogante Chauvi Berichterstattung

ein Mensch 18.06.2005 - 09:43
Meine Ergänzungen/Berichtigungen...sind schwerpunktmäßig an die interessierten jungen Menschen gerichtet, die hier einige der kommentare geschrieben haben:
Wenn mensch sich die Mühe machen würde und nach Orginaldokumenten und Zeitzeugen schaut wird er/sie feststellen wie schief und ungenau und oberflächlich dieser Bericht ist.
Und wie übel arrogant, aus westlicher Sicht sowie mit Platitüden bestückt, diese reduziert subjektivistische Darstellung ist.
(Zitat: "Kreuzberger Szene", "erfahrene Häuserkampfstrategen" )
Kein Hinweis auf die Vorgeschichte in der DDR, die ersten größeren Besetzungen (von mehr als nur Wohnungen - was in der DDR legal und Usus war) durch die Ost Linke Schönhauser 20/21, Schreiner 47.
Keiner auf die Interim Debatte: als Linke nicht, wie die Spekulaten in den Osten einzufallen und sich Immobilien unter den Nagel zu reißen.
Kein Hinweis auf die aus der Debatte entstandene Ost/West Besetzung der Köpi.
Kein Hinweis auf die Naziangriffe auf die Adalbert 32 mit anschließender Räumung durch die Volkspolizei und darauffolgender
Wiederbesetzung.
Der Autor schreibt an diesem Punkt einfach nur Scheiße.
Zitat:
"Somit zog die Volkspolizei es vor, von den besetzten Häusern die Finger zu lassen und gar nicht erst zu erscheinen"
"Es nahm schlichtweg niemand Notiz von uns, als wir im Frühjahr 1990 die ersten Häuser in o. g. Bezirken besetzten."

Wenn Menschen ihre subjektive Warnehmung absolut setzen und als authentische Wiedergabe der Wirklichkeit verkaufen,
ist das übelste Geschichtsverfälschung und wie mensch an den Kommentaren sehen kann, indirekte Verarschung vieler interessierter junger Menschen.

In ehem. besetzten Häusern gibt es trotz vieler Metamorphosen immer noch hier und da reflektierte, offene Menschen, die ihr bei Interesse ohne große Probleme ansprechen könnt und die euch warscheinlich gerne und hoffenlich auch präziser Geschichte vermitteln können, als dieser mißratene Versuch eines Kreuzberg Militanz Posers.

Selbst das schon in der Produktionsphase umstrittene BasisDruck Buch  http://www.aric.de/db/lit/l-re0007.htm
indem gleichberechtigt (welch Farce) Bullen etc wie auch HausbesetzerInnen zu Wort kommen, ist sicherlich näher an der Realität dran, wie dieser indy Bericht.
Das Mainzer Str. Video "Sag niemals nie" empfanden viele damals als Selbstbeweihräucherung und verfälschendes Werbevideo
(mit zeitlichem Abstand relativiert sich die Kritik)
"The Battle of Tuntenhaus" habe ich leider bis heute noch nicht gesehen als Ersatz dafür:
 http://tuntenhaus.squat.net/haus.html
 http://www.etuxx.com/diskussionen/foo025.php3


Was die Weitlingstr. betrifft, so hatten die Nazis zuerst ein Haus am Nöldener Platz besetzt.
Die KWV (Kommunale Wohnungsverwaltung) hat ihnen dann das größere Haus Weitlingstr./Lückstr. angeboten, welches sie dann auch bezogen und dafür das Haus am Nöldener Platz aufgaben.
Anschließend wurden noch in der Nähe ein oder zwei Häuser (teil-)besetzt. (Genaueres: ältere Antifas fragen)

Die (bundesweite) Großemo gegen die Weitlingstr fand an einem sonnigen Tag statt.
Obwohl wir hunderte/tausende Menschen waren und zuerst einmal eine Runde durch Lichtenberg gingen um möglichst viele Leute zu erreichen, war das ganze eine Farce. Denn nun konnten alle ja das was sie im Westen nicht durften, Vermummen und Helm tragen.
Das geschah aber nicht reflektiert, Helm auf wenn nötig - Helm ab wenn möglich, sondern es war ne Show wie in einem schlechten Film, die von vielen allen Ernstes, mit einem eventeuell möglichen Überfall auf die Demo begründet wurden.
Dabei waren die Nazis derart auf den Schutz ihres Hauses konzentriert, das fast niergends derartige Dummvolk zu sehen war.

Bis an die Zähne bewaffnet, bei brütender Hitze vermummt und mit Helm durch die Plattenbau Schluchten.
Statt den Helm aufsetzten wenn´s nötig ist, die ganze Demo über Bürgerschreckgepose, machistische Selbstbefriedigung....

Am Tierpark wurde im Vorbeiziehen ein großer Camel Werbe LKW (der dort auf ein kleines Fest angesetzt war) geplündert,
so das die Demo anschließend aussah wie von Camel gesponsort. Kritik daran wurde mit aggressivem Nichtverständniss begegnet.
Ein/e Journalist/in schrieb, in ähnlicher Ungenauigkeit wie dieser Autor, von einem geplünderten Kiosk.

Die Demo zog dann, am einige Tage zuvor von Nazis abgegriffenen, Plattenbau Flüchtlingswohnheim vorbei und zwar die Poser Fraktion bei der brüthenden Hitze, weiterhin in voller Montur.
Über den Eindruck, den dieser Auftritt auf die Flüchtlinge hatte, möchte ich nach so langer Zeit nicht mehr urteilen.

Alles in allem war der Tag von negativen Erscheinungsformen von "linker" Seite dominiert.

Anschließend auf die Weitlingstr. zulaufend an der Spitze der Demo lief ein Typ mit nem Aufkleber "Womens Defence Corps" soviel zur Athmosphäre.

Die Vopos hatten ihre Straßensperre mit den in der DDR üblichen Pritschenwagen und zwei Ost Wasserwerfern errichtet.
An dieser Stelle kotz mich die arrogante Darstellungsweise dieses Autors auch wieder an.
Denn trotz der relativ schlechten Ausrüstung der Vopos reichte sie Jahrzehnte zur Repression der Bevölkeruung weitestgehend aus. Die sprichwötliche Westbrille hat anscheinend mache Leute "blind" und "taub"... gemacht.

Eine andere Facette der Vopos offenbarte sich einige Tage zuvor.
Denn, nach dem- im Mainzer Str. Video "Sag niemals nie" wiedergegebenen Naziangriff, gab es Abends bereits eine Spontandemo zur Weiltingstr. bei der mensch neben den Vopos stehend Pyros auf das Haus abschießen, bzw Steine schmeißen konnte.
Als dann vom Dach des Hauses Klamotten geflogen kamen, nahmen die Vopos ihre Knüppel und schoben uns freundschaftlich weiter, mit nem Spruch, daß es besser für "uns" sei weiterzu gehen, da ja von oben geworfen wird...
Dieses Erlebniss möchte ich nicht missen und es spielte auch in der folgenden Situation für meine Bewertung eine Rolle.

Nun kam die Demo also auf die Absperrung zu, die Vopos hatten einen taktischen Fehler begangen.
Die Absperrung war nicht direkt an der Ecke aufgebaut an der die Demoroute abknickte, sondern weiter zum Haus hin, so das viele Leute neugierig, bis an die Absperrung gingen.
Es begannen Rangeleien, dann folgten Hauereien, danach Stein, Flaschen und Molli Würfe.
Das vollzog sich sukszesive, während immer mehr Menschen von der Demo nachrückten.
Nach einiger Zeit entschlossen sich die Demoveranstalter mit dem Lautsprecherwagen zum Abschlußort am Münsterlandplatz weiter zu ziehen, was dazu führte das immer mehr Menschen weiterzogen.
Als nach einiger Zeit Sirenen von hinten kamen, begannen die üblichen Panikreaktionen.
In der Angst in der Häuserenge eingekesselt zu werden flüchteten die meisten Menschen.
Die Sirenen entpupten sich als Krankenwagen, jedoch war die Luft raus, mindestens ein LKW brannte, die Mehrheit der Demo war weitergezogen und nun hauten auch noch die Anderen ab.
So erkannte auch die Kamikaze Fraktion die Sinnlosigkeit und mußte sich wiederwillig zurückziehen.
Die machistische Scheiße, die oben steht hat Nichts aber auch Garnichts mit selbstkritischer Wiedergabe zu tun, sondern ist unreflektierte, verklärende Heldenstorie Wiedergabe.
Was das auf der Startseite soll ist mir echt schleierhaft !?
Zitat:
...wir aber waren entschlossen, uns den Weg freizukämpfen.
Es kam zu einer mehrstündigen heftigen Straßenschlacht, bei der es der Volkspolizei nur unter grosser Mühe und mit erheblichen Verlusten.
Ein echter Kriegsberichterstatter "erheblichen Verluste" "mehrstündige heftigen Straßenschlacht"- welch eine Farce.
Vielleicht haben wir ne Stunde Strassenschlacht gehabt, das war´s dann aber auch.
Wobei ich mir fast sicher bin, daß es weniger als ne Stunde war.

Es gab später ein Verfahren gegen die Demoanmelder aus der Ost Antifa.
Und es war wohl auch der Anfang vom Ende, der ersten größeren Ost West Antifa Zusammenarbeit, die unter anderem,
an der hier auch wieder durchscheinenden Westarroganz zerbrochen ist.
Der Autor scheint bis heute nichts gelernt zu haben.
Wobei ja auch in der Art seiner Berichterstattung Durchblickt das er von hintergründen und Zusammenhängen wenig bis keine Ahnung hat(te).
Auch damals gab es Menschen die von Verrat sprachen, da die Demo weitergezogen sei, während sie die Polizeisperre durchbrechen und das Haus stürmen wollten.
Auch schon vor der Lektüre von Hasselbachs Aussteiger Buch, war die Irrsinigkeit dieser Ideen meineserachtens ersichtlich.
War das Haus doch voll mit schwerbewaffneten Nazis.
Aber zu Konsequenzen wie etwa Tote (im Kontext von "autonomen Demos") hat die Kamikaze Fraktion ja sowieso meist ein anderes Verhältniss gehabt, was sich am Umgang im Kontext der Startbahnschüße 1987 und dem erstochen Nazi Kaindl (1994)
und die anschließenden Spaltungen der Soligruppen gezeigt hat.


Erwähnenswert aus der Zeit sind sicherlich noch die Angriffe der BFC (Nazis-) Hools (deren (ironischer ?) Schlachtruf "Erich Mielke unser Führer" lautete) nach deren Spielen im Jahnsportpark.
Die bekanntesten sind die auf die Schönhauser 20/21, mit den seit damals immer wieder in Antifa Blättern abgedruckten Fotos von dem Angriff.
Sowie der Angriff auf das Tacheles, bei der eine Frau so schwer verletzt wurde, (Molli?) das sie erblindete. (?)
Anschließend fiel den Tacheles Karriere Künstlern um ihren damaligen Leithammel Jochen Sandig (Pro Hauptstadt, Pro Olympia...) nichts besseres ein, als die Nazikader aus der Weitlingstr. zum Plausch mit Bärbel Bohley, in die Akademie der Künste Ost (neben der Charite) zu laden, was durch Antifa Mobilisierung verhindert werden konnte.
Interessant auch, das diesem Berichterstatter nur die deutschen Nazis einfallen, obwohl zum Beispiel die Österreicher Gottfried Küssel und Günther Reinthaler zentrale Rollen in der Weilingstr spielten.
 http://lexikon.idgr.de/k/k_u/kuessel-gottfried/kuessel-gottfried.php
 http://www.google.com/search?hl=de&q=G%C3%BCnther+Reinthaler&lr=
Mindestens der (die) abgefackelte(n) Jeep von Reinthaler sollte an einem derartigen militanzfixierten Menschen,
wie dem Schreiber, nicht vorbeigegangen sein.


Das Benutzen der Begrifflichkeit "Ausländer", also die gebräuchliche Reproduktion der herrschenden Unterteilung in In und Ausländer, (Ab bzw Aus -Grenzung/-Wertung, Hierachisierung, Stigmatisierung... ) durch den Berichtschreiber zeigt auch in dieser Hinsicht fehlende Reflexion
Genauso wie der Begriff "Gastarbeiter".
Wenn schon die herrschende Sprache/Herrschaftssprache dann
"Vertragsarbeiter".
Gastarbeiter war im Westen gebräuchlich.  http://de.wikipedia.org/wiki/Gastarbeiter

Mann "Kubat", du bist ne Type, an der recht deutlich wird, warum Menschen die eine emanzipatorische, reflektierte, selbstkritische Gesellschaftsveränderung wollen, viele Aktionen der Mainstream-, Massen-, Bauch- Linken zu recht meiden.

Denk mal über Miltanz, Militarismus, Machismo, Patriachiat, Rassismus... nach bevor du wieder mal so nen Artikel schreibst.
Dein "die Linke" vereinnahmender und die Staatsseite puaschalisierdender Schreibstiel läßt auch ein äußerst einfaches Gemüht schließen.

machistische Westsicht, Ungenauigkeiten, Fehler, Verklärungen, Verallgemeinungen, Vereinahmungen...

welch ein mieser Text auf der indy Startseite


Zum Abschluß noch ein Literaturhinweis:
 http://autox.nadir.org/buch/buch_inhalt.html#kap4

Danke @ Ein Mensch

Fischkopp 18.06.2005 - 11:13
...Danke, daß hier wenigstens eine vernünftige Gegendarstellung erscheint, ich dachte schon, daß sich hier alle nur noch in dieser Pose "wir sind die tollen Linken aus dem Westen, und zeigen denen im Osten mal was Strassenkampf ist" beweihräuchern ... Schon die ganzen 80er hindurch gab es eigenständige Wohn- und Hausnutzungen (sog. "Schwarz-Wohnen"), die sich sicherlcih nur im Rahemn des im Graubereich möglichen entwickeln konnten, aber abseits dumpf-linker, sinnlos-militanter Freizeit-Strassenkämpfen ganze Lebensprojekte verwirklichten, und "Nebenbei- Effekt" ganze Strassenzüge in Erfurt, HAlberstadt oder Quedlinburg erhielten. Der alltägliche Kampf um Freiheit, um das was geht oder nicht geht, war groß genug, warum sich dann auch noch in selbst herbeiprovozierten Kämpfen offiziell das Lebensprojekt zertrümmern lassen. Leider war dies der Weg, der durch die Invasion der West- Autnomen in der Blauäugigkeit falschverstandener, herbeiillusionierter Solidarität von den Ost- Alternativen & Autnomen eingeschlagen und mitgegangen wurde.
Wären Energie und Freude darauf verwendet worden, die Häuser offensiver aufzubauen und zu verteidigen statt sich in sinnlosen Scharmützeln mit einerm künstlich herbeigebastelten Gegner zu ergehen, dessen Daseins- Berechtigung sowieso abgelaufen war. Schade, dass die Chance nicht genutzt worde, einen autonomen (Lebens-) Weg zu finden, der auf diese samstäglichen Nachmittags- Strassenkämpfchen verzichten kann, und Enrgie und Kraft für die wirklichen Kämpfe nutzt, die dann aber zu bleibenden Resultaten führen.


...und zu den "500 Mann": "Geschichte ist, wenn Männer sie machen" (HRK).

@Mensch

EhemalsBerliner 20.06.2005 - 01:36
Sorry aber ich meine du haust bißchen zu krass auf den Putz mit deiner Kritik an dem Bericht! Das Kubat das Thema Ost/West Autonome bewusst nicht vertiefen wollte, schreibt er doch bewusst.
Fakt ist, das wirklich durch das auftreten der Kreuzberger "Szene" oder wie auch immer man sie nennen will, ein völlig neuer Wind in die Ost-Besetzerwelt wehte, gerade was Militanz anbelangt.
Oder willst du etwa behaupten das der Widerstand in der Mainzer Strasse durch oder ausschließlich nur mit Ost-Autonomen möglich gewesen wäre?
Das ich nicht lache!
Nur durch die tatkräftige Hilfe, Unterstützung der von dir so abfällig als "Kamikaze Fraktion" bezeichneten Leute war es möglich, das den Bulllen die Räumung der Mainzer dermassen schwer gemacht wurde.

ausserdem: wen interessieren denn immer diese ewigen Debatten von damals
bzgl. der Interim, bzgl. Heinz Schenk, Kaindl etc.?
welcher junge Linke von heute kann mit diesem alten Zeug überhaupt noch etwas anfangen????
Der autor wollte einfach einen interessanten "Kampf"-bericht aus besseren Tagen für jüngere Leser liefern und ich finde das hat er erreicht.
Die Schlacht an der Weitlingstrasse hat allerdings wirklich nur knapp 2 std gedauert, soviel ich mich erinnern kann.

Die andere Seite der Wahrheit

saltandvinegar 30.10.2005 - 01:13
wie es wirklich war, steht dann mal hier:

 http://strickilein.blogspot.com/2005/10/alte-zeiten-gegen-mythen.html

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