Wagenplatz Aachen soll geräumt werden

Drossel 15.06.2005 13:29 Themen: Freiräume Repression
Seit dem 5.6.05 gibt es am Drosselweg in Aachen einen besetzten Wagenplatz. Seitdem hat sich viel getan….
Unmittelbar nach der Besetzung bildete sich sofort eine BürgerInnenini, die den Parteien die Türen einrannte, da sie keinesfalls einen Wagenplatz tolerieren wollten. Es wurde „argumentiert“, dass die Stadt ihnen zuerst „die Ausländer, dann die kinderreichen Familien und nun den Wagenplatz“ zumute. Das Geschehen dort beobachteten sie gekonnt, in altbewährter Manier, hinter den Spitzengardinen hervorlugend. Nachdem die Bullen mehrmals grundlos von AnwohnerInnen gerufen wurden, wurde diesen angedroht, bei nochmaliger unnützer Alarmierung einen Selbstkostenanteil von je 85 Euro bezahlen zu müssen. Schluss mit Grün.
Auf der anderen Seite solidarisierten sich ebenso spontan Dutzende NachbarInnen, die Wasser, Nahrung, Strom, Werkzeuge etc. vorbeibrachten. Täglich fanden sich ab mittags etwa 20 Kids ein, die den Wagenplatz fortan als Abenteuerspielplatz betrachteten und mitnutzten. Die Widersprüche, die es eh schon in diesem Viertel gab, wurden noch mal allen deutlicher.
Mittlerweile scheinen sich die Wogen zu glätten. Immerhin reden inzwischen über drei Ecken WagenplatzbefürworterInnen und GardinenlugerInnen wieder miteinander. Einige der Letzteren geben sogar zu, wohl massive Vorurteile gehabt zu haben.
Der Drosselweg liegt im Aachener Ostviertel, eine Gegend, die gemeinhin als „sozialer Brennpunkt“ gilt. Der sozialen Marginalisierung folgt polizeiliche Repression. So wird Jugendlichen das Fussballspielen verboten und das Spielen von Kindern auf Grünflächen vom Ordnungsamt unterbunden. Baumhäuser auf dem nun besetzten Platz wurden rigoros abgerissen. Kurz: Die fehlenden gesellschaftlichen Perspektiven für die dort lebenden Menschen werden schon früh deutlich.

Nun aber zur offiziellen Seite:
Die Stadt Aachen, bestehend aus SPD und Grünen ist Grundstückseigentümerin und not amused at all. Dienstag gab ihr Pressesprecher das Ultimarum bis zum Wochenende bekannt, ansonsten wird eine „Zwangsräumung herbeigeführt“. Die Gesprächsangebote der WagenplatzbewohnerInnen wurden zurückgewiesen. Als „widerrechtliche Angelegenheit“ betrachtet, besteht für die gute alte Sozialdemokratie kein Anlass zur Diskussion. Auch auf keinem anderen städtischen Gelände würde ein Wagenplatz toleriert.
Zum Thema Wagenplatz gab es bereits vor einem halben Jahr ergebnislose Gespräche.

Die nächsten Tage wird wohl versucht werden, auf dem Verhandlungsweg eine Räumung abzuwenden und Gespräche mit OB Linden zu führen. Der jetzige Platz wird von den BewohnerInnen als Idealer angesehen. Sowohl vom räumlichen Ambiente, als auch von den vielen tollen Menschen, die dort leben und uns ganz schön viel Mut gemacht haben.
Die NachbarInnen des Platzes haben zur Unterstützung angefangen, Unterschriften zu sammeln, eine Liste für „über 14-jährige“, eine für „unter 14-jährige“. Aber auch im Viertel ist klar, dass die Meinung der BefürworterInnen nicht zählt.
Welcher Weg am Wochenende gegangen wird, ist bisher noch unklar. Klar ist aber, dass sich die Wägen nicht in Luft auflösen werden, es einen Wagenplatz in Aachen geben muss, am besten, einen im Drosselweg.
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Ergänzungen

Presse + Ratsantrag zur Duldung

drossel bleibt 15.06.2005 - 14:17

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