Erneut Beugehaft in Magdeburg

Nachdem das OLG Naumburg zuvor zwar den Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung nach § 129a StGB fallen lassen musste, dennoch aber wegen schwerer Sachbeschädigung gegen zwei Aktivisten Haftstrafen in Höhe von 2 ½ Jahren (gegen Marco) und 1 ½ Jahren (gegen Daniel) verhängte, wurde der dritte Angeklagte, Carsten, freigesprochen. Aufgrund der eingelegten Revision wurde das Urteil gegen Marco und Daniel aber aufgehoben und das Verfahren an das OLG Halle verwiesen.

Während das Urteil gegen Marco vor dem OLG Halle durch den zuständigen Richter Braun bestätigt und seitens der Rechtsanwälte umgehend erneut Revision eingelegt wurde, wird derzeit, aufgrund von Verfahrensfehlern, das Verfahren gegen Daniel komplett neu aufgerollt. Das heißt unter anderem auch, dass alle Zeugen noch einmal gehört werden sollen. Vorgeladen sind bzw. waren in diesem Zusammenhang auch zehn GenossInnen der beiden Aktivisten.

Heute wurde gegen Carsten (der praktischerweise wegen seines Freispruchs als Zeuge vorgeladen werden konnte) Beugehaft verhängt, um von ihm eine Aussage gegen Daniel zu erpressen. Das juristische Instrument der Beugehaft dient insbesondere in politischen Prozessen zur gezielten Erpressung von Aussagen. Werden diese verweigert, droht den Betroffenen Haft bis zu 6 Monaten und/oder ein Bußgeld. Dadurch kann der Arbeitsplatz, das Studium und die Wohnsituation und somit die Existenz der Betroffenen gefährdet sein.

Das Mittel der Beugehaft wurde heute in diesem Prozess aber nicht das erste Mal als Druckmittel angewandt: Bereits in der Verhandlung am 26.04.05 verhängte Richter Braun Beugehaft sowie eine Geldstrafe in Höhe von 1000 Euro gegen Marco, nachdem er eine gemeinsame Erklärung der zehn Zeugen verlas, mit der kollektiv jede Aussage im Rahmen dieses Gesinnungsprozesses verweigert wurde. Die Anordnung der Beugehaft gegen Marco ist mehr als bezeichnend für den Charakter dieses Prozesses: Da das Urteil gegen ihn wegen der noch laufenden Revision beim BGH noch nicht rechtskräftig war, stand ihm als Beschuldigter in einem laufenden Verfahren auch ein Aussageverweigerungsrecht gem. § 55 StPO zu. Das OLG Halle hat damit unter dem Vorsitz von Richter Braun zum wiederholten Male den Boden rechtsstaatlicher Grundsätze verlassen und damit deutlich gemacht, dass es in diesem Verfahren vor allem um eines geht: Die Kriminalisierung linken Widerstands.

Wir, die Rote Hilfe Ortsgruppe Hamburg, solidarisieren uns mit den von Beugehaft betroffenen Aktivisten und fordern deren sofortige Freilassung!
Freispruch für Marco und Daniel!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!

Rote Hilfe Ortsgruppe Hamburg

Infoveranstaltung zu den Magdeburger Verfahren in Hamburg:
Mittwoch, 15.06.2005, 20.00, Rote Flora