Polizeiliche Repression gegen linke Fußballfans

polithooligan 13.06.2005 20:40 Themen: Antifa Repression
Am Samstag den 11.6.05 besuchte eine größere Reisegruppe von linken Fußballfans das Verbandligaspiel zwischen FC Schwedt 02 und dem SV Babelsberg 03 II. Es ging uns darum, dem rechten Pöbel in Schwedt mal wieder Einhalt zu gewähren...
Los ging es für unsere Reisegruppe aus Berlin bereits in den frühen Morgenstunden gegen 9.00 Uhr. Wir fuhren gemeinsam mit der S-Bahn Richtung Babelsberg um dort auf die restlichen Leute – Ultras Babelsberg, Eckcrew und diverse andere Babelsbergfans – zu stoßen.
Der Bus stand bereits abfahrbereit, so dass wir nach kurzem Empfang mit der an die 60 Leute umfassenden Besatzung losfahren konnten.
Die Stimmung war ausgelassen und wir fuhren etwa 2 1/2 Stunden, bis wir im brandenburgischen Schwedt angekommen waren: Diese Stadt war in den 90er Jahren als braune „Terrortown“ überregional bekannt, da es dort eine ausgesprochen große und militante Neonaziszene und kaum linke Jugendliche gab. Im Verlauf der 90er kam es immer wieder zu brutalen Naziübergriffen, welche auch zu mehreren Todesopfern führten. Während es um die Jahrtausendwende vorübergehend etwas ruhiger (was nicht heißen soll weniger schlimm) war, gibt es seit einiger Zeit wieder eine florierende Naziszene in und um Schwedt.
U.a. kam es vor zwei Jahren zu dem brutalen Mord in Potzlow nördlich von Schwedt, außerdem versuchten Nazis 2004 ein linkes Jugendzentrum in Schwedt anzuzünden. Der MHS und andere Kameradschaften sind weiterhin vor Ort aktiv – eine linke Szene gibt es faktisch nicht in Schwedt – nur ein paar Ansätze von alternativen Jugendkulturen.
Der erste Anblick bei der Durchfahrt durch Schwedt war bereits enorm ernüchternd: Plattenbauten ohne Ende, viele leerstehende Wohnungen, keine kulturellen Angebote sichtbar, die diese schrumpfende Stadt auf den ersten Blick lebenswert machen könnten...
Für uns ging es nun noch kurz über die Grenze nach Polen, um uns mit Zigaretten und weiteren Utensilien günstig einzudecken – bevor wir dann nach einer kurzen Irrfahrt durch Schwedt pünktlich um 15.00 Uhr mit unserem Bus am kleinen Stadion (eher ein Bolzplatz) des FC Schwedt 02 ankamen.

Anlass dieses Verbandsligaspiel des 30. und damit letzten Spieltages zwischen dem FC Schwedt 02 und dem SV Babelsberg 03 II zu besuchen, war neben dem sportlichen Interesse natürlich unser politisches Engagement. Neben einigen linken Hooligans/Ultras waren am heutigen Tage auch einige Antifas und Redskins mit am Start.
Die „Brigade Schwedt“ hatte als Ultra-Gruppierung des FC Schwedt 02 die Fans von Babelsberg 03 unter der Rubrik Feinde mit folgendem Text auf Ihrer Homepage veröffentlicht: „Das schlimmste Mitbringsel des Filmstudio-Vereins ist ohne Zweifel der randalierende Pöbel, bestehend aus Che Guevarra-Anhängern, Steinewerfern und Punks. Der Babelsberger an sich fällt dadurch auf dass er sich mehr Politischem widmet als dem eigenen Verein und Fanfreundschaften aufgrund politischer Gesinnung pflegt. Kaum ein anderer Verein tritt so häufig durch seine Fans in die negativen Schlagzeilen. Sie zeigen keine Toleranz gegenüber anderen Fans, wir zeigen dem asozialen Abschaum Randberlins unsere tiefste Abneigung!“
Dieser netten Provokation wollten wir an diesem Tage Taten folgen lassen, um sämtliche Vorurteile der „Brigade Schwedt“ zu bestätigen.
Als wir schließlich mit unseren knapp 60 Leuten aus dem Bus sprangen und das Stadion enterten, um die sichtlich überraschten Schwedter mit lautstarken Fangesängen und ersten Leuchtigeschoßen zu begrüßen, war es auf Schwedter Seite sofort muxmäuschenstill.
Die „Brigada Schwedt“ war jedoch nur mit knappen 10 Leuten (der Rest war wohl auf dem „Fest der Völker“ in Jena?), drei Trommeln und zwei Transpis vor Ort und auch die üblichen Naziklamotten waren nicht (mehr) zu sehen, so dass wir es uns erst mal auf den Stehrängen in der Mitte des Spielfeldes gemütlich machten.
Bei einigen von uns wurde die Stimmung immer ausgelassener, da der Alkoholpegel nun teilweise schon enorm war und sich bisher kein einziger Bulle (!) blicken ließ, um uns unseren Spaß zu verderben.
Es wurden ordentlich Fangesänge vom Stapel gelassen und das Spiel lief so vor sich hin – Stand 0:0 zur Halbzeitpause.
Nun beschlossen wir uns über das Spielfeld in Richtung Haupttribüne (Platz für 100 Leute) zu begeben, um die schönsten Plätze des Stadions für uns in Anspruch zu nehmen. Prompt wurden unsererseits so schöne Sprechchöre wie „Kühe, Schweine – Ostdeutschland!“ und „Deutschland muss sterben, damit wir leben können!“ angestimmt, um der eingeborenen Bevölkerung mal vorzuführen, dass es auch noch linke Fußballfans gibt. Dies führte jedoch sofort zu ersten kleineren Scharmützeln, so dass unter anderem einem alten Schwedter (Nazi-)Opa der Kragen platzte, so dass er versuchte einen von uns zu attackieren. Bei diesem kurzzeitigen Gerangel ließen wir es uns nicht nehmen, noch schnell ein bisschen Rauch auf der Tribüne zu entzünden, so dass die Empörung auf Seiten des Schwedter Volksmobs nun beinahe eskalierte...
Deshalb begaben wir uns schnell wieder auf unseren ursprünglichen Platz auf der anderen Seite des Spielfeldes, wo wir wiederum lautstarke Fanchöre ansetzten und unsere Mannschaft unterstützten, welche schließlich 2:1 gewinnen konnte. Die Schwedter Vereinsführung hatte mittlerweile die Bullen gerufen, so dass sich am Stadionausgang nun etwa 20 Mitglieder des Team Green positionierten.
Nach dem Schlusspfiff ging es noch mal an dem armseligen Häuflein „Brigade Schwedt“ vorbei, es flogen noch mal 2 Leuchtis, um dann gemeinsam Richtung Ausgang zu gehen. Ein Teil von uns legte sich noch mit ein paar offensichtlichen Nazis und den Bullen an, was jedoch nach 20 Minuten etwa beendet war.
So begaben wir uns nun schließlich zurück zu unserem Bus um die Heimreise anzutreten. Natürlich wollte nun das Team Green nicht mehr locker lassen und begleitete von nun an unseren Reisebus mit zwei Polizeiwägen.
Die Rückfahrt schien zunächst friedlich zu verlaufen, bis wir schließlich bei einer Autobahn-Raststätte Halt machten. Ein Teil von uns befand sich bereits in dem Tankstellenshop, als draußen plötzlich eine Bullenwanne und ein Six-Pack vorfuhren.
Nun ging es ziemlich schnell, bis der erste von uns ohne ersichtlichen Grund von der Berliner Prügelgarde der 23er Einheit verhaftet wurde. Im selben Moment nahmen die Bullen eine Frau von uns auf übelste Art und Weise fest: sie wurde von den Bullen sexistisch beschimpft, am Hals gewürgt und schließlich bauchlängst in die Wanne geworfen!

Wir mussten uns nun erst mal wieder alle rund um den Bus sammeln, um die tollwütigen Bullen an weiteren Festnahmen zu hindern. Es wurde unsererseits beschlossen so lange zu warten, bis die zwei Verhafteten wieder freigelassen würden. Dies geschah erstaunlicherweise nach knapp 15 Minuten, so dass wir sichtlich aufgewühlt unsere Fahrt Richtung Babelsberg fortsetzen konnten.

Auf der Autobahn gab es nun eine zusätzliche Begleitung durch die 23er Schlägereinheit. Die Stimmung im Bus wurde wieder besser und eigentlich dachten wir kurz vor Babelsberg, dass das Ganze nun gegessen sei. Jedoch prollte einer der Bullen aus der Wanne nun mitten auf der Autobahn auf, indem er bei voller Fahrt die hintere Tür der Wanne öffnete und eindeutige „Kommt doch her!“- Handbewegungen in unsere Richtung machte. Der Bus ließ sich diese Provokation nicht gefallen und machte den Bullen mit eindeutigen Handzeichen klar, dass sie einen an der Waffel hätten.

Ob diese kurze gegenseitige Provokation nun der Anlass für die darauf kommende Polizeischikane gewesen ist dürfte äußerst zweifelhaft sein. Eher ging es den Bullen darum uns willkürlich einzuschüchtern und unsere Daten für die Einsatzgruppe Hooligans (EGH) und den Staatsschutz zu erfassen: auf jeden Fall wurden wir eine Parkplatzausfahrt vor Babelsberg von den Bullen dazu gezwungen, dass sich der gesamte Bus einer Personalienfeststellung und Identitätsprüfung unterziehen musste.

Anfangs überlegten wir noch unsere Personalausweisabgabe kollektiv zu verweigern, worin einige jedoch keinen Sinn sahen und meinten, dass die 23er notfalls den Bus stürmen würden – was diesen Prügelknaben ja nun leider auch wirklich zuzutrauen ist.

So gab es nun eine etwa zweistündige polizeiliche Maßnahme gegen uns – mittlerweile waren ca. 50 Bullen plus Hunde vor Ort – während welcher jeder von uns seine Personalien angeben musste. Während dieser unsäglichen Repressionsmaßnahme wurde ein Babelsberger von den 23er Bullen brutal wegen angeblicher Beleidigung verhaftet. Er wurde von den Bullen gegen die Wanne geschleudert und mit Fäusten bearbeitet und auf Grund unseres lautstarken Protestes schließlich hinter die Wanne geschleppt, wo das Ganze sich fortsetzte. Hier hat die 23er ein Mal mehr Ihr faschistisches und menschenverachtendes Verhalten an den Tag gelegt. Kennzeichnungspflicht solcher Prügelbullen jetzt sofort!

Als die Bullenschikane gegen 22.00 Uhr beendet war ging es Richtung Babelsberg zurück. Dort beteiligte sich ein Teil von uns noch an den Schutzmaßnahmen beim Ghettogether-Hip-Hop-Festival, wo es im Verlaufe des Abends auch immer wieder Streß mit Nazis gab.

Fazit: Einmal mehr hat sich an diesem Tag gezeigt, wie wichtig es ist auch in den brandenburgischen Klein- und Mittelstädten Antifapräsenz vor Ort zu zeigen. Der tiefbraune Sumpf geht dort mittlerweile quer durch die ganze Gesellschaft und alle Altersgruppen. Die 23er Einheit hat sich ein weiteres Mal als brutales Niederhaltungs- und Unterdrückungsorgan gegen linke AktivistInnen erwiesen. Es ist scheinbar wichtiger die wenigen linken Ultras/Antifas/Hooligans zu bekämpfen, als vor Ort gegen rechtsextreme Strukturen vorzugehen.
Schön zu sehen war an diesem Tag, dass die Symbiose von Ultras/Antifas/Hooligans/Redskins etc. scheinbar gut funktioniert und auch noch ausbaufähig ist!
Fußballfans sind keine Verbrecher!

Am 18.6.05 findet übrigens das mittlerweile fünfte antirassistische Stadionfest in Babelsberg statt.
Es wird neben einem internationalen und antirassistischen Frauen-, Jugend- und Männerfußballturnier, verschiedene Aktionen zum Schwerpunktthema "Fussball und Überwachung" geben.

Ab 19.00 Uhr spielen Knattertones und Kumpelbasis auf.

Mehr Infos unter: www.der-ball-ist-bunt.de
www.collectivo-babelsberg.de.vu
www.filmstadtinferno.de
www.young-ultras-bbg.de

Unter www.losfastidios.com könnt Ihr die Antifahooliganhymne als Video unter Diskographie herunterladen!

Zwei ältere Artikel zur Schwedter Naziszene:

Schwedt: Serielle Einzelfälle
 http://www.klick-nach-rechts.de/ticker/2003/08/schwedt.htm

Terrortown revisited:  http://www.klick-nach-rechts.de/ticker/2003/10/aib2.htm


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Ergänzungen

Ultras gegen Faschos?

... 13.06.2005 - 21:59
Lest mal das hier:

 http://www.indynews.net/inn/news/aktuell/article/1564/1013/077be1744c/?tx_ttnews%5BpS%5D=1114898400&tx_ttnews%5BpL%5D=2678399&tx_ttnews%5Barc%5D=1

v.a.: Das hier ist interessant:  http://www.schickeria-muenchen.de/cgi-bin/index.pl?action=infos⊂=steckbrief

auch die Fotos und weiteres wirken so, dass die Jungs und Mädels ziemlich in Ordnung sind für Fußballfans... Wie wärs denn mit ner gemeinsamen großen Präsens von "linken Ultras" bei Spielen, wo ein hohes Naziaufkommen als wahrscheinlich gilt...
Hätten dann alle so ihren Spaß dran, außer natürlich den Nazis, aber die hatten in letzter Zeit sowieso nicht viel zu lachen

Ein Beitrag aus Magdeburg

Antifa-Hooligans 14.06.2005 - 01:43
auch beim 1. FC Magdeburg gibt es ein paar Antifas im Block...

Auf nach Frankfurt/Main!

Werderaner 14.06.2005 - 03:09
am mittwoch demo in frankfurt/main gegen repression!

 http://www.fandemo.de/

hallo floh

babelsberger 16.06.2005 - 14:34
also lieber floh da du nich dabei warst hier mal die tatsachen:auf der tribüne machten mehrere opis nen aufstand da die tribüne nur für sponsoren und mitglieder gedacht ist.als er dann mit seiner krücke ausholte und dadurch einer von uns kopfüber die treppe runterflog,was wie du weist zu erheblichen verletzungen fürn kann.daher gabs nen kleines handgemänge.übrigens wurde vor zwei jahren ein schwarzer spieler vom svb 03 II von schwedtfans verprügelt.

frage

mercedes 04.07.2005 - 12:52
hej, ich arbeite grad an einem text ueber antisemitismus im stadion(BRD) und braeuchte dringend fotos, bilder von nazis in stadien, transpis mit slogans, etc. hilfe, bilder, fotos, tipps, links- her damit. vielen dank schon mal.  henrike77@gmx.de

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 28 Kommentare an

"Pauli Fan" fake? — antifa

Zum Spruch — ...find ich

Fußball ist blöd — beckenbauer

ANTIFA HoOLIGANS! — (muss ausgefüllt werden)

vertan? — bergmann

Grüsse an die linken Ultras und Hools — Antifa der kein Fussball mag

photos? — emaN nieD

fortuna 95 — egal

Peinlich! — Forza Antifa

oh jaa... — oskaa ausse tonne

fortuna 95 — chemnitzer

Nie wieder A9! — Autan

Supi Aktion — Mike

kein Verständnis — ungläubig

Fuck — Eatshit

Typisch Indy — Ultrà

@ Ultrà — irgendwer

@Ultra — ungläubig

@Mods — ...

Antifa Hoolgans — An Eastsider A-Hool

Zusammenfassung — Einer